Red Moon von HiYasha (Bellas Leben nimmt eine völlig ungeahnte Wende: sie wird zum Werwolf) ================================================================================ Kapitel 6: Ein Häufchen Elend ----------------------------- Hallo Leute, da es so viele Nachfragen und auch so nette Revs gab, stell ich gleich das nächste Kapi on. Wäre schön, wenn ihr eure Kommentare dazu abgeben würdet. Mich interessiert es immer, wie es bei euch ankommt. Bella wird zu Sam geschleppt. Wie lange sie da wohl bleiben muss? --- Ein Häufchen Elend Es dauerte einige Zeit, bis wir Sams Hütte erreichten. Er ging vor und holte mir ein paar Sachen zum Anziehen, eine alte Jogginghose und ein weißes T-Shirt. Dann brauchte ich wieder ewig, um den Wolfskörper los zu werden und endlich in die bereit gelegten Sachen schlüpfen zu können. Wenigstens musste ich diesmal nicht mehr nackt durch die Gegend rennen. Emily musterte mich mit nachdenklichem Gesicht, als wir zu ihr in die Hütte traten. Sam musste ihr mein Kommen ja bereits angekündigt haben, denn die Sachen, die ich trug, waren garantiert von ihr. „Dann bist du jetzt auch ein Wolfsmädchen.“, meinte sie nur sachlich. Ich zuckte mit den Schultern, wusste nicht, was ich dazu sagen sollte. Ich fühlte mich immer noch als Vampirmädchen. Sam versprach mir, alle nötigen Anrufe zu machen, im Gegenzug musste ich versprechen, solange im Reservat zu bleiben, wie er es für notwendig hielt. Auf mein Gejammer, die Cullens anrufen zu dürfen, ging er nicht ein. Er bestand darauf, erst einmal selbst mit ihnen zu reden, da ich einen der ihren angegriffen und damit auch gegen den offiziellen Vertrag verstoßen hatte. Und dessen Einhaltung musste er garantieren. Ich hatte keine Chance, ihm zu widersprechen. Seine Worte waren so bestimmend, und ich merkte, wie sie langsam auf mich wirkten, so wie Jacob es mir beschrieben hatte. Man musste ihm einfach gehorchen. Das passte mir überhaupt nicht. Ich war es nicht gewohnt, dass sich jemand in meine Entscheidungen einmischte. Charlie hätte das nie gewagt, selbst Edward wusste, dass er mir keine Vorschriften machen konnte, und nun sollte ich einem Mann gehorchen, den ich gerade mal vom Sehen kannte? Es wurmte mich unwahrscheinlich, aber ich blieb still sitzen und fraß den Ärger in mich hinein. Er sollte nicht sehen, wie sauer ich deswegen war. Immerhin hatte er mich aus dem Wald geholt und mir geholfen, und ich wollte auf keinen Fall undankbar erscheinen. Er verschwand für eine Weile, um sich mit dem Rat zu besprechen und die Anrufe zu tätigen. Ich saß solange schweigend am Tisch in der Küche. Emily lief emsig im Haus herum und ging ihren Beschäftigungen nach. Ich war froh, dass sie mich alleine ließ, denn ich hätte nicht gewusst, was ich mit ihr reden sollte. Ich war vollkommen durcheinander und saß nur dumpf brütend am Tisch. Erst so langsam wurde mir bewusst, dass sich mit dieser Verwandlung meine gesamte Zukunft verändert hatte. Nichts war mehr, wie es vorher war. Alles lag in Scherben. All meine Pläne, meine Hoffnungen und Wünsche schienen auf einmal so weit entfernt. Hochzeit, Flitterwochen... die neue Familie, das Leben als Vampir. Nichts schien mehr sicher, alles löste sich auf. Wieder spürte ich das brennende Verlangen, mit Edward zu reden, aber ich wusste, dass ich dazu vorerst keine Gelegenheit erhalten würde. Ich kämpfte gegen die Tränen an und die Furcht. Furcht würde mich wieder verwandeln. Und das wollte ich auf keinen Fall. Also riss ich mich zusammen. Ich saß stumm und starr am Tisch und schaute Emily zu, wie sie das Abendessen zubereitete. Ihre langen, dunklen Haare flossen ihr weit den Rücken hinab, und ihre flinke Gestalt huschte in der Küche von einem Regal zum anderen, schnitt, wusch und rührte konzentriert. Sie strahlte eine solche Ruhe aus. Sie schien zu wissen, wo sie hin gehörte. Ich dagegen wusste gar nichts mehr. Hierher gehörte ich auf alle Fälle nicht. Ich fragte mich, ob ich ihr nicht helfen sollte, ob es nicht unhöflich war, einfach nur so rumzusitzen. Aber ich fühlte mich wie gelähmt, und ich war auch heilfroh, meinen schmerzenden Körper nicht bewegen zu müssen. Und sie schien mit ihren Aufgaben gut selbst fertig werden zu können. Also verhielt ich mich still und stierte einfach weiter auf den Tisch, auf dem wieder eine Vase mit Wildblumen stand. Sam kam schon relativ bald wieder und teilte mir gnädigerweise mit, dass es Edward gut ging und dass er keine ernsthaften Verletzungen erlitten hätte. Ich war total erleichtert und hätte schon wieder fast geheult. Er solle mir ausrichten, dass ich mir so viel Zeit nehmen könne, wie ich brauchte, um mit der ungewöhnlichen Situation klar zu kommen. Den Vertrag sähen die Cullens nicht als verletzt an, denn ich hätte ja nicht mit Absicht gehandelt. Immer wieder dieser blöde Vertrag. Was mit der für mich viel wichtigeren Hochzeit war, traute ich mich dann gar nicht mehr zu fragen. Bestimmt hatten sie sie verschoben. Oder gar abgesagt. Ich war jetzt ein verdammter Werwolf, und ich könnte ihre Gäste anfallen. Und sie zerfleischen. Trotzig aß ich auf, was Emily servierte, während Sam mir erklärte, welches Training er mit mir in den nächsten Wochen vorhabe, seinen Neugeborenenlehrgang, wie er ihn nannte. Ich nickte nur stumm und hörte gar nicht richtig zu, aber den Nachschlag, den Emily mir auf meinen Teller häufte, nahm ich dann doch dankbar an. Ich war hungrig wie ein Wolf. Haha! Ich selbst sagte gar nichts mehr, mir war das Reden vergangen. Eigentlich wollte ich nur noch weg, weg von diesem ganzen Wolfskram, weg aus diesem Albtraum. Umso überraschter war ich dann, als Sam kurz den Kopf hob, bevor die Türe plötzlich ohne Vorwarnung aufgezogen wurde. Ein nasser, tiefschwarzer Haarschopf beugte sich durch den Rahmen, dann richtete sich ein Mann zu seiner vollen Größe auf. Ich blinzelte überrascht, als ich Jacob erkannte, der triefend nass im Raum stand, wie immer bis auf die Shorts vollkommen nackt. Draußen hatte es wohl zu regnen begonnen, denn das Wasser lief in langen Bächen an seinem Körper und den langen Beinen entlang und bildete schnell eine Lache auf dem Dielenboden. Ausdruckslos sah er mich an, seine Augen waren leer und sein Gesicht wirkte unendlich müde. Regen tropfte von den zerzausten Haaren in sein Gesicht. Er reagierte nicht auf mein erleichtertes Lächeln, sondern nickte nur Sam und Emily kurz zu. „Ich nehm sie mit zu mir.“ Seine Stimme klang heiser, als ob er lange nicht mehr mit jemand gesprochen hätte. Er hielt mir eine Hand hin und wartete stumm, dass ich sie ergriff. Dann zog er mich zur Türe, öffnete sie und schob mich hinaus in den Regen. Ich bekam gar nicht mehr mit, was Sam dazu meinte. Aber Jacob schien das eh egal zu sein. Ich traute mich nicht, etwas zu fragen, obwohl ich so erleichtert war, dass er da war, und so folgte ich ihm nur wortlos den schmalen Weg entlang, der an Sams Hütte vorbei führte. Er ließ meine Hand nicht los und zog mich weiter in die Düsternis des Waldes. Der feuchte Waldboden war vollgesogen von der Nässe, und das Gras streifte die Regentropfen an meine Hose ab. Schon nach kurzer Zeit war ich vollkommen durchnässt, aber er schleppte mich unablässig weiter. Ich betrachtete Jacobs struppige, durchnässte Haare und die breite, muskulöse Schultern, an denen das Wasser herab perlte, dass dann seine Shorts tränkte. Seine breite Hand kam mir heute nicht so heiß wie sonst vor, aber das konnte auch daran liegen, dass meine inzwischen genauso warm war. Mit seinen langen Beinen holte er weit aus, trotzdem konnte ich ohne Anstrengung mit ihm Schritt halten. Das viele Laufen die letzten Tage hatten mich wohl fit gemacht. Wenigstens etwas Positives. Ob er wohl über alles Bescheid wusste? Ich war so erleichtert, dass er da war. Ich fragte mich, ob Sam ihn wohl informierte hatte - per Rudelfunk. Irgendwie war ich heilfroh, dass er zurück gekommen war und mich geholt hatte, auch wenn das mal wieder selbstsüchtig war. So musste ich nicht bei Sam und Emily bleiben, die zwar sehr nett, aber mir auch sehr fremd waren. Im Augenblick war ich mir selbst fremd, das einzig Vertraute in meinem Leben war der Junge, dessen Hand ich hielt und dem ich blindlings durch den strömenden Regen folgte. Es war schon lange dunkel geworden, und als wir Billys Hütte erreicht hatten, brannte dort kein Licht mehr. Jake öffnete leise die schmale Türe und trat ein. Er schaltete das Licht an, und ich konnte einen Blick auf das recht unordentliche Wohnzimmer werfen, nachdem ich mir den Regen aus den Augen gewischt hatte. Wortlos zog er mich herein und schloss die Türe hinter mir. Er machte die Türe zu Billys Schafzimmer einen Spalt auf, und ich sah das verschlafene Gesicht von Jacobs Vater. Sie unterhielten sich kurz in der fremden Sprache, Billy nickte nur kurz und dann zog Jake die Türe wieder zu. Ob er wohl auch schon Bescheid wusste, was mit mir los war? Wohl schon, die Stammesmitglieder waren doch immer bestens informiert, was in ihren Kreisen vor sich ging. Und Billy gehörte zum Rat. Hatte Jacob mir zumindest mal erzählt. In ihren Kreisen... Gehörte ich jetzt dazu? War ich jetzt auf einmal eine von ihnen? Zum Stamm hatte ich ja anscheinend vorher schon gehört, wenn ich es auch nie gewusst hatte. Oder doch nicht? Wir lebten doch außerhalb des Reservats, in Forks. Und ich ging auf die Weißenschule. Ich kam mir immer noch so wenig indianisch vor wie vorher. Und diese Wolfssache... ich musste stöhnen, wenn ich nur daran dachte. Jacob blickte sich nach mir um, aber er war wohl nicht zum Reden aufgelegt. Jetzt im trüben Licht der kleinen Lampe sah ich erst die dunklen Ringe unter seinen Augen, die bei seiner bronzefarbenen Haut nicht so sehr auffielen. Er machte einen vollkommen erschöpften Eindruck. „Ich schlaf auf dem Sofa.“, brummte er nur. „Wir reden morgen.“ Das winzige Zweisitzersofa war viel zu klein für ihn, um darauf liegen zu können, und so lehnte ich protestierend ab. „Nein, auf keinen Fall. Du bist müde und gehörst in dein Bett. Ich schlafe hier.“ „Dieses Sofa ist zu klein für jeden.“, maulte er nur und war schon in dem angrenzenden Bad verschwunden. Es dauerte nicht lange, bis er wieder heraus kam mit nur einem Handtuch um die Hüften geschlungen und in seinem Zimmer verschwand. Ich hörte ihn in den Schubladen kramen, und gleich darauf kam er mit einem Stapel Wäsche zu mir zurück. „Wird dir nicht passen, aber es ist trocken.“ Dann verzog er sich in sein Zimmer und zog die Türe zu. Ich war schockiert. Mir war klar, dass er im Endeffekt wegen mir und wegen dieser miesen Hochzeitseinladung weggelaufen war und bestimmt nichts mehr von mir sehen und hören wollte. Dass er dann doch zurück gekommen war, hatte mir eine wenig Hoffnung gemacht, dass er immer noch mein alter Freund Jacob sein könnte. Mein Freund, den ich gerade jetzt so verdammt gut brauchen könnte. Aber nun doch so abweisend von ihm behandelt zu werden, tat höllisch weh. Dabei hatte er Recht. Es wäre besser gewesen, wir wären uns nie mehr begegnet, hätten uns nie mehr gesehen, und nur diese blöde Verwandlung hatte ihn wohl dazu bewogen, dass er sich überhaupt wieder blicken ließ. Ich ging ins Bad, zog die nassen Sachen aus, trocknete mich ab und schlüpfte in die übergroße Jogginghose und das weiche Shirt, dass er mir gegeben hatte. Dann legte ich mich mit angezogenen Beinen auf die Couch und deckte mich mit der Decke zu, die über der Lehne hing. An Schlafen war überhaupt nicht zu denken. Mir gingen tausend Dinge durch den Kopf. Was Edward wohl machte? Ob er wütend auf mich war? Ob seine ganze Familie jetzt sauer auf mich war? Ob sie mich überhaupt noch mochten, nachdem ich zu dem geworden war, was sie ursprünglich zutiefst verachtet hatten: ein stinkender Hund, ein Werwolf? Sofort fielen Alice abfällige Bemerkungen über Jacob ein, und nun war ich selbst so ein Wesen. Und Edward? Ob er mich überhaupt noch in den Arm nehmen wollte? Mich küssen, nachdem ich ihm an die Gurgel gegangen war? Ich sehnte mich nach seinen kalten Lippen, nach seinem steinharten Körper, dass es mir körperlich weh tat. Die Wut auf ihn war längst verraucht, ich wollte nur noch zu ihm, mit ihm reden, in seinen Armen liegen. Ob das nicht eine zu harte Prüfung seiner endlosen Geduld mit mir wäre? Was sollten wir denn noch alles überwinden müssen? War es denn nicht genug? Wie viele Prüfungen wurden uns denn noch auferlegt? War es nicht schon schwer genug, dass mein Freund ein Vampir war? Dass der Geruch meines Blutes für ihn eine einzige Provokation war? Dass ich schwach und verletzlich war und ein zu leichtes Opfer für Wesen seiner Art und darum ständig in Gefahr war? Nun war ich auch noch in etwas mutiert, dass ihr ärgster Feind war. Die Vorstellung, dass er jetzt womöglich gar nichts mehr mit mir zu tun haben wollte, raubte mir den Atem als auch den Verstand. Ich lag auf dem Sofa, starrte an die Decke und versuchte verzweifelt, meinen Atem wieder unter Kontrolle zu bekommen. Ich setzte mich auf, seufzte lange, boxte das Kissen glatt, dass ich mir unter den Kopf geschoben hatte und knetete den Rand der Decke durch. Ich war müde und verzweifelt, und ich merkte, dass mir die Tränen an den Wangen hinunter liefen und das kleine Kissen tränkten. Aber ich konnte sie nicht aufhalten. Ich biss mir auf die Lippen, verkrampfte die Hände, um wenigstens keinen Laut von mir zu geben. Jacob sollte nicht gestört werden, ich wollte ihn nicht mit meinem Leid belästigen, er hatte genug eigenes, an dem vor allem ich Schuld war. Aber ich fand keinen Trost, haderte mit meinem Schicksal, verfluchte all diese blöden Sagen, die zur Wahrheit geworden waren. Jetzt hatte ich so kurz davor gestanden, dass ich mich eingefügt hatte, dass ich alles erreicht hatte, was ich mir in diesem neuen Leben gewünscht hatte, und nun hatte dieses blöde Gen in mir alles kaputt gemacht. Es war zum Heulen. Und ich heulte. Wie ein Schlosshund. Mit zusammen gebissenen Zähnen. Das Gesicht tat mir schon weh vom vielen Verkrampfen, außerdem pochte mein ganzer Körper. Die Verwandlungen waren äußerst schmerzhaft gewesen, es zog wie Muskelkater in allen Sehnen, und mir fiel wieder ein, wie Jacob damals am Telefon gemeint hatte, ihm tue alles weh, als ich noch gedachte hatte, er habe sich mit der Magen-Darm-Grippe angesteckt. Tja, lange her. Ich hatte gut danebengelegen. In Wirklichkeit hatte er gerade seine erste Verwandlung hinter sich gehabt, war vollkommen verstört gewesen und wurde wochenlang von mir fern gehalten. Genau so wie sie mich jetzt wegsperren wollten. Ich wischte mir gerade die nicht mehr enden wollende Tränenflut von den Wangen und schniefte ein wenig, als Jacobs Zimmertüre sich einen Spalt öffnete. „Komm rein.“ Ich fuhr hoch und zog schnell die Decke enger um mich. „Nein danke, es geht schon.“ Meine Stimme klang reichlich erstickt, aber ich versuchte, nicht wieder zu schniefen. Ich blieb stur auf dem Sofa sitzen. Ich wollte ihn auf keinen Fall schon wieder in meine Angelegenheiten mit hinein ziehen. „Bella, hör auf, den Helden zu spielen und komm.“ Seine Stimme klang sehr müde und ein wenig verärgert. Ich wollte ihn nicht gegen mich aufbringen, also warf ich die Wolldecke zur Seite und stand auf. Ich schlich in sein Zimmer und starrte ins Dunkel, versuchte das Bett zu erahnen und wo er lag, als seine warme Hand auch schon nach meinem Handgelenk fischte und mich auf das große Doppelbett zog. Er lehnte mit dem Rücken gegen das Kopfteil und half mit seinem Arm so lange nach, bis ich mit dem Kopf auf seiner Brust an seiner Seite lag. „So ist‘s brav.“ Seine Stimme klang belustigt. Als ob er mit einem kleinen Kind redete. Das mächtige Schlagen seines Herzens unter meinem Ohr beruhigte mich, so wie mich seine ganze Anwesenheit beruhigte. Ich hatte das Gefühl, heimzukommen und doch bereute ich diesen Gedanken sofort wieder. Er hatte bestimmen sollen, ob er noch mein Freund sein konnte unter den Bedingungen, die ich ihm klipp und klar gestellt hatte, und er war bestimmt noch lange nicht bereit gewesen, mich wieder zu sehen. Wenn überhaupt. Trotzdem fühlte ich mich auf der Stelle besser. „Tut mir leid, ich hab’s schon wieder getan. Ich hab dir weh getan.“ Seine Stimme klang richtig schuldbewusst. „Nein, nicht, ich...“ Mir fiel nichts ein, was ich sagen könnte, außerdem war ich kurz davor, jetzt doch hemmungslos zu schluchzen. „Ich war schon wieder gemein zu dir.“, brummelte er nochmals verlegen, da war es aber schon zu spät. Ich versuchte mich mühsam zusammen zu reißen, aber dann brach es schon mit aller Macht aus mir heraus. Wenn er weiterhin sauer auf mich gewesen wäre, hätte ich es durchgestanden, aber so? Ich heulte los, dass mein ganzer Körper zitterte. Meine Tränen flossen in wahren Stutzbächen über meine Wangen, meine Nase war vollkommen dicht, und ich wimmerte und heulte, ohne auch noch ein Wort sagen zu können. Unendlicher Kummer erfasste mich, überrollte mich mit voller Wucht, und all meine Selbstbeherrschung, die ich den ganzen Tag so mühsam aufrecht erhalten hatte, brach zusammen. Mein ganzes Denken bestand nur noch aus Verzweiflung und Hilflosigkeit. Hier bei ihm in der Dunkelheit, in seiner vertrauten Nähe, öffneten sich alle Schleusen, meine Seele lag offen und es blieb von mir nur noch eines übrig: ein Häufchen Elend. In kurzer Zeit hatte ich seine glatte Brust nass geweint. Ich merkte es erst, als ich den Kopf aus der Pfütze erhob, die sich in der kleinen Kuhle seines Brustbeins gebildet hatte. Schuldbewusst versuchte ich, sie mit den Händen trocken zu wischen. Meine Haare klebten mir im Gesicht fest, mein Körper bebte und zuckte, und mir fiel jetzt erst auf, dass ich mich an ihm festgekrallte hatte. Meinen freien Arm hatte ich um ihn geschlungen und ich hielt mich an seinen Rippen fest, als ob ich sonst drohte aus dem Bett zu fallen. Er war mein einziger Halt, mein Fels in der Brandung, denn der Boden drohte mir unter den Füßen zu verschwinden. Ich drückte mich an seine Seite und hielt mich verzweifelt an ihm fest, während er mir die ganze Zeit den Rücken streichelte und versuchte, mich zu trösten, indem er mich immer wieder an sich drückte. „Schhhhh, Bella, ist ja gut. Ich weiß, es ist sehr verwirrend, und dir tut alles weh. Ich hätte nicht so abweisend zu dir sein sollen. Entschuldige!“ Er versuchte mich mit seinem Arm zu wiegen wie ein kleines Kind, und ich fühlte mich auch getröstet wie ein Baby. Die Schluchzer ließen langsam nach, aber meine Tränen kullerten immer noch in dicken Tropfen auf seine Brust. „Mann, Schatz, wir werden noch absaufen, wenn du so weiter machst.“ Ich musste lächeln, immerhin einer von uns war schon wieder bereit, Scherze zu machen. Er hatte nach einem Shirt geangelt und versuchte damit, mein Gesicht abzuwischen. Seine Finger waren dabei unendlich sanft, sie streiften mir die nassen Haare zur Seite, tasteten nach meinen Wangenknochen und wischten mit dem Stoff zart über meine Lider. Langsam beruhigte ich mich wieder, mein Atem ging wieder flacher und die Tränenflut versiegte, während er mir immer noch über den Rücken strich. Es tat so gut. Wir lagen schon ewig so da, bis er auf einmal unvermittelt auflachte. „Damit hätte ich nie gerechnet. Dass es auch die Mädchen erwischt. Erst Leah, diese Nervensäge, und jetzt auch noch dich. Willkommen in der Meute.“ Er streichelte mir immer noch sanft den Rücken, und ich schniefte nur noch gelegentlich. Ich freute mich, seine heisere Stimme wieder zu hören. „Ich wollte Sam erst nicht glauben, als er es mir mitteilte. ‚Wir haben ein neues Rudelmitglied: es ist Bella. ‘ Ich dachte erst, er wollte mich verarschen, dass das ein Trick sei, um mich wieder heim zu locken. Aber dann war er schon wieder weg. Und ich machte mich lieber mal auf den Weg, denn Sam ist nicht der Typ, der groß Witze reißt. Und dann sah ich dich da in seiner Hütte, verängstigt und mit großen Augen, und da wusste ich, dass es stimmte.“ Mir fiel nichts dazu ein, ich wollte einfach nur seiner Stimme zuhören. „Mensch Bella,!“ Er kicherte. „Da hast du wohl ein wenig zu viel mit deinen Vampirfreunden rumgehangen. Jetzt hast du den Dreck, jetzt hat es dich auch erwischt.“ Ich fand das gar nicht lustig und stieß ihm in die Seite. „Habt ihr es gewusst?“ Ich merkte, wie er mir den Kopf zuwandte, aber ich spürte es eher, als ich es bei der Dunkelheit sehen konnte. „Was? Das du dich auch verwandeln könntest? Euer Blut ist so verdünnt, damit hat keiner gerechnet. Und so blass wie du immer bist, da siehst du eher aus wie ein klassisches Bleichgesicht aus der Stadt. Da passt du doch auch prima hin, zu all den coolen, weißen Kids… wie diesem dauerkotzenden Mike.“ Wieder kicherte er frech. Natürlich hatte er es gewusst. Ich würde mit Charlie noch ein Hühnchen zu rupfen haben. Jacob ging es ascheinend schon wieder besser. „Ich finde das gar nicht lustig. Warum hat mir nie einer gesagt, dass ich Verwandte hier habe?“ „Hat Charlie nicht...?“ Ich schüttelte den Kopf. „Oh, dann muss die Überraschung bei dir ja umso größer gewesen sein.“ Ich nickte zustimmend. „Ja, ich dachte, ich spinne. Wenigstens habe ich dann gleich gewusst, was los war. Anders als du damals...“ Er lachte rau auf. „Ja, das war ein Heidenspaß. Ich hatte keine Ahnung, was mit mir geschehen war, dachte erst nur, ich hätte Fieber und so ne Grippe. Ich war voll von der Rolle, als es mich zerrissen hat. Dachte, ich wäre explodiert. Sam musste lange rennen, bis er mich eingeholt hatte.“ Wieder kicherte er bei der Erinnerung. Als er den Namen des Leitwolfes erwähnte, ging mir eine Frage durch den Kopf. „Hast du ihn gleich von Anfang an gehört? Also sofort, nachdem du dich zum ersten Mal verwandelt hattest?“ „Ja, wieso? Zum Glück konnte ich ihn hören, ich wäre sonst vollkommen durchgedreht. Er hat mich beruhigt und mir alles erklärt. Dann war es schon weniger schlimm. Hörst du ihn denn nicht?“ „Nein, es ist alles still. Ich bin da völlig allein.“ Wieder zog er mich näher zu sich heran und tätschelte mir mitfühlend den Rücken. „Arme Bella. Armer, kleiner Wolf. Aber sei froh, dann kannst du deine Gedanken wenigstens für dich behalten und musst dir nicht das Gespött und Gejammer der anderen mit anhören. Ich finde das lästig. Nur im Kampf ist es praktisch.“ Dafür war ich ja auch sehr dankbar. Erleichtert senkte ich wieder meinen Kopf auf seine Brust. Jacob war wieder da. Bei mir. Er war den weiten Weg zurück gekommen um nach mir zu sehen. Die bleierne Müdigkeit machte sich bemerkbar, die mir in den Knochen lag, und seine Anwesenheit beruhigte mich, lullte mich ein. Mit ihm an meiner Seite fühlte ich mich sicher. Ich spürte noch, wie er seine Decke hob und sie auch über mich breitete, dann war ich schon eingeschlafen. Der Traum, den ich dann hatte, war weniger friedlich. Ich war wieder der braune Wolf mit dem zotteligen Fell, und das metallische Geräusch gellte in meinen Ohren, das jedes Mal erklang, wenn ich Edward das harte Fleisch von seinen Knochen riss. Ich war wütend auf ihn, und gleichzeitig entsetzt, aber ich konnte nicht mehr aufhören und schnappte ein ums andere Mal nach seinem Marmorkörper. Dann holte er aus zu einem Schlag, von dem ich wusste, dass er mich zerschmettern würde. Als er mich traf und der Schmerz mich durchfuhr, wachte ich schreiend auf. Zuerst war ich irritiert, wo ich war, bis ich das Zimmer mit dem großen Doppelbett im Dämmerlicht erkannte. Und ich hörte noch das grausige Heulen eines Wolfes, bis mir klar wurde, dass ich selbst den Ton erzeugt hatte. „He Bella, musst du dich so breit machen? Du erdrückst mich.“, erklang eine erstickte Stimme unter mir, und eine Hand schob die großen, braunen Pfoten zur Seite. Ich stöhnte auf. Es waren meine Pfoten, und alle Muskeln schmerzten, als Jacob sich unter mir hervor wühlte. Ich hatte mich im Schlaf verwandelt. Ich winselte leise. „Ist schon gut, ist ja nicht so schlimm.“, brummelte er undeutlich. Selbst im Halbschlaf versuchte er noch, mich zu trösten. „Ist mir auch schon passiert. Rutsch mal ein wenig zu Seite, du alter Mopp, und dann schlaf einfach weiter. Das Bett hält das aus, das habe ich verstärkt. Und um den Rest kümmern wir uns morgen.“ Er legte einen Arm quer über meine pelzige Seite und schlief schon wieder, bevor ich meinen Kopf auf die Pfoten betten konnte. So schnell hätte ich mich auch gerne an diesen seltsamen Körper gewöhnt, wie er ihn akzeptierte. --- Na, lief es so, wie ihr erwartet habt? Liebe Grüße Hi-chan Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)