Tabu von Schneefeuer1117 (One Shots für Harry Potter RPGs) ================================================================================ Kapitel 42: Yejun III - Die Clubnacht ------------------------------------- Die Lichter tanzten und die Musik hallte in seinem Blut in einem wilden Rhythmus wider. Aber obwohl seine Umgebung ein einziger verschwommener Farbenwirbel war, hatte er die unerwünschten Aufmerksamkeiten mitbekommen: die vielen Drinks mit anbiedernden Schirmchen und ihn verspottenden funkelnden Goldelementen, welche seine eigene Alkoholtoleranz auszulachen schienen. „Yejun?“ Naris Stimme drang wie aus weiter Ferne zu ihm durch. Mit einem unwilligen Brummen drängte er sich an den Körper seines besten Freundes und legte seine Unterarme auf dessen Schultern, die Distanz zwischen ihnen verringernd. Unter schweren Lidern suchte er nach Naris Blick, was sich zusehends als schwerer herausstellte im wummernden Dämmerlicht des Nachtclubs – und das hatte NICHTS mit seinem Pegel zu tun, überhaupt nicht. Er weigerte sich zu akzeptieren, dass er seine Grenze erreicht hatte. Dafür war die Nacht noch viel zu jung. „Mach einfach mit“, wies er Nari an, während er dessen Hand in seinem Nacken platzierte und kümmerte sich nicht darum, wie sich sein bester Freund unter ihm anspannte. „Was ist in dich gefahren?“ Hatte er das richtig verstanden? Was in ihn gefahren war? Yejuns Augen funkelten zu Nari empor und bestimmt drehte er sie beide, begrüßte mit einem neckischen Wirbeln der eigenen Hüfte den nächsten Song, dessen Bass in seinem Magen vibrierte. „Stell keine Fragen auf die du die Antwort schon kennst.“ „Ich würde nicht fragen, wenn ich die Antwort wüsste. Die Situation ist mir sehr unangenehm, Yejun.“ Mit einem Zungenschnalzen verwarf Yejun das angebliche Unbehagen des Älteren – wer wollte ihm diesen Unsinn denn bitte abkaufen? Es war nicht das erste Mal, dass sie gemeinsam feiern waren und sicherlich auch nicht das erste Mal, dass sie miteinander tanzten. In Ordnung – Yejun lenkte ein, dass er anhänglicher als sonst war. Und jah – er gab zu, dass seine Hände heute ein Eigenleben hatten. TROTZDEM gab es Nari keinerlei Recht jetzt Abstand zwischen sie bringen zu wollen. Daher zog er am Nacken des Älteren, unbarmherzig um dessen Aufmerksamkeit heischend, aber gleichzeitig seinen Blick in die gewünschte Richtung lenkend. „Siehst du die blonde Frau dort? Mit dem furchtbar aufgedonnerten Rock aus der letzten Saison … was ein schlechter Schnitt, das hätte ich besser hinbekommen…“ Für den Bruchteil einer Sekunde hatte Yejun sich vom Wesentlichen ablenken lassen und war irritiert von der Antwort Naris, als er fragte: „Was ist mit der Frau?“ Beinahe hätte Yejun gefragt welche Frau, immerhin ging es doch hier um Schnittmuster . . . aber gerade rechtzeitig siegte Hirn über Alkohol und seine Hände tänzelten auf Naris Schultern, übten sachten Druck aus und er drehte den Älteren im Tackt der Musik wieder so, dass die Verrückte ihn nicht mehr sehen konnte. Oder nur noch seine entzückenden Schultern – die übrigens auch IHM gehörten, nicht ihr. Seine Mundwinkel zuckten abfällig, als er ihren Blick suchte und seine Lippen nahe an Naris Ohr platzierte. Dass er dafür auf die Zehenspitzen steigen musste, machte es absolut notwendig, dass er sich an ihn presste, um in dem nebligwobeligweichen Zustand nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Mit Genugtuung bemerkte er die Hand in seinem Rücken, die warm und sicher verhinderte, dass er fiel. So, wie Nari ihn immer stützte. „Sie gibt dir die ganze Zeit Drinks aus und zieht dich mit ihren Blicken aus.“ „Hm. Ich dachte, du hättest für mich bezahlt.“ „Woah. Du bist wirklich naiv…“ Yejun grinste, schob Naris Hand weiter in sein Kreuz und griff nach seinem anderen Arm, um ihn sich auf die Schulter zu legen. Jede Warnung aus scharfen Augen ignorierte er geflissentlich – wenn der Ältere tatsächlich Einwände gehabt hätte, hätte er ihn einfach stehenlassen. Ach – naja – vielleicht spielte Yejun hier auch ein bisschen mit dem unerschütterlichen Verantwortungsbewusstsein seines treuen Freundes … Er tippte ihm gegen die Brust, suchte abermals nach dem Blick der scheinbar extrem frustrierten Frau und, wie um ihr zu beweisen dass sie keine Chancen hatte, strich der angehende Designer seinem besten Freund besitzergreifend über die Heckansicht. „Yejun.“ Die Warnung verflog ungehört und die Hand kam am Hosenansatz zu liegen. „Ich muss ihr zeigen, mit wem du hier bist“, flötete ein heiterer Yejun, mit wesentlich besserer Laune dabei zusehend, wie die Frau sich abwandte und frustriert einen Drink kippte. Entschlossen schaute er in die ihm so vertrauten Augen auf. „Du bist mit mir hier“, stellte er ernst richtig und bemühte sich, das Schmunzeln zu kontrollieren, was aber nicht mehr so ganz funktionieren wollte. Der Alkohol schien zu siegen und genau das erahnte Nari. „Wir sollten gehen“, wagte er da vorzuschlagen und Yejun schüttelte sofort den Kopf, begrüßte das nächste Lied aus viel zu lauten Boxen mit einem Schlag auf den Rücken seines Freundes und dem Aneinanderpressen von Unterkörpern. „Auf gar keinen Fall.“ „Du bist betrunken.“ „Hm. Ja. Das stimmt.“ „Also sollten wir gehen.“ „Nein. Ich habe Spaß.“ „Das befürchte ich, aber wenn wir noch länger bleiben, wirst du bald keinen Spaß mehr haben. Yejun, sei vernünftig.“ Yejun tat so, als würde er ernsthaft darüber nachdenken nun vernünftig sein zu wollen – doch sein Blick verlor sich neben Nari an der Bar und mit funkelnden Augen stieß er ein vergnügtes Keckern aus. „Sie ist weg.“ Verspielt tippte er an Naris Kinn und störte sich nicht an den bitterbösen Blicken. „Und jetzt habe ich dich ganz für mich.“ Die Irritation auf Naris Zügen hätte ihn in anderen Momenten sicherlich einen Spiegel vorgehalten – hier und jetzt war der Sieg einfach viel zu köstlich, um nicht genossen zu werden. Er fügte zum experimentellen Cocktail hinzu, der Yejuns Abend bereits versüßte. Und als der Ältere mit einem Seufzen nichts mehr einwandte, war der Krieg gewonnen und Yejun nicht mehr zu halten. Seine Fingerspitzen kribbelten, als sie über Naris Schultern bis in seinen Nacken wanderten; mit steigender Faszination sog Yejun das Lichtermeer, das sich auf den Zügen seines Freundes spiegelte, auf. Grün und Pink wechselten sich in einem hypnotischen Rhythmus ab. Vergnügt verwob er seine Finger im Nacken des Älteren, drückte sich an ihn und spielte mit den Bässen, die seinen Körper automatisch in die eine oder andere Richtung lenkten. Naris Hände folgten seinen Bewegungen vorsichtig und vermutlich wollte er einfach nur verhindern, dass er stürzte und sich am nächsten Tag neben unerträglichen Kopfschmerzen über blaue Flecken beschweren würde, aber Yejun interessierte sich kaum für die Intentionen des besten Freundes. Fakt war, dass er mit ihm tanzte und deswegen erschien seine nächste Forderung auch derart heuchlerisch, dass Yejun nicht anders konnte, als zu lachen. „Wir sollten wirklich runter von der Tanzfläche“, raunte der Ältere da doch tatsächlich. Automatisch erfolgte die lachende Antwort – „nein“ – und Yejun gab einem Impuls nach, der wie eine Wunderkerze in seinem Inneren begonnen hatte Funken zu schlagen. „Du hast gesagt es ist meine Nacht. Also, mein pessimistischer Freund: meine Nacht, meine Regeln. Und die Regel Nummer zwei –Moment … was war Regel Nummer eins? Ach ja! Regel Nummer eins: du gehörst heute mir.“ Kurz verlor der junge Student sich in seinen eigenen Gedanken und im immer gleichen Takt der Musik, aber dann erinnerte er sich an sein Statement. „Regel Nummer zwei: wir tanzen.“ „Yejun…“ Das Drängen in der Stimme ließ Yejun unschuldig blinzelnd in die tiefen Augen aufschauen, die voller wankender Zweifel schimmerten und ihn und nur ihn anschauten. Zufriedenheit entzündete direkt die nächste Wunderkerze im Inneren und trieb die Mundwinkel weiter empor. Es war einfach schön seinen besten Freund derart fokussiert auf ihn zu sehen und er wollte dieses Brennen im Inneren noch eine Weile länger spüren. „Nari?“, imitierte er den warnenden Ton, sichtlich Spaß an der Qual seines besten Freundes, die er nicht wirklich nachvollziehen konnte. „Verwende nicht meine eigenen Worte gegen mich“, wisperte Nari, seine Stimme kaum laut genug um im Bassmeer des Clubs zu Yejun durchzudringen. Unter schweren Lidern schaute er zum Älteren auf, fuhr das Muster des Shirts nach und hielt erst dann inne, als er beinahe bei delikaten Partien angekommen war. Er wollte es nicht komisch zwischen ihnen machen. Aber er wollte auch nicht aufhören. „Hyuuuuuung.“ – „Oh nein.“ – „Yoomin Nari hyuuuuung.“ – „Urgh, Yejun, lass das. Nicht die Hyung-Karte.” Yejun grinste noch eine Spur breiter, weil er wusste, dass er gewonnen hatte. Der Sieg kam nicht daher, weil Nari weiche Knie bekam, wenn er als der Ältere behandelt wurde, sondern weil er genau diese Anrede durch seinen besten Freund hasste. Sie waren sich trotz des Altersunterschieds auf einer Ebene nahe, die der Park sonst mit niemand anderem erreicht hatte – nicht einmal mit seinem Cousin … oder gerade nicht mit dem? Ah, definitiv der falsche Gedanke – und so dachte sie nicht einen Augenblick daran, die sonst so typischen Regeln zu befolgen. Abgesehen davon, dass Yejun so oder so ein Freund davon war, Konventionen wenn möglich zu brechen… Und so spielte Yejun mit den Erwartungen seines Vertrauten … Immerhin war es Naris Idee gewesen, dass Yejun heute das Sagen hatte – selbst Schuld. Selbstverständlich wusste er, dass sein engster Freund das alles nur tat, weil er sich dazu verpflichtet fühlte – und gleichzeitig wusste Yejun, dass er ihm heute alles verzeihen würde. „Wir können aufhören zu tanzen“, lenkte Yejun widerwillig ein, während seine Hüften sich spielerisch zur Musik bewegten. Mit einem schweren Seufzen ließ er von Nari ab, dessen Hände hilflos nach ihm griffen. Yejun schloss die dezent geschminkten Augen und versank im Rhythmus der harten Musik. Wie in Trance versenkte er die Finger im eigenen hell gefärbten Haar, krallte sich hinein, warf den Kopf zurück und genoss die absolute Schwärze um sich herum; wie sich fremde Körper kurz gegen ihn schmiegten, Ellenbogen ihn streiften, gemurmelte Worte ihn dumpf erreichten und die Wärme von Fremden sich in seine Empfindung schlich. Für endlose Takte verschmolz Yejun mit dem dröhnenden Bass – es war berauschend – und absolut manipulativ, wie Nari wusste. Yoonmin Nari war viel zu pflichtbewusst um seinen besten Freund jetzt unbeaufsichtigt zu lassen. Sicherlich auch, weil er wusste, dass Yejun dazu neigte im betrunkenen Zustand viel zu leichtfertig, viel zu flirty zu sein, wie er heute einmal mehr mitbekam . . . und sicherlich auch, weil er um das gebrochene Herz wusste, das sie beide erst zu diesem Kurztrip gebracht hatte. Der blinde Rausch endete, als beschützende Hände an Yejuns Hüfte zogen und instinktiv wusste er, dass es Naris Hände waren, die ihn hielten. So, wie sie es immer taten. Ohne darüber nachzudenken lehnte er seine Hüfte neckisch in die Berührung und seine Hand flatterte zur Schulter des Älteren – abermals ein Recken auf Zehenspitzen – und mit einem Grinsen und noch immer geschlossenen Augen hauchte Yejun: „Wir können aufhören zu tanzen, wenn wir weitertrinken.“ Nari seufzte und legte eine Hand um die schmale Taille. „Tanzen wir.“ Genervt warf er sich Yejuns Arm über die Schulter und ergab sich dem Umwerben des besten Freundes – und fand sich nach einer Weile in einem Wirbelsturm aus berauschenden Bewegungen wieder. Yejuns Hände hielten nicht still und berührten Nari nur flatterhaft wann immer sie näher beieinander waren – hatten sie sonst oft beinahe einen Meter Abstand zwischen einander, konnte Yejun heute nicht die Finger von ihm lassen. Es mochte an der gefährlichen Mischung aus Alkohol, Urlaub, Musik und gebrochenem Herzen liegen – aber die weichwabblige Watte verhinderte, dass Yejun sich darum weiter Gedanken machen wollte. Stattdessen genoss er es, als die beschützende Hand sich in sein Kreuz schlich, um ihn näher zu sich zu ziehen, weiter von anderen fern, tiefer in den Beat hinein. Gedankenlos griff Yejun nach den Händen des Älteren, grinsend, ehe er sie am eigenen Körper herabführte und er spürte, wie er Naris Widerstand brach. Ohne sich weiter zu wehren, strichen die großen Hände über seinen Oberkörper, während sie einander in die Augen schauten. Yejun erkannte das verräterische Grinsen auf den Zügen des Älteren – aha! Er hatte also auch Spaß! Doch von allein suchte Nari keine Berührung, also schnappte Yejun abermals nach seinen Händen, legte sie sich an die Taille und drehte sich in dessen Griff und ehe Nari sich versah, presste er sich gegen seine Brust; der vibrierende Herzschlag des Älteren gab einen neuen Takt an, in dem Yejun sich verlor. Die Arme des Designers griffen ohne große Probleme in den Nacken des Älteren und während der Beat heftiger, unbarmherziger wurde, verlor sich Yejun im Spiel mit seinem besten Freund und ließ sich gehen. Keine Sekunde ließ Nari ihn allein – kein Moment verging, in dem schützende Hände ihn vor anderen Tänzern abschirmten. Sie verloren einander nicht aus den Augen, doch sich selbst im Takt der Musik und die Zeit machte sich nur in den schmerzenden Gliedern und in der sich lichtenden Watte bemerkbar. Sein Kopf brachte ihn um. Er bekam die Augen kaum auf. Sein linker Fuß tat weh. Und am schlimmsten: er erinnerte sich nur wie in einem der schlechten schwarz-weiß-Streifen, die Jun-seo ihm einmal gezeigt hatte. Irgendwo zwischen Nachtclub und Hotel musste Yejun das letzte Bisschen Würde verloren haben . . . anders konnte er sich nicht erklären, dass er ein komplettes Wrack war. Der Rückweg war ein einziges Schemenspiel von Schatten und Farben, von Autohupen und Geschrei – wie genau er zurückgekommen war, konnte Yejun nicht sagen, aber er wusste, dass Nari ihn zu irgendeinem Zeitpunkt auf seinem Rücken getragen haben musste. Bruchstückhaft erinnerte er sich an einen Moment, in dem er bäuchlings auf dem Asphalt gelegen und wirre Verwünschungen gebrüllt hatte . . . . . . Yejun schreckte auf und war überrascht, dass sein Oberkörper es in die Senkrechte geschafft hatte. „Urgh.“ Ein heftiges Pochen in der rechten Schläfe und das Gefühl, als würde seine Seele seinen Körper verlassen, waren der Dank für das hektische Aufsetzen. Seine Zunge fühlte sich an wie der billige Lederbezug eines Discountersofas und obwohl er die Augen weit aufgerissen hatte, sah er alles nur verschwommen. Ah. Hatte er seine Kontaktlinsen gestern nicht rausgenommen? Vorsichtig rollte er mit den Augen – gleißender Schmerz zuckte durch seinen Kopf – scheinbar hatte Nari das für ihn erledigt oder sein peinlicher Anfall auf der Straße hatte dafür gesorgt, dass er sie verloren hatte. Zum bestialischsten Kater seines bisherigen jungen Lebens gesellte sich das omnipräsente Schamgefühl und er bereute, sich so gehengelassen zu haben. „… Nari?“ Seine Stimme war ein einziges Krächzen und er wusste gar nicht, ob er seinen besten Freund jetzt tatsächlich sehen wollte. Dermaßen schlimm hatte selbst er ihn noch nicht gesehen … … und die letzte Nacht war eine derartige Ausschreitung gewesen … … wahrscheinlich glaubte Nari ihm jetzt endlich, dass er sich in ein paar der Nachtclubs in Paris nicht mehr getraut hatte, weil er Angst vor der Reaktion der Angestellten dort gehabt hatte. Nun, und davor, seine attraktiven Tanzpartner nicht wiederzuerkennen… Es raschelte neben ihm und ein nackter Arm kam angeschossen. Wie aus dem Nichts presste er ihn zurück in die Kissen; was zum Teufel-? Irritiert wollte Yejun den Kopf drehen, ließ es aber lieber direkt bleiben, als seine Schläfen eine ganz eigene Interpretation von Beethovens Neunter aufzuführen gedachten. Aber … okay … Jetzt konnte Yejun nur hoffen, dass es tatsächlich sein Vertrauter war, der neben ihm im Hotelbett schlief . . . denn dass er es in seinem Zustand ins eigene Hotelzimmer geschafft hatte ohne die Hilfe von Nari war eigentlich ausgeschlossen. Nicht ausgeschlossen war jedoch, dass neben Nari noch eine andere Person mitgekommen war und er seinen armen, ahnungslosen, beschützenden Vertrauten vor die Tür gesetzt hatte … Oh … bitte, bitte kein weiteres Abenteuer, das ihm peinlich sein musste. „Ruhe.“ Naris verschlafene Stimme. „Zum Glück“, nuschelte Yejun leise und Erleichterung durchflutete sein Inneres. Also blieb nur die Peinlichkeit vom nach Hause Weg, an die er sich erinnern konnte … auch wenn die schon schlimm genug auf seinen Wangen brannte. Er kam der Forderung des besten Freundes ohne groß zu zögern nach – Ruhe klang sehr verlockend – und ergab sich dem pochenden Schmerz im Kopf. Er fiel noch einmal in einen ruhelosen Schlaf… … … … Der jäh unterbrochen wurde, als ein Wecker klingelte. Yejun riss die Augen auf, schlug wild nach dem Geräusch und fluchte lautstark. Sein Blick klärte sich und mit leiser Fassungslosigkeit schaute er zum komplett angezogenen und gestylten Nari, der in der Hocke neben dem Bett saß, die Ellenbogen auf der Matratze neben ihm aufgestützt und ihm sein Handy vor die Nase haltend. „Hast du unser Date vergessen?“ „Was eine Begrüßung…“ „Von den Toten auferstanden? Ist das besser?“ „Ich will einfach gar nichts von dir hören.“ Nari legte den Kopf schief und ließ das Handy auf Yejuns Brust fallen, ehe er ihm mit einem süffisanten Lächeln die Wange tätschelte. „Ich gebe dir eine halbe Stunde um dich fertig zu machen. Hast du eine Ahnung wie lange ich schon warte, dass du wach wirst? Du weißt, wie unangenehm ich werden kann, wenn ich nichts zu essen bekomme.“ Obwohl er sanft mit ihm sprach, hörte Yejun die Drohung nur zu gut heraus und keine Kopfschmerzen der Welt hätten verhindern können, dass er nicht darauf ansprang. „Können wir nicht Zimmerservice bestellen…?“ „Du hast gesagt, wir gehen auf den Markt.“ „Ich habe einen Kater.“ „Das ist deine Schuld.“ „Nari…hab Gnade.“ „Hm. Nein.“ Die Endgültigkeit des kleinen Wortes ließ Yejun geschlagen seufzen und mit wackligen Beinen kämpfte er sich aus den Laken. „Du bist ein Teufel, Yoomin Nari.“ „Und das, obwohl ich dich Stunden durch die Nacht getragen habe? Yejun-ah. Du wirst undankbar auf deine alten Tage.“ „Alte Tage, hmpf. Ich bin hier nicht der alte Sack…“ „Ach ja? Und trotzdem bist du derjenige, der nicht aus den Federn kommt. Los jetzt. Meine Geduld ist zu Ende.“ Und obwohl Yejun gerne weiter gestritten hätte, sah er ein, dass er hier auf verlorenem Posten kämpfte. Es war Naris Güte zu verdanken, dass er den Tobsuchtanfall nicht erwähnte … oder das enge Tanzen, oh Gott, das Tanzen! Yejun versteckte das Gesicht unter dem Tosen der Dusche und versuchte krampfhaft die Erinnerungen an die letzte Nacht zu verdrängen, die ungefragt auf ihn einprasselten. Was hatte er sich dabei gedacht…?! Er würde nie, nie wieder Alkohol anrühren! Wie sollte er Nari jetzt wieder in die Augen schauen, wenn er sich so verhalten hatte? Er hatte … oh Gott … er hatte sich ja faktisch an ihn herangeworfen! Es dauerte mehrere Minuten an fassungslosem an-die-Fliesenwand-Starren, bis Yejun soweit bereit war, wieder aus dem Badezimmer zu kommen. Schweigend zog er sich an und verzichtete ausnahmsweise für ihr Markt-Date auf aufwendige Schminke oder darauf, seine Haare zu stylen. Kleinlaut griff er nach dem Arm Naris. Er konnte ihm nicht in die Augen schauen. „Nari… …es tut mir leid.“ Nari brummte zuerst nur stumm, dann schlossen sich die Haltbringenden Arme um den schmalen Körper des Studenten und als wäre die letzte Nacht nicht geschehen, zog er Yejun in die von ihm so geliebte, wie gehasste Umarmung. „Ich verstehe schon, Yejun.“ Ah – es war lästig, jemanden wie ihn als engsten Vertrauten zu haben. Nari kannte ihn. Und er wusste, dass etwas nicht stimmte – dass die Tatsache, dass Ki-ho einen Schützling hatte, dem er solche Blicke zuwarf, ihm zu schaffen machte. Selbstverständlich hatte Yejun ihm gegenüber nicht verbalisiert, warum genau ihn das dermaßen traf … und dass er dem verfluchten Thailänder am liebsten die Augen herausgerissen hätte, als er Ki-ho angeschaut hatte … Nari wusste nicht um die Intensität der Gefühle, die Yejun für seinen Cousin empfand. Er wusste auch nicht, dass Yejun sich seit einigen Wochen – im Endeffekt seit Beginn des Semesters – gezielt von Ki-ho fernhielt, um sich selbst zu schützen. Und dass er gleichzeitig jeden Schritt, den Ki-ho mit seinem neuen Schützling tat, genaustens beobachtete … … und dabei überhaupt nicht mehr daran dachte, sich selbst zu schützen. Nari wusste das alles nicht – und trotzdem war er sofort zur Stelle gewesen, als Yejun ihn um diese kleine Auszeit gebeten hatte. Es war nicht ungewöhnlich, dass sie gemeinsam in die Heimat des Älteren reisten. Und auch nicht, dass sie über Nacht blieben. Aber dass sie beinahe so etwas wie Urlaub machten … war für die beiden Arbeitstiere nicht besonders üblich. Nari hatte nicht nach dem Warum gefragt. Er hatte auch nicht in Frage gestellt, dass Yejun überhaupt die Bedeutung des Worts „Urlaub“ kannte. Er hatte lediglich darauf bestanden, dass sie an einem Tag den Markt besuchen würden … … und Yejuns Exzess hätte diese eine Bedingung beinahe zunichte gemacht. Vorsichtig tätschelte er die Hand seines Vertrauten, die vor seiner Brust baumelte und brummte: „Du kannst loslassen. Ist angekommen. Passiert nicht noch einmal.“ Die Tatsache, dass der sonst so eloquente Student nur halbe Sätze sprach, zeigte wohl wie viel ihm die Geste des Vertrauten bedeutete und wie nahe ihm die ganze Situation ging. Nari baute sofort Abstand zwischen ihnen auf und strich sich die Kleidung glatt, ehe er zur Hotelzimmertür ging. Erwartungsfroh winkte er Yejun heran und der begriff, dass was auch immer sich in seinem Leben verändern würde: Yoomin Nari wäre die eine Konstante, die bleiben würde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)