Tabu von Schneefeuer1117 (One Shots für Harry Potter RPGs) ================================================================================ Kapitel 39: Joonie II - Das erste Rennen ---------------------------------------- Der röhrende Motor kam zum Erliegen, doch das Vibrieren der Strecke steckte ihm noch in den Knochen. Der Wahnsinn des Tempos ließ sein Blut kochen und sein Atem ging stoßweise, als die Flügeltüren des Supercars nach oben aufschwangen. Stimmen belagerten ihn – Jubel von irgendwoher, dumpf und fern – ein einziges Lichtermeer aus Scheinwerfern, Feuerwerk und Handykameras. Alles war verschwommen und fremd und zugleich berauschend lebendig. Die Rennen waren seine Droge – die Geschwindigkeit war seine Sucht. „Myoh!“ Vertrautheit riss ihn aus seinem Hoch und er räusperte sich, zog sich den Helm vom Kopf und atmete die kalte Nachtluft in gierigen Stößen ein – brennend füllten sich seine Lungen. Hatte er den Atem angehalten? Oder raste sein Herz so sehr, dass sein Körper bereits schrie? Er liebte dieses Gefühl der physischen Erschöpfung, wenn er jeden Muskel überdeutlich spürte und ein Blick, ein Wort reichte, um Funken zu schlagen. Auf wackligen Beinen wandte er sich der vertrauten Stimme zu und sah sich Auge in Auge mit einem der wenigen Menschen, denen er vertraute. Seine Hand landete auf der Schulter des Freundes. „Du hast Wunder gewirkt! Indy ist geflogen. Was hast du angestellt?!“ Ein Rapidfeuer an Antworten war die Folge der unbedachten Frage und Myoh hörte sich rau lachen, ehe er einem vorbeilaufenden Mech seinen Helm in die Hand drückte und endlich die sperrigen Handschuhe loswurde. „… und wenn man das Gewicht der Außenhülle um signifikante Prozente reduziert und gleichzeitig den Luftwiederstand mit einberechnet, dann sind die Power Units unseres Schätzchens ein wahres Wunderwerk. Also … nein, natürlich nicht. Immerhin ist es alles Technik und kein Wunder, aber …“ „Boo!“ „Komme! Myoh, ich muss rüber. Indy muss in die Garage, bevor sie zu heiß läuft und nächste Woche nicht einsatzfähig ist.“ Der Mechaniker strahlte ihn über beide Ohren an, ehe er den Schulterdruck erwiderte und mit schimmernden Augen hinzufügte: „Super, dass du wieder da bist. Endlich macht das Rennen wieder Spaß. Und keine Sorge: meine Lippen sind versiegelt.“ Und so schnell wie Boo aufgetaucht war, war er auch wieder weg. In einem anderen Leben hätte er einen großartigen Taschendieb abgegeben … gut für Myoh, dass er in diesem Leben seine magischen Finger an Autos werkeln ließ. Kurz hafteten die katzenartigen Augen auf der schmalen Statur des Mechanikers, ehe er dankbar eine der Wasserflaschen annahm, die sich in sein Sichtfeld schoben. Blicke streiften einander – Finger berührten sich – Funken schlugen – und Myohs Lächeln verlor sich auf halbem Weg, während seine Augen sich in die seines Gegenübers fraßen. Die Funken schlugen über; sein Körper stand unter Strom. Er war hungrig. „HALTET IHN!“ – „Lasst ihn nicht durch!“ – „Scheiße-!“ Myoh stolperte zur Seite, als er von seiner Beute wegriss wurde und reflexartig griff er das Erstbeste, was er von der Person zu fassen bekam. Ein leiser Aufschrei – vibrierende Stimme – manisch geöffnete Augen in einem porzellangleichen Gesicht, das gezeichnet von Panik war – und schließlich ein überraschender Kraftakt beim Versuch, sich loszureißen. Der erste Impuls, den Störenfried zusammenzuscheißen löste sich beim Anblick dunkler großer Augen und rosiger Wangen in Wohlgefallen auf. Der zweite Impuls, ihn an sich zu ziehen, wurde von einer herrischen Stimme unterbrochen, die forderte: „Shithead, halt ihn fest! Er ist nicht angemeldet!“ „Shithead?“, wiederholte Myoh die zweifelhaft charmante Anrede und wandte sich langsam zur Quelle der Anweisungen um. Dass sich dabei seine Finger unbeugsam im Nacken des Flüchtenden vergruben, ließ diesen wimmern und eine überraschend wohlklingende Stimme wisperte: „Lass bitte los.“ Doch Myoh ignorierte das Flehen und all die angespannte Aufregung, Erregung, legte sich unbarmherzig auf denjenigen, der ihn soeben beleidigt hatte. Kim, rollte dessen Nachname durch Myohs Gedächtnis und unschöne Erinnerungen folgten dem Erkennen. Katzenartige Augen zuckten zusammen; er würde ihm nicht geben, was er wollte. Unterbewusst war er bereits näher an den Flüchtenden getreten und zog ihn hinter sich; Finger wechselten ihre Position, vergruben sich stattdessen in einer schmalen, aber scheinbar trainierten Schulter. Myoh schaute nicht zu dem Eindringling, als er eine Warnung zischte: „Bleib bei mir. Ich regel das.“ – „Wie-?!“ – „Sei einfach ruhig.“ – „Wieso solltest du-?“ – „Und fang jetzt mit dem Klappehalten an. Sofort.“ Der Flüchtling wusste scheinbar was gut für ihn war und schwieg, als Kim auf sie beide zugerollt kam; in seinem Fahrtwasser befanden sich Lakaien, die zu dumm zum Scheißen waren, wie Myoh bereits wusste. Instinktiv spannte er seine Muskeln an und blickte dem Älteren stolz entgegen. Man konnte die Anspannung in der Luft knistern hören und als Kim sich vor ihm aufbaute, spürte der Rennfahrer wie der Flüchtling hinter ihm kleiner wurde, beinahe mit ihm zu verschmelzen versuchte. „Geh mir aus dem Weg.“ – „Das kannst du vergessen.“ – „Gehört der Zwerg zu dir?“ – „Und wenn es so wäre?“ – „Willst du Ärger, Myoh?“ – „Nein.“ – „Rück ihn raus.“ – „Hmpf. Sicherlich nicht.“ Kim schnaubte und nahm ihn Maß. Myoh zuckte nicht einmal mit der Wimper, als der Kreis der Schaulustigen sich um sie schloss und die Lakaien Kims ihm eindeutige Blicke zuwarfen. In Millisekunden erfasste er die Situation und tätschelte die Schulter des Jungen, dessen Herzschlag panisch gegen seinen Rücken flatterte. „Willst du zurück in den Knast, Myoh?“ „Wieso? Willst du mich zurückbegleiten?“ „Du bist auf Bewährung! Das weiß jeder hier! Ein falscher Schritt, und du bist wieder Futter für die wirklich harten Kerle.“ Erinnerungen zuckten gleißend hell durch ihn und heiße Genugtuung brandete durch seine Brust; der Geschmack von Blut auf der Zungenspitze, der Geruch von Erbrochenem in der Nase, das Prickeln von Hoffnungslosigkeit und Siegeswillen im Brustkorb – und schließlich war da nur noch der süße Rausch des Sieges, der ihn sich unsterblich fühlen ließ. Myoh machte einen Schritt auf den Größeren zu, den Ballast an seinem Arm ignorierend. „Die harten Kerle haben mir aus der Hand gefressen, Kim, willst du dein Glück wirklich herausfordern?“ Der Ballast zog stärker, leise Worte fluchend, aber Myoh war darauf konzentriert das Blickduell zu gewinnen. Er log nicht wenn er behauptete, dass er schlussendlich seine Peiniger im Knast übertrumpft hatte – auch wenn vieles davon Dal zu verdanken war. Sie hatten für ihre Position im Knast gekämpft, geblutet und eingesteckt, doch schlussendlich waren sie siegreich gewesen. Wie immer. Es gab keinen Gegner, den er schlussendlich nicht doch übertrumpfen konnte und Möchtegernganoven wie Kim hatte er schon in die Tasche gesteckt, da waren Dal und er noch verlauste Straßenkids gewesen. „Kim Song-eun! Myoh!“ Die herrische Stimme löste das Chaos um sie herum sofort auf. Teure Schuhe klackten bei jedem Schritt auf dem heißen Asphalt, als ein Mann in Anzug die Menge teilte. Ehrfurcht und Angst bereiteten ihm den Weg; ein Raunen lag in der elektrisierten Luft. Sofort machte Myoh Platz. Seinen Ballast versteckte er dabei bestmöglich hinter sich, einen Arm sicher um dessen Taille geschlungen und wenn das verfluchte Balg so weitermachte, schnürte er ihm noch das Blut im Arm ab. Er neigte den Kopf respektvoll, aber nicht unterwürfig und blitzte aus funkelnden Augen zum Älteren auf, der ihn jedoch nicht einmal eines Blickes würdigte. Klug wie er war, hatte er den Aggressor direkt erkannt und hob eine Hand – die vier Männer in seinem Fahrtwasser hielten wie eine einzige Einheit an. „Kim Song-eun. Muss ich dich an unsere Regeln erinnern?“ „… Nein, Jin-ssi.“ „Myoh?“ Sofort straffte der Rennfahrer die Haltung und blickte Jin offen entgegen. „Kim Jin-ssi. Es wird nicht wieder vorkommen.“ Myoh blickte zu Kim. „Versprochen.“ Hinter sich hörte er Zischen und Wimmern; eine verdächtige Mischung aus „meine Schuld“ und unterdrückten Flüchen und Myoh war so kurz davor, den Jungen zum Schweigen zu bringen – es gab keinen Grund sich nun einzumischen und den Helden spielen zu wollen. Jin nickte knapp. „In Ordnung. Kim Song-eun? Das Strafregister Myohs ist ein offenes Geheimnis, aber das gibt dir kein Recht ihm damit zu drohen. Ich hoffe dir ist bewusst, wem du damit schlussendlich drohst?“ Die Augen des Aggressors wurden groß und Schadenfreude zuckte um Myohs Mundwinkel. „Bist du dir der Konsequenzen bewusst, wenn Myoh deinetwegen wieder dort landet, woraus er sich herausgekämpft hat?“ Angst lähmten Zunge und Sprachrohr Kims und Myohs Grinsen wurde nun mehr als sichtbar. Lauernde Augen kamen auf seinem Gegner zum Liegen. „Er ist sein Lieblingsfahrer. Und ich bin nicht gewillt, einen brüchigen Frieden für eine Kakerlake wie dich aufs Spiel zu setzen.“ Jin wandte sich zu seinen Leuten um und würdigte Kim keines Blickes mehr. „Bringt ihn hier raus. Und, Myoh.“ Die kühlen Augen kamen auf dem Fahrer zum Liegen und dieser begegnete dem Blick abermals offen und ohne jede Angst. „Kontrollier dein Temperament, wenn du nicht wieder hinter Gittern landen willst.“ Amüsement zuckte um die Augenwinkel des Älteren, doch sie erreichte die Lippen nicht und die versteckte Warnung saß. Myoh hatte verstanden, wie er mit einem knappen Nicken andeutete. Jins Männer begleiteten Kim von der Fahrbahn und wenige Minuten später löste sich der Pulk auf. Einigen saß der Schock noch in den Knochen – aber niemandem so sehr wie dem Ballast, der sich noch immer schmerzhaft in Myohs Arm klammerte. Eine Sekunde verging … eine weitere … in denen Myoh sich an den gut gemeinten Rat Jins erinnerte und sein Temperament zu zügeln begann. Ansonsten würde sein Einsatz für den Kleinen gleich absolut nichtig erscheinen, weil er ihm den verfluchten Arm rausreißen würde! „Wenn du mich nicht loslässt, darfst du den Robo-Arm bezahlen“, wandte Myoh sich nun an den Jungen und hob beide Brauen, als er auf den zweiten Blick erkannte, dass er gar nicht so jung war, wie er ihn zuerst eingeschätzt hatte. Die flatternden Lider und die gebeugte Haltung täuschten über die Körpergröße und das Alter hinweg. Hektisch und unter leisen Entschuldigungen, die keinen Sinn ergaben, ließ er von seinem Arm ab und schien zurückweichen zu wollen, aber Myoh hielt ihn am Ellenbogen auf. Eine Berührung, die den vermeintlich Jüngeren zusammenzucken und mit geweiteten Augen zu ihm schauen ließ. Er war hübsch. Nein, nicht nur hübsch. Er war schön. Blass. Was aber auch von der Panik kommen konnte. Nur ein rosafarbener Schimmer auf den hohen Wangenknochen. Hochgewachsen. Beim Näherkommen bemerkte Myoh, dass er sogar einige Zentimeter größer war als er selbst. Breite Schultern, schmale Taille, wie er wusste. Seine Hand hatte perfekt in die sanfte Wölbung des Kreuzes gepasst. Ein Blick, der etwas in Myoh berührte. Er schrie nach Hilfe. Ob bewusst oder nicht. Und gleichzeitig schien er genau das verhindern zu wollen – den Hilfeschrei – und verzweifelt um seine Fassung zu kämpfen. Er gehörte nicht hier her. Gleichzeitig war er ein Kämpfer. Und – verdammt – machte ihn diese Mischung attraktiv. „Ich bringe dich raus.“ „Nicht…nicht nötig…“, lautete die leise, wenn auch kalte Antwort und langsam schien der Jüngere seine Haltung wieder zu finden. Myohs Augen zuckten zusammen, während er dem Größenunterschied zum Trotz auf ihn herabschaute und zufrieden bemerkte er, wie der Blickkontakt abbrach. „Schlag meine Hilfe nochmal aus und ich lasse dich wirklich allein“, erwiderte Myoh brüsk und verschränkte die Arme, den Kopf schief gelegt. Seine Augen wanderten über den Körper des Jüngeren. Er wirkte so, als könne er sich normalerweise zur Wehr setzen. Sportler, ganz eindeutig. Ein Kämpfer, tief im Inneren. Aber er gehörte einfach nicht hier her. Was der Schauer, der ihn ergriff und in sanfter Gänsehaut auf den freigelegten Armen mündete, nur allzu deutlich machte. Myoh grinste. „Komm schon. Du kannst von mir halten was du willst aber mit keinem bist du so sicher auf dem Gelände, wie mit mir.“ „Das … wirkte gerade anders.“ Widersprach er ihm? Myohs Grinsen wurde breiter und er lehnte sich etwas vor, um dem Blick aus dunklen Augen zu begegnen, der stur auf den Boden gerichtet war. Es zuckte in seinem Inneren, als der Jüngere abermals erschrocken einen Schritt zurückwich. Der Instinkt, ihm nachzusetzen, wurde geweckt. „Eines der richtig wichtigen Tiere war bereit, Kim für mich einen Kopf kürzer zu machen.“ Myoh erwähnte lieber nicht, dass Jin den Aggressor sicherlich nicht nur metaphorisch einen Kopf kürzer gemacht hätte. „Und du gehörst jetzt zu mir, nachdem du mir den Ärger eingebrockt hast. Also: immer noch nicht überzeugt?“ Verwirrung zuckte so deutlich über die bemüht beherrschten Züge, dass Myoh nicht anders konnte, als abermals zu schmunzeln. „Moonshine! Da bist du ja!“ Unzufrieden lehnte Myoh sich wieder zurück als sich jemand in ihr Gespräch einzumischen wagte. Schlagartig war der Trubel um sie herum zurück; der Lärm der Motoren und Mechaniker, das Gerede der Leute, der Nachhall des Rennens und des Feuerwerks. Myoh hatte nicht einmal bemerkt, wie sich eine Blase der Stille um ihn und seine Beute gelegt hatte. „Starlight“, wisperte der Junge da gerade und der Rennfahrer konnte nicht anders, als über diese dämlichen Alias zu lachen. Moonshine und Starlight? Ernsthaft? Myoh drehte sich zum Eindringling – und war überrascht darüber, dass er das Gesicht kannte. Ein breites Lächeln formte sich auf den sonnigen Zügen und Dani hob zum Gruß die Hand. „Danke, dass du auf ihn aufgepasst hast, Myoh-ssi. Ich habe ihn aus den Augen verloren und es ist sein erstes Mal hier. Ich hätte mir nie verziehen, wenn ihm was passiert. Ist alles in Ordnung?“, wandte Dani sich an den Jungen, der sofort einen Wandel durchmachte. Myoh, der er es gewohnt war Menschen zu beobachten und seine Schlüsse aus ihrem Verhalten zu ziehen, bemerkte sofort, dass er sich wohl in der Gegenwart des Älteren fühlte – dass Dani Sicherheit für ihn bedeutete und genervt schnalzte er mit der Zunge. Jetzt, wo er in den Händen seines Boyfriends zurück war, musste Myoh wohl den Wasserjungen wiederfinden. „Schon okay, Starlight.” Der Sarkasmus floss triefend durch die Stimmfarbe des Rennfahrers und er tätschelte Danis Schulter, ganz so, als seien sie alte Freunde. Waren sie nicht. Was die Geste beinahe wie eine Drohung wirken ließ – auch wenn Danis Lächeln weiterhin in der Dunkelheit strahlte und ihn damit Glauben ließ, dass seine Drohungen an ihn verschwendet waren. „Er hat mir keine Probleme gemacht. Nicht wahr?“ Myoh wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem blassen Jungen zu, der in der Gegenwart seines Freundes mutiger war, als zuvor, und seinem Blickkontakt standhielt. Doch lügen schien er nicht zu wollen, weswegen er schwieg und Myoh grinste, als er schnell an Dani gewandt hinzufügte: „Wenn du ihn das nächste Mal mitbringst, kommt beim Rennstall vorbei. Ich würde euch gern Indy zeigen.“ Ahnungslos nickte Dani und stimmte zu, nicht wissend, dass Myohs Worte Drohung wie Einladung zugleich waren; Moonshine jedoch schien zu erahnen, dass er heute nur mit Ach und Krach davongekommen war und das nächste Mal, sofern Dani ihn aus den Augen lassen würde, eine Rechnung zu begleichen hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)