Ein Blick hinter das Eis von abgemeldet (oder wie Joey nicht nur den Eisprinzen bezwang, sondern auch die letzte Schlacht überlebte...) ================================================================================ Kapitel 56: Odyssee ------------------- "Du musst ihm befehlen." ruft Yami mir zu und einen aberwitzigen Moment will ich zurück schreien, wie ich das wohl machen soll und was er überhaupt damit meint. Ich meine, was denkt er? Dass ich eine Ahnung hätte wie ich mit diesem Ding umgehen soll? Doch noch während ich überlege was ich nun tun soll, vernehme ich eine ruhige Stimme in meinem Kopf und... Ich habe nicht die geringste Ahnung was ich da tue, es ist als würde ich einem inneren Zwang folgen. Ich rappele mich auf, stehe einige Sekunden auf wackligen Beinen da und dann wende ich mich diesem Ungetüm neben mir zu. Ich strecke meinen Arm aus, deute auf Apophis und sage schlicht: "Greif an." Mehr nicht. Für den Bruchteil einer Sekunde komme ich mir bescheuert vor und bezweifle, dass meine Worte irgendeinen Nutzen haben, doch dieser riesige Hund - oder sind es Hunde?! - setzt sich tatsächlich in Bewegung. Ja, er springt vor und ist mit einem Satz bei Bakura und Apophis, die unwillkürlich zurückweichen. Ich sehe, wie erneut der Greif erscheint, der vorhin Mokuba mit sich gezogen hat, und sich auf den Kerberos stürzt. Der Vogel heult schrecklich auf und im nächsten Moment hakt er mit seinem Schnabel auf deinen der schlangenumsäumten Hundsköpfe ein. Ich höre, dass Apophis irgendwas sagt, doch ich verstehe nicht was es ist. Fasziniert beobachte ich den Kampf zwischen dem riesigen Greifvogel und dem Kerberos. Meinem Kerberos. Ich blinzele und für einen Moment sind meine Gedanken klar. Ich realisiere, dass tatsächlich ich es war, der dieses Untier gerufen hat und der es auch zu kontrolliert. "Marik!" höre ich Yami rufen und sehe im nächsten Moment wie der Grauhaarige nach vorne stürzt und Kaiba packt. Odion tut es ihm gleich und ist mit drei, vier großen Schritten bei Mokuba. Ich atme erleichtert auf. Dann wende ich mich wieder dem Geschehen vor mir zu. Der Kerberos kämpft noch immer mit dem Vogel und schwarze Federn wirbeln durch die Luft. Bakura und Apophis sind noch weiter zurück gewichen. Dann spüre ich plötzlich Yami neben mir. "Joey!" ruft er mir zu. Ich wende ihm minimal den Kopf zu. "Shadi und ich werden gleich versuchen die Zeit für einen Moment anzuhalten." erklärt er mir und ich starre ihn fragend an. Er antwortet mir, aber unter dem Geheul des Vogels und dem Bellen des Kerberos verstehe ich ihn nicht. Nur zwei Worte dringen zu mir durch. "Bakuras Gedankenwelt." Ich nicke unsicher und glaube dem Sinn seiner Worte folgen zu können. Dann geht alles ganz schnell. Der mittlere Kopf des Kerberos hat sich im Hals des Greifs verbissen und die Reißzähne der anderen Köpfe senken sich langsam in die Brust des Vogels. Grauenvoll heult der Greif auf und schlägt wie wild mit den schwarzen Schwingen, doch vermag er es nicht sich dem Griff des Hundes zu entziehen. "Sobald der Greif vernichtet ist..." höre ich Yami rufen und nicke wieder. Scheinbar versucht er mir zu sagen, dass er in dem Moment versuchen will die Zeit einzufrieren, was auch immer dies bedeuten mag. Nun sehe ich auch Shadi neben dem Pharao und in dem Moment, in dem der Greif endgültig zu Boden geht, weiß ich was Yami gemeint hat. Mit einem Mal steht alles still. Bakura, Apophis, selbst der Kerberus rühren sich nicht mehr. Auch Marik und Odion regen sich nicht. Nur Shadi, Yami und ich scheinen von dem Phänomen ausgenommen zu sein. Ich blicke zu dem Pharao und warte darauf, dass er mir sagt, was ich nun tun soll. Wir haben das im Grunde bereits besprochen, naja, aber nur in der Theorie. "Wir können diese Barriere etwa fünfzehn Minuten aufrecht erhalten." erklärt er mir. "Ich werde dich jetzt mit Hilfe des Puzzels in Bakuras Gedankenwelt versetzen. Setz dich hin und schließ die Augen." Ich zögere, blicke zu Kaiba, den Marik auf seinen Armen trägt. "Was ist mit..." hebe ich an, doch Yami beantwortet meine Frage ohne, dass ich sie aussprechen muss. "Ich werde sie aufwecken sobald du in Bakuras Geist bist, keine Sorge, wir werde Mokuba und Kaiba versorgen." Ich nicke. "Aber fünfzehn Minuten?" werfe ich unsicher ein. Yami lächelt. "In der Gedankenwelt läuft die Zeit anders, Joey, mach dir darum keine Gedanken. Wichtig ist nur, dass du zu Ryou durchdringst und er den Fluch zurück nimmt. Du weißt was du tun musst?" Ich nicke. "Gut. Und denk daran. Bakura wird sich wahrscheinlich dagegen zu Wehr setzen und versuchen deinen Geist einzuschließen. Du darfst dich auf keinen Fall von ihm einfangen lassen. Hörst du? Egal was passiert." Er sieht mich ernst an. Ich nicke erneut. "Du schaffst das schon." Er lächelt mich an und ich spüre seine Zuversicht. Leider teile ich sie nur bedingt. "Was ist mit dem... Kerberos?" stelle ich meine letzte Frage. "Den wirst du zurückpfeifen sobald du zurück bist." erwidert er. Klar, das leuchtet ein. Ist ja auch mein... Hund. Ich seufze unwillkürlich und auch wenn augenblicklich andere Dinge Vorrang haben, muss ich daran denken, was Kaiba wohl sagen wird, wenn er hört, was sein Ba herbei gerufen hat. Oh Mann, ich sehe sein Grinsen förmlich vor mir. "Bereit?" will Yami wissen. Ich zucke mit den Schultern, nehme dann aber im Sand Platz. Wenn das nicht verrückt ist. Eben tobte hier noch ein wüster Kampf zwischen zwei mythologischen Riesenungeheuer und jetzt... Aber warum denke ich darüber nach? Nichts, absolut nichts hier ist noch normal. Und es wird auch nicht normaler werden. Gleich werde ich in Bakuras Geisterwelt sein. Oh Gott, lass es mich überleben. Ich schließe die Augen und höre Yami irgendetwas murmeln. Mein letzter Gedanke gilt Kaiba und dann scheint sich alles um mich zu drehen. Als ich die Augen wieder öffne, bin ich in irgendeinem Keller. Zumindest erscheint es mir so. Ich sehe Wände aus Stein und der muffige Geruch von alten Dingen und Staub dringt in meine Nase. Es ist dunkel und ich brauche einen Moment, um mich an die Lichtverhältnisse zu gewöhnen. Von oben fällt graues Licht in den Raum. Ich schätze, diesen Weg werde ich auch nehmen müssen. Dem Licht nach. Ich mache ein paar Schritte, der Boden ist fest, aber keineswegs ebenmäßig. Ich taste mich unbeholfen vorwärts und stelle erstaunt fest, dass ich nach einigen Schritten auf eine Art Gang stoße. Er ist aus Stein gehauen und er führt nach oben. Nach oben... Nun, das ist gut. Vorsichtig mache ich einige weiter Schritte, taste mich dabei weiter an der Wand entlang. Rohe Felsen. Ungeschliffen. Kalt. Der Boden beginnt anzusteigen. Ja, es geht eindeutig aufwärts. Mein Herz schlägt schneller und ich versuche mich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Ich muss Ryou finden. Als ich das Ende des Ganges erreiche, macht meinen Herz fast einen Sprung. Endlich sehe ich wieder mehr, der düstere Gang liegt hinter mir, dafür eröffnet sich mir ein neuer. Dieser ist größter, breiter und die Wände sind aus richtig gehauenen Steinblöcken. Kerzenleuchter hängen in einigen Abständen und sanftes Kerzenlicht erhellt auch den Gang. Wie konnte mir das Licht vorhin nur als grau erscheinen? Es ist eindeutig warm und golden. Fenster gibt es keine, dafür Türen. Unwillkürlich muss ich an Kaibas Gedankenwelt denken. Die war so anders als das hier. Und obgleich mir diese hier angenehmer erscheint als das Innere eines Pcs, so war mir Kaibas Gedankenwelt schließlich erschienen, irritiert es mich doch, dass es hier so... naja, normal aussieht. Immerhin bin ich ja in Bakuras Geist. Oder ist das Ryous Teil? Komischerweise hätte ich die Atmosphäre hier eher Pegasus zugeordnet. Verrückt. Ich bin gespannt was mich hier noch erwartet. Irgendwie ist das alles... seltsam ruhig und normal. Das beunruhigt mich mehr als alles andere. Mit so was hatte ich einfach nicht gerechnet. Unsicher gehe ich den Gang entlang und frage mich gerade ob ich eine der Türen benutzen sollte, doch bevor ich eine Entscheidung treffen kann, stellt sich mir die nächste Überraschung in den Weg. Bakura. Ich schlucke und bereite mich sofort auf einen Angriff vor. Doch mein Gegenüber macht keinerlei Anstalten mich zu attakieren. Einen Moment lang sehen wir uns nur an. Sein Blick ist... seltsam. Noch seltsamer als sonst. Furchteinflössend, oh ja, spöttisch - definitiv - und... merkwürdig sanft?! Ungläubig runzele ich die Stirn. Bakura und sanft? Nun ja, irgendwie wirkt er im Ganzen anders als sonst, wobei ich nicht genau sicher bin woran ich diese Erkenntnis fest machen soll. Er wirkt... exotischer. Auf eine verstörende Art. Sein Haar gleich unberührtem Schnee auf dem der Frost bunt glitzert. Und seine Augen... Instinktiv weiche ich einen Schritt zurück. "Sieh an, sieh an... der kleine Joey Wheeler." bricht er schließlich das Schweigen und seine Stimme klingt merkwürdig zart, aber mir entgeht keineswegs der Sarkasmus, der in ihr mitschwingt. Ich atme tief durch. "Du hast dich erstaunlich gemausert..." bemert er weiter und mustert mich. "Wer hätte das gedacht?" Ich weiß nicht ob ich etwas erwidern soll. Im Grunde verspüre ich einfach nur den Wunsch, mich so weit es nur geht von ihm zu entfernen. Aber ich rühre mich nicht. Ich wüsste auch nicht wohin ich fliehen sollte. "Ich weiß was du hier möchtest..." spricht Bakura auch schon weiter und ich habe das Gefühl, dass seine Stimme mich umhüllt. Wieder antworte ich nicht. Sehe ihn einfach nur an. "Nun, ich mag dich, Joey Wheeler. Deshalb werde ich es dir leicht machen." sagt er zu meinem Erstaunen und lächelt. Meine Alarmglocken klingeln. Roter Alarm. OH JA! "Was meinst du damit?" bringe ich heiser hervor und lasse ihn keine Sekunde aus den Augen. Sein Lächeln wird zu einem Grinsen. "Nun ja... ich stelle dich vor die Wahl." erklärt er mir geduldig. Sein Blick scheint förmlich in mich zu dringen. Mein Herzschlag beschleunigt sich wieder. Verdammt, was will der Kerl? So habe ich mir die Nummer hier nun ganz und gar nicht vorgestellt, im Gegenteil. Ich hab ja mit einigem gerechnet, aber nicht damit. "Du kannst an dieser Stelle unbehelligt umkehren oder aber..." Seine Augen funkeln mich herausfordernd an. "Oder was?" frage ich automatisch nach. "Oder du kannst den schweren Weg wählen. Doch dann läufst du Gefahr, dich hier zu verlieren." antwortet er gelassen. "Denk nicht, dass es dir gelingen wird zu Ryou zu gelangen. Ich habe mir nicht all die Mühe gegeben, damit du den Fluch so einfach brechen kannst." Ich reagiere nicht. "Wenn du an dieser Stelle weiter gehen willst, nun, dann rechne damit, dass du auf ewig hier herum irren wirst... Möchtest du das, Joey?" Das Grinsen verwandelt sich schlagartig in ein sanftes Lächeln und meine Nackenhaare stellen sich auf. "Der Pharao kann dir hier nicht helfen und auch nicht dein... Liebster." Das letzte Wort betont er genüßlich und irgendetwas daran beunruhigt mich noch mehr. Das Bakura ein Psycho ist, war ja bereits klar, aber augenblicklich wirkt er noch gefährlicher und verrückter. Ich weiß selbst nicht warum, aber die Art wie er da steht und mich mustert... das macht mich einfach nervös. Ich kann sein Verhalten einfach nicht deuten. Komischerweise wäre ein direkter Angriff mir lieber. "Also?" fragt er nach kurzer Zeit. "Was gedenkst du zu tun, Joey Wheeler?" Ich kenne die Antwort, es ist die einzig mögliche, dennoch zögere ich seltsamerweise. Ich brauche einen Moment, um mich zu sammeln, doch schließlich sage ich entschieden, zumindest hoffe ich, dass es so klingt: "Ich werde weitergehen, Bakura, du wirst mich nicht aufhalten." Einige Sekunden vergehen. Er regt sich nicht. Dann nickt er langsam und schließlich höre ich ihn seufzen. Es klingt schon fast traurig, mitleidig. "Das habe ich befürchtet." erwidert er. "Sehr bedauerlich, Joey, ja, wirklich sehr bedauerlich..." Irgendwie schaffe ich es mit den Schultern zu zucken und zu grinsen. "Tja, so ist das Leben." höre ich mich selbst sagen. Und ich grinse tatsächlich. Zumindest glaube ich, dass ich das tue. "Bist du dir sicher?" fragt mich Bakura. Ich nicke. "Ganz sicher?" hakt er nach. Wieder nicke ich und er seufzt. "Wie du möchtest..." höre ich ihn sagen und seine Stimme drückt eindeutig Bedauern aus. "Wenn du den schweren Weg gehen möchtest..." Er zuckt mit den Schultern. Wieder herrscht für einen Moment Schweigen. Mir ist seltsam zumute. Das Ganze läuft anders als ich dachte und das verunsichert mich zusehenst. Ich hatte nicht damit gerechnet so früh auf Bakura zu stoßen. Ob Yami das geahnt hat? Er hatte mich gewarnt. "Nun denn, dann versuch Ryou zu finden." sagt er schließlich. "Aber pass auf, dass du dich nicht verläufst." Das Bedauern ist aus seiner Stimme verschwunden, jetzt klingt er wieder gut gelaunt, fast vergnügt. Ja, er lacht sogar und dann... dann ist er verschwunden. Noch ehe ich etwas erwidern oder fragen kann, hat er sich in Luft aufgelöst. Ich starre auf die Stelle wo er eben noch stand und muss mir auf die Unterlippe beißen. Ich habe ein Scheißgefühle. Echt jetzt. Dieser Bakura gefällt mir gar nicht und seine Ankündigung gefällt mir noch weniger. Aber habe ich denn eine Wahl? Nein. Ich muss Ryou finden. Ich werde Ryou finden. Ich straffe meine Schultern und überlege wie ich weiter vorgehen soll. _______________________________________________________ Edit: Hier beginnt nun Joeys Reise in Bakuras Gedankenwelt und soviel sei verraten, Bakura wird im nächsten Kapitel zu Hochform auflaufen. Enjoy! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)