Tabu von Schneefeuer1117 (One Shots für Harry Potter RPGs) ================================================================================ Kapitel 23: Das Versprechen --------------------------- Der Blick aus reumütigen Augen lag auf dem Jüngeren und heftig biss Sun-myung sich auf die Unterlippe. „Du … wir wollten doch aber …“ Chae schien nicht die richtigen Worte zu finden und Schuld fraß sich gnadenlos durch Suns Inneres. Er hätte von Anfang an ehrlich zu seinem Freund sein müssen und mit ihm über seine Pläne sprechen müssen, doch er hatte es nicht übers Herz gebracht. Stattdessen hatte er geschwiegen und so getan als sei alles in bester Ordnung, wissend, dass der Moment kommen würde an dem er ihn durch sein Verschweigen der Wahrheit noch mehr verletzen würde. Sun biss sich auf die Unterlippe, streckte die Hände nach Chae aus drückte sanft seine Oberarme. „Chae… Das ist eine einmalige Chance für mich. Das verstehst du doch, oder?“, wisperte er leise und versuchte Blickkontakt herzustellen. Versuchte, keinen Vorwurf in den tiefen Augen zu lesen. Versuchte, Zustimmung oder Verständnis zu finden. Chae verzog das Gesicht, nickte jedoch langsam, schüttelte sofort den Kopf und die Tränen, die sich in seinen Augenwinkeln zu sammeln begannen, zerrissen Sun beinahe das Herz. „Du … du hast es versprochen. Wir gehen zusammen nach Seoul. Was soll ich denn ohne dich auf der Uni?“ Die Stimme des Jüngeren war brüchig und vermutlich schämte er sich für seinen Egoismus, doch gleichzeitig hatte er recht: Sun hatte es ihm versprochen. Schon vor Jahren hatten sie die ersten Pläne geschmiedet und obwohl sie zwei Jahre trennten hatte sie das nicht davon abgehalten, sich die großartige Zukunft an der Universität auszumalen. Die Luftschlösser waren immer größer geworden und Sun hätte lügen müssen wenn er behauptet hätte, dass ihn diese Schlösser nicht davor bewahrt hätten, den Verstand während der harten Schulzeit zu verlieren. Sun war gut in der Schule gewesen – verdammt gut. Vertrauensschüler. Tutor für die jüngeren Jahrgänge, unter anderem auch für Chae. Er hatte zwar kein Quidditch gespielt, war dafür jedoch im Tanzclub und im Schülerkomitee gewesen und hatte den Vorsitz beim Schachclub gehabt, während er nebenbei im Duellierclub brilliert hatte. Man hatte gemunkelt, dass er perfekt sei, denn wie bitteschön konnte man einen derartigen Workload überhaupt wuppen? Es war aber so einfach … der Grund stand gerade vor ihm: Chae-yeon, sein Cousin und bester Freund, dessen Lächeln allein schon reichte um ihm die notwendige Energie für den Rest des Tages zu schenken. Das mochte sehr abgeschmackt klingen, aber Sun l i e b t e Menschen und den Kontakt zu ihnen. Socializing gab ihm Kraft – es war die Einsamkeit, die ihn auszehrte. Und wann immer er an seine Grenzen, ob nun physisch oder psychisch gekommen war, hatte Chae ihn über diese Grenze geschubst und dazu gebracht, sich selbst zu übertreffen. Ob es bei den Tanzaufführungen in der Schule war … bei den Prüfungen … bei der Organisation der Lehrpläne für die jüngeren Schüler … oder beim Gewinnen des internen Turniers des Duellierclubs. Chae gab ihm die Kraft um weiterzumachen. Deshalb hatte er ihm ohne auch nur mit der Wimper zu zucken versprochen nach seinem Abschluss auf die Universität nach Seoul zu gehen – dort warteten sie bereits ungeduldig auf Sun-myung, der während der letzten zwei Jahre an einer kleineren Universität in der Heimat Zauberstabherstellung studiert und sich selbst als unzureichend für diese Kunst empfunden hatte. Dass er die gesammelten Punkte dort mit an die Universität in Seoul würde nehmen können, erleichterte ihn, jedoch … … jedoch hatte er von der kleinen Universität ein Angebot bekommen, ein Jahr in den USA zu studieren, obwohl seine Leistungen nicht die besten seines Jahrgangs waren. Aber das bedeutete, dass er nicht mit Chae zusammen in Seoul würde beginnen können. „Wäre es denn so schlimm, wenn ich nachkomme?“, fragte Sun so sanft wie möglich nach und die Hoffnung darauf, dass Chae verstehen würde, warum er gehen wollte, wuchs in ihm. Chae war immer so unheimlich supportive gewesen und auch wenn ihm hin und wieder ein gewisser Egoismus nicht abhanden ging, hatte Sun absolutes Vertrauen in seinen besten Freund. Doch dieser biss sich auf die Unterlippe und befreite sich von den warmen Händen, die versuchten ihn zu halten. „… Dann geh halt.“ Die Enttäuschung in seiner Stimme ließ Suns Herz schwerer schlagen und ein leises „Chae“ wispern, doch sein Cousin schnaufte kurz, ehe er sich aus der Situation zu ziehen gedachte. Die Stille zwischen ihnen war erdrückend und viel lieber wäre es Sun, würden sie einander anschreien, doch Chae schwieg, wütend brodelnd, die Enttäuschung in den dunklen Augen funkelnd und Sun seufzte geschlagen – wenn er nicht mit ihm darüber reden wollte, dann war dem so. Ein wenig kindlicher Trotz regte sich im Zwanzigjährigen und obwohl er nichts lieber tun wollte, als Chae in den Arm zu nehmen und ihm zu versprechen, dass sie sich nicht aus den Augen verlieren würden, so ließ er ihn stehen und verließ das Elternhaus des besten Freundes. Ihre Heimatstadt war wunderschön, besonders bei Nacht. Sun fand sich zwischen den Karaokebars und kleinen Marktständen wider und genoss das bebende Leben um sich herum. Hier in Korea, wo die Grenzen der Muggel- und Zaubererwelt verschwammen, und Magie an jeder Straßenecke zu lauern schien, fühlte er sich zu Hause. Er spürte bereits, wie er all das vermissen würden und sein Herz zog sich zusammen, wann immer sein Blick auf die vertraute Umgebung fiel. Ein Straßenkünstler stieß Feuer in die Luft und tanzte eine wilde Mischung aus Hiphop und Contemporary, was Sun sofort wie gebannt zuschauen ließ. Es schien wie Magie, wie das Feuer des Reifens, in dem er tanzte, ihn nicht zu berühren schien und jeder Schritt war elegant, gezielt und kein Muskel schien unnötig angespannt. Die eleganten und mühelosen Bewegungen zogen ihn vollkommen in Bann und Minuten später jubelte er mit vielen anderen Passanten dem Tänzer zu, ein breites Lächeln auf den Lippen. Die USA war eine gigantische Chance für ihn. Es ging gar nicht so sehr um das Studienthema, hatte Sun damit doch im Endeffekt im Inneren bereits abgeschlossen und ein Teil von ihm fühlte sich sogar schuldig, dass er das Auslandssemester für etwas anderes nutzen würde. Es ging um die Möglichkeit, in LA zu tanzen. … Und darum, dem Mann in den er verliebt war, nachzureisen. So-hwa wusste nichts von seiner Schwärmerei. Sie kannten einander nicht einmal besonders gut, waren sich in der Schulzeit ein paar Mal über den Weg gelaufen und es wäre nicht übertrieben, wenn man behauptete, dass Sun nur seinetwegen im Schülerkomitee jedes Mal sein Bestes gegeben hatte, wenn es um die Organisation des Sportfests gegangen war. Sun war zu jedem Quidditchspiel gegangen – natürlich später auch für Chae, verstand sich von selbst – und mit jedem Tag, an dem er So-hwa aus der Ferne bestaunt hatte, waren die Gefühle für ihn nur noch gewachsen. Er fühlte sich wie ein dämlicher Fanboy, der seinen Star aus der Ferne anhimmelte, doch er konnte sich nicht helfen … Er fühlte sich dämlich, weil er ihn nicht einmal wirklich kannte, aber er konnte sich nicht helfen. Und – bei allen Drachenzähnen – fühlte er sich schuldig, weil Chae nichts davon wusste, was sein wahrer Grund war, weshalb er in die USA wollte. Natürlich hatte er Chae gegenüber erwähnt, verliebt zu sein. Und natürlich wusste sein bester Freund, dass So-hwa das Objekt der Begierde war. Aber vom Auslandssemester … und der Tatsache, dass er So-hwa nachreisen wollte … nein, Sun wusste es jetzt seit drei Monaten … und seit drei Monaten kämpfte er damit, es Chae sagen zu wollen. Und jetzt? Jetzt ging sein Flieger in zwei Wochen und er hatte sich dazu genötigt gesehen zuzugeben, warum er nicht mit bei der Wohnungssuche in Seoul half. Warum er Chae riet eine Einzimmerwohnung oder WG ohne ihn zu suchen. Warum … Warum … Ah. Sun hatte sich ablenken wollen und nun? Nun war die Schuld nur noch schwerer zu ertragen und der Blick war leer und abwesend auf den Tänzer gerichtet, der seine Utensilien zusammenräumte. War es das wert? Ein langjähriges Versprechen zu brechen für die Aussicht auf etwas, das vermutlich niemals wahrwerden würde? Sun versenkte die Hände in den Hosentaschen und zog die Schultern hoch, das Kinn tief im Rollkragen versteckt und hoffend, dass er einfach in der Menschenmenge untergehen würde. Plötzlich kam ihm die belebte Straße eher bedrohlich, denn wohlig vor. Und plötzlich wankte sein Entschluss in die USA zu reisen. Nie hatte er sich von etwas abbringen lassen, wenn er sich einmal dazu entschlossen hatte – doch Chae-yeon hatte die unangenehme Eigenschaft, ihn alles überdenken zu lassen. Wo er doch sonst schon immer alles zerdachte, überdachte. Ein paar Tage später trudelte bei ihm zu Hause ein Brief ein, auf den er lange gewartet hatte. Die Posteule schüttelte ihr Federkleid aus und wurde von Sun mit einem liebevollen Kraulen belohnt, ehe er den Brief mit klopfendem Herzen entgegennahm. Er versteckte sich in seinem Zimmer, damit weder Mutter, noch Geschwister ihn dabei stören würden, wie er das Stück Papier mit zitternden Fingern aufmachte und … Sehr geehrter Mr Choi, es tut uns leid Ihnen mitteilen zu müssen, dass Ihre Fähigkeiten nicht zu unserer Schule passen. [. . . ] Die Realität traf ihn so hart und unvorbereitet, dass er auf seinem Bett zusammensackte. Er spürte, wie die Tränen an seinen Augenwinkeln kitzelten und Frustration klammerte sich ums schwer schlagende Herz. Mit zittrigem Atem fuhr er sich durchs silbrige Haar – plötzlich musste er lachen und konnte kaum noch aufhören, bis die Tränen der Frustration schließlich gewannen. Seine große Schwester schaute nach ihm, doch als sie Sun auf dem Bett zusammengerollt vorfand, entschloss sie sich dazu, ihn allein zu lassen – ihr kleiner Bruder hatte noch nie großartig mit ihr über seine Probleme gesprochen und sie würde einen besseren Zeitpunkt abpassen, an dem er sich seiner Tränen nicht schämte. Aber sie hatte den falschen Eindruck von Sun. Er schämte sich nicht seiner Tränen, er schämte sich seiner Unzulänglichkeit und dem Luftschloss, dass er sich gebaut hatte. Er wollte nicht in die USA um zu studieren … Es war eine Ausrede … eine Möglichkeit, die Reise und den Aufenthalt dort zu finanzieren, würde doch die Universität einige der Kosten tragen … Und wie bereits erwähnt fühlte er sich minimal schuldig, weil er nicht mit der gleichen Leidenschaft an dieses Studium heranging, wie es angebracht gewesen wäre … … Er wollte in die USA, um zu tanzen. Doch das letzte Tanzstudio … die letzte Hoffnung … war nun ebenfalls zum Schluss gekommen, dass der Koreaner nichts bei ihnen verloren hatte. Er war so unfassbar wütend! … Und gleichzeitig war es doch gar keine so große Überraschung, oder? Er war nicht brillant im Tanzen … nicht einmal wirklich gut. Was bedeutete es schon, dass er in seiner Schulzeit erfolgreich gewesen war oder dass er seitdem er acht war übte? Es bedeutete gar nichts – er war zu alt. Zu alt, dass jemand Hoffnungen in ihn setzen würde, zu alt, um noch zu einem Star auf der Bühne zu werden, vollkommen abgesehen davon, dass es ihm darum nie gegangen war. Er wollte einfach nur tanzen. Aber je länger er sich dem Gedanken hingab, dass nun auch die letzte Schule ihn abgelehnt hatte, desto deutlicher wurde es für ihn: er war nicht gut genug. Er würde nie gut genug sein. Die Erkenntnis hielt ihn die ganze Nacht über wach und während er in den frühen Morgenstunden in einen unruhigen Erschöpfungsschlaf glitt konnte er nur daran denken, dass er auch für So-hwa niemals gut genug sein würde. Es dauerte zwei weitere Tage, bis Sun sich darüber klar wurde, dass es vollkommen egal gewesen wäre, ob die Schule zugesagt hätte – er wäre nicht geflogen. Bis jetzt hatte er kein Ticket gekauft und er sprach lange mit seinen Eltern darüber, dass er lieber in Seoul studieren wollte, als in die USA zu gehen. Seine Eltern waren zwiegespalten, da Sun sich so gefreut zu haben schien, ins Ausland zu gehen, waren aber nichtsdestotrotz froh darüber, ihren Sohn näher bei sich haben zu können. Die Hände seiner Mutter griffen sanft nach seinem Gesicht und ein warmes Lächeln breitete sich auf ihren Zügen aus. „Myunii. Ist es das, was du willst? Bist du glücklich mit deiner Entscheidung?“ Die durch Kontaktlinsen hellen Augen suchten das Gesicht der Mutter ab und zur eigenen Überraschung resonierte ein klares Ja mit der Frage der Mutter und er nickte stumm, was eine herzliche Umarmung zur Folge hatte. Sein Vater nickte mit einem schiefen Lächeln und noch während der rührseligen Szene, beschloss seine große Schwester sie zu ruinieren, indem sie sich darüber beschwerte, dass ihr Freund ihr immer noch keinen Antrag gemacht hatte. Suns Herz zog sich zusammen und er blinzelte, irritiert darüber, dass er eifersüchtig auf die große Schwester war, wo doch Eifersucht niemals zu seinen prägendsten Eigenschaften gehört hatte. Besonders nicht bezogen auf seine engsten Vertrauten. Er spürte wie seine Wangen heiß wurden und wie kleine Nadelstiche sein Herz zu durchbohren versuchten. Ah. Natürlich. Er war nicht eifersüchtig – er war einfach nur traurig. Traurig darüber, So-hwa ziehen zulassen, ohne ihm jemals das Liebesgeständnis gegeben zu haben. Aber … schlussendlich … was hätte daraus auch Gutes erwachsen sollen, nicht wahr? Mit flatternden Lidern überlebte er den Rest der Konversation, wenn auch ungewöhnlich ruhig. „Sun-myung?“, klopfte seine Schwester an seine Tür und ein leises „nhm“ ließ sie eintreten. Er schaute zu ihr und ohne weitere Worte zu benötigen, glitt sie neben ihn aufs Bett, die Beine sofort in einen bequemen Schneidersitz ziehend und die klugen Augen auf ihn und nur auf ihn gerichtet. Eun-Ji war schon immer so gewesen. Sie hatte keine Probleme damit Menschen auf ihr Seelenheil anzusprechen und kehrte allein mit einem Blick alle Zweifel, alle bösen Gedanken aus einem heraus – und konnte sie mit einem Lächeln eliminieren. Aber Sun wollte die bösen Gedanken nicht gehenlassen. Stattdessen wich er ihrem Blick aus und fuhr sich durch silbrige Haar, ein Seufzen auf den Lippen. „Warum gehst du nicht?“, fragte seine Schwester und er zuckte mit den Schultern. „Ich will lieber hierbleiben, wie gesagt. Es wäre nicht fair der Universität etwas vorzuspielen.“ Es raschelte und sanft legte Eun-Ji ihrem Bruder einen sehr bekannten Brief in den Schoß, den er sofort mit den kleinen Fingern berührte. „Und es hat nichts hiermit zu tun?“ Er schwieg lange, weil die Antwort darauf komplizierter war, als er selbst es dachte. Schließlich aber schüttelte er den Kopf und setzte sich schlussendlich doch den durchleuchtenden Augen der klugen Schwester aus. „Nein. Ich habe ein Versprechen gegeben und ich fühle mich mies, es zu brechen.“ Eun-Jis dunkle Augen kamen auf ihrem Bruder zum Liegen und sie wog den Kopf hin und her. Ihre Zehen kitzelten Suns Fußsohlen und sie summte ein unbestimmtes Lied, ehe sie „Chae?“ fragte und Sun nickte nur knapp. „Myunii…“ Prüfend fiel ihr Blick auf sein Gesicht und sie schien nach etwas zu suchen, doch schließlich lächelte sie. „Hmn. Nun gut. Wenn du mit der Entscheidung glücklich bist …“ Der Ton ihrer Stimme ließ ein Nein zu und Sun legte den Kopf schief, ein weiches Lächeln auf den vollen Lippen. „Ja. Ich hätte niemals auch nur daran denken sollen, es zu brechen.“ Erleichtert schloss er den Jüngeren in die Arme und presste ihn fest an sich, kaum Raum zwischen ihnen lassend. Chae keuchte aufgrund der Intensität der Umarmung, konnte aber nicht anders als seine Finger tänzelnd auf die Schultern seines Cousins zu legen, ein verwirrtes „eh?“ ausstoßend. „Solltest du nicht im Flieger sitzen?“ Das Schmollen in der Frage brach ein Lachen aus Sun heraus und er versteckte das Gesicht an der Halsbeuge des besten Freundes, presste ihn nur noch näher an sich und nuschelte ein „niemals“, eine Hand im seidigen Haar vergraben, um das Gesicht des anderen an seine Schulter zu drücken. Er konnte die Verwirrung praktisch greifen, aber in diesem Moment wollte er ihn einfach nur bei sich haben – die Wärme des Jüngeren täuschte über die Leere hinweg, die Sun im Inneren verspürte. So-hwas Flieger hatte vor einer halben Stunde abgehoben. Und beinahe kam Sun sich wie ein Stalker vor, dass er das alles so genau wusste . . . aber er konnte sich einfach nicht helfen . . . so wie er das Gefühl nicht bekämpfen konnte, das alles in ihm zu verschlucken drohte. Nur die Wärme seines Cousins konnte dem etwas entgegensetzen und als dieser langsam aber sicher die Schnauze voll von zu vielen Fragen und zu wenigen Antworten hatte, kämpfte er sich aus dem Klammergriff frei und Sun sah sich seinen großen Augen ausgeliefert. „Ich .. erkläre dir alles, versprochen.“ Sun griff nach den Wangen des Jüngeren, umfasste sie mit den kleinen, mit Ringen besetzten Fingern und lächelte scheu, da er wusste, dass Chae das Gefühl haben musste, dass ein Versprechen von ihm nicht mehr wirklich viel wert war. „Lässt du mich rein?“ Chae schien mit sich zu ringen, aber schlussendlich hatte er noch nie zu Sun nein sagen können – also ließ er ihn ins Haus und sie redeten bis spät in die Nacht. Endlich konnte Sun ihm alles erzählen und er fand sich selbst heulend in den Armen des Jüngeren wieder – heulend, weil er einfach nicht darüber hinwegkam, dass er So-hwa hatte ziehen lassen und heulend darüber, weil er so, so dumm gewesen war, überhaupt darüber nachzudenken, Chae allein zu lassen. Der Jüngere verzieh ihm. Natürlich – welche Wahl blieb ihm auch? Und er tat noch mehr als das: als Sun emotional vollkommen ausgelaugt mit dem Kopf auf seinem Schoß lag, schwebte ein kleines Fotobuch zu ihnen herüber und Sun griff es aus der Luft, nachdem Chae ihm mit einem Blick signalisiert hatte, genau das zu tun. „Was ist das?“ Chae lächelte warm. „Unsere neue Wohnung.“ Suns Herz setzte für einen kurzen Moment auf, ehe er ruckartig hoch schnellte und mit fassungslos großen Augen in das makellose Gesicht seines Cousins starrte. „…Was?“ Das breite Grinsen auf den Zügen Chaes war Lohn genug für jede einzelne verfluchte Träne, als er zuckersüß betonte: „Glaubst du echt ich hätte geglaubt, dass du dein Versprechen brichst? Ich war nur so sauer, weil du nicht mit mir über alles geredet hast, was dich beschäftigt. Wie findest du sie?“ Aufregung brachte die hellen Augen zum Leuchten und sprachlos landete Suns Blick auf den Bildern, die magisch jeden noch so kleinen Winkel der Drei-Zimmer-Wohnung zeigten. Ganz langsam schüttelte er den Kopf. „Wie …?“ Immerhin war Chae sonst nicht gerade der Planer von ihnen beiden, aber vielleicht veränderte auch er sich Stück für Stück? Voller Elan deutete Chae auf einige Stellen auf den Fotos, plauderte vom Besichtigungstermin und von den Bruchbuden, die er sich sonst so angeschaut hatte und Sun konnte nicht anders, als ihn einfach nur anzustarren. Und in diesem Moment wusste er, dass er alles für seinen besten Freund tun würde – eine unendliche Wärme erfüllte seine Brust und lachend lehnte er seinen Kopf auf Chaes Schulter, was diesen nicht eine Sekunde im aufgeregten Erzählen innehalten ließ. Sie würden zusammen nach Seoul gehen. Und allein diese Tatsache ließ das Herz Suns ein wenig heilen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)