Red Moon von HiYasha (Bellas Leben nimmt eine völlig ungeahnte Wende: sie wird zum Werwolf) ================================================================================ Kapitel 14: Zwischen den Welten ------------------------------- Lange hat es gedauert, denn ich hatte viel vor letzte Woche und kam gar nicht dazu, zu schreiben. Und in der restlichen Zeit wollte sich einfach die Stimmung nicht einstellen, die ich brauche, um ein gutes Kapi hinzubekommen. Ich hoffe, ich habe es jetzt so einigermaßen geschafft. Jetzt sieht sie die Cullens wieder… Zwischen den Welten Ich konnte lange nicht einschlafen, denn es war sehr ungewohnt für mich, auf einmal wieder alleine in meinem eigenen Bett zu liegen. Auch wenn wir immer auf Abstand gelegen hatten, so hatte ich doch immer Jacobs Nähe gespürt. Und er fehlte mir schrecklich. Außerdem hallten seine Worte in meinem Kopf nach. ‚Ich will dich erst wiedersehen, wenn du weißt, was du willst. ‘ Das war ein hartes Ultimatum. Und würde er mich womöglich gar nie mehr sehen wollen, wenn ich bei Edward bliebe? Er hatte mich schon oft weggeschickt, und jedes Mal hatte es sich angefühlt, als ob ich den Boden unter den Füßen verlor. Aber er hatte seine Bedingungen auch immer wieder zurück genommen, weil er sie selbst nicht ertrug. Zuletzt gab er zu, dass er mich wohl sogar noch als Freundin haben wolle, wenn mein Herz nicht mehr schlüge und ich zum Vampir geworden wäre. Aber diesmal war ich mir nicht mehr so sicher, dass er wieder so großzügig sein würde. Vielleicht liebte er mich noch immer, aber nicht mehr bedingungslos und ohne die nötige Vorsicht. Oder er hatte es doch geschafft, seine Gefühle für mich endgültig zu begraben. Seinen absolut markerschütternden Schrei hatte ich nie mehr vergessen, den er ausgestoßen hatte, als er so hinterrücks von meiner Verlobung erfahren hatte. Und dass er geflohen war, als er die Hochzeitseinladung erhalten hatte. Ich war deswegen immer noch wütend auf Edward. Aber es war unser beider Schuld, dass Jacob am Ende seiner Kräfte angelangt war. Trotzdem war es absolut unwürdig und gemein gewesen, ihm die Tatsache dermaßen schonungslos beizubringen. Das hätte nicht sein müssen. Edward hatte es darauf angelegt, seinen Rivalen so schwer zu treffen, hatte ihm die Wahrheit wie einen Dolch ins Herz getrieben, und den Schaft hatte er dann extra noch in der Wunde umgedreht. Mir schauderte allein bei der Vorstellung dieses grauenhaften Schmerzes, und ich glaubte Jacob, dass er mich nun wirklich nicht mehr sehen wollte. Er musste sich und sein verletztes Herz schützen. Vor mir. Und vor Edward. Denn wir zerrissen es ihm unentwegt. Er hatte Recht, wenn er auf Abstand gegangen war. Die ganzen Wochen hatte er mich kaum berührt, hatte auch meine Hand nicht mehr ergriffen und gehalten, wie er es früher so selbstverständlich getan hatte. Und unserer Gespräche waren freundschaftlich, aber doch auch recht oberflächlich und belanglos gewesen. Nie hatte er über Edward und mich und meine Zukunft gesprochen. Bis auf den heutigen Abend. Und nun war er gegangen, vielleicht für immer. Trotzdem versuchte ich es positiv zu sehen und mir vor Augen zu halten, dass wir uns endlich ausgesprochen hatten. Auch wenn ich mich jetzt einsam und verlassen fühlte, auch wenn er mir wirklich sehr fehlte, so wollte ich doch diesen Scheinzustand nicht länger aufrechterhalten, halb bei Jacob zu wohnen und doch nicht wirklich zu ihm zu gehören. Das hatte er nicht verdient. Leah hatte vollkommen Recht gehabt. Ich kuschelte mich in mein Bettzeug und fühlte eine gewisse Befriedigung, endlich einmal das Richtige getan zu haben und kein schlechtes Gewissen haben zu müssen. Jacob war es wert, dass man ihn anständig behandelte, dass ICH ihn anständig behandelte. Und ob ich mich dabei wohl fühlte, war nebensächlich. Es ging um ihn. Bald schon schlief ich ein und fing an zu träumen. Wieder einmal sah ich Edward auf unserer Lichtung stehen, schön wie ein Waldgott, einer Statue gleich, unbeweglich, wie aus glänzendem Marmor gemeißelt, unnahbar und weit entfernt. Ich rannte auf ihn zu, atemlos und gehetzt; ich war wütend auf ihn, ichwollte ihn zur Rede stellen. Ich war Mensch und auch ein Wolf, meine Tatzen holten weit aus, der Abstand verkleinerte sich. Fast war ich bei ihm, ich riss das Maul auf, entblößte die furchtbaren Eckzähne und brüllte ihn an. Ich vernahm seinen Geruch, er roch entsetzlich nach Aas, Verwesung und nach Tod. Er schaute mich an, die goldenen Augen hinter den langen, verführerischen Wimpern wurden erst schwarz, dann leuchtend blutrot. Er öffnete den Mund, die herrlichen Lippen verzogen sich zu einer Grimasse und er fauchte mich mit gebleckten Zähnen an wie ein wildes Tier. Ich rannte weiter auf ihn zu, erblickte seinen Hals, die elegante Nackenlinie, erkannte die Stelle, an der ich zubeißen wollte, doch kurz bevor ich ihn packen konnte, kam eine geduckte Gestalt aus dem Gebüsch am Waldrand gekrochen. Es war ein struppiger, rostbrauner Wolf. Er erhob sich, richtete sich zu seiner gigantischen Größe auf und spurtete zu mir herüber. Und bevor ich mich verbeißen konnte, verpasste mir der braune Wolf einen Stoß und schob mich weg. Aber ich wollte nicht ablassen von meiner Beute, ich drängte zurück zu der Statue, zu Edward, doch der Rostbraune packte mich wieder, zog und schob und drängte mich von der Lichtung. Die Statue hingegen blieb einsam zurück, und ich warf noch einen letzten Blick auf sie: sie funkelte in allen Regenbogenfarben im glänzenden Licht des vollen Mondes und sah mir mit traurigen, glutroten Augen nach, bis sie endgültig aus meinem Blickfeld verschwand. Ich heulte auf, und mein Wolfspartner heulte ebenfalls aus einiger Entfernung, und ich folgte seiner Fährte ins Unterholz. Sein Duft war so verlockend und betörend, und bald war ich von ihm vollkommen erfüllt, nahm nichts anderes mehr wahr. Ich brach durchs Unterholz, streifte durch Farn und Gebüsch, und immer sah ich seinen Körper in der Ferne verschwinden. Ich holte auf, rannte ihm nach in langen Sätzen, ich sah ihn als dunklen Schatten vor mir durch den Wald sausen, aber ich konnte ihn nicht einholen. Immer wenn ich ihn beinahe erreicht hatte, war er wieder verschwunden. Ich spornte mich an, lief noch schneller, versuchte Abkürzungen zu nehmen, aber erfolglos. Immer blieb er am Rande meines Sichtfeldes, und ich erhaschte nur schemenhaft seine Gestalt. Aber ich gab nicht auf, und als ich schon Angst bekam, ihn nun doch endgültig verloren zu haben, als ich schon dachte, er sei weg, da stand er auf einmal auf einer Anhöhe und blickte mich aus schwarzen Augen an. Ich sprang ihm entgegen, raste mit voller Wucht direkt in ihn hinein und riss ihn um. Er strauchelte und fiel, und wir verhedderten uns, waren ein Körper, ein Knäuel aus Fell und Muskeln, und er war auf einmal überall, an jeder Stelle meines Körpers. Ich winselte vor Freude, jaulte den vollen Mond an, drückte meinen Kopf an seinen Hals, rieb mich an seiner Seite. Ich war so glücklich, ihn gefunden zu haben. Er zog mich magisch an, ich konnte mich nicht mehr von ihm lösen, legte mich vor ihm hin, bot ihm meine Kehle an, um wieder aufzuspringen und mich erneut an ihm zu reiben. Ich wollte nur noch eines: mich mit ihm zu vereinen, und mein ganzer Körper, mein ganzes Sein war erfüllt von dem Verlangen nach ihm, das mich beinahe verzehrte, verbrannte, auffraß. Ich riss den Kopf hoch und jaulte, ich flehte, dass er mich erlöse von der lodernden Gier, von dem Feuer der Leidenschaft, die meine Seiten erzittern ließen. Ich streifte meinen pelzigen Kopf an seinem Hals entlang, und er presste sich gegen mich... und ich wachte mit einem Japsen auf und einem Verlangen in meinem Körper, das schon beinahe wehtat. Ich schloss die Augen und fühlte der wilden Leidenschaft nach, die noch in meinem Körper vibrierte. So heftig hatte ich noch nie geträumt und ich hoffte, dass Charlie nichts mitgekriegt hatte. Nicht dass er noch in mein Zimmer gerannt kam, um nach mir zu sehen. Schwer atmend und verschwitzt lag ich unter der viel zu schweren Decke. Ich schlug das Bettzeug beiseite, ließ die kühle Nachtluft über meinen erhitzten Körper streichen und lauschte nach seinen Schritten. Aber es war nichts zu hören, nur mein keuchender Atem. Sonst träumte ich nie von Sex. Er gehörte einfach nicht zu meinem Leben, denn mein Zusammensein mit Edward hatte etwas Reines und Unnahbares an sich. Er hütete mich wie ein zerbrechliches Geschenk und gelegentliche Ausflüge meiner Finger in verbotenes Revier wurden von ihm immer schnell unterbunden. Und nun träumte ich so etwas ausgerechnet von Jacob. Ich begehrte ihn doch nicht… glaubte ich zumindest. Ich ließ es zumindest nicht zu. Und ich war doppelt froh, dass ich gerade jetzt nicht in seinem Bett lag. Wäre das peinlich gewesen… Ich versuchte mich zu beherrschen, das wilde Trommelfeuer in meiner Brust sollte verstummen, aber es beruhigte sich nur langsam. Dann erinnerte ich mich an Sams Entspannungsübungen, und sie halfen auch hier, denn schon bald schlief ich wieder ein. Der Rest der Nacht verlief traumlos, und am frühen Morgen wachte ich recht erholt auf. Mein Zimmer kam mir immer noch ungewohnt vor, und der Geruch, der durchs Fenster drang, war anders als der in La Push, es fehlte die Prise vom Meer, die dort immer mitschwang. Aber ich wollte nichts bedauern, sondern schwang voll Tatendrang die Beine über die Bettkante. Schnell stand ich auf und ging ins Bad, um vor Charlie fertig zu werden. Ich kochte ihm gerade Kaffee in der Küche, als er die Treppe hinunter gepoltert kam. „Morgen Schatz. Hast du gut geschlafen?“ „Ja, Paps. Prima. Magst du Kaffee? Ich hab auch Rührei gemacht.“ „Oh, du verwöhnst mich.“ Ich schenkte ihm eine Tasse ein und setzte mich zu ihm an den gedeckten Tisch, um meine Portion Omelett zu verdrücken. Toast hatten wir ja auch keinen mehr, und so machte ich mich gleich danach über eine Packung Frühstücksflocken her. „Ich geh nachher gleich einkaufen“, versicherte ich ihm und schob mir einen Löffel Flakes in den Mund. „Das brauchst du doch nicht. Du hast bestimmt ne Menge zu waschen und so, du warst ja recht lange weg und immer draußen unterwegs. Ist dir wirklich gut bekommen, du siehst so gesund aus.“ Er lächelte mich an und schien recht erfreut, dass es mir so gut ging. Ja, kein Trennungsschmerz, keine Tränen über die geplatzte Hochzeit, keine Zombiewochen… dafür war sein Töchterchen jetzt ein Werwolf. Prima Ausgleich. Ich versuchte abzulenken, bevor er noch genauer nachfragen konnte. „Paps, warum ist im Haus alles so ordentlich?“ Mir war aufgefallen, dass die Küche wie auch das Badezimmer besser aussahen als in der Zeit, als ich noch zuhause gewesen war. Vielleicht war das nur ein schlechtes Zeugnis für meine mangelnde Ordentlichkeit. Ob Charlie inzwischen einen Putzfimmel bekommen hatte? Das konnte ich mir eigentlich nicht so recht vorstellen. Putzen konnte man nicht mit einer Angel oder von einem Boot aus bewerkstelligen und war somit uninteressant. Aber ich war umso mehr erstaunt, als Charlie leicht rot anlief. „Ähm, Sue hat mir ein wenig geholfen, als Ausgleich für meine Hilfe bei ihren Angelegenheiten.“ Er wurde tatsächlich verlegen wie ein kleiner Schuljunge und blickte fast verschämt zu Boden. Also hatte Billy recht mit seinen Bemerkungen und es lief was zwischen den beiden. Ich überlegte gerade, ob ich nun ein Gespräch über Verantwortung und Verhütungsmittel beginnen sollte, so als kleine Rache zwischendurch, ließ es dann aber doch bleiben. „Das ist aber nett von ihr“, entgegnete ich stattdessen. Ich freute mich viel zu sehr für ihn. Er war so lange alleine gewesen, und nichts war schöner, als dass er endlich mal eine Freundin gefunden hatte. Und dann noch so eine anglererprobte wie Sue. Ich schaute mich in der wohlaufgeräumten Küche um, in der ich jetzt schon Wochen nicht mehr gewesen war, und mein Blick blieb an den vielen Fotos von Mam hängen, die immer noch an den Wänden hingen. „Äh, Paps, darf ich ein wenig umdekorieren, wo ich jetzt wieder da bin?“ Es wurde Zeit, dass aus diesem Museum für meine Mutter ein Haus wurde, in dem einem nicht in jeder Ecke die Bilder der Ex entgegen prangten. Charlie war viel zu unsensibel, um das überhaupt zu bemerken. Sue sollte sich hier wohl fühlen und sich nicht wie ein Eindringling vorkommen. Immerhin war Charlie gleich einverstanden, und so würde ich heute noch mit einer großen Kiste durch das Haus gehen und all die Fotos einsammeln. Ich plante im Kopf schon den heutigen Tag. Zuerst musste ich bei Sam anrufen, um ihm mitzuteilen, dass ich wieder zuhause war. Hoffentlich gab das keinen Ärger, aber ich würde ja weiterhin zum Training kommen. Und ich würde ihn bitten, Leah ziehen zu lassen. Die Gefahr war vorüber, er musste sie vor nichts mehr beschützen und sie damit nur unnötig weiter quälen. Hoffentlich sah er das ein, denn ohne seiner Zustimmung als Alphatier konnte sie nicht gehen. Arme Leah! Sie tat mir trotz ihrer harschen Worte mir gegenüber so leid. Ich war ja immerhin mit ihr verwandt. Ah ja, genau… "Sag mal, Charlie, ich hab herausgefunden, dass wir von den Quileute abstammen. Warum hast du nie ein Wort davon gesagt?“ Er schaute verblüfft von seiner Zeitung auf, in der er schon die ganze Zeit schmökerte. „Hab ich nicht? Ich dachte, das wüsstest du.“ „Nein, ich hatte keine Ahnung. Das war eine schöne Überraschung.“ Ja, das war es gewesen, und eine schockierende dazu. Die verwandtschaftlichen Verbindungen hatten mir noch ein wenig mehr beschert als ein paar Tanten und Onkels. Warum hatte Charlie sich eigentlich nie verwandelt? Er war wohl zu wenig mit Vampiren zusammen gewesen. Zum Glück! Ich wollte nicht dabei sein, wenn ihm der Kragen platzen würde. Seine Bereitschaft an fantastische Geschichten zu glauben, war bedeutend geringer als meine. Nicht umsonst hatte Billy ihn nie eingeweiht und ihm dafür die haarsträubendsten Geschichten erzählt. Er würde sonst total durchdrehen. Vampire, Werwölfe… das war nicht das Vokabular aus Charlies einfachem Leben. Ich kicherte vor mich hin bei der Vorstellung, wie der Polizei Chief sich verwandeln und seine Uniform zerfetzen würde. Er dagegen hatte natürlich keine Ahnung, was mich so amüsierte, sondern schaute mich nur etwas irritiert an. „Ich dachte, wir hätten es dir erzählt, als du noch klein warst. Warum? Ist das schlimm?“ „Hm, vielleicht hab ich es einfach nur vergessen“, versuchte ich schnell wieder abzuwiegeln, bevor er misstrauisch wurde. Charlie brach schon bald auf in sein Büro, und ich konnte loslegen und meinen Plan umsetzen. Sam war zum Glück nicht sauer, dass ich abgehauen war. Vielleicht ahnte er ja den Grund, denn er versprach mir auch meine Bitte wegen Leah gründlich zu überlegen. Da ich am Nachmittag schon wieder trainieren sollte, beeilte ich mich mit dem Einkauf und schleppte so schnell wie möglich eine Riesenration Lebensmittel ins Haus. Ich putze ein wenig, räumte die Küche wieder auf und hatte dann endlich Zeit, meinen alten Computer hochzufahren, um meine Mails zu checken. Ich hatte 78 Mails in meinem Postfach liegen, und ein kurzer Blick zeigte mir, das die meisten von Alice stammten. Ich war außer mir vor Freude, dass ihre Familie diesmal nicht unauffindbar verschwunden war, sondern mit mir weiter Kontakt hielt. Ein paar flehende Mails von meiner Mutter waren auch dabei; sie hatte sich große Sorgen um mich gemacht wegen der abgesagten Hochzeit, jedoch konnte ich auch zwischen den Zeilen lesen, dass sie doch ganz froh war, dass ich ihr nun doch nicht nachgeeifert hatte, um im jugendlichen Alter schon zu heiraten. Ich beschloss, sofort bei ihr anzurufen, sobald ich die Mails alles durchgelesen hatte. Ein wenig Zeit brauchte ich noch, um mir in Ruhe überlegen zu können, was ich ihr sagen sollte, denn die Wahrheit durfte es nicht sein. Alice hingegen hatte mir offen und ehrlich alles berichtet, was ihm Hause Cullen vorgefallen war, von der Abstimmung über ihren Wegzug bis zum heutigen Tag. Sie hatten wieder das denkmalgeschützte Haus bezogen, das Esme so liebte, Carlisle arbeitete nachts in Ithaca und an der Universität, und Jasper hatte sein Philosophiestudium wieder aufgenommen. Alice und Edward halfen Esme bei der Renovierung des Hauses, rissen Wände heraus, verstrichen Farbe und rodeten den verwilderten Garten. Rosalie und Emmet hatten sich auf eine längere Reise aufgemacht, denn der Haussegen hing ein wenig schief, nachdem Rosalie so unverblümt meinen Rausschmiss gefordert hatte. Alice hatte mir anscheinend eine Webcam samt Headset geschickt, die ich in den Stapel Post suchte, den Dad auf meinen Schreibtisch gelegt hatte, und ich installierte beides so schnell wie möglich, weil wir dann per Videokonferenz miteinander kommunizieren konnten. Bald schon erschien Alices erfreutes Gesicht auf meinem alten Monitor, und auch wenn das Bild ein wenig ruckte, da mein PC nicht gerade der leistungsstärkste war, so war ich doch vollkommen glücklich, dass ich meine liebgewonnenen Freunde wieder sehen konnte. Alice zeigte mir mit ihrer Kamera gleich das ganze Haus und den Garten, und ich konnte ein paar Blicke auf Edward werfen, der mit den blanken Händen eine Zwischenwand in dem großen Wohnzimmer heraus schlug. Er war vollkommen verstaubt und schmutzig, und er versprach mir, sich sofort bei mir zu melden, wenn Alice mich nicht mehr in Beschlag nahm. Esme lief ihr auch über den Weg, und sie erkundigte sich mitfühlend um mein Wohlergehen, aber ich konnte sie beruhigen. Carlisle war ebenfalls anwesend, er saß bei dem Schwenk durch die Küche an einem großen Tisch und las eine Zeitung. Doch er sprang gleich auf, als er mitbekam, dass ich auf Alices Laptop zu sehen war, dass sie samt der Kamera durch das Haus schleppte. Alle waren so freundlich und besorgt, und endlich hatte ich einmal wieder den Eindruck, doch nicht alles verloren zu haben. Am späten Nachmittag konnte ich dann endlich ungestört mit Edward reden. Die Atmosphäre zwischen uns war seltsam unwirklich, und ich konnte nicht sagen, ob es davon kam, dass ich ihn nur als Abbild auf meinem Bildschirm sah oder ob all die Dinge zwischen uns standen, die inzwischen passiert waren. Sein Blick war sanft, und er schien erfreut zu sein, endlich wieder von mir zu hören, aber ich spürte auch deutlich die Distanz, die zwischen uns herrschte. Seine Stimme klang so seltsam fremd aus meinem Kopfhörer, ich vermisste den schmeichelnden Klang, der mir sonst immer Gänsehaut erzeugt hatte. Ich blickte in sein Gesicht, das immer noch so schön war, aber auf einmal leblos wirkte. Seine Nähe fehlte mir, und es kam einfach keine rechte Vertrautheit zustande, und so machten wir lediglich aus, dass ich mich regelmäßig melden würde, denn ich musste aufbrechen zu meinem Training. Schon saß in wieder in meinem Transporter und fuhr die kurze Strecke nach La Push, und die Gespräche mit Alice und Edward kamen mir mehr und mehr wie ein Traum vor. Der September hatte längst begonnen, und die Tage wurden wieder kühler. Der Sommer ging unwiderruflich seinem Ende entgegen und Regen kam auf. Sam ließ mit seinem Eifer beim Rest der Truppe nicht nach, und die jungen Werwölfe mussten intensiv üben, um ihren Schulbesuch ja nicht zu gefährden. Die Schule hatte schon wieder begonnen, aber die Neulinge durften noch nicht zurück in die Gemeinschaft ihrer Mitschüler, denn Sam hielt das noch für zu gefährlich. Die meisten waren gerade mal 15 Jahre alt, und mit der Selbstbeherrschung eines Teenagers war es nun mal nicht allzu weit her. So ließ Sam uns vor allem die Verwandlung üben. Es war seltsam diesmal, denn ich hatte mich so daran gewöhnt, Jacob immer direkt hinter mir zu spüren. Gerade wenn wir beide verwandelt waren, war er mir so nahe gewesen, dass ich sogar meinte, seine Worte in meinem Kopf zu hören. Es war fast wie damals, als ich Edwards samtene Stimme hörte, wenn ich mich in Gefahr brachte, nur dass ich inzwischen Jacobs Warnungen vernahm, wenn ich auszurutschen oder zu fallen drohte. „Pass auf, Schatz, der Stein ist locker.“ Mein seltsames Gehirn gab mir immer wieder Rätsel auf. Jacob selbst sah ich nie, denn er war wieder an der High School im Reservat, dafür schaute ich ab und zu bei Billy vorbei, wenn ich wusste, dass sein Sohn nicht da war. Ich hielt mich an seine Bitte, wenn es mir auch schwer fiel. Ich hatte viel nachgedacht über all die Dinge, die Jake mir gesagt hatte. Die meisten waren mir selbst schon früher aufgefallen, gerade was Edward betraf. Aber wenn ich dann wieder mit ihm zusammen gewesen war, war jegliche Kritik über ihn und sein Verhalten auf einmal wie weggeblasen gewesen. Als ob ich in seiner Anwesenheit nicht mehr klar denken konnte. Ob das doch etwas mit der natürlichen Anziehungskraft der Vampire zu tun hatte? Denn wenn ich mit Jacob zusammen war, war ich schließlich auch nicht auf den Mund gefallen und ich konnte deutlich formulieren, was mir nicht gefiel. Oder gar die Faust sprechen lassen… Doch diesmal war nichts verraucht, ich war immer noch ungehalten über die Einladungskarte, aber Edward nun per Video zur Rede zu stellen, erschien mir lächerlich. Aber ich traute mir auch noch nicht zu, ihm alleine gegenüber zu treten. Ich wollte mir ganz sicher sein, dass ich ihn nicht verletzten würde. Bei Menschen und Werwölfen sah ich keine Probleme, aber Vampire waren nun mal die natürlichen Feinde der in mir wohnenden Bestie, und ich wollte es nicht darauf anlegen, sie zu reizen, wenn ich mir nicht ganz sicher war, sie nicht wirklich im Griff zu haben. So zögerte ich unser Wiedersehen noch einige Tage hinaus. Mein Leben pendelte sich ein zwischen La Push und Forks, zwischen Computer und Wald, doch beides schien mir immer unwirklicher zu werden, denn oft lag La Push unter einer dichten Nebeldecke verborgen und wirkte nicht realer als die fahle Wiedergabe der Cullens auf meinem Monitor. Die ersten Blätter färbten sich schon gelb und schillerten in der Sonne, wenn diese gegen Mittag an Kraft zunahm und die Schleier verdampfte. Dann wirkte der Wald wieder real, aber mein Leben kam mir weiter vor wie unter einer Dunstglocke. Die Stunden mit Alice jedoch taten mir gut. Ich saß mit einer Tasse Tee an meinem PC, der Nebel waberte durch den Garten und machte das Licht seltsam diffus, während Alice munter und fröhlich plappernd erzählte. Sie wirkte im Gegensatz zu Edward echt und lebendig. Ich berichtete ihr von meinem Training, und sie hielt eine private Modenschau für mich ab, um mir ihre neusten Errungenschaften vorzuführen. „Vielleicht kannst du mich ja mal besuchen kommen, Bella“, meinte sie mit einem neckischen Lächeln. „Ich werde mir einen Großvorrat an Raumspray zulegen, dann müsste es gehen.“ Ich lachte mit bei ihrem Witz, aber ganz so ausgelassen wie sie nahm ich es nicht. Es war schon eine üble Sache, wenn man für seine Freunde stank wie ein Iltis. Trotzdem war ich froh, dass nicht einmal das meine Freundschaft zu Alice zerstören konnte. Würde es bei Edward genauso sein? Es wurde an der Zeit, dass ich ihn leibhaftig sehen konnte, und ich wusste, dass es nur noch wenige Tage dauern würde. Tatsächlich beendete Sam seine Übungen schon bald, denn er hielt uns für ausreichend gewappnet, um nun auch einen Wutanfall ohne Probleme zu überstehen. Das Verbot der Verwandlung war inzwischen aufgehoben worden, denn die meisten Jungs hatten schwer dagegen gemeutert. Es sollte jedem im Rudel offen stehen, sich gegen das Tier zu entscheiden oder es zu nutzen, wenn dies von Vorteil wäre. Auch war der Stamm so in Notfällen besser geschützt, wenn ein paar Mitglieder des Rudels ihre Fähigkeiten behielten. Es war eh nicht herauszufinden, wie schnell das Gen wieder inaktiv werden würde, wenn wir auf keine Vampire mehr stoßen würden – die Sagen waren hier doch viel zu ungenau, und exakte Zeitspannen waren nirgends enthalten. Emily hatte sehr intensiv gesucht, aber leider keine Anhaltspunkte finden können. Beunruhigt war ich jedoch von Carlisle Warnung, die er ausstieß, als er mich beobachte, wie ich an der alten Narbe kratze. Er ließ sie sich genau mit der Kamera zeigen und war sehr besorgt. „Das sieht nicht gut aus, Bella. Du musst das behandeln lassen. Ich werde dir helfen und einen Spezialisten suchen, der dich privat versorgt.“ Ich blickte auf die Narbe, die sich in den letzten Wochen leicht gerötet hatte. Auch war die Stelle nicht mehr eiskalt wie früher, sondern eher heiß, und ein dumpfes Pochen ging von ihr aus. Ich wollte abwiegeln, aber Carlisle warnte mich, das nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. „Ich vermute, dass noch winzige Mengen an Gift in der Wunde sind. Als Mensch war das für dich nicht gefährlich, aber für einen Werwolf ist es absolut tödlich. Jeder Biss von uns bringt euch auf der Stelle um, das weißt du doch.“ Ich nickte betroffen – dies war auch der Grund, warum ich mich nie mehr zum Vampir verwandeln konnte. „Ich werde sofort Kontakt aufnehmen mit einem plastischen Chirurgen, der mir einen Gefallen schuldig ist. Wir werden dich noch vor deinem Geburtstag nächste Woche abholen, und er wird dir das Narbengewebe samt Gift heraus schneiden. Aber ich verspreche dir, man wird danach nichts mehr sehen.“ „Und warum muss das heimlich geschehen? Warum kann ich nicht einfach hier ins Krankenhaus von Forks gehen?“, fragte ich noch etwas missmutig nach. Ich wollte nicht glauben, dass das bisschen Jucken so schlimm für mich sein sollte. An meinem Geburtstag schienen immer gefährliche Dinge anzustehen, und der lag nur noch wenige Tage entfernt. „Weil ich schon bei Jacob gesehen habe, dass es bei eurer erhöhten Körpertemperatur ein reines Raten ist, die Dosierung der Betäubungsmittel zu bestimmen. Und auch die beschleunigte Heilung der Wunde wäre schwer zu erklären. Bei einem normalen Menschen würde es Woche dauern, bis die Narben verschwunden wären, bei euch passiert das in Stunden. Und keiner weiß, ob du dich nicht womöglich verwandeln würdest, wenn die Betäubung zu gering war und dir ein Skalpell in die Haut fährt.“ Gut, diese Argumente waren ausreichend, und Carlisle hatte genug Erfahrungen mit Werwölfen gesammelt, um zu wissen, wovon er sprach. In seinen Händen fühlte ich mich sicher, und ich war dankbar, dass er sich immer noch so herzlich um mich kümmerte und sorgte. Und dieser Mann meinte, er habe keine Seele. Aber so lange wollte ich auf alle Fälle nicht mehr warten, bis ich Edward wieder sehen konnte. Es wurde Zeit, all die Dinge zu klären, die noch zwischen uns offen standen und die Entfernung zu überwinden, die wie eine Barriere zwischen uns stand. Ich fühlte mich bereit, mich meiner Zukunft zu stellen. ooOOOoo Na, mag jemand von euch den Traum deuten? Würde mich ja interessieren, was ihr davon haltet. Und ich weiß, sie sollte Eddi treffen, aber es gab noch so viel zu berichten, und das Kapi war damit schon so lang. Beim nächsten Mal aber ganz bestimmt. Großes Indianer-Ehrenwort!!! Eure Hi-chan Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)