Die Sterne über Dalaran von Kyrethil (World of Warcraft-Fanfiction) ================================================================================ Kapitel 19: 5. Freundschaftsspiel(e) ------------------------------------ Freundschaftspiel(e) Ylaria betritt den Raum des Gasthauses. Es ist in einer Stadt, die sie kennt. Der Name spielt keine Rolle. Sie öffnet die Tür, und tritt hinein, in Wärme. Ein grosses Feuer flackert, doch nicht im Kamin. Sie friert, sie friert so sehr. Sie nähert sich dem Feuer, streckt die Hände aus. Das Feuer weicht vor ihr zurück. Sie streckt die Hände mehr aus, tritt näher an das Feuer, welches mitten im Gastraum lodert, auf nacktem Boden. Das Feuer weicht erneut. Sie friert. Sie friert und sie verglüht innerlich. Sie tritt näher zu dem Feuer und es verwandelt sich in eine humanoide Gestalt. Sie glaubt, ein Kichern zu vernehmen. Das Feuer läuft vor ihr davon, durch die Räume des Gasthauses, und... Als Ylaria das erste Mal aufwachte, registrierte sie nur wenig, und doch so Essentielles. Ein kalter Hauch fuhr über ihre Wangen. Sie lag weich. Ihr war wohlig warm. Etwas schweres lag auf ihr, weich und bequem. Decke.. Es war eine Decke. Es war warm. Und weich. Sie öffnete die Augen nicht. Sie fror. Sie hatte das Gefühl zu erfrieren, obwohl es warm war. Sie wusste, es war warm, und dennoch dachte sie zu erfrieren. Sie wimmerte leise. Durch den Nebel ihrer Gedanken spürte sie eine Berührung. Kalt. Metallisch. An ihrem Mund. Es dauerte nicht lang, da war sie wieder eingeschlafen. „Geh nicht fort.“ Ylarias Rufen verhallt ungehört. Sie eilt durch einen flur. Das Feuer trägt elfische Gesichtszüge, ein lodernder elfischer Körper, ohne genaue Konturen. Dennoch ist sie sicher, es ist ein Elf. „Bleib stehen.. mir ist kalt.“ Sie ruft erneut, doch das Feuer lacht nur. Das Lachen schallt durch das ganze Gebäude. Der Flur hört nicht auf. Sie ist in Silbermond. Sie ist zuhause. Das Anwesen der Silbersangs. Das Feuer lacht und spielt mit ihr. Es hält sie zum Narren. Kurz bevor sie es erwischen kann, macht es einen weiteren Schritt, immer schneller als sie. Viele Türen säumen den Flur. Das Feuer stellt ihr ein Bein, und berührt sie, dann verschwindet es. Ylaria steht auf. Das Feuer ist nicht mehr da. So viele Türen, die sie.. Das zweite Mal wachte sie auf, als Stimmen durch ihre vernebelten Träume drangen. Sie spitzte die Ohren. Viel bewusster als das vorherige Mal war sie anwesend. Sie fror immer noch ein wenig. Nur leise drangen Wortfetzen an ihre Ohren. Träge versuchte sie sich zu erinnern, wer sprach. Die Stimmen kamen ihr bekannt vor. „.. immer noch fiebrig.. Gefährlich“ - eine weibliche, sanfte Stimme. Rau und ungewohnt, in der Allgemeinsprache. „Ihr müsst doch.. dagegen.. können..“ Männlich. Elf.. oder..? Sie war sich nicht sicher. „.. Geduld.. vonnöten.. Tee. Licht.“ erneut die Frau. Ylaria schlummerte wieder ein, als sich die Stimmen entfernten. Das Feuer wispert ihr Koseworte in die Ohren. Von überall und nirgendwo. Es ruft nach ihr. „Ylariaa...“, säuselt es, wie der Wind. Und dann weiss sie, welche Tür. Sie weiss, wo sie hin muss. Die fünfte Tür von links. Sie öffnet die Tür, und befindet sich sofort im Raum. Sie kann sich nicht erinnern, den Raum betreten zu haben. Sie ist einfach da. Das Feuer steht vor ihr. Er steht vor ihr. Es ist ein Elf. „Ylaria, da bist du ja endlich“, sagt er. Die Stimme kommt ihr bekannt vor. „Ich friere“, sagt sie. „Ich weiss“, sagt das Feuer und breitet seine Arme aus. „Ich werde dich wärmen“, sagt das Feuer. Und tritt auf sie zu. Sie.. „Ylaria, könnt ihr mich hören?“ Schlagartiger als die beiden Male zuvor erwachte sie und öffnet die Augen. Die Sonne blendete sie grell. Ihr war furchtbar heiss. „Wo..“, krächzte sie, doch ihre Stimme versagte. Sie fühlte sich durstig. Sie hatte furchtbaren Hunger. Sie wollte.. „Scht, ganz ruhig“, murmelte die vertraute Stimme. Sie drehte den Kopf und erblickte die Menschenpriesterin. Wie war noch gleich ihr Name? „Ihr seid in Sicherheit, in Dalaran“, sagte sie leise, und strich mit einem kühlen Lappen über Ylarias Stirn. „Ihr wart verletzt und ihr habt ein übles Fieber davongetragen“, fuhr sie fort. „Bewegt euch nicht.“ Ylaria holte tief Luft, und keuchte sofort, als ihr ein scharfer Schmerz in die Brust stach. Ein Hustenreiz überwältigte sie und sie begann Schleim in das Tuch zu husten, welches die Heilerin ihr hinhielt. „Durst“, konnte sie nur ächzen, nachdem sie fertig gehustet hatte. Ihr ganzer Körper schmerzte. Sie schwitzte. Es war viel zu heiss. Und sie war durstig. Es tat weh. Sie wollte zurück. Zurück. Schlafen. Das Feuer.. der Traum.. Sie krächzte erneut „Durst“. „Ganz ruhig. Bitte beruhigt euch. Ihr strengt euch zu sehr an“, sagte die Menschenfrau und wusch mit dem Lappen über Ylarias Gesicht. Ylaria traten Tränen in die Augen, doch dann beruhigte sie sich langsam. Sie schloss die Augen wieder, atmete ein und aus, nicht zu tief, um nicht zu viele Schmerzen zu erzeugen. „So ist es gut. Ich werde euch helfen, euch aufzurichten, dann könnt ihr etwas trinken.“ Ylaria musste die Augen nicht öffnen, um zu wissen, dass die Heilerin lächelte. Langsam richtete sie sich mit Brionnas Hilfe auf. Die Menschenfrau stopfte ihr ein paar Kissen in den Rücken, so dass sie in einer halb aufgerichteten Lage schliesslich eine Tasse voll lauwarmen Tee in die zitternden Hände nahm, und gierig daraus trank. Nur wenig später schlief sie wieder ein. Traumlos. Das nächste Mal erwachte sie mit einem brennenden Hunger. Das Licht schmerzte nur kurz, als sie die Augen aufmachte. Sie fror nicht, sie schwitzte nicht. Sie richtete sich auf und blickte sich im Zimmer um. Sie fühlte sich besser. Bedeutend besser. Auf einem Stuhl neben ihrem Bett sass Verian und schlief in einer Position, die sehr unbequem aussah, den Kopf an die harte Wand gedrückt. Die Heilerin war nicht zu sehen. Ylaria bewegte ihre Hände, die unter der Decke lagen. Sie erinnerte sich jeder Einzelheit, die ihr zugestossen war. Die Expedition. Ihre anfängliche Euphorie. Der lange Flug. Die Ankunft.. Sie hatte Drachen gesehen. Dairean. Ylaria lächelte, doch bald verlor es sich in den nachfolgenden Gedanken. Der Absturz. Das grässliche Gefühl, als sie ihren Knochen knacksen hörte. Ylarias Hand wanderte zu ihrem Bein und betastete es. Sie spürte keinen Verband und keine Wunde. Sie bewegte es probeweise und keuchte leicht, als ein stechender Schmerz durch den Knochen fuhr. Was.. „Ylaria, du bist wach! Oh bei der Sonne..“ Verian war von ihrem Keuchen aufgewacht, und blickte sie an. Sofort setzte er sich auf ihr Bett, neben sie, und legte ihr eine Hand auf den Oberarm. Er strahlte. Sie lächelte. „Ja“, erklang ihre heisere Stimme. Es fühlte sich an, als hätte sie seit Monaten nicht mehr gesprochen. „Oh, bei der Sonne“, wiederholte Verian. „Ich bin so froh, dass du aufwachst. Brionna hat gesagt, dich hat ein starkes Fieber erwischt, und sie hat es nicht wirklich gut bekämpfen können, es blieben noch Überreste davon in deinem Körper, oder so, sagte sie zumindest. Deinem Bein geht es gut, aber es muss sich noch gewöhnen, an dem geheilten Zustand, meinte sie. Also.. sie hat es richten können, aber der Knochen und das Gewebe drumherum sind in Mitleidenschaft gezogen worden, und müssen sich noch an den geheilten Zustand gewöhnen, und..“ Ylaria lachte leise, als Verians Wortschwall auf sie ein sprudelte. Verian unterbrach sich selbst und blickte sie verwirrt an. „Du lachst..?“ Ylaria lächelte und hob die Hand. „Es ist.. schön dich.. sprechen zu hören. Gut, dich zu sehen“, sagte sie leise. „Wie lange..?“ „Wir waren drei Tage unterwegs bis nach Dalaran. Du hast die letzten vier Tage zusätzlich noch verschlafen und bist hier gelegen.“ Sie hatte eine ganze Woche verloren. Ylaria blickte Verian an. Er rutschte etwas näher. „Wie fühlst du dich?“, fragte er vorsichtig. „Es tut weh“, murmelte sie. Verian nickte. „Durstig. Hungrig. Mir ist übel.“ „Das ist ein gutes Zeichen“, sagte er lächelnd. „Frierst du?“ „Nein.“ „Sehr gut. Das Fieber ist weg. Brionna sagte, ich solle es ihr sofort sagen, wenn du noch frierst. Sie schläft gerade, weisst du? Sie hat sich um dich und um Hammerschmied gekümmert. Er ist wieder auf den Beinen.“ Ylaria richtete sich etwas mehr auf und zog eine Hand unter der Decke hervor, legte sie auf ihr Bein. „Du wirst wieder laufen können. Noch ein paar Tage, und du wirst wieder beweglich und aktiv sein wie ein Eichhörnchen.“ „Ausgerechnet.. ein Eichhörnchen? Warum nicht etwas.. hm.. Anmutigeres?“ Sie schmunzelte und blickte zu Verian, der erneut anfing bis über beide Ohrenspitzen hinweg zu strahlen. „Ach, wie habe ich deinen Humor vermisst. Ich dachte schon, ich..“ Er unterbrach sich selbst und blickte zu Boden. „Du dachtest was?“ Verian hielt einen Moment inne. „Dass ich dich verloren habe. Wir haben nach dir gesucht. Dich nicht gefunden. Ich hatte .. Weisst du, ich hatte solche Angst. Ich habe.. mich sogar mit Tyballin angelegt.“ „Wirklich?“ „Arroganter Sack“, murmelte Verian nur als Antwort. Ylaria lachte und Verian grinste sie verschmitzt an. „Du weisst.. doch, ich bin so leicht nicht unterzukriegen.“ „Ich hab's gemerkt. Ach, Ylaria, ich bin so froh“, sagte Verian, und beugte sich etwas zu ihr, um sie spontan in die Arme zu nehmen. Ylaria schloss den einen Arm, den sie schon unter der Decke hervorgezogen hatte, um ihren besten Freund und schmiegte sich an den warmen Körper. „Danke“, murmelte sie. Verian fragte nicht, wofür, sondern hielt sie einfach fest. Seine eine Hand strich durch ihr Haar. Es war eine Geste, die Geborgenheit in ihr weckte. Nach einer halben Ewigkeit löste sie sich von ihm. „Ich bin.. durstig.. Könntest du bitte..?“ Verian liess sie sanft zurück in die Kissen sinken und liess sie dann los. „Natürlich. Entschuldige, ich hätte vorher dran denken können.“ Er stand auf, und schenkte ihr etwas Saft ein. „Brionna sagte, ich solle dir Saft zu trinken geben, aber wenn dir der zu kühl ist, könntest du warme Brühe bekommen. Kein Tee. Du brauchst dringend Energie und Nahrung.“ Er reichte ihr das Glas. Ylaria nahm es entgegen und nickte. „Saft.. reicht schon.. im Moment. Denke ich.“ Als sie daran nippte und der kühle, erfrischende, süsssaure Saft ihre Kehle hinunter rann, seufzte sie wohlig. „Und jetzt.. setz' dich hin.. Erzähl mir alles, was ich verpasst habe in den.. letzten Tagen.. hm?Was ist mit dir und Leireth? Was ist mit Imenia passiert? Wie habt ihr den Frostwyrm überstanden? Wie habt ihr uns gefunden? Was ist mit den Sonnenhäschern passiert?“ Und Verian erzählte. XXXX Was is' los, Bri?“ Connell benutzte den Kosenamen, den er sich in den letzten Tagen für sie ausgedacht hatte und blickte sie an. Brionna konzentrierte sich auf die Teekanne, aus der sie Tee in eine Tasse goss. „Was sollte los sein?“, antwortete sie. Sie klang kurz angebunden, obwohl sie das nicht wollte. Connell sass am Tisch ihr gegenüber. Er hatte sich in der letzten Woche hervorragend erholt, und war schon fast wieder ganz auf den Beinen. Einzig eine leichte Erkältung plagte ihn noch und sein Körper musste sich noch von den Strapazen und dem Blutverlust der Wunde erholen, die er im Kampf gegen den Frostwyrm erlitten hatte. Er schnaubte kurz. „Natrürlich nicht'“, brummelte er. „Warum kommst du auf die Idee, dass etwas los sein sollte?“, wiederholte sie. Sie konnte es nicht lassen. Es ärgerte die Menschenfrau selbst. „Weil du sonst nie so ruhig bist“, schlussfolgerte Connell blauäugig. „Willst du behaupten, ich sei eine Klatschbase?“, giftete Brionna zurück und funkelte ihn über der Teetasse an. Sie wusste, es war töricht. „Wa.. Nein.. Das wollt' ich sicher nich' sagen, ich mein', dass du sons' immer mehr.. du weisst schon“, stammelte Connell, ehe er schwieg und sie hilfesuchend anblickte. Brionna blickte noch einen Moment ernst, ehe sie grinste. Connell schnaubte erneut, doch dann lachte er auch und so genossen sie einen Moment die fröhliche Atmosphäre, die sie selbst erzeugt hatten. Der Gemeinschaftsraum war leer. Es war später Nachmittag. Brionna hatte einige Stunden geschlafen, nachdem sie die ganze Nacht über die Elfe gewacht hatte. Sie hatte sich nun etwas zu Essen gegönnt. Nur noch diese Tasse Tee, dann würde sie wieder nach Miss Silbersang schauen. Connells Blick ruhte immer noch auf ihr. „Jetzt aber.. mal im Ernst. Dich beschäftigt was.. Is' es die Elfe? Wacht sie nich' auf?“, bohrte er weiter. Brionna seufzte und stellte die Tasse hin, legte die Hände mit den Handflächen nach unten auf die raue Oberfläche des Tisches. „Das auch.“ Connell legte sofort seine beiden ebenso rauen, ledrigen Pranken auf ihre Hände und schlang seine Finger um die ihren, viel zärtlicher als man es für so einen grossen und starken Mann erwarten würde . Er sagte nichts, sondern blickte sie nur an, was Brionna nicht weiter erstaunte. Sie hatten in den letzten Tagen viele Stunden miteinander verbracht. Nachdem er sich soweit von seinen Verletzungen erholt hatte, dass er problemlos wieder aufstehen konnte, liess er es sich nicht nehmen, sie fast überall hin zu begleiten, sofern sie es zuliess. Viele Stunden waren sie einfach nur während Brionnas Wache in Miss Silbersangs Zimmer gesessen, hatten einige Mahlzeiten miteinander eingenommen und viele Kannen Tee getrunken. Brionna hatte in diesen Stunden vor allem eines herausgefunden: Connell war ein aufmerksamer und guter Zuhörer. Was sich andere in langem Studium aneignen mussten, wusste er instinktiv. Er schwieg, wenn seine Worte den Gedankenfluss stören würden, er sprach, wenn es notwendig war, die Stille zu durchbrechen, und er sagte mit wenigen Worten das, wofür andere eine halbe Ewigkeit brauchten. Er scheute sich nicht, zu sagen, was er dachte, auch wenn das beinhaltete, dass er Kritik übte. Trotz dieser beneidenswerten Fähigkeiten hatte Connell auch ganz oft etwas tollpatschiges und unüberlegtes an sich. Brionna lächelte, als ihr dies durch den Kopf ging. Sie hatte ihn am Anfang der Expedition nicht ausstehen können, aber ihr Widerstand war schnell geschmolzen, als sie realisiert hatte, dass er kein Spiel spielte. Dass er einfach nur er selbst war. Connell blickte sie immer noch an, aufmerksam, und streichelte mit dem Daumen über ihre Hand. Er sagte immer noch nichts, weil er wusste, dass sie zu gegebener Zeit schon sprechen würde. Brionna erwiderte seinen Blick. „Einerseits wacht sie nicht auf, andererseits..“ Sie seufzte und löste eine Hand unter seiner hervor und richtete sich die Haare etwas. „Sie ist.. mitgenommener als sie sein sollte.“ „Wie geht'n das?“, fragte Connell. „Ich wusste es nicht. Ich .. habe mir den Kopf zerbrochen, ob es vielleicht an mir liegt. Ob ich nicht genug heilende Kraft übrig gehabt habe, nachdem ich mich um dich gekümmert hatte, oder ob ich vielleicht etwas übersehen habe, weil sie eine Hochelfe ist und ich mit diesem Volk wenig Erfahrungen habe.“ Connell strich sich mit der freien Hand über den Dreitagebart, der sein Kinn zierte. Brionna fuhr fort, ihre Gedanken auszuführen. „Ich hab vor zwei Tagen eine andere Heilerin gefragt. Ich weiss nicht, ob du sie kennst, es ist eine zwergische Priesterin, die ich von meinen Studienreisen nach Eisenschmiede her gut kenne. Wir hatten immer losen Kontakt.“ Ihre Hand hielt nicht still. Sie griff nach der Teetasse und nippte daran. „Item, sie hat Miss Silbersang auch untersucht, aber sie konnte auch nichts finden.“ „Warum denkst'n du, dass es ihr nich' so gut geht, wie es ihr gehen sollt'?“, fragte Connell und stützte den Ellbogen auf. „Das Fieber. Es ist nicht herunter. Du hast sie doch gehört, wie sie im Schlaf gezittert hat, oder?“ Connell nickte. „Wollt' immer noch mehr Decken holen.“ „Das hätte auch nichts genützt. Irgendwas war.. irgendwas ist immer noch in ihr, es..“ Brionna verstummte mitten im Satz, als die Tür des Gemeinschaftsraumes aufging. Herr Himmelswispern, der gute Freund von Miss Silbersang, betrat eilig und breit grinsend den Gemeinschaftsraum. Kaum hatte er Brionna erblickt, rief er„Sie ist wach!“, und eilte zum Tisch, wo die beiden Menschen sassen. Brionna atmete hörbar erleichtert auf. „Endlich.. Das sind gute Neuigkeiten.“ Sie wollte ihre Hand aus Connells Griff winden, doch er hielt sie weiterhin sanft, aber beständig fest. „Ja. Sie sagte, sie sei hungrig und durstig. Fieber hat sie keins.“ „Ich hoffe, ihr habt ihr etwas zu trinken gegeben?“ „Ja, wie ihr mich instruiert habt, Saft. Sie hat ein Glas getrunken, obwohl sie über Übelkeit klagte.“ Brionna runzelte die Stirn. Sie war gerade im Begriff gewesen, aufzustehen, doch sie setzte sich wieder. „Übelkeit?“, murmelte sie. „Das sollte nicht sein. Wobei.. sie könnte hungrig sein, es könnte aber auch...“ Herr Himmelswisperns Strahlen verschwand etwas aus dessen Gesicht und er runzelte die Stirn. Sein Gesichtsausdruck war für Brionna leichter zu lesen als die Miene der anderen, oft unnahbar scheinenden Hochelfen. „Ihr seht besorgt aus. Aber sie ist doch wach?“, fragte er. Seine Stimme klang verwirrt. „Ja, sie ist wach. Aber wie ich gerade Connell erzählen wollte, macht sie mir dennoch Sorgen.“ „Warum?“ „Das.. ich sollte das vielleicht nicht mit euch besprechen.“ Himmelswispern verzog das Gesicht. „Ich bin ihr bester Freund. Ich erfahre es sowieso.“ „Das meine ich nicht. Ich meine.. Ich weiss nicht.. Hach.. es ist kompliziert“, seufzte Brionna. „Aber ihm wolltet ihr es erzählen?“. Er deutete auf Connell. Connell lächelte beschwichtigend und Brionna wurde rot. „Ihr Zustand ist.. schlechter, als man es nach meinen Heilkünsten erwarten würde. Das Licht hat mich reich gesegnet, um sie zu heilen. Und dennoch..“ Brionnas Blick haftete auf Herr Himmelswisperns Augenbrauen, die mit jedem ihrer Worte höher wanderten. „Blickt mich nicht so an“, brauste sie plötzlich auf. „Und wagt es gar nicht, daran zu denken, meine Heilkünste in Frage zu stellen. Weil das ist genau das, was ihr gerade tun wollt, gebt es zu!“ Herr Himmelswispern hob die Hände. „Nein, ich wollte.. nicht..“ Dann seufzte er. „Entschuldigt. Doch. Das wollte ich.“ „Hrmpf.“ Brionna zog eine Schmollmiene. „Erzähl' einfach, Bri. Is' wohl besser“, forderte Connell sie sachte aber bestimmt auf. „Ihr Fieber hielt länger an, als es eigentlich hätte anhalten dürfen. Sie ist sehr schwach. Sie hatte Schüttelfrost, er viel zu stark war für gewöhnliches Fieber. Sie hat teilweise auch sehr stark geschwitzt. Sie hat zwischendurch auch immer mal wieder Phasen von Schmerz gehabt. Ich sah es ihr an. Und.. und ihr Atem stank“, führte Brionna widerwillig aus. „Was.. hat ihr Atem damit zu tun?“ Erneut wanderte Herr Himmelswisperns Augenbraue nach oben. Brionna schwieg einen Moment, sortierte Worte, dann räusperte sie sich. „Ich .. sehe ihr habt keine Erfahrung darin. Ich allerdings schon. Es sind.. nun.. klassische Symptome eines Entzugs vom Kraut, das nur in Quelthalas wächst. Das Kraut, welches zumeist nur Elfen konsumieren.“ Herr Himmelswisperns Miene wurde eisig. „Ihr meint Blutdisteln?“ Brionna nickte nur. „Das ist unmöglich. Ylaria ist keine Distelsüchtige. Das wüsste ich!“, begehrte Herr Himmelswispern sofort auf. Connell zuckte nur mit den Schultern. „Hab gehört, viele Elf'n nehmen das Zeuch.“ Er erntete einen wütenden Blick des Elfen. Brionna hob die Hände. „Bitte, ich wollte euch nicht beunruhigen, Herr Himmelswispern.“ „Ihr irrt euch. Ylaria nimmt keine Disteln, das würde ich wissen“, wiederholte er sich. Brionna seufzte. „Es gibt keine andere Erklärung.“ Der Elf schaute sie einen Moment an, dann liess er sich auf den dritten Stuhl fallen, der am Tisch stand. „Das kann nicht sein“, murmelte er. „Das wäre.. das kann ich nicht erklären. Sie ist meine beste Freundin. Das würde sie nicht .. Das macht keinen Sinn.“ „Nicht immer gibt es dafür eine Erklärung“, versuchte Brionna ihn zu beruhigen und legte die freie Hand auf Herr Himmelswisperns Oberarm. Sie konnte sein Entsetzen gut nachvollziehen. Das Kraut war zwar nicht weit verbreitet unter den Menschen. Weil man es aus Quel'thalas importieren musste, war es relativ teuer, und für den einfachen Menschen unerschwinglich. Aber es gab andere Möglichkeiten und andere mehr und weniger gefährliche Substanzen. Alkohol in grossen Massen war das Hauptproblem vieler Menschen. Viele derjenigen, die sich dem Alkohol hingaben, wollten niemals zugeben, dass sie ein Problem hatten. „Manchmal haben nicht einmal diejenigen, die süchtig sind eine Erklärung. Sie haben eines Tages probiert, und dann lässt es sie...“ Herr Himmelswispern fiel ihr ins Wort und schüttelte ihre Hand ab. „Ihr versteht nicht! Ylaria nimmt keine Disteln! Wir haben es zweimal erleben müssen, dass einer der unseren nach dem Fall des Sonnenbrunnens an einer übermässigen Dosis von Blutdisteln gestorben ist. Diese Idioten dachten, dass sie so ihre Magiesucht stillen können.. Sie würde.. Sie würde niemals.. Sie weiss, wie sehr..“ Herr Himmelswispern wurde erneut still. Brionna stellte fest, dass er müde wirkte. Die anfängliche Freude, die beim Betreten des Raumes in seinem Gesicht gestanden hatte, war wie weggewischt und war wieder dem sorgenvollen Ausdruck gewichen, den Brionna von den letzten Tagen her nur zu gut kannte. „Ich irre mich nicht“, sagte sie schliesslich und blickte dem Elfen direkt in die Augen. Sie irrte sich wirklich nicht. Sie war sich sicher. Die letzten Zweifel waren verschwunden, nachdem ihr die Zwergin versicherte, dass sie alles in ihrer Macht Stehende versucht hatte und sie selber auch keine Möglichkeit mehr sähe, wie die Symptome der Elfe durch Licht noch mehr hätten gelindert werden können. „Ich.. ich muss mit ihr sprechen. Wenn das wahr ist..“, murmelte Herr Himmelswispern. Brionna blieb hartnäckig und legte ihm die Hand wieder auf den Oberarm. „Ihr habt mich heute morgen früh schon zur fünften Stunde abgelöst, weil ich so müde war. Ich nehme ausserdem an, dass Miss Silbersang schon länger wach ist, und ihr euch unterhalten habt. Ihr seid müde. Ihr müsst dringend ruhen, Herr Himmelswispern. Die Nachricht ist.. ich hätte sie euch vielleicht erst später erzählen sollen.“ „Nein“, begehrte der Elf auf. „Nein, ihr habt.. das Richtige getan, indem ihr es mir gesagt habt.“ „Das ändert nichts an der Tatsache, dass ihr euch zuerst ausruhen solltet, bevor ihr mit ihr sprecht“, fuhr Brionna fort. „Warum?“ „Sons' sagt ihr nur irgendwelchen Mist“, schlussfolgerte Connell, „und kriegt euch mit ihr in die Haare und am Schluss sin' alle sauer auf Bri.. ich mein Brionna..“ Seine Fingerspitzen streichelte immer noch über ihre Handoberfläche. Brionna schmunzelte und drehte die Hand so, dass Connell ihre Handinnenfläche berührte. Sie genoss das Gefühl sehr. „Ich muss Hammerschmied recht geben, Herr Himmelswispern. Ausserdem würde ich Miss Silbersang gerne zuerst befragen, was es damit auf sich hat, und in welchen Dosen sie das Kraut genommen hat.“ „Warum?“, fragte Herr Himmelswispern dumpf. „Damit ich mir Massnahmen überlegen und sie entsprechend behandeln kann“, erklärte Brionna geduldig, während sie zu Connell blickte, der sie anlächelte. „Aber ich will mit ihr sprechen“, begehrte der Elf schwach auf. „Ihr solltet euch zuerst einmal ausruhen“, sagte Brionna erneut. Connell richtete sich etwas auf. „Hört auf sie. 'S is' besser, sonst bekommt ihr nur noch ihren Zorn zu spüren. Ausserdem.. Eine von euch hat nach euch gefragt. Die.. wie hiess sie..?“ Er blickte hilfesuchend zu Brionna. „Miss Himmelsflamme“, ergänzte diese sofort. „Leireth hat mich gesucht?“ „Hat gefragt, wann ihr fertich seid bei der Miss un' wann ihr zu ihr kommt“, nickte Connell. Der Elf rieb sich die Augen und stand schliesslich auf. „Ihr könnt auch noch morgen mit ihr sprechen. Ihr solltet wirklich etwas zu Ruhe kommen“, sagte Brionna. Der Elf tat ihr Leid. „Gut“, sagte er schliesslich. „Aber versprecht mir eins..“ „Was soll ich euch versprechen, Herr Himmelswispern?“ „Sagt.. sagt Feuerblüte nichts davon.“ Brionna zog eine Augenbraue hoch. „Ich weiss nicht, ob das möglich ist. Ich habe ihr schon.. gewisse Bedenken mitgeteilt.“ Der Blick, den ihr der Elf zuwarf, war mörderisch. „Ihr habt Feuerblüte schon erzählt, dass sie Disteln nimmt? Einfach so?“ „Nein, ich habe ihr gesagt, es läuft mit der Heilung nicht alles so, wie es sein sollte, noch nicht meinen Verdacht.“ „Das Licht sei gesegnet“, murmelte der Elf. „Hört zu, ihr dürft ihr das nicht erzählen. Das könnte.. das Ende sein für Ylarias Karriere.“ „Das kann ich nicht beurteilen.“ Brionna rutschte auf ihrem Stuhl herum. Mehr und mehr wurde ihr das Gespräch unangenehmer. „Und ich kann das auch nicht verschweigen.“ „Dann.. dann schiebt es wenigstens auf. Ich bitte euch! Ich will zuerst mit Ylaria reden, und ihr solltet das auch tun. Es kann alles noch ein Irrtum sein.“ „Ein Irrtum?“, unterbrach Brionna die in einem flehenden Tonfall vorgebrachten Worte des Elfen. „Was weiss ich.. vielleicht hat es ihr jemand untergejubelt und sie wusste nicht, was es genau war. Oder jemand hat sie betrogen, oder was weiss ich.. Ich bitte euch.. Inständig. Lasst mich zuerst mit ihr reden. Bitte!“, fuhr Herr Himmelswispern eindringlich fort. Seit er aufgestanden war, hatte er damit begonnen, an der kurzen Tischseite auf und ab zu gehen. Brionna verfolgte das rastlose Treiben des Elfen einen Moment mit den Augen, dann wanderte ihr Blick zu Connell. Der drückte kurz ihre Hand und rieb sich erneut den Dreitagebart. „Feuerblüte wird nich' dran sterb'n, wenn sie es erst morgen erfährt, hm? Lass' ihn doch zuerst mit ihr red'n. Du wärst auch froh, wenn du das könntest, wenn's um wen gehen tät', denn du gern hast, oder nich'?“ „Da hast du wohl Recht“, gab Brionna zur Antwort. „Also.. werdet ihr es ihr nicht sofort sagen?“ „Nein. Geht, ruht euch aus und löst mich morgen früh ab, dann könnt ihr mit der Miss reden.“ „Danke!“, rief Herr Himmelswispern überschwänglich, und verbeugte sich so tief, dass er mit der Stirn der Tischkante gefährlich nahe kam. „Danke, danke! Ich bin sicher, das wird sich alles aufklären. Das ist nur ein Irrtum.“ Bevor Brionna etwas erwidern konnte, hatte sich der Elf wieder aufgerichtet, hatte ihnen beiden einen Abendgruss zugesprochen und war aus dem Gemeinschaftsraum verschwunden. Sie blickte ihm einen Moment perplex nach. Dann zuckte sie mit den Schultern. „Schaden wird's ja wohl kaum“, murmelte sie, mehr zu sich als zu Connell. „Gute Entscheidung, Bri.“ Connel hob ihre Hand zu seinem Mund, und setzte einen scheuen Kuss darauf, lächelte sie an. Brionna fühlte Röte in ihrer Wange aufsteigen. Sie zog ihre Hand schnell zurück und stand auf. Sie wusste nichts zu erwidern. „Ich .. geh dann mal. Wache stehen. Du solltest dich hinlegen. Gute Nacht“, stammelte sie schliesslich. „Dir auch“, sagte Connell und nickte. Während Brionna durch die Flure ging, um zu Miss Silbersangs zimmer zu gelangen, ging ihr durch den Kopf, dass auch das eine Eigenschaft an Connell war, die sie sehr schätzte.Sie spürte, dass er grosses Interesse an ihr hegte, aber er bedrängte sie niemals, wenn sie einmal zurückwich. Brionna war aufdringliche Aufmerksamkeit von Männern gewohnt, das gab es immer wieder. Damit wusste sie umzugehen, das war kein Problem. Sie wusste allerdings nicht, wie sie mit dem stillen, starken Connell umgehen sollte, der einfach nur da war. Der ihr unaufdringlich klar machte, dass er sie wollte. Nicht nur für eine oder zwei Nächte, sondern.. Brionna wollte den Gedanken nicht zu Ende denken, wie wenn er dadurch verschwinden würde. Natürlich tat er das nicht. .. für immer. Brionna wusste nicht, wie sie damit umgehen sollte. Brionna gebot sich selbst zu schweigen, öffnete die Tür zu Miss Silbersangs Zimmer und trat ein. XXXX Zur gleichen Zeit, Quartier des Arkanisten Tyballin Imenia unterschrieb ganz zu unterst am Rand des beschriebenen Blatt Pergaments und erlaubte sich dann einen kurzen Blick aus dem Fenster. Als sie das letzte Mal hinaus geschaut hatte, hatte die Dämmerung gerade eingesetzt, nun war es bereits dunkel. Sie strich sich über die Stirn, schloss die Augen und drückte mit den Zeigefingerspitzen kurz auf die geschlossenen Lider, bis sie farbige Punkte sah. Danach erhob sie sich. Melodir hatte sie angewiesen, ihren ausstehenden detaillierten Bericht in seinem Quartier auszuarbeiten. Diesem Befehl war sie mit gemischten Gefühlen gefolgt. Einerseits schätzte sie den Komfort, den der Arkanist in seinen Quartieren hatte. Die Räume waren besser geheizt, besser abgedichtet und geräumiger. Sie rochen auch besser, da sie nicht so nahe den Küchen lagen wie Imenias. Andererseits hatte Melodir nach der Besprechung mit Windläufer am vorigen Tag nicht mehr mit ihr geredet. Wenn sie ehrlich war, fürchtete sie die Konfrontation mit ihm. Während sie ihre Arme etwas dehnte, die vom langen Schreiben etwas steif geworden waren, dachte sie darüber nach. Töricht wie sie war, fürchtete sie zwar die Konfrontation, aber noch mehr fürchtete sie, was es für sie bedeutete, dass Melodir ihr nun fast einen ganzen Tag aus dem Weg gegangen war. Das flaue Gefühl in ihrem Magen war nicht verschwunden, obwohl sie erfahren genug war, um es sich nicht anmerken zu lassen. Sie hatte den ganzen Tag kaum etwas essen können. Sie blickte kurz zur Tür, aber natürlich trat er nicht sofort in diesem Moment durch sie hindurch. , befahl sie sich selbst. Ihre Füsse setzten sich wie von selbst in Bewegung und sie begann, im Raum auf und ab zu gehen, wo es der begrenzte Platz zuliess. Der Arkanist hatte mehr Platz zur Verfügung als sie, aber er hatte ihn gerade in seinem Arbeitszimmer, wo sich nun auch Imenia befand, diesen Platz ziemlich gut ausgenutzt. Oder eher vollgestopft, je nach Perspektive. Imenia strich mit den Händen über diverse Bücherrücken, während sie an einigen Bücherregalen entlangging. Teure Werke standen hier ebenso wie Sammlungen handschriftlicher Notizen. Als sie bei Melodirs Schreibtisch ankam, hielt sie inne und betrachtete die Ordnung darauf. Sie konnte ihre Gedanken nicht abstellen, die immer wieder zu Melodir schweiften. Sie war sich nicht sicher, was das für sie beide bedeuten würde. Sie waren immer mehr gewesen als nur Vorgesetzte und Untergebene, dafür kannten sie sich zu lange. Davon zeugte ja auch schon, dass sie sich sehr informell ansprachen. Imenia musste zugeben, dass sie den etwaigen Verlust ihrer Freundschaft am meisten befürchtete. Sie kehrte wieder zurück an den runden Tisch, an dem sie die letzten Stunden verbracht hatte. Ihre Augen glitten über das vollgeschriebene Pergament. Dann fasste sie einen Entschluss. Das, was geschehen war, konnte sie nicht ungeschehen machen. Natürlich empfand sie es als höchst ungerecht, dass nun alle Schuld auf sie abgewälzt wurde. Aber sie war auch furchtbar froh darum, dass Melodir für sie eingestanden war. Imenia würde alles tun, dass er nicht mit ihr zusammen bestraft wurde. Sie griff nach dem Federkiel, tunkte ihn in die Tinte, zog ein neues Blatt Pergament näher und begann zu schreiben. Alles, was ihr auffiel. Notizen, Stichworte, Gedanken, Überlegungen flossen auf das Pergament, alles, von dem sie dachte, dass es nützlich war, die Hintergründe der Mission zu begreifen. Noch immer hatte sie nicht alle einzelnen geflochtenen Stränge verstanden. Allerdings war das notwendig, um überhaupt irgendwo ansetzen zu können. Zumindest dachte Imenia das. Kaum hatte sie fünf Minuten gegrübelt, hörte sie Stimmen. Melodir sagte irgendetwas zu irgendjemandem, direkt vor der Tür. Es dauerte keine zwei Atemzüge, da ging die Tür auf und der Elf betrat sein eigenes Arbeitszimmer. Imenia hörte mit einem Ohr einen anderen Elfen „Natürlich, Arkanist Tyballin“, sagen. Sie blickte auf und setzte ihr überzeugendstes Lächeln auf. „Guten Abend Melodir.“ Der Arkanist trat zu ihr an den runden Tisch und nickte kurz angebunden. Imenia unterdrückte den Drang, sich auf die Lippe zu beissen, und behielt den Blick auf ihm. „Sei gegrüsst. Woran arbeitest du gerade?“, erkundigte er sich. Seine Stimme klang kühl. „Ich habe den Bericht fertig, wie du es gewünscht hast.“ „Sehr gut. Die Pergamente hier?“ Imenia nickte. Melodir ergriff die Pergamente und begann sie zu überfliegen. Seine Gesichtszüge wirkten starr, seine Körperhaltung angespannt. Imenia bedeckte ihr Gekritzel mit einer Hand und kam sich sofort albern vor. Wie hatte sie nur denken können, dass es irgendetwas gab, was die Freundschaft zwischen ihr und Melodir wieder gerade rücken konnte. Ihre Hand begann das Papier zu zerknüllen und sie erhob sich gleichzeitig. , dachte sie in einem Ecken ihres Bewusstseins noch, da war die zerknüllte Kugel bereits auf dem Boden gelandet. Sie schloss das Tintenfass und richtete alles auf dem Tisch wieder akkurat und ordentlich an, so wie sie es vorgefunden hatte. Sie sprach kein Wort und hielt den Blick gesenkt. Erst als es raschelte und sich die vier Stück Pergament ihres Berichts wieder in ihr beschränktes Sichtfeld schoben, blickte sie hoch. „Bist du schon fertig mit Lesen?“, fragte sie. „Nein“, antwortete Melodir. Imenia wusste nicht, was sie darauf antworten sollte und blieb einfach stehen, hin- und hergerissen. Melodir setzte sich auf den Stuhl neben demjenigen, den sie den Nachmittag über besetzt hatte. Imenia biss sich auf die Lippen. Als sie direkt nach dem Treffen mit Windläufer versucht hatte, überhaupt irgendetwas zu sagen, hatte er sie unterbrochen. Er war schneller weg gewesen als ein Kuchen in einem Raum mit hungrigen Kindern. Das einzige, was geblieben war, war seine Aufforderung wo sie ihren Bericht zu schreiben hatte. „Melodir?“, fragte sie, fast atemlos. Melodir antwortete nicht. Ihre Blicke kreuzten sich und Imenia unterdrückte den Drang, leer zu schlucken. Stattdessen setzte sie sich. Arkanist Melodir Tyballin wirkte weder wütend noch genervt. Er wirkte erschöpft und ratlos. Etwas, was sie an ihm nicht kannte. „Danke“, sagte sie nur. Es war fast einen Tag zu spät, aber es war notwendig. „Wofür?“, gab er zurück, fast etwas barsch. „Wofür wohl?“, entgegnete Imenia schlicht. „Lass uns nicht darüber sprechen. Wir sollten lieber anfangen, uns Gedanken zu machen.“ Melodir machte Anstalten, wieder aufzustehen, aber Imenia legte ihm ihre Hand auf die seine und blickte ihn eindringlich an. „Doch, lass uns darüber reden. Ich will mich bedanken. Du hast dich für mich eingesetzt, und ich bin dir dafür sehr dankbar“, widersetzte sich Imenia und blickte ihn eindringlich an. „Ja ja“, wollte Melodir ihre Worte beiseite wischen. „Wir sollten..“ Sie liess ihn nicht ausreden. „Es tut mir sehr leid, dass sie dich.. mit mir bestraft. Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich dich davon abgehalten, für mich einzustehen. Du kannst nichts dafür. Ich wünschte, ich könnte es irgendwie ändern, wenn es in meiner Macht stünde.“ Ein Moment breitete sich Schweigen zwischen ihnen aus. Dann seufzte Melodir. „Imenia, hör auf, so zu sprechen.“ Imenia blickte ihn verwirrt an. „Wie?“ „Als ich meine Aussagen gemacht habe, bin ich davon ausgegangen, dass sie mich kollektiv mit dir bestrafen würde.“ „Aber.. warum hast du dann..?“ Melodir zog seine Hand unter der ihren hervor, stützte die Ellbogen auf und legte die Fingerspitzen aneinander. Einen Moment lang sagte er erneut nichts. „Ich bin dein Vorgesetzter. Vorgesetzte sind mitverantwortlich für die Fehler ihrer Untergebenen. Es ist für mich logisch, dass ich für dich einstehe.“ Imenia nickte und murmelte „Verstehe“. Natürlich. Die Befehlskette und Logik. „Aber ich hätte es nicht erwartet.. Du hast es wirklich nicht verdient, da es meine Schuld war. Wenn ich Leireth besser gekannt hätte, dann hätte ich Dämmerpfeil davon abgehalten, mir die Nachricht vor ihren Ohren zu erzählen. Dann hätte ich gut überlegen können, was wir machen.“ „Und dann? Du hättest es ihr doch sowieso unter Umständen erzählt“, wandte Melodir ein. „Du bist keine Hellseherin, Imenia.“ „Dann... hätte ich sie vorher besser einschätzen sollen. Vielleicht bin ich zu distanziert. Vielleicht entgeht mir zu viel, vielleicht..“ Melodir fuhr ihr barsch ins Wort. „Sprich keinen Unsinn, Imenia.“ „Unsinn?“ „Natürlich, Unsinn. Du bist genauso wenig Schuld an der ganzen Sache wie ich. Es ist eine Verkettung unglücklicher Umstände gewesen.“ „Aber Leireth..“ „Himmelsflamme hat niemals den Anschein gemacht, über ihren Hass über die Blutelfen ihr gesamtes Befehlsbewusstsein zu verlieren. Ich habe Recherchen gemacht.“ „Du hast... Recherchen?“ Imenia blickte ihn erstaunt an. Melodir nickte. „Was dachtest du, womit ich den letzten Tag beschäftigt war?“ Imenia senkte den Blick wieder. „Nichts..“ „Du hast dir keine Gedanken darüber gemacht?“ Nun war es an Melodir, erstaunt zu klingen. „Doch.. das habe ich.. Ich dachte halt.. nun ja..“ „Nun ja was..? Muss ich dir alles aus der Nase ziehen?“ Melodir schmunzelte leicht, was sich in seiner Stimme niederschlug. „Ich habe gedacht, du bist wütend auf mich und meidest mich deshalb“, murmelte Imenia und rieb sich beinahe krampfhaft über das Gesicht, um ihn ja nicht anblicken zu müssen. „Deswegen habe ich dich natürlich in mein Quartier befohlen, damit ich dir aus dem Weg gehen kann.“ Melodirs leises Lachen liess Röte in Imenias Wangen steigen. „Ich.. entschuldige. Ich schätze.. ich bin noch etwas verwirrt von dem Ganzen. Es tut mir wirklich leid, dass...“ Erneut wurde sie unterbrochen, doch dieses Mal nicht von seiner Stimme, sondern von einem Finger, der sich auf ihr Mund legte. Sie blickte wieder zu Melodir, der seinen Finger sofort wieder zurückzog. „Entschuldigungen sind unangebracht, weil sie nicht notwendig sind, Imenia. Wir kennen uns doch lange genug“, sagte Melodir. Sein Gesichtsausdruck wirkte wieder neutral, doch nicht mehr kühl und feindselig. Womöglich hatte Imenia da sowieso zu viel hineininterpretiert. „Ich bin nicht nur für dich eingestanden, weil ich es als richtig empfand, sondern weil ich glaube, dass du dasselbe tun würdest für mich. Und es gibt nicht viele Leute, denen ich so etwas zutraue. Viel zu viele von uns sind nur auf ihr eigenes Wohl bedacht, doch du hast sogar die alleinige Schuld auf dich geladen, so dass Windläufer in der Projektion ihrer Wut auf dich sogar Himmelsflamme vergessen hat.“ Auf diese Weise hatte Imenia das gar noch nicht betrachtet. „Ich habe gar nicht.. daran gedacht“, sagte sie. Melodir lächelte erneut. „Siehst du? Das meine ich. Du bist eine hervorragende Anführerin und Leutnant deiner Leute. Du kannst Befehle geben und hart sein, wenn es nötig ist, aber du bist im Ernstfall auch dafür bereit, für deine Leute einzustehen. Du siehst die vergangenen Dinge als Resultat des Handeln eines Kollektivs. Diesem Kollektiv standest du vor, also ist es für dich nur logisch, dafür mit deinem Kopf zu bürgen. Ich gehe doch richtig?“ Imenia fuhr mit der Hand seitlich zu ihrem Hals und rieb sich in einer Verlegenheitsgeste die Haut. „Nun.. ja, das könnte durchaus sein.“ „Wie ich sagte: du bist die geborene militärische Anführerin. Und ich sehe es ähnlich wie du, also war ich meinerseits bereit, meinen Mitteil der Schuld zu tragen, da ich deiner Truppe ebenso vorstehe wie du.“ So formuliert klang es für Imenia gar nicht mehr so weltfremd. Dennoch konnte sie sich der Frage nicht verwehren, wie es nun um ihre Freundschaft stand. Sie liess ihre Hand wieder sinken, und zeichnete mit der Fingerspitze Muster auf den Tisch. „Du riskierst also deine Karriere für mein angeborenes Anführertum?“, schlussfolgerte sie überspitzt. Melodir tippte die Fingerspitzen mehrmals aneinander. „Nein. Ich riskiere meine Karriere, weil ich der Meinung bin, dass Windläufer eine gute Freundin sehr ungerecht behandelt und weil ich das nicht mitansehen will, ohne etwas zu tun. Wenn sie dich auf einen verlorenen Posten abschiebt, dann soll sie mich ruhig mit schieben. Sie findet sicherlich einen Besseren.“ Den letzten Satz sprach Melodir in einem sarkastischen Tonfall, der keinen Zweifel daran liess, dass er genau wusste wie wertvoll er für den Silberbund war und dass Windläufer ihre liebe Mühe haben würde, einen Ersatz für ihn zu finden. „Glaubst du, sie hat dir nur leer gedroht?“ „Das glaube ich nicht nur, das weiss ich. Sie wollte dir nur aufzeigen, welche gesellschaftlichen Rang du ihrer Meinung nach hast. Sie wollte ihre Zähne zeigen. Glaub' mir, ich habe oft genug mit ihr zu tun. Ich würde sogar fast sagen, dass sie sich instinktiv etwas fürchtet. Du bist nämlich eine mögliche Bedrohung, wenn du mehr von Intrigen und Machtspielchen verstehen würdest.“ „Ein zweifelhaftes Kompliment, würde ich sagen.“ Imenia lächelte zaghaft, dann immer sicherer. „Ach was. Ein Kompliment ist ein Kompliment. Na also, du kannst ja noch lächeln. Das ist ja furchtbar, wie du die letzten Tage umher gehuscht bist, als ob du dich vom Drachenfalken in ein Mäuschen verwandelt hättest. So kenne ich dich gar nicht. Und..“, Melodir beugte sich etwas vor, „Wenn ich ehrlich bin, will ich dich auch gar nicht so kennen.“ Das laute, schallende Lachen Imenias, das auf diese Bemerkung hin folgte, schien ihn zufriedenzustellen. Er klopfte auf den Tisch und rief „Genau, das, so meine ich das!“, und grinste selber. „Ich bin froh, dass wir das geklärt haben“, sagte Imenia schliesslich. Sie sprach von ganzem Herzen. Sie war tatsächlich froh. „Das nächste Mal lasse ich dich auch nicht so lang warten damit. Ich wollte einfach zuerst diese Leireth überprüfen.“ „Was hast du herausgefunden?“ „Nichts, was überraschend wäre. Wie ich sagte, niemand hat sie mit derartigem Hass gekannt und hätte ihr das zugetraut. Du bist auf der sicheren Seite.“ Imenia nickte dankbar. Es erleichterte sie schon um Einiges, nun, da sie wusste, dass sie nichts hätte machen können, um das Ganze zu verhindern. „Danke“, sagte sie. „Wenn du dich noch einmal bedankst, dann überlege ich es mir anders“, drohte Melodir grinsend. „Bitte nicht.“ Imenia hob lachend die Hände. Sie genossen zusammen einen Moment lang die Fröhlichkeit, die sich zwischen ihnen ausbreitete und die Imenia in der angespannten Atmosphäre die letzten acht Tage lang sehr vermisst hatte. Dann stand Melodir auf, und zauberte aus einem geheimen Fach in seinem Schreibtisch eine Flasche guten Wein hervor, ebenso zwei Gläser. Er öffnete sie und schenkte ihnen beiden ein, setzte sich wieder zurück auf den Stuhl an den Tisch und lehnte sich etwas zurück. „Wir dürfen aber dennoch nicht vergessen, dass wir Ergebnisse zu liefern haben. Ich habe einigen Einfluss im Silberbund, aber wenn wir nichts liefern, ist jeglicher Einfluss nichts nütze.“ Nachdem er seinen Satz beendet hatte, hob das Glas an und prostete ihr zu. Imenia erwiderte die Geste und nippte am Wein. Er war gut und süss, fast schon etwas zu schwer. „Ich habe mir .. nun ja, ich habe angefangen, mir darüber Gedanken zu machen. Also natürlich nachdem ich den Bericht beendet habe.“ Sie musste sicher gehen, dass sie nur ein Glas trank, sonst wäre sie beschwipst. „Gedanken?“, Melodir legte eine Hand auf den anderen Unterarm, beugte seinen Oberkörper etwas vor und blickte sie interessiert an. Imenias Blick wanderte zu der zerknüllten Papierkugel. Sie hob eine Hand und die Kugel schwebte auf den Tisch, wo Imenia sie ergriff, auseinander faltete und glattstrich. „Ich habe mir überlegt, was wir tun können.“ „Führe deine Gedanken aus“, forderte Melodir sie auf. Imenia nickte und deutete auf einen Namen, den sie notiert hatte. „Einerseits ist da Ylaria. Silbersang. Du weisst schon, die Verletzte.“ Sie wartete Melodirs Nicken ab, ehe sie weiter sprach. „Ich glaube, ihr kommt eine Schlüsselrolle zu. Leider ist sie bisher noch nicht erwacht, aber die Heilerin hat mir versprochen, dass es nicht mehr lange dauern dürfte. Wir müssen sie gründlich befragen, was passiert ist, als der Spion sie mitgenommen hat, ob sie miteinander gesprochen haben, ob er den Griff vielleicht vor ihr versteckt hat.“ „Sie könnte möglicherweise noch lange nicht aufwachen“, wollte Melodir einwenden, doch Imenia unterbrach ihn. „Das habe ich auch überlegt. Also habe ich einen zweiten gedanklichen Fokus auf den Spion selbst gesetzt.“ Sie tippte auf das Wort 'Spion' auf ihrem Pergament. „Wenn wir Imenia nicht befragen können, dann ihn. Ich nehme nicht an, dass er bereits aus Dalaran geflüchtet ist.“ „Warum nicht?“ „Na denk doch mal nach, die Sonnenhäscher wollen dieses Artefakt doch genauso sehr wie wir. Hast du das Gesicht dieses Magisters gesehen, als er erfuhr, dass weder wir noch der Spion den Griff besitzen?“ „Das habe ich in der Tat bemerkt“, murmelte Melodir und wirkte gleich etwas düsterer. „Ich glaube, die wollen den Griff halt ebenso dringend wie wir. Und für sie ist dieser Spion der einzige Ansatzpunkt. Ich glaube nicht, dass sie ihn einfach gehen lassen würden. Also würde er entweder mit diesem Magister.. ich habe seinen Namen vergessen..“ „Hathorel. Jorith Hathorel“ warf Melodir den Namen abschätzig in den Raum. „Hathorel, ja genau. Also ich glaube nicht, dass er ohne diesen Magister irgendwohin gehen würde. Und da der Magister noch in der Stadt weilt..“ Imenia lächelte stolz. „Du hast da einige interessante Überlegungen angestellt, wohl wahr. Also sollten wir einerseits diesen Spion in die Finger bekommen, andererseits auch Ylaria nicht aus dem Fokus verlieren.“ „Ja, genau.“ „Gibt es noch anderes, was du dir überlegt hast?“, wollte Melodir wissen. „Hm..“ Imenia tippte mit der Fingerspitze auf ihre Kinn. Da war schon noch etwas, aber vielleicht war es etwas weit hergeholt. „Bin mir nicht so sicher.“ „Du bist dir nicht sicher darüber, ob du dir noch etwas überlegt hast?“, sagte Melodir sichtlich amüsiert. „Nein“, brummelte Imenia. „Ich weiss nicht, ob es relevant ist oder ob der Gedanke zu abwegig ist.“ „Erzähl' mir einfach davon, ich kann das ja immer noch beurteilen.“ „Also.. ich glaube, dass sich der Spion und Silbersang während der Reise in irgendeiner Form nahegekommen sind.“ „Nahegekommen? Meinst du.. das was ich meine? Oder freundschaftlich?“ „Kann ich nicht genau beurteilen, aber sicherlich in irgendeiner Form sympathisch. Sie haben des öfteren miteinander trainiert, sprachen und sassen oft mit- und beieinander.“ „Fahr fort.“ „Zudem dachte ich, eine gewisse Spannung zwischen Himmelswispern und Silbersang wahrzunehmen. Sie sind ja gut befreundet, seit längerer Zeit.“ „Und sie hat sich also zu dem Spion hingezogen gefühlt? Aber wäre das nicht längst obsolet, weil sie dann erfuhr, dass er ein Verräter ist?“ „Das dachte ich auch, weswegen ich ja der Meinung bin, dass mein Gedanke zu weit ging.“ Melodir strich mit der Handfläche über die Tischplatte. „Und dennoch hattest du den Gedanken. Spinne ihn weiter, ich bitte dich.“ „Wenn du möchtest. Also, gesetzt den Fall, dass.. und wir gehen hier von rein theoretischen Gedankenschritten aus, gesetzt den Fall, dass Silbersang und der Spion sich wirklich angefreundet haben, oder theoretisch vielleicht sogar eine gewisse körperliche und emotionale Anziehung zueinander empfinden, und wir dann annehmen, dass diese Anziehung stärker war als die zu erwartende Enttäuschung seitens Silbersang, als sie erfuhr, dass er ein Spion ist..“ Imenia holte kurz Luft. „Also, wenn wir von dem allem ausgehen, dann könnte es gut sein, dass sie in den zweieinhalb Tagen in der Höhle diese Enttäuschung überwunden hat. Gerade auch, weil er sie gerettet hat. Gerettete verbünden sich ja oft mit ihren Rettern. Es könnte also sein, dass sie versuchen wird, Kontakt mit ihm aufzunehmen.“ Melodir hielt in der Bewegung der Hand inne, zog die Augenbraue hoch und blickte Imenia an. „Nicht.. gut? Ja, ich weiss, es ist zu weit hergeholt, und ich sollte es nicht in Betracht ziehen, dass es möglich wäre.“ Imenia seufzte und schlug die Augen nieder. „Was redest du da? Das ist brillant!“, rief Melodir. „Jetzt weiss ich auch, warum du denkst, ihr käme eine Schlüsselrolle zu. Auf diesen Gedanken wäre ich niemals gekommen, dieses ganze Sympathie-Antipathie-Spiel hast du natürlich viel besser verfolgen können und du als Frau kannst das auch viel besser beurteilen.“ „Danke“, brummelte Imenia, die angesichts des zweiten zweifelhaften Kompliments an diesem Abend nicht ganz sicher war, ob sie sich geschmeichelt oder beleidigt fühlen sollte. „Nicht alle von uns sind so.“ „Nein, natürlich nicht“, beeilte Melodir hinzuzufügen. „Aber du kannst sicher auch beurteilen, ob eine deiner Geschlechtsgenossinnen töricht genug wäre, so dem Feind zu verfallen.“ Imenia hob abwehrend die Hände. „Ich weiss nicht.. Ich.. es könnte sein.. Ich kenne Silbersang nicht gut genug dafür, wirklich nicht.“ „Wir werden uns auch darum kümmern. Ich denke, eine stete Bewachung ist angemessen, so dass wir sicher gehen, dass niemand versucht, ihren Raum zu betreten. Sollte sie wieder auf den Beinen sein, wird sie zu ihrem 'Schutze' überwacht. In dem Falle, dass es so wäre, wie du sagst, können wir sicher sein, nichts zu verpassen.“ „Das klingt nach einer Lösung“, sagte Imenia. Melodir nickte. „Lass uns nach weiteren Lösungen suchen. Wir haben nicht mehr viel Zeit“, schlug er vor. Imenia trank einen Schluck von ihrem Weinglas und nickte. XXXX Einen Moment lang hatte Verian überlegt, ob er doch noch einmal zu Ylaria gehen sollte. Doch die Worte der Priesterin waren recht deutlich gewesen. Er musste ruhen. Er wusste, er sollte sich ausruhen. Doch die Erregung, die ihn erfasst hatte, als Brionna über eine mögliche Distelsucht spekuliert hatte, liess ihn nicht los. Er hatte weder den Weg zu seiner eigenen Kammer eingeschlagen noch den Weg zu Ylarias Kammer. Er hatte einige Schritte getan und war um die Ecke gebogen, doch dann hatte er innegehalten. Der Flur wurde von einem matt schimmernden Licht von oben beleuchtet. Der Mond schien durch höher gelegenes Fenster in dem engen Flur. Verian hatte gelächelt und sich an die Wand gelehnt. Es konnten kaum fünf Minuten vergangen sein. Verian stand immer noch unter dem Oberlicht, an die Wand gelehnt, die Arme verschränkt. Brionna hatte Recht. Er sollte ruhen. Aber er wollte nicht ruhen. Irgendwie wusste er, dass es vergebens wäre, wenn er nun versuchte zu schlafen. Er würde nicht schlafen können, nicht mit so vielen Gedanken, die ihn beschäftigten. Er wusste, er war müde, er spürte ein Pochen in seinem Kopf. Es war eine seltsame Mischung aus Müdigkeit und Erregung, die ihn durchdrang. Energisch stiess er sich wieder von der Wand ab und ballte eine Faust. ER wollte sich hinlegen und er wollte gleichzeitig etwas schlagen. Er wollte am liebsten in Ruhe nachdenken, aber auch liebend gern jemanden anschreien, bloss um die Gedanken zu übertönen. Er lockerte die Finger, die sich zur Faust geballt hatten. Sein Blick wanderte erneut zum Oberlicht, durch das er auch einige Sterne sehen konnte. Er wollte nicht allein sein. Er wollte aber auch nicht zu Ylaria. Er wollte nicht nachdenken, obwohl er es beständig tat. Er wollte mit Ylaria reden, aber er konnte es nicht. Er wollte unbedingt mit jemandem reden. Verian fasste einen Entschluss. Obwohl er nicht wusste, ob Leireth die Person war, mit der er reden konnte, lenkte er seine Schritte dennoch den Gang entlang in Richtung ihrer Kammer. Es dauerte nur wenige Momente, bis er vor ihrer Kammer angekommen war. Er musste sich nicht mehr orientieren. Den Weg zu ihrer Kammer kannte er schon eine lange Zeit. Früher hatte er oft zufällig Wege gewählt, die durch die Gänge in ihrer Nähe führten, nur weil er gehofft hatte, ihr zu begegnen. Verian lächelte schwach und klopfte an die Tür der Kammer. Als Leireth ihm die Tür öffnete, gesellte sich ein Flattern im Magen zum der pochenden Spannung in seinem Kopf dazu. Müdigkeit, ein überwältigendes Gefühl von Liebe und Erregung mischten sich in einem kaum zu ertragenden Verhältnis miteinander. Er wusste kaum mehr, wo ihm der Kopf und das Herz standen, dabei hatte sie noch nicht einmal ein Wort gesagt. „Guten Abend Leireth“, sagte er und lächelte. Er konnte gar nicht anders als lächeln. Sie erwiderte das Lächeln und machte eine Geste mit der offenen Hand. „Hallo Verian. Komm herein.“ Sie trat zur Seite um ihn einzulassen und Verian betrat Leireths Kammer, die definitiv grösser war als seine eigene enge Bleibe. Früher hatte er gedacht, dass er diese Kammer nie betreten würde. Er hatte natürlich gehofft, aber ein Rest seines objektiven Verstandes hatte ihm gesagt, dass er sich vergebene Hoffnung machen würde. Natürlich hatte er sich damit nicht selbst davon abhalten können, Leireth weiterhin zu begehren. Er wusste nicht, wie lange es her war, seit er sich in sie verliebt hatte, aber es fühlte sich an, als wäre es eine halbe Ewigkeit her. Er hatte nicht gedacht, diese Kammer je zu betreten, und doch war es geschehen. Seit sie wieder in Dalaran waren, hatten Leireth und er jede Nacht zusammen verbracht. Leireth schloss die Tür hinter sich. „Ich hatte nicht mehr mit dir gerechnet“, sagte sie und trat einen Schritt von der Tür weg. Vage nahm Verian wahr, dass auf dem kleinen Tisch ein aufgeschlagenes Buch lag, ein Glas Wein und eine Weinflasche, ehe sein Blick auf ihr zu liegen kam. Ihre üblicherweise zu einem straffen Dutt geflochtenen Haare flossen ihr frei über die Schultern und rahmten ihr bildhübsches Gesicht ein. Sie trug eine einfach geschnittene Robe in einem satten Purpur, die ihre Figur zum Vorteil gereichte. An einer Kette um ihren Hals war ein kleines Schmuckstück befestigt, eine goldene Sonne mit einem roten Schmuckstein, die sich in ihren Ohrringen wiederholte, wenn er sich nicht irrte. Dezente Schminke betonte ihre Gesichtszüge. Verian registrierte dies alles, während sie wohl auf eine Reaktion seinerseits wartete. Er merkte erst, dass seine Gedanken abgeschweift waren, als sich das Lächeln auf ihrem Gesicht allmählich verlor. „Verzeih“, sagte er leise und lächelte sie an, überwand die Distanz zu ihr mit einem halben schritt und legte die Arme um sie. „Deine Schönheit hat mich einen Moment lang gefesselt und abgelenkt“, murmelte er. Langsam löste sie sich aus ihrer etwas steifen Haltung und legte ihre eigenen Arme ebenso um ihn, stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn. Verian hob eine Hand, legte sie auf ihren Hinterkopf, die andere an ihr Gesicht und erwiderte den Kuss innig. Er schien eine halbe Ewigkeit anzudauern, ihr Körper war eng an ihn gedrückt. Er hatte kaum einen Moment zum Atemholen, und er wollte auch nicht atmen, er wollte sie nur küssen, ihre perfekt geformten Weichen Rundungen an ihm spüren, ihren warmen Atem, ihre knabbernden Zähne an seinen Lippen. Der Kuss schien eine Ewigkeit anzudauern und dennoch war er zu schnell vorbei. Mit einem Schmunzeln auf den Lippen löste sie sich von ihm. Er strich ihr über die Wange und lächelte. Er konnte nicht anders. Er konnte es noch nicht so recht fassen, doch die Berührung ihrer Hände an seiner Hüfte bewies ihm erneut, dass er hier war. Es fühlte sich an, als hätte das zwischen ihnen schon immer bestanden und gleichzeitig war es so überwältigend neu und umfassend seltsam, dass seine Fantasien, die ihn so lange in Bann gehalten hatten, tatsächlich wahr geworden waren. Für sie schien der Umgang mit ihm selbstverständlich zu sein, während er sich zuerst ungeschickt und vorsichtig verhalten hatte, wie jemand, der befürchtet, dass sein Glück abrupt enden könnte. Doch mittlerweile war er sicherer geworden. Es fühlte sich gut an, mit ihr zusammen zu sein, mit ihr Zeit zu verbringen. Derzeit waren es zwar vor allem Nächte, aber es schien sie nicht zu stören. Ihn schon gar nicht. Erneut ertappte er sich dabei, wie er sie einfach nur in Gedanken versunken anblickte. Er rieb sich die Augen und schloss sie kurz. „Und ich dachte schon, du hast mich satt“, sagte sie. Verian öffnete die Augen wieder. Sie schmunzelte. „Natürlich nicht“, antwortete er, leicht entrüstet. „ich bekomme nicht genug von dir.“ Er küsste sie erneut. „Wie könnte ich auch..“, murmelte er gegen ihre Lippen. „Die letzten Tage bist du früher gekommen“, flüsterte sie leise, immer noch neckisch grinsend. Ihre Hände lagen immer seitlich an seinen Hüften und er spürte, wie sie ihre Fingerspitzen ein wenig unter den Bund seiner Hose schob. „Entschuldige“, murmelte er. Er spürte, wie der letzte Rest Müdigkeit schlagartig aus seinen Gliedern wich. Viel zu präsent waren die Fingerspitzen, ihre Brüste, die sich gegen ihn drückten. Dabei waren sie noch nicht einmal nackt. Bei der Sonne, wie er diese Elfe begehrte... „Ylaria ist aufgewacht“, erklärte ihr und versuchte sich darauf zu konzentrieren, dass seinem Mund kein Stöhnen entwich. „Oh, wirklich?“ Leireth blickte ihn an, lächelte. Allein dieses Lächeln schon konnte ihm den Verstand rauben. Er wollte sie erneut küssen, doch sie sprach weiter. „Ich nehme an, ihr habt lange miteinander gesprochen.“ Verian nickte, während seine Hand von ihrem Haar zu ihren Schulterblättern wanderte, weiter den Rücken hinab strich und schliesslich auf ihrem Hintern zu liegen kam. Es fiel ihm schwer, sich auf etwas anderes zu konzentrieren als auf den Duft, der von der zarten Haut an ihrem Hals ausging, und auf die warme, weiche Haut, die er unter dem Stoff der Robe wusste. „Wie geht es ihr denn?“, fragte Leireth. Gleichzeitig spürte Verian, wie ihre eine Hand wieder aus dem Bund seiner Hose schlüpfte, nur um nach vorne zu wandern, und sich mit der Gürtelschnalle zu befassen. „Leireth“, protestierte er leise. Er wollte nicht über Ylaria reden. Nicht jetzt. Er wollte vergessen, was da im Hintergrund drohend lauerte. Leireth zog ihre Finger unter seinem Hosenbund hervor und löste sich mit einem leisen, melodischen Lachen von ihm. Sie nahm eine seiner Hände in seine und küsste die Fingerkuppe des Zeige- und des Mittelfingers. „Lenke ich dich etwa ab?“, sagte sie schmunzelnd. Ehe er antworten konnte, nahm sie die eine Fingerkuppe in ihren Mund und saugte ganz leicht daran, während sie ihn immer noch grinsend anblickte. Verian biss sich auf die Lippen und versuchte sich auf eine scherzhafte Antwort zu konzentrieren, doch als er den Mund öffnete, entfuhr ihm nur ein leises Stöhnen. Nein. Sie lenkte ihn nicht ab. Sie raubte ihm den Verstand. Erneut erklang ihr Lachen, das er so sehr liebte, und sie liess seine Hand wieder los. „Komm, gehen wir ins Bett“, sagte sie. Verian nickte. Er spürte sein Herz aufgeregt klopfen und während er die wenigen Schritte zum Bett machte, versuchte er sich selbst etwas zu beruhigen, indem er begann, sich auszuziehen. Seine Finger waren ungelenk, die Hemdknöpfe entglitten ihm immer wieder. Leireth war ihm gefolgt, und hatte sich dicht neben ihn gestellt. Bald schon gesellten sich ihre Finger zu den seinen, halfen ihm, sich des Hemdes zu entledigen. Es wanderte auf den Boden. Verian schloss die Augen, als warme Finger über seine Haut strichen und nur noch mehr Hitze in ihm erzeugten. „Leg dich auf das Bett und zieh dich ganz aus“, sprach Leireth. Sie wusste, was sie wollte. Verian folgte ihr nur zu gerne. Er setzte sich auf die Bettkante, schlüpfte aus den Schuhen, schob die Decke beiseite und liess sich auf die weiche, bequeme Matratze sinken und beobachtete Leireth, die im Raum umher ging, um die Kerzen, die dem Raum Helligkeit gespendet hatten, auszublasen. „Sag mir bitte wenigstens, ob es ihr gut geht. Du hattest dir doch so Sorgen gemacht.“, sagte Leireth, während sie sich etwas herunter beugte, um eine Kerze auf dem Tisch zu löschen. Verian versuchte, regelmässig zu atmen, doch ihr Anblick im flackernden Kerzenlicht trug nicht dazu bei, dass er sich beruhigte. „Ja, es .. nun ja. Sie ist aufgewacht“, antwortete er. Sie blickte ihn an, zog eine Augenbraue hoch, während sie zur nächsten Kerze ging. „Höre ich da ein Aber?“ Verian schob sich ein paar Kissen im Nacken zurecht, ehe er den Gürtel seiner Hose öffnete. „Vielleicht“, antwortete er. Als die letzte Kerze erlosch, zog er sich die Hose aus und liess sie neben dem Bett zu Boden gleiten. Er schloss die Augen und versuchte zu erahnen, wo im Raum Leireth war. Ein vernahm ein Rascheln. Er konnte nur annehmen, dass das ihre Robe war, die soeben auf den Boden gefallen war. Das Bett knarrte etwas, als Leireth sich zu ihm gesellte, sich über ihn schob. Er spürte ihre Knie an seinen Hüften. Er spürte, wie die Matratze neben seinem Kopf etwas nachgab. Sie stützte die Hände auf. Ihre weichen Haare fielen auf seine Brust und auf seinen Hals, als sie sich herunter beugte, um ihn zu küssen. Er hob die Hände und legte sie an ihre Taille. „'Vielleicht' ist keine Antwort.“ Er konnte ein Schmunzeln in ihrer Stimme vernehmen. „Geht es ihr immer noch schlecht?“ Ihre Hand strich über seine Wange und fuhr in seine Haare. Ein wohliger Schauer glitt ihm über den Rücken und er schloss die Augen. „Nein, es geht ihr soweit gut.“ „Und dennoch machst du dir Sorgen, hm? Ich sehe es dir an.“ „Wirklich?“, murmelte er und biss sich auf die Lippen. „Ich wollte nicht... also ich meine...“ Ihre Lippen unterbrachen ihn mitten im Satz. Sie küsste ihn erneut, innig, und knabberte an seinen Lippen. „Mach dir keine Gedanken. Natürlich sorgst du dich um sie. Sie ist eine gute Freundin.“ „Ja, das ... ist sie...“ „Und ich freue mich, dass sie aufgewacht ist“, murmelte Leireth, bevor sie mit den Lippen zu seinem Hals wanderte. Verian spürte, wie sie ihr Körpergewicht auf den linken Unterarm verlagerte, der neben seinem Kopf lag. Ihre rechte Hand kam auf seiner Brust zu liegen und sie begann, sanft über seinen Oberkörper zu streichen, immer mehr zu seinem Bauch hin. „Bleibst du morgen früh hier?“, hauchte sie gegen seine Ohrmuschel. Verian holte etwas tiefer Luft als zuvor. „Bitte“, fügte sie sofort dazu. „Du bist noch nie geblieben am Morgen. Ich bin immer allein aufgewacht..“ „Ich... muss Brionna ablösen.“ Verian holte erneut Luft, als ihre Zungenspitze über sein Ohrläppchen fuhr. Er konnte sich kaum auf das konzentrieren, was sie sagte. „Aber.. Wenn Ylaria doch wach ist, muss sie doch nicht mehr überwacht werden. Bitte bleib. Nur ein paar Stunden in der Frühe“, fuhr Leireth drängend fort. „Ich möchte nicht allein aufwachen, sondern mit dir.“ „Hab morgen reguläre Schicht ab Mittag“, murmelte Verian. „Dann solltest du sowieso nicht so früh aufstehen“, betonte Leireth und knabberte mit den Zähnen an seinem Ohrläppchen und entlockte Verian ein leises, unterdrücktes Stöhnen. Noch immer berührte sie ihn kaum, schwebte ihr Körper über ihm, ohne Berührung. Er sehnte sich danach, ihr nahe zu sein, versuchte sie, mit seinen Händen zu sich zu ziehen, doch sie widersetzte sich ihm sanft aber bestimmt. „Ich... muss noch mit ihr reden.“ Seine Hände strichen über ihre Hüften, ihre Taille, ihren Hintern. „Warum? Ihr habt doch heute soviel geredet...“ Verian hielt einen Moment in der Bewegung inne. In der Dunkelheit konnte er Leireth nicht erkennen, dennoch fand seine Hand ihr Gesicht. Er seufzte leicht. „Ich mache mir Sorgen“, sagte er endlich. Leireth würde nicht locker lassen, das spürte er. Neben vielen gemeinsamen freudigen Stunden im Bett hatten sie auch die eine oder andere Stunde damit verbracht, miteinander zu reden. Meistens waren es wenig substantielle Gespräche gewesen. Sie tasteten sich gegenseitig ab, lernten sich kennen, wollten alles voneinander wissen. Wenn er eines aus diesen Gesprächen gelernt hatte, dann war es die Erkenntnis, dass Leireth sehr wissbegierig war und von einer Sache nicht abliess, wenn sie sich mal dafür interessierte. „Das haben wir schon festgestellt, aber das erklärt noch lange nicht, warum das Gespräch nicht bis morgen Abend warten kann… Ich möchte wirklich nicht allein...“ Er legte einen Zeigefinger auf ihre Lippen und murmelte ein „Schhh...“ Dann nahm er den Finger wieder von ihren Lippen, legte die Hand wieder auf ihre Hüfte und versuchte erneut, sie zu sich herunter zu bewegen. Dieses Mal folgte sie der Bewegung und kam ihm entgegen, schmiegte sich an ihn. Verian seufzte wohlig und schlang die Arme um sie, zog sie eng an sich, so wie sie auf ihm lag. „Es könnte sein, dass Ylaria Unsinn angestellt hat“, sagte er schliesslich. „Unsinn?“, murmelte Leireth fragend. „Ja. Brionna vermutet es. Weil sie halt nicht so schnell gesund wurde. Ich muss mit ihr darüber reden. Das ist wirklich wichtig.“ „Unsinn, so so...“ Leireth fuhr mit den Fingerspitzen durch sein Kinnbärtchen. „Kleiner Unsinn oder grosser Unsinn?“ „Grosser Unsinn“, seufzte Verian. „Riesengrosser Unsinn. Berge von Drachenfalkenmist.“ „Oh je. Aber was denn für Unsinn? Hat sie sich etwa den Sonnenhäschern angeschlossen..?“, mutmasste Leireth. „Den Sonnenhäschern? Was? Nein.. Wie kommst du auf so etwas“, erwiderte Verian, klang dabei etwas entrüstet. „Nein, sicherlich nicht. Aber..“ Er seufzte erneut und strich mit den Fingern durch ihre Haare. „Brionna vermutet, dass sie Blutdisteln nimmt.“ „Blutdisteln?“ Er konnte spüren, wie sich Leireths Körper auf ihm versteifte. „Sie sagt, sie kann es sich anders nicht erklären, dass Ylaria solche Probleme hatte, gesund zu werden.“ „Blutdisteln… Bei der Sonne… das hätte ich nicht gedacht.“ Leireths Stimme klang auf einmal kühl. „Ich auch nicht... Du siehst, warum es so wichtig ist, dass ich mit ihr rede? Bitte... Leireth… Ich werde dafür übermorgen den ganzen Tag für dich Zeit haben“, bat Verian sie eindringlich. „Hast du davon gewusst? Dass sie süchtig ist?“ Verian seufzte erneut. „Bitte, Leireth… Lass uns.. nicht mehr davon sprechen. Es ist nicht sicher, dass sie wirklich... ich bin der Meinung, das ist ein Missverständnis... Irgendetwas... Lass uns nicht mehr darüber reden. Bitte.. Es war gerade so schön.“ Im selben Moment, als er dies sagte, kam er sich etwas seltsam vor. , ärgerte er sich und hielt gleichzeitig den Atem an, als Leireth nicht sofort antwortete. „Du hast Recht“, sagte sie schliesslich. „Ich weiss viel bessere Dinge, die wir in der begrenzten Zeit miteinander anstellen können...“ Verian liess die Luft entweichen, als ihr Körper in seinen Armen wieder weich wurde, als sich ihre Lippen auf die seinen legten, und sie ihn in einen innigen Kuss vertiefte. „Nur zu gern“, murmelte er. XXXX Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)