Ein Blick hinter das Eis von abgemeldet (oder wie Joey nicht nur den Eisprinzen bezwang, sondern auch die letzte Schlacht überlebte...) ================================================================================ Kapitel 24: Analyse ------------------- "Gib ihnen einfach etwas Zeit, um sich an den Gedanken zu gewöhnen." Kaiba hat natürlich Recht. Es sind ja noch nicht einmal 24 Stunden vergangen, seit ich meine Freunde mit der Wahrheit konfrontiert habe. Trotzdem ist mir seltsam zumute. Ich weiß nicht, was ich erwartet hatte, welche Reaktion. Ob ich überhaupt einer erwartet hatte... aber naja, es ist komisch so im Ungewissen zu sein. "Und wenn sie sich nicht an den Gedanken gewöhnen können?" will ich wissen. Mir ist klar, dass er die Antwort ebensowenig kennt wie ich, aber ich kann nicht anders. Ich denke die ganze Zeit darüber nach und frage mich was wohl passieren wird, wie es weitergeht. Die Sachlage hat sich jetzt wieder verändert. Oh Mann, so viele Veränderungen in kürzester Zeit. Und was heißt das jetzt für Kaiba und mich? Müssen wir uns nicht mehr verstecken? Werden wir jetzt zum Beispiel zusammen zur Schule gehen, wenn ich vorher bei ihm übernachtet habe? Welche Auswirkungen hat das Ganze? Ich sehe ihn hilflos an. Eigentlich muss er arbeiten. Ich wollte nur nicht alleine sein, deshalb durfte ich mit in seine Büro, das ganz anders ist als ich es mir vorgestellt habe. In meiner Phantasie war es immer ein riesiger, abgespacter Raum mit jede Menge Computern und keine Ahnung... irgendwas in Richtung Raumschiff Enterprise oder so. Aber es ist eigentlich ganz normal. Ich warte keine Antwort ab, sondern frage weiter. "Was für Auswirkungen hat es jetzt überhaupt - auf alles?" Er blickt von seinem Laptop an und wirkt verständnislos. "Ist das nicht offensichtlich?" "Ähm... nein?" Ich grinse verlegen und er rollt mit den Augen. Es stört mich nicht, ich weiß, dass er es nicht böse meint. Das ist eben seine Art mit meinen Fragen umzugehen, die zugegebenermaßen oftmals doch etwas... dämlich sind. Wahrscheinlich ist auch diese Frage dämlich und ich sehe das Offensichtliche nicht. Aber naja, so bin ich eben. Verpeilt. Er lehnt sich in seinem Sessel zurück und sieht mich weiterhin an. "Offensichtlich," hebt er an und ich kenne diesen Ton. Meine Mundwinkel beginnen schon zu zucken. "Werden wir in Zukunft nicht mehr so tun müssen als würden wir uns nicht ausstehen können. Wir können ganz normal miteinander umgehen. Einmal davon abgesehen, dass ich nach wie vor der Ansicht bin, dass gewisse Gunstbezeugungen - lach nicht, Joey! - dem privaten Bereich vorbehalten bleiben, was eigentlich offensichtlich ist, da solch ein Verhalten in der Öffentlichkeit ohnehin deplaciert ist, und das dürfte im Grunde kein großes Problem sein. Was mein Verhalten Dritten gegenüber betrifft, so wird sich in der Hinsicht nichts ändern. Dass ich aufgrund meiner Zuneigung dir gegenüber in unserem Umgang - wie du es ausdrückst - aufgetauter bin, heißt schließlich nicht automatisch, dass sich dies auch auf andere Personen erstreckt." Ich seufze. "Was nun den Umgang mit deinen Freunden anbelangt, so werde ich mich bemühen, in Zukunft etwas mehr Zurückhaltung zu üben, doch das tue ich lediglich für dich und ich werde keinesfalls garantieren, dass ich..." Ich lache. "Du bist süß." Der Satz bringt ihn nach wie vor aus der Fassung. Er will es einfach nicht glauben. "Also eigentlich bleibst du im Grunde allen gegenüber der alte Miesepeter, nur nicht bei Mokuba und mir." fasse ich zusammen und er stöhnt auf. "Ich bin kein Miesepeter." widerspricht er. "Doch, eigentlich schon." grinse ich. Ist doch nunmal so. Es lässt sich nicht leugnen. "Nur weil ich..." beginnt er, aber ich winke ab. "Schon gut, schon gut. Streichen wir den Miesepeter. Aber ich hab die Sache doch richtig zusammengefasst, oder? Und wir werden natürlich nicht in der Öffentlichkeit die Dinge tun, die... was mit Gunst zu tun haben." Ich lache schon wieder. Für einen Moment habe ich meine Sorgen vergessen. Dann werde ich wieder ernst. Ganz bekomme ich meine Freunde doch nicht aus dem Kopf. "Du solltest dich nicht verrückt machen. Warte ab, lass ihnen Zeit. Morgen siehst du sie in der Schule und dann wirst du vermutlich schon mehr wissen." meint Kaiba und widmet sich wieder seinen Akten. Ich überlege. Morgen, ja... da werde ich sie sehen. Das Wochenende ist vorbei. Ich schlucke. An die Schule hatte ich gar nicht mehr gedacht. "Kaiba?" frage ich. "Hm?" Er blickt nicht auf, ich höre wie er zügig tippt, unglaublich wie schnell er ist. Und das er sich dabei scheinbar auch noch unterhalten kann. "Und wie werden wir morgen in der Schule sein?" will ich wissen. "Ich verstehe diesen Satz nicht, Joey." erwidert er ohne von seiner Arbeit abzulassen. Ähm ja, der Satz ist auch komisch, da hat er wohl Recht. Wie soll ich das ausdrücken, was ich sagen will? Manchmal hätte ich gerne so eine Art telephatische Verbingung zu ihm, dann würde er wissen was ich denke und... ... und ich würde ihn wohl in den Wahnsinn treiben. Also doch keine gute Idee. "Ich meine, wie gehen wir da mit einander um und so... also wenn ich heute bei dir bleibe, gehen wir dann zusammen und was dann und wie eben?" Ich beginne damit auf meiner Unterlippe zu kauen. "Erstens, ich ging davon aus, dass du den Abend bzw. die Nacht mit mir verbringen wirst. Zweitens, Roland fährt mich morgen - wie sonst auch - zur Schule. Pünktlich. Und ob du es glaubst oder nicht, ich hatte nicht daran gedacht, dich mit dem Fahrrad loszuschicken. Folglich wirst du wohl zum ersten Mal in deinem Leben pünktlich sein. Es sei denn natürlich, du ziehst es vor, doch alleine zur Schule zu fahren, was allerdings unpragmatisch wäre. Von unnötig ganz zu schweigen. Und dann werden wir dem Unterricht beiwohnen. Zumindest habe ich das vor, sofern mir nichts dazwischen kommt. Ich habe zwar keinerlei Lust auf diesen unkompetenten Unterricht, der im Grunde nur meine kostbare Zeit verschwendet, aber bedauerlicherweise ist mir nicht möglich, mich dem zu entziehen. Ebensowenig wie dir. Folglich haben wir morgen Unterricht und werden das tun, was zwei Schüler in der Schule machen. Ich sehe da keinerlei größere Probleme, außer vielleicht den Aspekt, dass du vermutlich deine Hausaufgaben nicht haben wirst." Hm. So einfach ist das. Sieht wohl ganz so aus. Also gehen wir zusammen... An den Gedanken muss ich mich glaub ich auch noch gewöhnen. "Im Übrigen... sollte irgendjemand den Umstand, dass wir gemeinsam auftauchen, kommentieren wollen, was ich allerdings nicht glaube, dann werde ich sicherlich in der Lage sein die passende Antwort zu geben. Es wird sich nicht vermeiden lassen, dass diverse Personen, denen unser früherer Umgangston vertraut ist, verwundert sein werden, aber das kümmert mich nicht im Mindesten. Auch sehe ich keinerlei Veranlassung mich diesbezüglich zu rechtfertigen." fährt er fort. "Klingt plausibel." sage ich nur und er nickt. "Ich gehe nicht davon aus, dass dem Ganzen solch eine Beachtung geschenkt wird, dass ich mich gezwungen sehe, eine Presseerklärung abzugeben. Zumal ich mir für gewöhnlich Fragen privater Natur verbitte - insbesondere von Mitschülern." Leuchtet ein. Was hatte ich denn gedacht? Hm... irgendwie war mir das alles dramatischer erschienen. In meinen Gedanken habe ich uns schon eine Pressekonferenz abhalten gesehen. Wahrscheinlich hat er Recht. Die Leute werden sich wundern, aber was soll´s? Wir müssen uns ja nicht rechtfertigen warum wir befreundet sind und wie tief diese Freundschaft geht. Ich binde ja auch sonst nicht jedem meinen Privatkram auf die Nase. "Dein Fanclub wird sicher enttäuscht sein..." grinse ich. Er zuckt gleichgültig mit den Schultern. "Das ist nun wirklich nicht mein Problem." Könnte aber meins werden... wenn die ganzen Hühner mich mit ihrem verehrten Supermann sehen. Die werden sicher eifersüchtig werden und man weiß ja wie unberechenbar Frauen sind... Nicht, dass ich da große Erfahrung habe, aber ich kenne Tea und die ist manchmal schon ganz schön komisch drauf. "Dann wäre ja alles geklärt..." bemerke ich. Bis auf die Sache mit meinen Freunden. "Weißt du, dass Ganze wäre viel, viel einfacher, wenn sie dich so sehen könnten, wie ich dich sehe... also wenn sie wüssten, dass du kein superfieser Fiesling bist... Eigentlich." überlege ich laut. "Joey... wie du selbst festgestellt hast, bin ich eigentlich ein... Miesepeter, auch wenn ich mich nicht so bezeichnen würde. Ich selbst sehe mich mehr als Misantrophen, was man jedoch in Hinblick auf gewisse Subjekte sehr gut verstehen müsste. Ich habe auch nicht das Bedürfniss einen auf "Flower Power" oder "Zirkel der ewigen Freundschaft" zu machen. Das liegt mir nicht und ich käme mir dabei auch hochgradig albern vor." erwidert er gelassen. "Kaiba?" "Hm?" "Du bist ein süßer Miesepeter." "..." "Echt." "Keine Kosenamen, Joey, du kennst unseren Deal!" Ich schmolle. Sage aber nichts mehr. Es gibt gewisse Dinge bei denen er einfach keinerlei Widerspruch duldet. Kosenamen stehen ganz oben auf der Liste. Allerdings muss ich auch gestehen, dass ich ihn am Liebsten Kaiba nenne. Kosenamen finde ich für ihn auch nicht angebracht. Bei allem Hang zur Romantik. Das geht echt nicht. Herrchen ist das Höchste der Gefühle. "Denkst du, sie werden es verstehen?" will ich noch einmal wissen. Er seufz. "Ich bin mir dessen sicher. Es ist ja schließlich kein solches Drama, oder?" Ich werde also zum ersten Mal zusammen mit Kaiba in der Öffentlichkeit auftauchen ohne, dass man uns - mich - lautstark von weitem hören kann. Das wird wieder eine neue Erfahrung werden und ich bin gespannt, was soll ich sagen? Er scheint das vollkommen gelassen zu sehen. Ich glaube, nein, ich weiß, er macht sich weitaus weniger Sorgen als ich. Die beiden wichtigsten Punkte - Mokuba und die Firma - sind geklärt, der Rest interessiert ihn nicht und wie er auch richtig bemerkt hat... wir müssen unser Verhältnis nicht jedem auf die Nase binden. Also warum mache ich mir eigentlich einen Kopf? Wenn Yugi, Tea und Tristan meine Freunde sind, dann werden sie schon irgendwie mit der neuen Situation klar kommen. Es gibt doch tatsächlich schlimmeres. Trotzdem verschwindet meine Nervosität nicht. Albern, oder? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)