The lonely detective Manao 7 von ahaa (Tod auf dem Friedhof) ================================================================================ Ein Mord am Friedhof? --------------------- Manao schritt zum Stadtpark. Es war Sonntag. Am Morgen hatte es ziemlich stark geregnet und er war froh, dass das Wetter sich gebessert hatte. Er hasste Regen, denn er erinnerte ihn immer wieder an den Tod seiner Mutter. Als sie im Krankenhaus gestorben war, fiel ein starker Herbstregen. Er hatte vor, Tetsu abzuholen und zum Friedhof, wo seine Mutter begraben war, zu gehen und ihr Grab zu besuchen. Er tat das jede Woche. Und als er Tetsu noch nicht kannte, sogar mehrmals in der Woche. Regelmäßig brachte er Blumen mit. Seufzend betrat er den Park. Die Sonne schien auf die noch vom Regen nassen Bäume und der Anblick ließ ihn trotz seiner Trauer, die er immer verspürte, wenn er zum Grab seiner Mutter ging, lächeln. Tetsu rannte ihm entgegen und jaulte fröhlich. Das tat er immer, wenn er Manao kommen sah. "Tja, Tetsu, heute begleitest du mich zum Friedhof, ja?", sagte Manao. Tetsu nickte. Sie gingen los. Während des Weges bemerkte der Wolf Manaos trauriges Gesicht. Er stupste ihn an und sah ihn fragend an. Er hatte keine Lust, mitten auf dem Weg sein Schreibzeug rauszuholen, aber Manao verstand ihn auch so. "Ich bin immer traurig, wenn ich das Grab meiner Mutter besuche. Du bist doch auch nicht gerade froh, wenn du an deine toten Eltern denkst, was?" Der Wolf nickte verständnisvoll und warf ihm mitleidende Blicke zu. Er wusste, was es heißt, jemanden für immer verloren zu haben. Nach etwa zehn Minuten war der Friedhof schon zu sehen. Er war nicht besonders groß, sogar recht winzig und immer fast leer. Manao sah nie mehr als fünf Leute dort. Ausgenommen während einer Beerdigung. Aber heute fand keine statt. Sie gingen hinein und Manao führte Tetsu zum Grab seiner Mutter. Dort angekommen, kniete er sich vor das Grab und senkte den Kopf. Der Wolf sah ihm zu. Sagte Manao da etwa ein Gebet auf? Nein, er war völlig still. Nur seine Körperhaltung verriet seine wahren Gefühle. Seine Trauer. Tetsu erschrak, als er Tränen aus Manaos Augenwinkeln treten sah. Er hatte ihn nie weinen sehen. Normalerweise machte er einen auf ernsten Detektiv, aber heute war es nicht so. Heute war er nur ein trauernder Junge. "Tut mir Leid", sagte Manao. "Aber ich kann nicht anders." In diesem Moment kam der Friedhofsgärtner vorbei. Manao kannte ihn schon lange, denn immer, wenn er auf dem Friedhof war, sah er ihn die Blumen gießen. Er blickte kurz zu Manao und Tetsu und ging dann. Die beiden Freunde blieben etwa noch 20 Minuten am Grab sitzen. Und als sie sich aufrafften zu gehen, erklang aus der Nähe ein fürchterlicher Schrei. Manao, wieder ganz Feuer und Flamme und ernstem Gesichtsausdruck, rannte zu der Stelle hin. Tetsu folgte ihm. Der Anblick war wie aus einem Horrorfilm: in der Nähe von Gebüsch zwischen zwei Gräbern lag der Gärtner mit aufgeschittenem Hals. Neben ihm befand sich in einer riesigen Blutlache eine blutige Sense. Die Waffe des Todes. Fußabdrücke. ------------ Da der Friedhof ziemlich klein war, machte Manao sich sofort auf den Weg, Verdächtige zu suchen. "Tetsu, bewach den Ausgang!", rief er noch, bevor er weglief. "Damit niemand rein- oder rauskommt!" Tetsu tat wie ihm geheißen. Wenig später kehrte Manao zurück mit drei Leuten im Schlepptau: einem dicken Mann, einem dünnen Mann und einer Frau. "Sagen Sie mir bitte Ihre Namen", sagte Manao. "Was soll das, Junge?", blaffte ihn der dicke Mann an. "Lass uns gehen!" "Nicht, bevor ich die Todesursache des Friedhofsgärtners rausgefunden hab." "Was? Der Gärtner ist tot?" "Ja. Kommen Sie, ich zeig's Ihnen." Er führte die drei zu dem Toten. Beim Anblick wurden alle drei blass. Die Frau kreischte. "Oh, mein Gott!", murmelte der dicke Mann. "Wie grausam", flüsterte der dünne Mann. "Moment!", rief die Frau. "Und wieso sollten wir verdächtig sein?" "Weil ich und mein Kumpel hier waren, um das Grab meiner Mutter zu besuchen. Es liegt nicht weit vom Ausgang und die letzten 35 Minuten ist niemand ein- oder ausgegangen. Vor ca. 25 Minuten haben wir den Gärtner vorbeigehen sehen und da lebte er definitiv noch. Und außer Ihnen ist keiner mehr auf dem Friedhof." "Und wenn es Selbstmord war?" "Auch das kann sein. Aber im Falle eines Falles hab ich lieber nach Verdächtigen gesucht. So, alles verstanden? Jetzt sagen Sie mir bitte Ihre Namen." "Also gut", sagte der dicke Mann. "Ich heiße Pablo Gonzales." "Ich bin Martin Wagner", sagte der dünne Mann. "Und ich Anita Beckmann", sagte die Frau. "Gut. Ich untersuche erstmal den Tatort", verkündete Manao. "Versuchen Sie nicht, abzuhauen. Mein Freund bewacht den Ausgang. Er ist ein Wolf." "Ein Wolf?!" "Ja, genau. Also, wenn Sie nicht gebissen werden wollen, bleiben Sie hier." Er kniete sich vor dem Toten hin. Nichts Auffälliges. Er nahm eine kleine Dose mit Pulver heraus und sträute es auf den Griff der Sense. Keine Fingerabdrücke. Der Täter muss Handschuhe getragen haben. Der Tote trug keine. Also war er nicht der Täter. Wenn er sich die Sense ansah, fiel ihm auf, dass sie irgendwie nicht mit der Wunde des Toten zusammenpasste. Aber dann sah er Fußabdrücke neben der Leiche. Sie waren gut zu sehen, denn der Schlamm auf dem Friedhof war noch von dem morgendlichen Regen matschig. Er beschloss, sich zuerst ihnen zu widmen. Zu wem passen die Spuren? ------------------------- Manao versuchte, alles Unmögliche auszuschließen. Wenn die Sense wirklich die Tatwaffe war, konnte Frau Beckmann es ziemlich sicher nicht gewesen sein, denn sie war eine klein und zierlich und die Sense ziemlich schwer. Blieben noch die Männer. Manao sah sich die Fußspuren an. Sie waren nicht sehr groß. Also konnte er Herr Wagner auch ausschließen, er hatte nämlich auffallend große Füße, Größe 47, vermutete Manao. Außerdem trug er Turnschuhe und die Spuren stammten ganz sicher nicht von Turnschuhen. Auffällig an Herrn Wagners Schuhen war nur, dass sie ziemlich dreckig waren. Und nicht nur Dreck haftete an ihnen, auch kleine Äste und Blätter. Er beschloss, zurückzugehen und sich auch noch die Schuhe von Herr Gonzales anzusehen. Als er zum Ausgang kam, erwartete Tetsu ihn bereits. Er musste zur gleichen Zeit den Ausgang und die Verdächtigen bewachen. Fast wie ein Wachhund, fand Manao. "Und?", fragte Herr Wagner. "Hast du was gefunden?" "Nein", antwortete Manao. "Noch nicht." Er beschloss, die Sache mit den Fußspuren erstmal für sich zu behalten. Für alle Fälle. "Na toll!", maulte Frau Beckmann. "Und wie lange sollen wir hier festsitzen?" "Ja", schloss Herr Gonzales sich ihr an. "Ich hab nicht den ganzen Tag Zeit!" "Ja ja, schon gut. Beruhigen Sie sich", sagte Manao. "Ich tu ja, was ich kann." "Wieso rufst du nicht die Polizei?" "Ich hab meine Gründe", war Manaos Antwort. Die Polizei war das Letzte, was er hier brauchte. Verstohlen warf er einen Blick auf Herrn Gonzales' Schuhe. "Verdammter Mist!", dachte er. "Er trägt Sandalen!" Ja, die Spuren passten zu keinem der Verdächtigen. Jetzt war er wieder so schlau wie vorher. Oder doch nicht? Jedenfalls kam ihm eine Idee. Er rannte zurück zum Tatort. Dort verglich er die Spuren mit den Schuhen des Toten. Kein Zweifel, sie passten! Eine neue Spur -------------- Da hatte er seinen ersten Anhaltspunkt. Da das die Abdrücke des Toten waren, könnte er zurückgetaumelt und zwischen die Gräber gefallen sein. Ja, so könnten sie entstanden sein! Manao grinste leicht. Vielleicht doch kein Mord? Aber wie kam es dann, dass an der Sense keinerlei Fingerabdrücke waren? Die Leiche hatte doch keine Handschuhe an! Tja, Manao liebte geheimnisvolle Fälle und an diesem hier würde er garantiert dranbleiben, bis er ihn gelöst hätte. Er fühlte, es wird nicht mehr lange bis zu diesem Augenblick dauern. Er untersuchte weiter den Tatort. In der Nähe der Sense fand er bei der Blutlache weitere Spuren. Sie waren zwar ziemlich verwischt, aber immerhin, es waren Schuhabdrücke. Vielleicht vom Täter? Er versuchte, den Spuren zu folgen. Zuerst waren sie kaum erkennbar, aber je weiter sie vom Tatort weg führten, desto deutlicher wurden sie. Nach etwa 150 Metern hatten ihn die Abdrücke zu einer großen Mülltonne geführt. Voller Neugier blickte er hinein. Drin waren ein blutiges Messer und leicht blutige Handschuhe. Ja! Jetzt hatte er weitere Hinweise! Er holte ein Taschentuch raus und nahm vorsichtig das Messer aus der Tonne. Damit lief er zu der Leiche zurück. Dort angekommen verglich er die Fingerabdrücke mit denen des Toten. Das Ergebnis war genau das, was er erwartet hatte: sie passten. Damit war alles klar! Ein breites Grinsen erschien auf Manaos Gesicht. Er hatte das Rätsel gelöst! Sogar schneller als gedacht! Er kehrte zurück zu den Verdächtigen, die ihn genervt ansahen. Tetsu hatte ein scharfes Auge auf sie. Jetzt würden sie die Wahrheit erfahren! Manao durchschaut den Fall -------------------------- "Und? Weißt du jetzt etwas?", fragte ihn Frau Beckmann gelangweilt. "Und ob!", erwiderte Manao grinsend. "Ich weiß, wer's war!" "Wirklich!" Die Verdächtigen waren erstaunt. Sie hatten nicht erwartet, dass der Junge den Fall lösen würde. Tetsu indess lächelte zufrieden. Das Bewachen der Verdächtigen ging ihm inzwischen gewaltig auf den Keks. Er war froh, bald von diesem Friedhof wegzukommen. "Gut", verkündete Manao. "Jetzt verrate ich die Lösung des Falles. Der Täter ist..." Dabei schaute er jeden der Verdächtigen aufmerksam an. "... keiner von Ihnen! Der Gärtner hatte Selbstmord begangen!" Die Verdächtigen atmeten erleichtert auf und freuten sich, weil sie nicht mehr verdächtig waren. "Und wie hat es sich zugetragen?", wollte Herr Gonzales wissen. "Also", erzählte Manao. "Sie, Herr Wagner, Sie haben dem Gärtner im Gebüsch aufgelauert. Sie hatten die Handschuhe an und hielten die Sense in den Händen. Denn mir ist aufgefallen, dass an Ihren Schuhen ziemlich viel Dreck klebt." "Na und? Hier ist jede Menge Schlamm!" "Ja, aber an Ihren Schuhen kleben auch kleine Äste und Blätter. Also waren Sie im Gebüsch. Als der Gärtner vorbeikam und stehen blieb, wollten Sie ihn mit der Sense angreifen und umbringen. Dann fiel Ihnen auf, was er gerade tat: er holte dieses Messer", er hielt es hoch, sodass alle es sehen konnten. "Und begann, sich damit den Hals aufzuschneiden. Sie standen mit Ihrer Sense da und sahen ihm verdattert zu. Er taumelte zurück und fiel zwischen die zwei Gräber. An der riesigen Blutlache und seinem Anblick bemerkten Sie, dass er tot war. Selbstmord in letzter Sekunde, was? Er hatte sich selbst umgebracht noch bevor Sie ihn umbringen konnten. Und der Schrei, den ich und Tetsu gehört hatten, stammte nicht vom Gärtner, sondern von Ihnen! Sie hatten vor Verwunderung laut aufgeschrien, weil Sie von dem Selbstmord des Mannes überrascht waren. Also Sie mich und Tetsu hierherrennen hörten, wussten Sie zuerst nicht, was zu tun. Dann ließen Sie die Sense fallen, weil Sie damit nicht schnell genug wegrennen könnten und nahmen das Messer mit. Denn wenn es zwei Tatwaffen gäbe, wäre das doch ziemlich merkwürdig, nicht? Sie liefen zu der Mülltonne und warfen die Handschuhe und das Messer hinein. So waren Sie aus dem Schneider." "Moment", rief Herr Wagner. "Wieso ausgerechnet ich?" "Weil Herr Gonzales mit seinem Übergewicht nicht schnell genug wegrennen könnte und für Frau Beckmann wäre die Sense zu schwer. Sie hatten die Sense höchstwahrscheinlich in einem Auto hergefahren und in so was Ähnlichem wie einem Koffer versteckt." Herr Wagner sank auf die Knie. "Dieser Kerl...", murmelte er. "Dieser Kerl war Arzt, bevor er Gärtner wurde. Er hat meine Frau falsch behandelt und jetzt ist sie tot. Ich wollte mich rächen. Aber wieso er Selbstmord begangen hat, weiß ich auch nicht." "Wahrscheinlich aus Schuldgefühlen", antwortete Manao ernst. "Vielleicht hat er das mit Ihrer Frau auch bereut." Herr Wagner schwieg betreten. Alle anderen auch. Bis Manao das Schweigen brach und die Polizei rief. Herr Wagner kam wegen versuchten Mordes ins Gefängnis. Und Manao war froh, den Fall gelöst zu haben. Er wusste, dieses Rätsel würde er nicht so schnell wieder vergessen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)