Black Widow Circus von BexChan ("Herzlich Willkommen im Zirkus der schwarzen Witwe") ================================================================================ Kapitel 19: Ausflug in die Heimatstadt -------------------------------------- Es war nun schon fast ein Jahr vergangen seid ich dem Black Widow Circus beigetreten war. In der Zeit habe ich viel gelernt. Durch Valo lernte ich Kartentricks und das Geheimnis sich unsichtbar zu machen. Sura half mir zu balancieren während ich auf ihrem Rücken stand und sogar Silvo stellte sich manchmal zur Hilfe zur Verfügung. Mit Dario verbrachte ich häufig die Nächte zusammen. Meistens liebten wir uns dann sehr innig und intensiv und mir gefiel es. Er genoß es richtig, wenn er mich hinhielt und ich nach mehr verlangte. Schließlich gab er dann meinem Drängen nach und gab mir das, wonach es mich verlangte. Dementsprechend war er sehr nett und liebevoll zu mir geworden, doch hinter die Bedingung war ich in dem Jahr auch nicht gekommen. Es war komisch aber es interessierte mich kaum noch. Alle hatten sich verändert und waren viel freundlicher und offener zu mir und ich war froh, als sich sogar Amaris entgültig erholt hatte. Ich war so gut wie ein vollkommen integriertes Mitglied. Mit Valo wechselte ich die letzte Zeit kaum noch ein Wort. Seid ich mich Dario immer wieder hingab, wurde er immer wortkarger und strafte mich mit bösen Blicken. Manchmal, so vermutete ich es zumindestens, war Valo ein wenig eifersüchtig. Es war für mich aber auch nicht einfach, denn gerade weil Valo mich mit Ignorranz bestrafte, zog es mich immer mehr zu ihm, doch Dario wusste dies immer zu verhindern. Wenn ich in Valos Nähe war, bekam ich Herzklopfen und das nicht zu knapp. Ich war hin- und hergerissen wegen meiner Gefühle zu Valo als auch zu Dario und das verwirrte mich. Was zudem schade war, dass mich Dario, und das obwohl der Vertrag zwischen uns ja stand und bindend war, die ganze Zeit über nie mit in die Stadt genommen hatte. Obwohl der Zirkus nun fast mein Zuhause war, hatte ich ab und an Sehsucht nach Zuhause. Ich musste oft an Madame Rooney, die Floristin und Maggey denken und versuchte daraufhin verzweifelt meine Tränen zu verstecken. Ich hatte wirklich Heimweh. Schließlich sollte das sich aber ändern. Es war ein sonniger Tag und ich mistete gerade Suras Stall aus, als Dario in seinem meerblauen Mantel und seinem Zylinder auftauchte und mich fröhlich empfang. „Ari, bitte mach dich etwas frisch! Heute ist es genau ein Jahr her seid du zu uns gekommen bist. Zur Feier dieses Anlasses möchte dir heute einen Besuch in deiner Heimatstadt schenken und ich würde mich sehr freuen, wenn du mich begleiten und mich rumführen würdest.“ Das war das letzte, womit ich gerechnet hatte. Ich war so überrascht und gleichzeitig glücklich, dass ich kaum ein Wort rausbrachte, doch sofort ließ ich alles stehen und liegen, ging in mein mittlerweile eigenes Zimmer und zog meine besten Kleider an. Eine schwarze Hose mit weißem Hemd, schwarzer Weste und rotem Schlips zierrte meinen Körper. Da es so warm war, war ich nicht sicher ob ich meinen Mantel mitnehmen sollte, doch tat ich es dann doch. Als ich rausging, winkte Cecilia mir noch zu und wünschte mir viel Spaß, während Silvo, Amaris und sogar Valo mir ein sanftes Lächeln zuwarfen, was ich ihnen sofort zurückwarf. Die schwarze Kutsche stand bereit zur Abfahrt. Ich hatte noch nie in einer richtigen Kutsche gesessen aber es war sehr angenehm in ihr zu sitzen. Als die schwarzen Pferde losritten, blickte ich nochmal zum Zirkus zurück und sah, wie er immer kleiner wurde bis wir ihn schließlich ganz aus den Augen verloren hatten. Am Tag wirkte dort alles so still und friedlich. Während der Kutschfahrt gingen mir einige Fragen durch den Kopf, die ich Dario gerne stellen wollte, doch ich schwieg vorerst. „Du bist schon die ganze Zeit über so ruhig, Ari. Was ist los? Bedrückt dich irgendetwas? Du solltest dich freuen, schließlich fahren wir gerade in deine Heimatstadt.“ Dario schenkte mir ein Lächeln und ich nickte. „Natürlich freue ich mich. Ich freue mich sogar sehr aber...ist es nicht merkwürdig für dich am Tage rauszufahren, wo du doch die Dunkelheit gewohnt bist?“ In Anbetracht unserer intimen Beziehung bot Dario mir nach kurzer Zeit das Du an. Er lächelte und seufzte. „Weißt du, selbst ich brauche mal eine Auszeit. Die Dunkelheit, in der wir leben, ist zwar verlockend und birgt viele Geheimnisse und Überraschungen, dennoch gönne ich mir auch mal gerne einen Tag am Licht.“ Ich sagte nichts weiter. Es war irgendwie schön sowas aus seinem Mund zu hören. Mein Blick fiel auf die Landschaft draußen. Da waren die Wiesen und die weiten Felder und nach knapp zwei Stunden waren wir endlich da. Mit der Kutsche war die Fahrt wesentlich kürzer und entspannter als zu Fuß. Als ich ausstieg, musste ich erst mal tief Luft holen. Kronstadt hatte in der Zeit nichts von seiner unglaublichen Schönheit eingebüßt. Es war immer noch so eine friedliche Großstadt wie immer. Dario befohl dem Kutscher uns in Vier Stunden wieder abzuholen und dieser verschwand. Danach zeigte ich Dario die schönsten Orte der Stadt und beschrieb sie ihm ganz genau. Er schien sie redlich zu freuen das alles zu hören, ich dagegen bekam immer mehr Sehnsucht und mich verlangte es danach Maggey und all die anderen zu sehen. Außerdem wollte ich wissen, ob mein Hutladen noch an Ort und Stelle stand. „Du möchtest zum Marktplatz, nicht wahr?“ Ich sah Dario nicht an aber nickte schwach. Er legte mir eine Hand auf die Schulter und lächelte sanft. „Dann komm, lass uns hingehen.“ Die Straßen bis zum Marktplatz waren belebt wie immer. Auf dem Weg hörte ich Musik und fröhliches Gelächter dass aus Kneipen und diversen Geschäften kam. Dann kamen wir endlich an. Es war wie ein eingefrorener Augenblick als ich den Marktplatz betrachtete. Nichts hatte sich wirklich verändert. Da war der Brunnen, zu meiner Linken waren die Bar, der Blumenladen und die Bäckerei und zu meiner Rechten...mein Hutladen. Ich musste mich davon überzeugen ob er es auch wirklich war und rannte zu ihm bis ich durch die Fenster blicken konnte. Es war zwar etwas eingestaubt aber es war noch alles an seinem Platz. Ich musste mich dazu zwingen nicht zu weinen und als mein Blick zu Boden glitt, war ich wie erstarrt. Da stand immer noch der Geschenkkorb, den mir Maggey und die Damen zum Geburtstag geschenkt haben. Die Vergangenheit holte mich ein. „Dein Laden ist wirklich schön. Es ist zwar schade um ihn aber es ist schhön zu sehen, dass er sich nach dem Jahr immer noch so gut gehalten hat. Dein Talent ist wirklich bemerkenswert, Ari.“ Ich konnte nur schweigen. Mein Hals war zu und ich spürte eine eisige Kälte in mir, doch plötzlich hörte ich Schritte näher kommen und eine Stimme rief mir etwas zu. „Mein Herr, mein Herr, warten sie!“ Ich wandte mich um und konnte kaum glauben, wen ich da sah. Es war Maggey und sie war wunderschön wie immer. Sie war zwar älter, hatte aber dennoch nichts von ihrer Schönheit eingebüßt. „Bitte, sag mir, dass das nicht wahr ist! Ari...Ari, bist du es?“ Ich nickte schwach. „Ja, ich bin es, Maggey. Es ist schön dich wiederzusehen.“ Ohne ein weiteres Wort fiel sie mir um den Hals und drückte mich. „Gott sei dank! Ich dachte, du würdest gar nicht mehr zurückkommen! Ich habe mir solche Sorgen um dich gemacht weil du dich nicht gemeldet hast. Ich dachte, du würdest mal einen Brief schreiben.“ Ich kicherte verlegen. „Tut mir leid, hatte viel zu tun. Aber du bist immer noch so wunderschön wie damals als ich fortging. Wie geht es dir und den anderen Damen?“ Sie blickte verlegen drein. „Nun ja, ich...habe geheiratet. Ich leite nun zusammen die Bäckerei mit meinem Mann und...erwarte sogar ein Kind.“ Ich nahm sie in den Arm. „Oh Gott, Maggey, das freut mich so für dich zu hören!“ Ihr Blick wurde ernst und schien mich zu verurteilen. „Naja, du warst ja auch nicht da. Ich hatte einfach nicht mehr die Kraft auf dich zu warten.“ Schamgefühl bedeckte mein Gesicht und ich ließ den Kopf sinken. „Der Floristin geht es gut. Aber...Madame Rooney ist vor zwei Monaten verstorben.“ Es war wie ein Stich ins Herz. Wie kann sich alles nur in so kurzer Zeit verändern? „Oh Maggey, das alles tut mir so furchtbar leid.“ Sie würdigte meine Worte nicht, doch sprach sie gelassen weiter. „Mach dir nichts draus, du hattest sicher sehr viel zu tun. Ach ja, willst du mir nicht den gutaussehenden Mann neben dir vorstellen?“ Ich zuckte zusammen, ich hatte Dario ganz vergessen und wurde rot vor Verlegenheit. „Das hier ist...das ist...“ Er beendete meinen Satz. „Dario Winshetti, ich bin Aris Vorgesetzter und hatte mir erlaubt heute mit ihm seine Heimatstadt zu besuchen. Ich leite ein riesiges Atelier für Hüte in Medias. Dort habe ich ihm einen Sitz als Hutmacher gegeben. Er beherrscht sein Talent wirklich sehr gut. Er ist fleißig und ehrgeizig bei der Sache. Ich könnte mir keinen besseren Schüler vorstellen, er ist wirklich begabt.“ Ich wäre am liebsten im Boden versunken, so rot wurde Ich. Nicht nur, dass er mich übertrieben in den Himmel lobte, nein, jetzt lobte er mich auch durch Lügen, doch Maggey schien er überzeugt zu haben. „Das freut mich wirklich sehr.“ Noch einmal richtete ich das Wort an sie, obwohl es mir schwer fiel. „Hör zu, Maggey, ich war nicht da. Ich weiß, ich hätte mich melden sollen aber im Moment ist es alles nicht so leicht. Ich ahbe viel zu tun und bin auch nach Medias gezogen und...ich werde womöglich nicht mehr wiederkommen, deshalb...entschuldige für alles, was ich falsch gemacht habe und bitte pass auf dich auf.“ Plötzlich gab sie mir ein Küsschen auf die Wange. Das hatte ich wohl am wenigsten verdient, dennoch lächelte sie gütig. „Solange du ab und an mal was von dir hören lässt, ist alles in Ordnung. Pass du auch auf dich auf, Ari. Und viel Glück in Medias. Ich weiß, dass du es schaffst.“ Wir verabschiedeten uns und pünktlich auf die Minute holte uns auch schon die Kutsche ab. Schweigsam saß ich da bis wir den Hügel erreichten, der Kronstadt vom Wald trennte und bat den Kutscher nochmal anzuhalten. Ich stieg aus und betrachtete Kronstadt, die mit dem Sonnenuntergang am Horizont versank und ich konnte meine Tränen nicht zurückhalten. Es ta so furchtbar weh aber ich musste mir immer wieder ins Gedächtnis rufen, dass ich mir diesen Weg ausgesucht hatte. Dario stellte sich neben mich und betrachtete auch die Stadt. „Eine wunderschöne Stadt.“ Ich nickte und wusch mir die Tränen weg. „Ja, das ist sie. Von hier aus habe ich sie auch betrachtet als ich das erste mal zum Zirkus kam.“ Plötzlich legte Dario mir eine Hand auf die Schulter. Ich blickte ihn fragend an, doch sein Blick war starr auf die Stadt gerichtet. „Du hast diesen Pfad gewählt, Ari. Ich denke, es war nicht leicht für dich heute hierher zu kommen. Aber das sollte dir eine Lehre sein. Du hast dein alltägliches Leben für diese Schönheit aufgegeben.“ Das alles war mir klar, doch konnte ich mich noch nicht damit abfinden. „Ja, das weiß ich. Mich...überkam einfach nur gerade ein wenig die Sehnsucht. Ich...muss wohl gerade etwas melancholisch sein. Ich weiß auch, dass ich nicht mehr zurück kann aber ich bin dir trotzdem dankbar, dass du mir diesen Tag geschenkt hast, Dario.“ Dieser lächelte nur und räusperte sich. „Nun denn, dann wollen wir mal zurück nach Hause. Die anderen warten sicher schon auf uns. Komm, Ari, nimm meine Hand und folge mir.“ Ich nahm seine Hand so wie er es mir gesagt hatte. Ich konnte nun nur noch lächeln über das alles und während wir den Weg zum Zirkus antraten, schloß ich entgültig mit meinen Erinnerungen ab und ließ die Stadt, die einst meine Heimat war, hinter mir und trat meinen Weg an. Es war Zeit „nach Hause“ zu fahren. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)