Tabu von Schneefeuer1117 (One Shots für Harry Potter RPGs) ================================================================================ Kapitel 36: Noori IV - Das erste Treffen ---------------------------------------- Ein Schmerzensschrei durchschnitt die lebhafte Atmosphäre des Trainingscamps und Nooris Kopf ruckte herum zur Quelle der Agonie. Unterbewusst hatte er sich sofort in die Richtung gewandt und war ein paar Schritte gegangen, seinen Teamkameraden vergessend, mit dem er gerade noch gesprochen hatte. Ihr Trainer scheuchte soeben einige der Schüler fort und Noori folgte ihm auf dem Fuß. Auf dem Boden hockte einer der Jägeranwärter – sein Gesicht kam ihm bekannt vor, aber in dem Moment war Nooris Aufmerksamkeit viel eher auf den verdrehten Fuß gelegt. Schmerzerfüllt verzog er das Gesicht; als jemand, der flog seitdem er laufen konnte, hatte er schon einige kleinere Unfälle hinter sich, aber war nie schlimm verletzt gewesen. Er konnte sich also kaum vorstellen, wie verdammt weh das tun musste. Einige seiner Freunde hatten sich um sie gescharrt und der Trainer winkte Noori heran. „Kapitän!“ – „Ja!“ – „Geh mir zur Hand.“ – „Ja.“ Mechanisch ging Noori in die Hocke und versuchte das flaue Gefühl im Magen zu ignorieren. Nervosität breitete sich unbekannt in ihm aus. Vor einigen Reportern über die letzten Entwicklungen im Familiengeschäft zu sprechen, bereitete ihm bei weitem nicht so viel Sorge, wie die Tränen auf den hohen Wangen des Jungen vor sich. Okay, er musste ruhig bleiben. Umsichtig legte er eine Hand auf die schmale Schulter und zuckte sichtbar zusammen, als der Junge sie wegschlug. Scheinbar war der Verletzte genauso erschrocken über die eigene Reaktion, da flüchtiger Wortsalat seine Lippen verließ und er den Blickkontakt mied. Hörte Noori Japanisch heraus? „Schon in Ordnung. Ich bin hier, um zu helfen“, flüsterte Noori dem Gleichaltrigen zu und suchte nach Blickkontakt und nach einer gefühlten Ewigkeit blitzten schimmernde große Augen zu ihm auf. Frustration spiegelte sich so deutlich in ihnen, dass Noori darüber schmunzeln musste; das waren keine Schmerzenstränen gewesen … und der Junge wollte sich auch nicht per se nicht helfen lassen … Er musste sich nur so dumm vorkommen, sich ausgerechnet jetzt zu verletzten. Sich bei einem der letzten Auswahlcamps bevor sie offiziell in das nächste Schuljahr starten würden zu verletzen, bedeutete das Aus – der junge Japaner würde es wahrscheinlich nicht in die Mannschaft schaffen. Und an der Art und Weise wie er Noori anschaute erkannte er sofort, wie hart er für genau diesen Moment gearbeitet hatte. Ihr Trainer zog den Jungen auf die Füße, legte sich den Arm um die Schultern, und bedeutete Noori es auf der anderen Seite genauso zu tun. Er mischte sich nicht ein, tat wie geheißen und hörte stumm zu, wie der Trainer auf den Japaner einredete. Verstand er überhaupt, was der strenge Mann von ihm wollte? Hatte er dafür jetzt einen Kopf? Noori an seiner Stelle würde nicht hören wollen, welchen Fehler er gemacht hatte – das wusste er selbst gut genug – sondern wie er schnellstmöglich wieder auf den Besen zurückkam. „Coach-nim?“, wagte Noori einen leisen Vorstoß zwischen zwei Atempausen des Trainers und spürte den Blick des Erwachsenen auf sich brennen. Mit einem zuversichtlichen Lächeln begegnete er dem Blick ganz so, als seien sie schon seit ewigen Zeiten per Du und nickte auf den Jungen neben sich, der den Kopf hängengelassen hatte und wie ein nasser Sack Kartoffeln zwischen ihnen hing. „Ich übernehme. Die anderen warten sicherlich schon auf dich, aber auf mich können sie ein paar Minuten verzichten. Ist das in Ordnung?“ Der Trainer schnaubte und ließ den Verletzten ruckartig los – Noori keuchte erschrocken und versuchte, den Japaner zu halten, der mit einem schmerzhaften Zischen das Gewicht falsch zu verlagern schien. „Sorry“, nuschelte Noori und bekam nur ein leises Brummen zurück, das verdächtig nach weiteren japanischen Schimpfworten klang. „Setz dich. Ich gucke mir deinen Fuß einmal in, okay?“ Sanft setzte er den anderen auf einer der Bänke ab und klemmte sich den Zauberstab zuerst zwischen die Zähne, um vorsichtig die Schnürsenkel zu öffnen. „I-ich mach das schon!“ Verwirrt schaute Noori auf und begegnete einem entwaffnend entschlossenem Blick. Irritiert über so viel Resolution nahm er die Hände beiseite und beobachtete den Jungen dabei, wie er umständlich und unter leisem Keuchen den Fuß aus Schuh und Socken befreite. „Du .. du kannst wieder fliegen gehen. … Kapitän.“ Für Noori war es absolut natürlich, dass jeder wusste, wer er war – ob nun Jeon Noori oder Kapitän oder Klassensprecher – und dennoch überraschte ihn der Unterton. Der Junge sprach mit hartem Akzent und schien Mühe zu haben, die richtigen Worte zu finden, was angesichts seiner Situation absolut verständlich war. Aber es war nicht seine anfängliche Unbeholfenheit gepaart mit einer unangebrachten Sturheit, die Noori überraschte. Es war die Art und Weise, wie er Kapitän aussprach. Ganz so, als habe er zuerst etwas anderes sagen wollen. Noori wusste nicht, ob der Junge etwas gegen ihn hatte – oder ob er ihn schon länger von der Seitenlinie aus beobachtete – aber der Ton verriet zumindest, dass er ihn gerne informeller angesprochen hätte. Mit einem leisen „mh-mh“ verneinte er die Aussage und nahm sich den Zauberstab zwischen den Zähnen weg, um mit der Spitze sanft über den verrenkten Fuß zu fahren. Dabei murmelte er einige der passenden Sprüche, die Schwellungen zurückgehen ließen und gegen Schmerzen wirkten; für eine Diagnose war er sicherlich nicht der Richtige. „Du solltest den Arzt drüber schauen lassen. Das hier ist nur Erste Hilfe und du solltest zumindest gleich keine Schmerzen mehr haben.“ Noori schaute auf in die großen schimmernden Augen, die ihm etwas zu sagen versuchten, für das er blind war. „Richtig? Oder tut es noch weh?“, wechselte Noori in unbeholfenes Japanisch und bemerkte amüsiert, wie Schock die großen Augen noch ein bisschen weiter werden ließ. Hektisch schüttelte der Junge den Kopf und Noori lächelte bemüht aufmunternd. „Gut. Hier.“ Er griff zu den bereitstehenden Wasserflaschen und reichte eine davon dem Jungen, während er sich neben ihn auf die Holzbank setzte. „Danke …“ „Wie ist das überhaupt passiert? War es dein Fehler oder hat dich einer der anderen erwischt?“ Der Junge runzelte die Stirn und Noori bemerkte die markante Kieferpartie, als er die Zähne zusammenpresste. Scheinbar wollte er nicht darüber reden was passiert war und Noori hätte es dabei belassen können, aber etwas in ihm wollte weiter mit ihm reden. „Wenn es einer der anderen war, muss ich davon wissen. Ich bin der Kapitän, wie du weißt.“ Schmunzelnd lehnte er sich die Ellenbogen auf den Oberschenkeln abstützend vor und lenkte den Blick auf die trainierenden Jungen. Einige von ihnen warfen ihm und dem Verletzten Blicke zu, aber Noori war es gewohnt im Fokus der Aufmerksamkeit zu stehen und ignorierte sie alle. „Sollte sich jemand in meiner Mannschaft nicht angemessen verhalten, muss ich darauf reagieren. Einige der Älteren halten mich nicht für den geeigneten Mann für die Position.“ Noori fischte hier im Trüben und vielleicht versuchte er auch einfach nur die Stimmung zwischen ihnen zu lockern und es dem Verletzten ein bisschen leichter zu machen, indem er die eigenen Probleme anmerkte. Immerhin waren sie zumindest gleichalt und es sollte kein Problem darstellen derart vertraut mit ihm umzugehen, richtig? Verschwörerisch formten seine Lippen ein Lächeln und er schaute zum Jungen neben sich. „Kannst du mir helfen?“ Er legte seine Hand auf die Schulter des Japaners und zog die Augenbrauen erwartungsfroh hoch, ein stummes komm schon! in der Art und Weise, wie er den Kopf schief legte. Er glaubte Zögern wahrzunehmen – und ein feines Seufzen war zu hören, ehe der Japaner nickte. „Du bist der Kapitän, also muss ich dir eh antworten.“ Noori lachte – hörte er da Trotz heraus? Er schien den richtigen Riecher damit gehabt zu haben, dass ein vertrauter Umgang mit dem anderen in Ordnung war. Er drückte die fremde Schulter und summte vergnügter, als die Worte ihn sein ließen. Immerhin hatten sie schlussendlich doch einen bitteren Unterton. „Dann zähle ich ab jetzt auf dich. Ah. Jeon Noori. Wie heißt du?“ Aufmerksam schaute Noori den anderen an und dachte gar nicht daran, seine Hand von der Schulter zu nehmen. Die Nähe zum Gleichaltrigen war ganz natürlich und wenn sie dabei half, ihn zu kontrollieren: umso besser. Mit wachsendem Interesse beobachtete er wie der Junge seinem Blick auswich und irgendetwas schien ihn zu beschäftigen, ehe er mit den schimmernden großen Augen zu ihm aufschaute. „Hirose Koya, Fachbereich Gesellschaftskunde. Nächstes Jahr werde ich dir den Titel vor der Nase wegschnappen.“ Noori war sich nicht sicher, ob er alles richtig verstanden hatte, da Hirose Koya in einer Mischung aus Japanisch und Koreanisch geantwortet hatte – scheinbar ohne es zu bemerken – aber selbst wenn er nicht alles zu einhundert Prozent verstanden hatte: die Kampfansage war angekommen. „Fein.“ Energiegeladen stand er auf und streckte die Hand nach dem Japaner aus, der eine Weile irritiert auf sie schaute. Lachend wackelte er mit den Fingern. „Schlag drauf ein. Ich will, dass du dein absolut Bestes gibst. Wir aus dem Fachbereich Sprache sind viel zu stolz auf die Siegesserie, als dass wir uns jetzt von jemandem überflügeln lassen würden.“ Schimmernde Augen voller Feuer – eine raue Hand, die einschlug – und schließlich überraschte Hirose Koya Noori ein weiteres Mal damit, dass er sich aus eigener Kraft auf den heilen Fuß zog und zu ihm aufschaute. „Ich werde dich überflügeln.“ Huch. Noori sah sich angemessen verlegen aufgrund der Kampfansage, der Nähe und der Tatsache, dass er noch immer die Hand des Japaners hielt. Aus einem Impuls heraus verschränkte er ihre Hände enger miteinander, zog sie zwischen ihre Körper und schlug damit noch einmal ein. „Ich freue mich darauf“, grinste er zurück und das erste Mal seit seinen beiden Auslandsjahren hatte er das Gefühl, wieder zu Hause angekommen zu sein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)