It's a heartache von Dahlie (Liebe hat viele Gesichter) ================================================================================ Kapitel 4: Das ist die Welt. ---------------------------- . . . Vollkommen in Eile rannte Alice am Samstag zum Hogsmeadewochenende vom Gemeinschaftsraum der Ravenclaws zur großen Treppe. Fahrig knöpfte sie sich ihren schwarzen Mantel zu und wäre fast über ihren überlangen weißen Schal gestolpert. Warum hatte Rose sie so lange aufgehalten? Ständig war sie mit einem anderen Spruch gekommen, der ihre Haare zu einem Bob formen sollte. Am Ende waren beide zu dem Entschluss gekommen, dass eine Mütze ihr aufgeladenes Haar sehr schön verdecken würde. Innerlich hasste Alice ihre beste Freundin dafür, dass sie nun auf dem Kopf aussah, wie durch den Wind geritten, dabei hatte sie es nur gut gemeint. Heftig nach Luft ringend sah sie sich um und ihr Blick streifte sofort die ersten Pärchen, die bereits verliebt und turtelnd aufbrachen. Einst war sie immer eifersüchtig gewesen, doch heute hatte auch sie ein Date und war gespannt, wie es sich anfühlen würde. Ihr Herz klopfte vor Aufregung unweigerlich schneller und sie sah sich suchend nach Albus um. Als sie ihn entdeckte, verharrte sie einen Augenblick. Albus stand an der Treppe und trat von einem Bein auf das andere. Er war ein Abbild seines Vaters, doch Alice wusste, dass ihr Patenonkel Harry niemals ein solcher Weiberheld gewesen war. Seine Freundinnen konnte man an beiden Daumen abzählen und die zweite hatte er geheiratet. In den Augen der Ravenclaw eine romantisch Vorstellung. Grüne Augen fanden sie und ein breites Lächeln huschte über Albus Lippen. Alice ging in eiligen Schritten zu ihm und er sah sie tadelnd an. „Zu spät.“ „Tut mir leid, aber Rose meinte mich entstellen zu müssen.“ Verwirrt sah er sie an und sie tippte mit dem Finger gegen die Mütze. „Mein Haar sieht aus wie Stroh.“ Er lachte amüsiert und nickte Richtung Ausgang. „Ist doch egal wie du aussiehst. Solange du mir nicht mein reizendes Date mit weinerlichen Blicken versaust und dich mehr auf deine Haare als auf mich konzentrierst, stört mich eine überaus modische Mütze nicht.“ Dass er von der weißen Wolle sprach, die sich Mütze nannte, ließ sie grinsen. Als die kalte Luft des Herbsts ihr ins Gesicht blies, fröstelte Alice unweigerlich. Albus jedoch lächelte. „Okay, das Ganze hier soll ein Date mit allen drum und dran werden, so wie versprochen.“ Er hielt ihr seine Hand hin und zu Beginn, sah sie ihn recht dämlich an, bis sie begriff, was er wollte. Mit pochendem Herzen legte sie die ihre in seine und hoffte, dass ihre Wangen vor Aufregung nicht rot wurden. Falls doch ließ sich Albus nichts anmerken und zog sie heiter hinter sich her. Einige Hogwartsschüler sahen sie verwirrt an, als sie sich auf dem Weg in das kleine Zauberdorf machten. „Ich hoffe, du hast nichts dagegen, wenn wir uns Madam Puddifoot’s sparen. Das Ding ist ein wahrer Stimmungskiller. Keine Ahnung, warum alle Hexen unbedingt da rein wollen.“ „Es soll romantisch sein“, warf Alice ein und er verzog das Gesicht. „Wenn du es romantisch nennst, wenn du dir die ganze Zeit pinke Watte aus den Haaren fummeln kannst und du so ein Glitzerstaub einatmest, dann mache ich nackt einen Wronski-Bluff beim nächsten Quidditchspiel.“ Unwillkürlich musste Alice lachen und Albus sah sie empört an. „Ich meine das ernst! So viel Kitsch ist schädlich. Noch nicht einmal Scorpius hält es da drin länger als zehn Minuten aus.“ „Wann warst du zum ersten Mal dort?“, fragte sie aus reiner Neugier und seine Lippen verzogen sich zu einem angewiderten Lächeln. „Vierte Klasse, Ellenore Clarks. Nie wieder, am Abend durfte ich mich von Scorpius auslachen lassen. Der Einzige, der sich dort wohl zu scheinen fühlt, ist Fred.“ „Also darf ich davon ausgehen, dass wir die drei Besen wählen?“ „Jap“, gab Albus zu. „Dort ist es laut, eng und hervorragend für unsinnige Gespräche.“ Alice fiel auf, dass Albus munter das Gespräch im Gang hielt, ohne das sie viel dazu beisteuern musste, etwas, was sie sehr begrüßte, denn sie hätte nicht gewusst, wie sie anfangen und enden sollte. Als dem Potterspross selbst bewusst wurde, dass er der Alleinunterhalter war und dezent darauf hinwies, dass er sie nicht an die Wand quatschen wollte, antwortete Alice hastig, dass es sie nicht stören würde. Die drei Besen waren wie zu erwarten proppenvoll und nur weil Albus seinen Charme spielen ließ, hatten sie am Ende einen Tisch am Fenster für sich alleine. Überall konnte Alice ihre Klassenkameraden ausmachen, einige reckten sogar neugierig den Kopf nach ihnen und sie spürte, wie ihre Wangen rot wurden. Höflich rückte er ihren Stuhl und erkundigte sich, was sie trinken wollte. Stotternd sprach Alice: „Ein Butterbier.“ Achtlos warf Albus seine Jacke auf den gegenüberliegenden Stuhl und verschwand zwischen den anderen Schülern. Unweigerlich stütze die Longbottom das Kinn auf die Handfläche und folgte dem schwarzhaarigen Haarschopf mit den Augen. Irgendwie konnte sie nicht verbergen, dass sie froh darüber war, dass Albus sich als ihr erstes Date entpuppt hatte. Er machte es ihr einfach und bewahrte sie vor einem ernüchternden Reinfall. Gerade als sie sich fragen wollte, ob er so mit jedem Mädchen umging, dass er zu einem Rendezvous ausführte, stutzte sie. Die Dunkelhaarige sah, wie ihre Begleitung an der Theke die Getränke bestellte und sich ihm ein Mädchen näherte. Laurie Montague, seine Teamkameradin neigte leicht den Kopf schief und sie bemerkte, dass Albus sofort eine ganz andere Haltung einnahm. Lässig strich er sich durch das schwarze Haar, eine Geste, die auch James sehr gut beherrschte. Die Slytherin lachte laut und Albus‘ rechter Mundwinkel zog sich nach oben. Alice verzog das Gesicht, denn sie kannte diese Gesichtsregung nur zu gut. Sie trat immer auf, wenn er mit seinem Gegenüber flirtete und er war sich durchaus bewusst, was er mit dieser simplen Regung bewirkte. Den Ruf als Herzjäger hatte er nicht ohne Grund zugesprochen bekommen und mit jedem weiteren Augenblick, den Alice ihn beobachtete, verstand sie auch warum. Albus eroberte das Mädchen seiner Wahl mit Charme und Manieren. Töricht wie sie nun einmal waren, verliebten sie sich in seine witzigen Art und seine durchtriebene Natur. Er wirkte wie etwas Verbotenes, was man unbedingt besitzen wollte. Die Butterbiere kamen und Laurie beugte sich vor. Als Alice sah, dass sie Albus einen hauchfeinen Kuss auf die Wange drückte, machte sich ein merkwürdiges Gefühl in ihrem Magen breit. Erschrocken darüber, sah sie aus dem Fenster und versuchte die aufkommende schlechte Laune zu unterdrücken. Sie konnte nicht sagen, warum es sie störte, dass Albus mit jedem anderem Mädchen zu flirten schien, während er ihr gegenüber den Kumpel mimte. Bis eben war sie noch erleichtert darüber gewesen, doch jetzt hatte sie das Gefühl als Hexe nicht vollwertig angesehen zu werden. Als Albus sich ihr gegenüber niederließ, sah sie immer noch stur aus dem Fenster, erst als der Potter sich räusperte, sah sie ihn wieder an. „Ist das ein Zeichen dafür, dass du es mit mir nicht mehr aushältst und deine Flucht planst?“ Ohne es unterdrücken zu können, musste Alice lächeln. „Was für ein Unsinn. Ich habe nur gerade Rose beobachtet und gedacht, dass sie wohl eine Teambesprechung in Hogsmeade ansetzten wird.“ Verdutzt sah Albus ebenfalls aus dem Fenster und konnte seine Cousine in Begleitung mehrere Teammitglieder erkennen. Heiter winkte sie ihnen zu und als Rose die roten Wangen ihrer Freundin bemerkte, musste sie schmunzeln. Als sie sich abwandte, konnte sie sehen, wie Dennis und Dorian Jordan sich gegenseitig in einen Laubhaufen schupsen wollten und Hugo die Augen verdrehte weil Georgina McLaggen ohne Pause und Erbarmen auf ihn einredete. Am Honigtopf machte Rose halt und drehte sich zu der schwatzenden Truppe um. „Hey, ich habe Little versprochen ihm etwas mitzubringen, wollt ihr schon mal vor gehen?“ „Wenn wir uns einigen, wo wir jetzt ein Butterbier trinken, sicherlich“, ließ Hugo verlauten. „Und nein, wir gehen nicht ins Madam Puddifoot’s!“ Er sah Georgina genervt an und das Mädchen mit den gelockten blonden Haaren wollte gerade zum Protest ansetzten, als alle drei Jungen im Chor energisch sprachen: „Abgelehnt!“ Beleidigt verschränkte die Fünftklässlerin die Arme vor der Brust. „Wie wäre es mit Extrakessel? Ich habe gehört die haben tolle Krötenshakes.“ Dorian strahlte und Rose seufzte tief. Sie selbst kannte den Extrakessel nur als einen kleinen Partyschuppen, wo sie hin und wieder am Wochenende mit ihren Freundinnen einen Cocktail trinken ging. Am Tag hatte sie sich fast immer an die drei Besen gehalten. „Na schön, also in einer halben Stunde im Extrakessel. Bestellt mir einen Karamellkakao.“ Hugo nickte und sie huschte in den Honigtopf. Rose wusste, dass Linus eine eklige Schwäche für Eismäuse hatte. Der Kleine konnte eine ganze Tüte davon essen, ohne das er mit den Zähnen klapperte, wie es auf der Beilage angegeben war. Da er wegen ständigen Zuspätkommens nachsitzen musste, hatte sie sich von seinem Bitte-Bitte-Gebettel erweichen lassen, ihm etwas mitzubringen. Der Honigtopf war nicht mehr besonders voll, die meisten waren bereits in die drei Besen weiter gezogen oder sahen bei Zonkos Scherzartikelladen vorbei. Rose suchte die hohen vollgestopften Regale ab, bis sie schließlich entdeckte, was sie suchte. Eine letzte Tüte Eismäuse war noch da und als sie sich streckte, um sie in ihren besitzt zu bringen, kam ihr jemand zuvor. Noch bevor sich Rose umdrehte, wusste sie bereits anhand des Geruchs, mit wem sie es zu tun hatte. „Willst du mir noch einmal die Nase brechen, oder können wir das dieses Mal friedlich regeln, Malfoy?“ Rose konnte förmlich hören, wie er grinste und als sie sich zu ihm drehte, sah sie, wie er die Tüte Süßigkeiten in den Händen wog. „Schätze schon. Ich wollte Scamander was mitbringen. Goni hat ihn wegen fahrlässigem Schwänzen dran bekommen.“ Rose hob eine Augenbraue. „Und du willst mir ernsthaft erzählen Lorcan Scamander steht auf Eismäuse? Mach dich nicht lächerlich.“ Sie wollte ihm die Tüte entreißen, doch er riss die Hand zurück. „Aber, aber. Warum so freundlich, Wieselbee?“ Sie tat als müsste sie nachdenken. „Lass mich überlegen, vielleicht weil ich wegen dir erst vor kurzer Zeit im Krankenflügel lag, Quidditch in den frühen Morgenstunden ansetzten durfte und du bislang noch nie für Kompromisse bereit warst?“ „So würde ich das nicht sagen.“ Gelassen lehnte er sich gegen das hintere Regal und betrachtete die Süßigkeiten, als würde er sie zum ersten Mal sehen. „War das kein Kompromiss, als ich Nott für dich angelogen habe?“ Rose versuchte sich nichts anmerken zu lassen, doch bei dem Gedanken an den Kuss, stieg unweigerlich die Scham in ihr hoch. „Daher weht der Wind. Der große Scorpius Malfoy wird heiß bei dem Gedanken, sein geliebtes Wieselbee könnte ihm noch einmal die Ehre erweisen.“ Sie versuchte spöttisch zu klingen und an seiner starren Miene, erkannte sie, dass es ihr gelang. „Ich glaube, ich sollte die Tüte kaufen, meinst du nicht auch?“ Rose atmete tief durch, sie hatte bereits Linus enttäuschtes Gesicht vor Augen und streckte die Hand aus. „Was willst du?“ Scorpius grinste dreckig und sie war versucht es ihm mit einem gekonnten Duell aus dem Gesicht zu wischen, doch leider würde sie dabei eindeutig den Kürzeren ziehen. Seine blaugrauen Augen sahen sie wissend an und langsam begann sie sich unwohl zu fühlen. „Erinnerst du dich an die Definition Fantasie?“ Eine Gänsehaut jagte über ihren Körper und sie legte betont locker den Kopf schief. „Befriedigt dich Viscount nicht mehr, oder hast du Schwierigkeiten bei kleinen Hufflepuffs rangelassen zu werden?“ Statt auf ihre Provokation einzugehen, sprach Scorpius lediglich: „Die nächste Stunde in Muggelkunde sitzt du neben mir.“ „Wieso sollte ich?“, empörte sie sich und er wedelte mit der Tüte Eismäuse vor ihrer Nase rum. Rose seufzte genervt und riss ihm die Tüte aus der Hand. „Okay, okay. Von mir aus.“ Eine Stunde neben ihm würde sie schließlich noch aushalten. „Ich nehme dich bei Wort“, sagte er und grinste erneut, weswegen sie wieder den Drang verspürte es ihm aus dem Gesicht zu schlagen. Denn jedes Mal, wenn er sie so überheblich und wissend ansah, ahnte sie nichts Gutes. Als wenn nichts gewesen wäre, stieß er sich vom Regal ab und steuerte auf den Ausgang zu. Misstrauisch sah Rose ihm nach und bekam Magenschmerzen als sie an den Krankenflügel dachte. Scorpius Malfoy hatte sie nicht nur einmal dort hingebracht. Zum ersten Mal war sie in der dritten Klasse wegen ihm dort gelandet. Auch zuvor hatten sie sich gemieden, zum einen, weil ihr Vater ihr eingetrichtert hatte, sich von ihm fernzuhalten und zum anderen, weil sie im Allgemeinen kein gutes Bild von Slytherins hatte. Roxanne und Albus hin oder her. Als sie es im dritten Schuljahr zum Hüter in die Hausmannschaft schaffte und ihr erstes Spiel auch noch das gegen Slytherin war, verstärkte sich ihre Abneigung. Schon nach den ersten 15 Minuten war ihr klar geworden, dass Malfoy und Nott sie unbedingt vom Besen haben wollten und als Molly mit viel Fantasie und Kraft Nott den Gar ausgemacht hatte, hatte sie nicht ahnen können, dass Slytherins auf Rache versessen waren. Das Malfoy sie kurz darauf ins Koma schickte, indem er seinen Schläger gegen ihren Hinterkopf sausen ließ, besiegelte ihre Abneigung. Die Welt um sie herum war schwarz geworden und als sie im Krankenflügel wieder aufgewacht war und er Nott besucht hatte, hatte er noch die Dreistigkeit besessen und sie herablassend und gleichzeitig vollkommen zufrieden angesehen. Nur durch James geniale Fähigkeiten als Sucher hatten sie das Spiel noch kitten können und seitdem waren Malfoy und sie erbitterte Gegner auf dem Feld gewesen. Nie hatten sie fair gespielt und Rose war sich sicher, dass das auch bei der nächsten Begegnung so sein würde. Sie sah zum Fenster, dabei streifte ihr Blick eine hübsche Veela im türkisenen Mantel. Da war Dominique doch tatsächlich, wider Roxannes Erwartungen, mit Matt Bowler ausgegangen. Unwillkürlich musste Rose zugeben, dass der attraktive Hufflepuff sehr gut an der Seite, der blonden Veela aussah. Dominique warf ihr langes Haar zurück und lachte: „Raus mit der Sprache, wohin willst du mich jetzt entführen?“ Ihre Begleitung lächelte und als sie seinem Blick folgte, musste sie ein angewidertes Geräusch unterdrücken. Madam Puddifoot’s. „Roxanne meinte, du wärst noch nie drin gewesen.“ Die Slytherin war so was von tot! Falsch fröhlich lächelte sie und als sie wenig später in das kleine kitschige Cafe trat, begriff sie, warum es bei kleinen romantisch veranlagten Viertklässlern so beliebt war. Dominique erstickte fast im Kitsch und wagte es kaum durchzuatmen, als Matt ihr höflich aus dem Mantel half und sich ihr gegenüber niederließ. Unsicher sah sich Dominique um und erkannte einige der bekannten Hogwartspärchen. Als die Getränke vor ihnen standen und sie zufrieden an ihrem Butterbier nippte, kam sie nicht drum herum, das amüsierte Grinsen ihres Gegenübers zu bemerken. „Was ist?“ „Nichts, ich habe nur gedacht, dass es ein wenig schwerer werden würde, dich zu einem Date auszuführen. Auch wenn ich irgendwie froh bin, dass ich an keinem Walter Parkin vorbei musste.“ Verwirrt runzelte Dominique die Stirn. „Walter Parkin?“, fragte sie eine Spur zu erstaunt. Wer zur Hölle war das? „Walter Parkin ist der Gründer der Wigtown Wanderers, die drei Töchter und vier Söhne der Familie bildeten die Mannschaft. Der Vater Walter Parkin, ein Metzger, stand als Gewinnmanager am Spielfeldrand. Sein nicht unwichtiger Beitrag zum Spielgeschehen bestand darin, mit seinem Zauberstab in der einen und seinem Fleischermesser in der anderen Hand die gegnerische Mannschaft kritisch zu beobachten. Böse Zungen behaupten, dass nicht das spielerische Können der Mannschaft, sondern der Anblick Walter Parkins der wahre Grund dafür gewesen sei, dass die Parkins fast jedes Spiel gewannen.“ Dominiques rechte Augenbraue zuckte gefährlich und es kostete sie viel Selbstbeherrschung freundlich zu bleiben. Knapp wandte sie sich nach links und lächelte lieblich. „Dankeschön Fred, aber ich kann mich nicht daran erinnern, dich um eine Nachhilfestunde in Quidditch gebeten zu haben.“ Fred Weasley, welcher die Sitznische am Fenster in der Ecke für sich beanspruchte, hatte lässig einen Arm um seine Begleitung gelegt und wieder einmal versuchte Dominique ihre Abscheu gegenüber Ellenore Clarks im Zaun zu halten. Die Schulsprecherin mit den dunklen langen Haaren und den fast Veilchen blauen Augen lächelte lasziv und betrachtete Matt prüfend. Aus dem Augenwinkel heraus sah Dominique, dass ihre Begleitung nichts darauf gab und musste gewinnend lächeln. „Tut mir leid, ich bin wirklich keine besondere Leuchte, was Quidditch angeht, du wirst viel Geduld mit mir haben müssen.“ Der Hufflepuff tastete sich bis zu ihrer Hand vor und als er diese umschloss, spürte sie eine angenehme Röte an ihren Wangen aufsteigen. „Dafür wirst du mir Kopfhockey schmackhaft machen müssen, ich habe gehört, du kennst dich besser aus, als der Hockeyverband?“ „Das ist untertrieben. Dome ist süchtig nach diesem makaberen Sport“, hörte sie die dreiste Stimme ihres Cousins sagen und musste sogleich ihre Augen verdrehen. „Fred, könntest du dich bitte mit deiner Begleitung unterhalten.“ Sie beugte sich weiter vor, sodass sie Matt näher kam und würdigte den anderen Weasley keines weiteren Blickes. „Ich denke, ich schaffe es auch alleine, dass Matt sich mit mir nicht langweilt.“ Zu ihrer Überraschung streckte Matt die Hand aus und strich durch ihr blondes Haar, sofort hüpfte ihr Herz einen Vierteltakt höher. „Wie könnte ich mich bei so einer schönen Hexe langweilen?“ Sie wollte gerade etwas erwidern, als sich Fred erneut einmischte: „Nun, ich habe schon Besseres gesehen.“ Dominiques Geduld war zu Ende, betont höflich, aber dennoch verstimmt, wandte sie sich ein zweites Mal ihrem Cousin zu. „Hör mal, Fred, empfindet es deine Begleitung nicht als unhöflich, dass du mir mehr Aufmerksamkeit schenkst, als ihr? Es passt so gar nicht zu deinem Ruf als Hexenverschlinger, wenn du hier mehr Zeit damit verbringst, auf mein Date aufzupassen, statt dich um Clarks Bedürfnisse zu kümmern.“ Sie rümpfte kurz die Nase, denn Ellenore Clarks verdrehte die Augen. „Wie du siehst hast du genug zu tun.“ Mit diesen Worten wandte sie sich wieder Matt zu und ihr Gesicht entspannte sich. Ihre Hand brannte in seiner und seine hellgrünen Augen strahlten. „Wieso hast du geglaubt, dass es schwieriger werden würde, dass wir zu zweit hier sitzen?“ „Nun ja…“, begann er und sie sah, dass er alle Mühe hatte, nicht nach rechts zu schauen. „Also… eigentlich dachte ich ja… dass…“ Verlegen und seltsam peinlich berührt strich er sich durch das gelockte Haar. Dominique atmete tief durch und schloss kurz die Augen. „Okay, was tun sie?“ „Sich… ähm küssen und…ja…“ „Besteigen sie sich?“, half sie direkt aus und er sah auf sein Butterbier. „Ja.“ Dominique versuchte sich an die Worte ihrer Cousine zu erinnern und dabei blieb ihr Roxannes zweifelhafter Rat im Kopf. Unfreiwillig beugte sie sich noch weiter vor und sprach mit leiser Stimme: „Wie wäre es, wenn wir von hier verschwinden? Ich bin sicher, wir finden einen Ort, an dem wir ungestört sein können.“ Überrumpelt hob er beide Augenbrauen. „Wie bitte?“ Dominique konnte nicht anders, als breit zu lächeln. Noch immer behielt sie ihre Stimme gesenkt. „Wir kaufen ein paar Butterbiere und eine Tüte Lakritzstangen und verziehen uns auf einen Quidditchturm. Dort kannst du mir in aller Ruhe ein wenig Nachhilfe geben.“ Sie zwinkerte und Matt schien zu verstehen. Er schritt zur Theke um zu bezahlen, während sich Dominique, wie von Roxanne empfohlen, ihre Lippen mit einem rosa Lippenstift nachzog. Als sie den kleinen Taschenspiegel zuklappte und sich erhob, spürte sie den Blick ihres Cousins im Nacken. Rose nannte es die Macht der Fantasie, Roxanne dagegen beschrieb es als dezente Andeutung auf das, was noch kommen würde. Dass sie lediglich vor hatte Fred zu entkommen und sich mit Matt ungestört zu unterhalten, würde ihr Cousin niemals erahnen. An der Theke griff sie mutig nach der Hand des Hufflepuffs und zog ihn heiter hinter sich her. Sie würde schon dafür sorgen, dass sie bekam was sie wollte. Ganz sicher. Fred ging ihr auf den Leim, seine braungrünen Augen folgten ihr, bis sie schließlich am Fenster vorbeirauschte und er selbst begriff, dass es ihn störte, dass er nicht wusste, was seine Cousine vorhatte. Das verflixte Weib hatte zu leise gesprochen, als das er sie hätte verstehen können. Ihre Geste dagegen war eindeutig gewesen. Vielleicht hatte er sie wirklich schlicht unterschätzt und sollte es sich noch einmal überlegen, ob ihr Einfluss auf Lehrer und Schüler nicht doch größer war, als er eigentlich gedacht hätte. Es stand nun immerhin schon 1 : 2 für sie. --- Zaubergeschichte war noch nie Roxannes Fach gewesen, meist holte sie dort vermissten Schlaf nach. Die Quittung bekam sie jeden Sonntag, denn sie konnte sich meist noch nicht einmal an das Thema erinnern, geschweige denn, sich vorstellen, dass sie in diesem Fach ihre Abschlussprüfung machen sollte. Einsam hockte sie in der Bücherei und brütete über uninteressierten Stoff. Wahrscheinlich würde sie sich auch dieses Mal wieder ein Troll einhandeln. „Zaubergeschichte mal wieder?“ Lucy Weasley setzte sich auf den Tisch und besah sich die Aufgabenstellung. Fast jeden Sonntag traf die taffe Quidditchspielerin ihre Cousine in der hinteren Ecke der Bibliothek an. „Wieso holst du dir keine Nachhilfe? Alice kann dir doch sicherlich helfen..“ „Nein“, erklärte Roxanne sachlich. „Sie hat genug zu tun. Fast sechs Nachhilfeschüler stehen auf ihrer Liste und wenn ich noch dazu komme, dann atmet Alice nur noch diese trockene Luft hier ein und kommt nie in den Genuss ein wenig Spaß zu haben.“ Sie lehnte sich zurück und schlug die Beine übereinander. Seit dieser dämlichen Party, auf der sie ihren Teil der Jahresaufgabe zu erfüllen hatte, hatte sie überhaupt keinen Spaß mehr am Flirten. Ständig musste die Diva daran denken, was Alice ihr aufgehalst hatte. Die Tatsache, dass sie nicht mehr mit dem Feuer spielen durfte, bis sie sich verbrannte, nahm ihr die Lust am anderen Geschlecht. Auch ihre beste Freundin Ceres hatte sich schon über die Lustlosigkeit empört und ihr heißer Flirt namens Lorcan Scamander fühlte sich nicht mehr ernst genommen. Früher hatte sie immer mal wieder ein Techtelmechtel mit ihm gehabt und hatte sein Interesse sehr genossen, doch jetzt, wo sie ihm seinen Spaß nicht mehr garantieren konnte, stieß sie ihn von sich. Es würde sehr peinlich für sie werden, wenn er rausbekommen würde, warum sie auf ihn verzichtete. „Wenn du solche Probleme hast, würde ich mal mit Frankie reden. Er ist streng, ein wenig eigen, aber er wird deine Noten hochpuschen. Spring über deinen Schatten, wenn dir dein Abschluss etwas wert ist.“ Dann rutschte Lucy vom Tisch und Roxanne konnte erkennen warum. Ihre beste Freundin kam mit wiegenden Hüften auf sie zu und schenkte ihr ein hinreißendes Lächeln. Roxanne verstand nicht, wieso ihre Familie sie zum größten Teil mied. In ihren Augen war Ceres freundlich und höflich, wenn auch mit einem Charme gesegnet, der sie unbewusst immer wieder in Schwierigkeiten brachte. Einmal hatte sie ihre Freundin im Sommer mit nach Hause gebracht. Dabei war ihr Vater fast über seine eigenen Füße gestolpert, während ihre Mutter erschreckend das Gesicht stehen geblieben war. Damals war Fred der einzige gewesen, der sich wie immer verhalten hatte. Doch mittlerweile war Roxanne um einiges schlauer. Ceres war kein Unschuldslahm, sie besaß zwar das Antlitz eines Engels, aber war mit Leib und Seele Slytherin. Den Sommer über hatten sie Feten gefeiert, die das Fass beinahe zum überlaufen brachten und sich kleine feine Skandale erlaubt, die ihre Eltern niemals erfahren durften. Viele hatten geglaubt, dass ihre Freundschaft auf Oberflächlichkeit basierte, selbst sie, bis Ceres ihr ein Geheimnis anvertraut hatte, dass sie eines besseren belehrte. Viscount stand in Verbindung mit der Familie Malfoy und das Bündnis, das beide geschlossen hatten, besiegelte die Zukunft zwischen Scorpius und Ceres. Etwas, was ihre Freundin bislang hingenommen hatte und als keinerlei Einschränkung ansah. Roxanne hatte nie freiwillig das Thema Scorpius angesprochen, wenn Ceres den Drang verspürte darüber zu reden, dann tat sie es freiwillig. Bestimmte Dinge hinterfragte man in ihrer Freundschaft nicht, auch wenn die Weasley immer wieder den Drang verspürte zu fragen, ob Ceres je Interesse an ihrem Bruder gehabt hatte. Roxanne wusste, dass Fred selten etwas anbrennen ließ und besonders nach dem Sommer, in dem sie ihre Freundin mit nach Hause gebracht hatte, beschlich sie immer wieder das Gefühl, dass zwischen ihrem Bruder und ihrer besten Freundin etwas lief. Doch bislang hatte sie weder einen heimlichen Blick, noch einen konkreten Beweis für ihre Vermutung auffangen können. Statt wie ein dummer Gryffindor vorzupreschen, hielt sie sich erst einmal im Hintergrund, ganz so, wie es in Slytherin üblich war. „Geliebte beste Freundin, wie ich sehe plagst du dich immer noch ab.“ „Richtig, deshalb darf ich dich drum bitten?“, sie hielt die Hand auf und hoffte auf eine milde spende, doch Ceres lachte nur. „Was habe ich da gehört? Lucy hat versucht dir Nachhilfe bei Longbottom schmackhaft zu machen? Ist doch eine gute Idee.“ Die Veela zwinkerte verschwörerisch und Roxanne stöhnte frustriert. Natürlich hatte sie Ceres als Ausgleich von der Aktion mit dem Buch erzählt. Außer den vier Teilnehmern wusste es bislang lediglich Frank und sie vermutete, dass Alice nur von ihren eigenen Aufgaben gebeichtet hatte. „Er ist überhaupt nicht mein Typ!“ Ceres schlug elegant die Beine übereinander und besah sich ihrer langen Fingernägel. „Weißt du, dafür das du dich mit Scamander eingelassen hast, bist du bei anderen ziemlich kurzsichtig. Longbottom hat durchaus etwas zu bieten.“ „Ja, er ist Jungfrau.“ Roxanne packte ihre Bücher zusammen und beschloss ohne weitere graue Haare, dass Troll bei Professor Binns einzukassieren. „Das ist der Gewinn.“ Laut lachend warf ihre beste Freundin den Kopf zurück. „Ach Roxy, das ist doch niedlich. Du kannst bei ihm sicher sein, dass er neben dir keinerlei andere beglückt, anders als bei Scamander, der ständig Röcken hinterher jagt. Außerdem…“, sie sah kurz durch die leere Bibliothek. „… so schlecht sieht er gar nicht mal aus, er ist groß, hat dichtes Haar und schöne hellbraune Augen. Dazu kommt, dass er etwas im Kopf hat und Intelligenz kann unheimlich sexy machen.“ Roxanne rollte mit den Augen. „Tut mir leid, dass ich oberflächlich bin und erfahrene Männer vorziehe.“ Ceres rutschte vom Tisch und ihre Freundin schulterte die Ledertasche. „Reizt dich denn die Vorstellung aus Longbottom einen begehrten Zauberer zu machen überhaupt nicht? Ich meine, du könntest dann dreist und arrogant behaupten, dass du seine Erste warst und jetzt mal ehrlich, wenn du ihn erst einmal soweit hättest dir aus der Hand zu fressen, wie wahrscheinlich ist es dann, dass sich dein geformtes, attraktives Bürschchen anders umsieht?“ „Ceres, Longbottom ist ein Hufflepuff. Und jetzt sag mir, welcher Hufflepuff ist begehrt und es wert, dass man sich Mühe mit ihm macht?“ „Matt Bowler!“ Die beiden Slytherins verließen die Bücherei und Roxanne sah ihre beste Freundin leicht verstimmt an. „Der ist zu korrekt, ich meine, hast du mal versucht den ins Bett zu kriegen?“ „Klar.“ Ceres zuckte mit den Schultern. „Ein Ding der Unmöglichkeit! Ich frage mich heute noch wie Melody den in der fünften Klasse rumbekommen hat.“ „Meine Lieblingstheorie ist die, dass sie ihm einen Liebestrank untergejubelt hat, oder ihn so betrunken gemacht hat, dass er vollkommen willenlos war. Aber beides würde irgendwie nicht zu Bowler passen, weder der Alkohol noch die Dummheit auf einen Trank reinzufallen.“ Die beiden Freundinnen lachten laut und als sie den Weg Richtung Kerker einschlugen, um in den Gemeinschaftsraum zu gelangen, dachte Roxanne über die Worte ihrer besten Freundin nach. Frank Longbottom war groß, hatte durchaus dichtes Haar und hinter seiner dicken Hornbrille verstreckten sich vielleicht doch recht schöne Augen. Nie hatte Roxanne es in Erwähnung das Märchen vom hässlichen Ork mal in der Realität spielen zu lassen, aber die Versuchung war groß. Spätestens als Lorcan Scamander sie im Gemeinschaftsraum zu sich auf den Schoß zog und sie den Duft von Doxy-Rauch einatmete, wusste sie, dass sie viel Arbeit vor sich hatte. Zufrieden lungerte der Quiddtichspieler mit ihr im Ohrensessel rum und fragte vergnügt: „Weshalb so gute Laune?“ „Keine Ahnung, sag du es mir.“ Sie beugte sich zu ihm herunter und konnte das breite und vorfreudige Grinsen auf seinen Lippen sehen. Lorcan und sie unterhielten eine nicht definierbare Beziehung zu einander und Roxanne sah keinerlei Grund daran etwas zu ändern. Anders dagegen die nicht existierende Beziehung zu Longbottom. Kleine Streber sollten zu knacken sein. Mal sehen, was geschah, wenn sie nett zu ihm war. Fortsetzung folgt… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)