Prinzessin Serenity von MamoChan (Usagi X Mamoru (Gegenwart)) ================================================================================ Kapitel 20: Wieder daheim ------------------------- Nach zwei Tagen kam Rei zurück, und beinahe genau dieselbe Zeit hatte Mamoru inzwischen auch nicht mehr geschlafen. Seit er sich an seinen Schreibtisch gesetzt und den Laptop eingeschaltet hatte, waren die einzigen wenigen Gelegenheiten, bei denen er sich von dort wegbewegte, wenn er sich neuen Kaffee holte oder die Toilette aufsuchte um sich des Kaffees wieder zu entledigen. Eine Dusche hatte er noch längere Zeit nicht mehr gesehen. Seine Augen brannten und es fiel im zunehmend schwerer sie für längere Zeit offen zu halten. Auch seine Finger taten ihm weh, von seinem verspannten Nacken ganz zu schweigen. Doch es war ihm unmöglich sich von seiner Arbeit loszureißen. Mamoru hatte schon immer schnell die Zeit vergessen, wenn er in seiner Arbeit vertieft war, aber für gewöhnlich bemerkte er zumindest die Warnsignale, die ihm sein Körper zusandte, sobald er an seine Grenzen gelangt war. Doch dieses Mal war es anders. Er vermochte es nicht sich von seiner Arbeit loszulösen, erledigte mehrere Dinge zugleich und nahm auch seine Umwelt kaum noch zur Kenntnis. Er wollte die Dinge um ihn herum auch gar nicht wahrnehmen. Aus diesem Grund hörte er auch nicht wie Rei die Haustür aufschloss und eintrat. Erst als sie seinen Namen laut durch das Haus rief, wurde er aus seinen Gedanken gerissen. Verwirrt sah er auf und blinzelte. Seine Augen fühlten sich an, als würden seine Lider aus Sandpapier bestehen und mit jedem Lidschlag brannten sie noch mehr. Als Rei erneut nach ihm rief, horchte er auf. Er wollte ihr antworten, brachte aber keinen Ton heraus, da seine Kehle trocken wie die Wüste Gobi war. Schmatzend bemerkte er den seltsamen säuerlichen Geschmack in seinem Mund und verspürte nun auch das Bedürfnis nach einem anderen Getränk als Kaffee. Seine Knochen und Gelenke protestierten laut, als er sich mühsam aus seinem Arbeitsstuhl erhob, und er befürchtete schon, seine Muskeln würden ihm nach der tagelangen schlechten Behandlung ihren Dienst versagen. Aber er kam schwankend auf die Füße, auch wenn er kurz mit dem Gleichgewicht kämpfen musste. Ein stechender Schmerz fuhr ihm durch den Kopf, ein deutliches Zeichen von Übermüdung und Dehydration. Mehr über den Boden schlurfend als gehend verließ er das Arbeitszimmer und traf gleich darauf auf seine Frau, die als sie ihn dann bemerkte, mit einem strahlenden Lächeln begrüßte. „Da bist du ja.“, rief sie, stellte ihre Tasche dort auf den Boden, wo sie gerade stand und kam auf Mamoru zu, um ihm dann freudestrahlend um den Hals zu fallen. Er lächelte müde, und schloss sie ebenfalls in die Arme. Dies geschah absolut mechanisch und es erschreckte ihn selbst, wie emotionslos er sie im Arm halten konnte, ohne dabei wirklich etwas zu empfinden. Alles, was er tat, geschah wie von selbst, ohne dass er darauf großen Einfluss zu nehmen schien. Vielleicht lag es auch einfach nur an seiner Erschöpfung, denn schließlich hatte er nun wie lange nicht mehr geschlafen? „Weißt du, ich habe dich echt vermisst“ sagte Rei. „Aber wie siehst du denn aus, hast du etwa die ganze Zeit gearbeitet?“ Grinsend strich sie über Mamorus recht kräftige Bartstoppeln und fuhr ihm mit den Fingern durch die Haare. „Tja, kaum bin ich aus dem Haus, lässt du dich gehen und hast sogar noch Spaß daran, was?“ Grinsend kniff ihm Rei in die Seite, und ließ Mamoru zusammenzucken. Automatisch musste er dabei lächeln. „Ich wette, du hast, als du zum See gefahren bist noch nicht mal eine Bürste oder ein Deo mitgenommen, stimmts?“, fragte sie grinsend. Mamoru zuckte mit den Schultern und schaute verlegen. Eigentlich war ihm nach alles anderem zumute als hier und jetzt mit Rei über seinen Besuch am See zu reden. Irgendwann, dachte er, würde er wohl nicht umher kommen mit ihr ein Gespräch über die Ereignisse dort zu führen. Es würde unangenehm sein, aber dennoch war es absolut notwendig, dessen war er sich bewusst. Doch dazu sollte er sich besser einen Zeitpunkt aussuchen, an dem er einen klaren Kopf hatte und ausgeruht war. In seinem jetzigen Zustand konnte er gegen Rei nicht bestehen. „Ha, wusste ich es doch., du hast dich bestimmt die ganze Zeit in der Hütte verkrochen, über deine Schreibmaschine gebeugt und eklige Ravioli aus der Dose gegessen.“ „Und Pfirsiche.“ „Ich sehe, du hast die Zeit dort genossen“, sagte Rei. Mamoru verzog das Gesicht zu einem schiefen Grinsen und versuchte sich aus Reis Umarmung zu befreien. „Ja, es war ganz nett dort“, sagte er leise und hoffte, dass er sich den wehmütigen Klang in seiner Stimme nur einbildete. Leider jedoch schien er Rei ebenfalls aufgefallen sein, auch wenn sie diesen glücklicherweise völlig falsch interpretierte. „Ach, du wirst schon noch genug Gelegenheiten haben wieder dorthin zu fahren“, meinte sie und klopfte Mamoru lächelnd auf die Brust. „Wenn du möchtest, versuche ich in ein paar Monaten mir einige Tage frei zu nehmen, und dann fahren wir gemeinsam. So wie früher.“ „Klingt toll.“ Mamoru hoffte inständig, dass sie das Unbehagen in seiner Stimme nicht heraushörte. Angestrengt dachte er über einen Ausweg aus dieser Situation nach. „Hast du eigentlich noch Sachen draußen, die ich hereintragen soll?“ Rei winkte ab. „Ach, das schaffe ich schon alleine. Du mein Lieber wirst dich erstmal rasieren und springst dann unter die Dusche. Ich muss dir nämlich offen sagen, dass du ganz schön müffelst.“ „Eigentlich wollte ich gleich weiterarbeiten, ich bin noch lange nicht fertig.“ „Oh.“ Reis Blick zeigte deutlich ihre Enttäuschung. „Ich hatte gedacht, wir könnten uns einen schönen Abend machen. Wir haben uns doch nun über eine Woche nicht gesehen. Wenn du keine Lust hast wegzugehen, können wir uns auch etwas bestellen und uns einfach zusammen auf die Couch lümmeln und fernsehen. Deine Arbeit läuft dir schließlich nicht weg. Wie klingt das?“ Mamoru seufzte, ihm war derzeit alles andere als nach fernsehen zumute. Genau genommen wollte er derzeit gar nichts machen, außer sich wieder in sein Arbeitszimmer zurückzuziehen. Er verzog das Gesicht zu einem schiefen Lächeln und nickte. Jetzt, da er gewissermaßen eine unfreiwillige Pause eingelegt hatte, spürte er auch die Müdigkeit, die ihm in den Knochen steckte und nun wie Gewichte an seine Gelenken hing. In seinem jetzigen Zustand war er für Diskussionen mit Rei nicht in der Lage, sie würde ihn rücksichtslos überrollen. „Prima“, lächelnd trat sie einen Schritt zurück. „Du brauchst schließlich auch mal eine Pause und kannst nicht immer zu nur arbeiten. Du wirst sehen, morgen schaffst du dann auch gleich doppelt so viel.“ Sie trat wieder auf Mamoru zu und gab ihm einen Kuss auf die Wange. „So, und nun hopp unter die Dusche.“ Der Anblick, der sich ihm im Spiegel bot, ängstigte Mamoru fast. Er war wirklich in grauenhafter Verfassung. Zu sagen er sähe genauso aus, wie er sich gerade fühlte, wäre noch geschmeichelt gewesen. Mamoru bot einfach einen fürchterlichen Anblick, etwa der Sorte, die ängstliche Menschen die Straßenseite wechseln ließen. Tiefe schwarze Ringe zierten seine dunkelroten Augen, die er kaum noch offenhalten konnte. Da er sich seit Tagen nicht mehr rasiert hatte, begann sein Gesicht bereits hinter dunklen Stoppeln zu verschwinden. Auch seine Haare zeugten deutlich davon wie lange er sich der Körperpflege bereits entzogen hatte, sie waren fettig, lagen entweder eng an seinem Kopf an oder aber standen deutlich in alle möglichen Richtungen ab. Mit einem missmutigen Tonfall setzte er den Rasierapparat an und begann damit sich wieder ein Aussehen zuzulegen, das zumindest entfernt wieder an einen Menschen erinnerte. Nachdem er sich die Zähne geputzt hatte, was ebenfalls lange überfällig gewesen war, trat er unter die Dusche. Der warme Wasserstrahl rann angenehm über seinen Körper und wirkte tief entspannend. Mamoru spürte, wie sich seine Nackenmuskulatur lockerte und schloss die Augen. Dies hätte sich beinahe als Fehler erwiesen, denn er lief ernsthaft Gefahr stehend einzuschlafen. Ein kurzes Einknicken seiner Knie ließ ihn dann wieder erschrocken zusammenfahren. Er drehte das Heißwasser weiter auf und während das kleine Zimmer sich mit dichtem Dampf füllte, versuchte er einfach nur diesen kleinen Moment, diese kleine Freude zu genießen. Was sollte er nur Rei sagen? Er durfte sie nicht darüber im Unklaren lassen, was geschehen war, ganz gleich was er Usagi versprochen hatte. Aber sie hatte in diesem Punkt vollkommen recht, Rei war eine gute Frau und verdiente es, dass sie jemanden hatte, der sie besser behandeln würde als er es tat. Doch ihm war auch klar, dass er sein Leben nicht so weiterführen konnte wie bisher. Rei war ihm nicht egal, sie bedeutete ihm wirklich viel, und gerade deshalb schuldete er ihr die Wahrheit oder zumindest einen Teil davon. Ihr eine Liebe und ein glückliches Familienleben vorzuheucheln kam ihm mehr als falsch vor. Er konnte doch nicht mit einer Frau zusammenleben, wenn er doch in Wahrheit eine ganz andere liebte, und sei diese für ihn auch noch so unerreichbar fern. „Ich habe dir frische Sachen hingelegt“, hörte er auf einmal und sah Reis undeutliche Silhouette im Wasserdampf, kurz bevor sie die Tür hinter sich wieder schloss, aber er bezweifelte, dass sie sein leises „Danke“ noch vernommen hatte. Nachdenklich shampoonierte er sich die Haare und überlegte wann er am besten mit ihr sprechen sollte. Er müsste ihr nur erzählen, dass er jemand anderen kennengelernt hatte. Sie müsste nie erfahren, dass es die Prinzessin selbst war. Natürlich würde er sie damit verletzen, so wie er seine Frau kannte, würde sie vor Wut toben und schimpfen, aber irgendwann wäre das auch überstanden. Mamoru zweifelte nicht daran, dass sie darüber hinwegkommen würde, aber dass sie danach zumindest noch befreundet wären, bezweifelte er dennoch. Als er den Schaum aus seinen Haaren spülte, drehte er das Wasser noch heißer. Es konnte ihm gerade gar nicht heiß genug sein, und als er die Dusche dann einige Minuten später verließ, war seine Haut krebsrot geworden. Es war beinahe ein Wunder, dass sie keine Blasen schlug. Aber er fühlte sich in der Tat angenehm erfrischt und verströmte nun auch mit Sicherheit einen weitaus angenehmeren Duft als zuvor. Nachdem er sich abgetrocknet und die frischen Sachen angezogen hatte, ging er ins Wohnzimmer und fand dort Rei vor, die mit der Fernbedienung in der Hand enttäuscht auf den Fernseher starrte, auf dem gerade die Aufnahme lief, welche er vor seiner Abreise eingespeichert hatte. Sofort wurde ihm wieder schwer ums Herz, weil ihm jetzt zum ersten Mal wirklich bewusst wurde, was beinahe geschehen wäre. Es war ihre Hochzeit. Usagi hätte in diesen Tagen heiraten sollen und so gut wie jeder in diesem Land und vermutlich noch sehr viel mehr hätten dieses Ereignis am Bildschirm verfolgt. Seine Usagi wäre in diesen Stunden vor den Traualtar getreten und hätte den Thronfolger der kaiserlichen Familie heiraten sollen. Für einen kurzen Moment glaubte Mamoru den Boden unter den Füssen zu verlieren. Er machte einen Schritt nach vorne und stützte sich gegen die Rückenlehne des Sofas. Usagi war tatsächlich aus einer ganz anderen Welt gekommen und hatte dann für eine kurze Zeit bei ihm verweilt. Er hatte sie als das liebenswerte Mädchen kennengelernt, das in ihn hineingelaufen und seinen Milchshake verschüttet hatte. Selbst nachdem er herausgefunden hatte, wer sie wirklich war, war sie für ihn immer mehr Usagi gewesen als Prinzessin Serenity. Während sie beide zusammen waren, hatte man Usagi woanders womöglich verzweifelt gesucht. Die Hochzeit, die Übertragung im Fernsehen, die Suche, all das musste Unsummen verschlungen und vielen Leuten schlaflose Nächte bereitet haben. Und sie steckte mittendrin. „Hast du noch davon gehört?“ Rei klang hörbar resigniert. Wie fast alle hatte auch sie lange Zeit kaum ein anderes Thema gekannt und ihn bereits im Vorfeld wochenlang damit genervt. Er hatte kein großes Interesse an der kaiserlichen Hochzeit und zu diesem Zeitpunkt auch die Prinzessin nur am Rande wahrgenommen, und deshalb hatte er Rei eigentlich nie wirklich zugehört. Im Grunde hatte er immer nur darauf gewartet, dass die Hochzeit vorbei wäre und der ganze damit verbundene Medienzirkus damit beendet sein würde, damit die Menschen wieder normal wurden. Was für eine seltsame Fügung, dachte Mamoru, dass Usagi bei all diesen Leuten ausgerechnet auf denjenigen gestoßen war, der sich nie für sie oder ihre Hochzeit interessiert hatte. Und ausgerechnet er war es gewesen, der sie dann besser kennenlernen durfte, als alle anderen es sich jemals hätten erträumen lassen. „Ja, irgendwas ist auf der Hochzeit passiert“, sagte er wie in Trance und starrte auf die Sendung, die nun statt der Hochzeit aufgenommen wurde. Es wurden verschiedene Berichte über Usagi gezeigt, eilig zusammengeflickte Reportagen über ihr Leben, über die kaiserliche Familie und auch über ihren Bräutigam Seiya. Er hatte Mamoru nie interessiert, aber inzwischen war er sich sicher, dass er ihn nicht mochte. „Ja, das heißt nein“, sagte Rei und schaute ebenfalls auf den Bildschirm während sie zu Mamoru sprach. „Es ist irgendwas vorgefallen, und die Hochzeit konnte nicht stattfinden.“ „Sie wurde abgesagt?“ Mamoru war erstaunt über seine schauspielerische Leistung. Er klang tatsächlich überrascht und kam sich so furchtbar verlogen vor. „Hat man gesagt, was passiert ist?“ Rei schüttelte den Kopf. „Nicht genau. Angeblich ist etwas mit Prinzessin Serenity, ich hoffe es ist nichts Ernstes und es geht ihr gut.“ Rei klang tatsächlich aufrichtig besorgt, stellte Mamoru verwundert fest. „Das hoffe ich auch“, sagte er leise. Mamorus Brust zog sich schmerzhaft zusammen, als Usagi wieder gezeigt wurde. Dort im Fernsehen sah sie so vollkommen anders aus als das Mädchen, als das er sie kennengelernt hatte. Es lag an ihrer ganzen Erscheinung. Anstelle der frechen Frisur mit den beiden Zöpfen trug sie das Haar dort meist aufwendig hochgesteckt. Mamoru fand, dass es absolut nicht zu ihr passte. Aber auch die Art, wie sie auftrat, wie sie sich bewegte oder sprach unterschied sie so unglaublich von seiner Usagi. Zwar war sie es schon irgendwie, aber dann wiederum schien es eine gänzlich andere Frau zu sein. Doch eines war ihm sofort aufgefallen, und er fragte sich, wieso es scheinbar niemand außer ihm sah. Ihr Lächeln. Ihr Blick. Er sah sofort, dass alles davon falsch war. Wie konnten sie sie nur Prinzessin Serenity nennen und das dann nicht erkennen? Wahrscheinlich wollte es niemand erkennen. Es würde ihrer aller Illusion zerstören. Es tat weh sie dort zu sehen, aber er wollte seinen Blick auch nicht abwenden. Die Bilder der Prinzessin zeigten jemand fremden, die ihn nur schmerzhaft an seine Usagi erinnerte, und ihm verdeutlichte, dass er diese vielleicht niemals wieder sehen könnte. Im Fernsehen würde er allenfalls die Prinzessin sehen, aber seine Usagi war fort. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)