Prinzessin Serenity von MamoChan (Usagi X Mamoru (Gegenwart)) ================================================================================ Kapitel 5: Schokolade zum Abschied ---------------------------------- “Wohin wirst Du nun gehen?”, fragte Mamoru ruhig, während er nach vorne auf die Straße sah. Usagi blickte nachdenklich aus dem Fenster und betrachtete die vorbeiziehende Landschaft, während sie überlegte. Schließlich seufzte sie und zuckte mit den Schultern. “Ich weiß nicht. Das ist noch alles so ungewohnt. Noch nie bin ich alleine gereist.” “Noch nie?”, fragte Mamoru neugierig und sah sie kurz an, bevor er seinen Blick wieder nach vorne richtete. Usagi schüttelte den Kopf und stieß ein leises humorloses Lachen aus. “Es ist einfach seltsam. Jahrelang hatte ich den Kopf voller Pläne, hatte genaue Vorstellungen davon, was ich wann erleben wollte, und nun wo ich diese Möglichkeit endlich habe, weiß ich nicht, wo ich anfangen soll.” “Wenn man die freie Wahl hat, dann kann es ganz schön schwerfallen sich zu entscheiden, was?” “Mhm.”, machte sie nur leise und sah wieder hinaus aufs Meer, das sich auf der linken Seite erstreckte. “Zur Zeit reicht es mir eigentlich schon, einfach nur hier entlangzufahren und die Landschaft zu genießen. Manchmal sind es die kleinen Dinge des Lebens, die die man meist für selbstverständlich hält, die einem die größte Freude bereiten können.” Bei ihren letzten Worten strahlte sie über das ganze Gesicht. “Für andere mag es banal sein, aber ich will mich nun an all den Kleinigkeiten erfreuen, die die meisten Menschen noch nicht mal mehr bewusst wahrnehmen, weil sie für alle einfach so selbstverständlich geworden sind.” Mamoru lauschte lächelnd ihren Erzählungen. War er anfangs noch der Meinung gewesen, sie würde vielleicht ein klein Wenig zu dick auftragen, ließ er sich schon bald von ihrem Enthusiasmus vollends mitreißen. “So etwas wie der Blick auf das Meer?”, fragte er ruhig. “Ja.”, antwortete Usagi strahlend. “Ein Blick auf das Meer. Oder eine Reise ohne zu wissen, wohin es einen führt.” “Oder Schokolade.” “Was?”, fragte sie irritiert. “Na Schokolade. Du gehörst doch wohl nicht etwa zu den Leuten, die keine Schokolade mögen?” . “Also weißt Du...”, begann sie, “so sonderlich toll fand ich sie nie. Es ist viel zu bitter und überhaupt schmeckt sie mir zu streng.” Mamoru drehte langsam den Kopf zu ihr ohne die Fahrbahn aus den Augen zu lassen und hob eine Augenbraue. Bitter? Streng im Geschmack? Er glaubte sich verhört zu haben. Was hatte sie denn bitte schön für Schokolade kosten dürfen? “Du meinst...Du....magst keine Schokolade? Das geht doch gar nicht! Wann hast Du das letzte Mal ein Stück leckere Vollmilchschokolade gegessen? Oder Schokolade mit Nüssen?” Usagi bis sich auf die Lippen und schaute ihn etwas unsicher an. Gleichzeitig sank sie ein wenig tiefer in ihren Sitz. Ihr Gesichtsausdruck machte ziemlich deutlich, wie unangenehm ihr die Situation war, und sie suchte verbissen nach Worten. “Also in unserer Familie hält man nicht so sonderlich viel von Schokolade und anderen Süßigkeiten.”. Sie räusperte sich verlegen und wartete auf eine Reaktion von Mamoru, doch dieser starrte sie nur wortlos an als hätte sie sich den denkbar furchtbarsten Fauxpas geleistet, den diese Welt jemals gesehen hatte. “Hast Du als Kind denn niemals Schoko-Kekse gegessen?”, fragte er dann nachdem er seinen ersten Schrecken überwunden hatte. “Ähm, nein...”, antwortete sie zaghaft. “Schokoladenkuchen?” “Nein...” “Einen Schokoladenmilchshake...?” “Nein.”, sagte sie wieder und begann sich allmählich über Mamoru zu amüsieren. “Aber Du hattest doch sicherlich Schokoladenstreusel auf deinem Sch-...”, er brach mitten im Satz ab und atmete erst einmal tief durch, bevor er sich dazu imstande fühlte die Frage auszusprechen. “Aber, Du hast doch wenigstens schon Schokoladeneis gekostet oder?” Ihr schweigen sprach Bände. Fassungslos sah Mamoru sie an und wollte es nicht glauben. Sie veralberte ihn doch gerade, oder? Etwas anderes konnte es gar nicht sein. Wie kann man denn so völlig weltfremd aufwachsen und kein Schokoladeneis, überhaupt keine Schokolade in all ihren Variationen kennen? So langsam wurde ihm bewusst, wie ernst ihre Lage eigentlich war. Dem armen Ding musste schnellstens geholfen werden. “Ich glaube, ich werde schon etwas früher halten und ein paar Dinge kaufen müssen. So kann ich Dich jedenfalls nicht auf die Welt loslassen.” Nur wenige Minuten später standen sie im nächstbesten Ort mitten in einer langen Schlange an der Kasse eines kleinen Supermarktes und schoben einen Einkaufswagen vor sich her, dessen Inhalt entweder die Vermutung nahelegte, sie würden ein Schokoladenrestaurant betreiben oder aber seien beim Einkauf über das Ziel hinausgeschossen. Natürlich war Letzteres der Fall. Hatte Mamoru anfangs nur gedacht ein oder zwei Tafeln Vollmilchschokolade würden vollkommen genügen, war es bereits kurz nach dem Betreten des Discounters um seine Selbstbeherrschung geschehen. Als sie dann in den Gang mit den Keksen einbogen, war es eh bereits zu spät, weshalb er auch dort gar nicht erst den Versuch unternahm eine Auswahl zu treffen, sondern stattdessen von jeder Sorte ein Paket in den Wagen legte. Es gab einfach zuviel, was er Usagi noch zeigen musste. Auf das Eis kam es dann am Ende auch nicht mehr drauf an, allerdings musste er noch zwei Kühltaschen dazulegen, damit es nicht schmolz, bevor das seltsame Mädchen, deren wahren Namen er noch immer nicht herausbekommen hatte, Gelegenheit bekam es zu kosten. Die neugierigen Blicke der Leute empfand er allerdings schon etwas störend. Zwar mochte es nicht unbedingt alltäglich sein, dass jemand einen derartig einseitigen Großeinkauf hinlegte, aber das Maß an Aufmerksamkeit, das man ihnen zukommen ließ, empfand er mehr als unangemessen. Auch Usagi schien sich nicht ganz wohlzufühlen. Unruhig wippte sie von einem Fuß zum anderen und hatte den Blick streng auf den Boden gerichtet. Insbesondere zwei ältere Damen schienen sich über sie zu mokieren. Reckten sie doch immer wieder den Kopf hervor und führten auffällig unauffällige Verrenkungen durch um zuerst einen Blick auf sie beide und den Einkaufswagen zu erhaschen und dann miteinander zu tuscheln. Mamoru schüttelte leicht genervt den Kopf und murmelte eine Entschuldigung zu Usagi herüber. Offenbar hatte er es doch ein wenig übertrieben. Draußen auf dem Parkplatz half sie ihm die Tüten ins Auto zu laden, während Mamoru durch den Umfang seines Einkaufs noch immer sichtlich überrascht war. Warum passierte ihm das nur immer wieder? Seine Frau Rei ließ ihn nur höchst selten alleine einkaufen, weil ihm einfach die Fähigkeit fehlte, den Verlockungen des Süßigkeitenregals zu widerstehen. Aber dieses mal hatte er einen neuen persönlichen Rekord aufgestellt und wusste, dass es keine jener Leistungen war, auf die man stolz sein durfte. Wer sollte das bloß alles essen, fragte sich Mamoru als er die Unmengen im Kofferraum sah. Für den Fall dass Usagi es nicht schaffen oder im schlimmsten Fall die Schokolade tatsächlich nicht mochte, so dachte er, würde Mamoru sich aufopfern und etwas gegen seine gute Figur tun. Wer brauchte schließlich schon einen Waschbrettbauch? Noch bevor er die Heckklappe schließen konnte, war Usagi schon wieder nach vorne gelaufen, hatte auf dem Beifahrersitz Platz genommen und war augenblicklich tief in den Sitz hineingerutscht. Von draußen fiel sie eigentlich gar nicht weiter auf, dachte Mamoru und schnappte sich zwei Tafeln Schokolade aus der großen Tüte. Ein wenig würde die Fahrt noch dauern, und bevor er Usagi am nächsten Bahnhof absetzte, konnten sie beide unterwegs die Schokolade essen. Er setzte sich auf den Fahrersitz und drückte Usagi die beiden Tafeln in die Hand. Mit großen Augen schaute sie ihn an als erwartete sie eine genauere Erklärung dafür. “Nur nicht so schüchtern.”, meinte Mamoru während er den Wagen vom Parkplatz zurück zur Straße lenkte. “Mach ruhig auf und nimm ein Stück. Wenn Du es nicht magst, brauchst Du es auch nicht essen, aber probieren musst Du.” Usagi erwiderte zunächst nichts und sah nur abwechselnd ihn und dann die Schokolade ratlos an. Schließlich riss sie doch langsam die Packung auf und brach ein kleines Stückchen ab. Vollmilch mit Nüssen. Zaghaft betrachtete sie ein paar Sekunden das Stückchen und biss dann letztendlich zaghaft und äußerst vorsichtig ein winziges Stückchen ab. Mamoru verfolgte zunächst voller Spannung, schon bald mit einer gewissen Genugtuung wie sofort ein Leuchten in ihre Augen trat und sich ihr Blick erhellte. Er wusste es doch, niemand konnte dieser süßen Versuchung widerstehen. Dieses Gefühl wich jedoch einer gewissen Verblüffung, als er schon bald feststellte, dass sie die Tafel in Rekordzeit vernichtet und nun inzwischen fröhlich an der nächsten knabberte. “Na, habe ich Dir zu viel versprochen?”, fragte er grinsend. “Nein, ganz bestimmt nicht.”, sagte Usagi laut und kaute dabei genüsslich weiter. “Das dürfte ein kleiner Vorgeschmack auf das sein, was Dich in der weiten Welt noch alles erwartet.” “Also viel besser kann es auf gar keinen Fall werden.”, sagte sie kichernd und biss ein weiteres Stückchen ab. “Wenn Du möchtest, kannst Du Dir soviel davon mitnehmen, wie Du möchtest. Und auf jeden Fall solltest Du das Eis versuchen. Die Kühltasche ist vielleicht etwas sperrig, aber glaube mir, es wird sich lohnen.” “Ja, das mache ich gerne. Vielen Dank”, sagte sie heiter, hielt kurz inne und fügte dann noch etwas hinzu: “Wohin mitnehmen?” “Naja, wohin es Dich halt verschlägt. Im nächsten Ort gibt es einen großen Bahnhof, und von dort aus kommst Du eigentlich überall hin.” “Oh.”, meinte sie trocken und legte die Schokolade beiseite. “Ich denke, damit ist Dir am besten geholfen. Ich setze Dich dort ab und spendiere Dir ein Ticket. Brauchst Du noch etwas Geld? Ich meine, ich habe nicht viel bei mir, aber Du kannst etwas haben, damit-” Er stutzte. “Hast Du etwas?” “Nein, alles bestens”, sagte sie und wendete den Kopf von ihm ab um aus dem Fenster zu sehen.. “Geht es Dir nicht gut? Hast Du doch zu viel von der Schokolade gegessen? Man bekommt schnell Bauchw-” “Nein, ich sagte doch, es ist alles bestens!” Wütend fuhr sie ihn an. “Ich mag einfach nicht mehr”, murmelte sie leise hinterher. “Was ist denn los mit Dir?”, fragte Mamoru schroffer als er eigentlich wollte. “Nichts!”, schnaubte Usagi, verschränkte die Arme und sah aus dem Fenster. Mamoru überlegte kurz, was er sagen sollte. Warum war sie nun plötzlich so verärgert? Hatte er irgendetwas gesagt? Hatte er nicht alles mögliche getan um ihr zu helfen? “Was ist denn los? Das ist es doch, was Du wolltest! Von hier aus hast Du die Möglichkeit jeden beliebigen Ort zu erreichen. Du kannst dann all das tun, was Du Dir vorgenommen hattest. War es denn nicht das, was Du wolltest?”. Er war gereizt und sprach weitaus lauter als er eigentlich wollte. Dadurch klangen seine Worte auch bedeutend schroffer als beabsichtigt. Noch während er redete, wünschte er sich, er hätte sich im Tonfall etwas zurückgehalten. “Was ich wollte?”, fragte sie kühl. “Ich hatte gedacht, dass wir.... dass ich.... Ach vergiss es! Setze mich einfach am Bahnhof ab, ich komme schon alleine klar!” Daraufhin drehte sie wieder den Kopf zur Seite, sah weiter aus dem Fenster und sagte während der weiteren Fahrt kein Wort mehr. Die ersten Minuten versuchte Mamoru noch sie zum Reden zu bewegen, doch auch das gab er bald auf, zumal er merkte, dass auch seine Laune stark darunter litt. Keine Viertelstunde hatten sie die Stadt erreicht und einen Parkplatz nahe dem Bahnhof gefunden. Es war nur ein regionaler kleiner Bahnhof, doch von hier aus war es kein Problem in die größeren Städte zu gelangen. Und von dort aus konnte man praktisch überall hinfahren. Mamoru begleitete sie zur Haupthalle, welche diese Bezeichnung eigentlich kaum verdient hatte, da man sie locker mit höchstens zwanzig Schritten durchqueren konnte. Usagi trottete mit gesenktem Blick neben ihm her. Ab und zu warf sie einen vorsichtigen Blick zur Seite, nur um kurz darauf den Kopf wieder hängenzulassen. Kein Wunder, dass die Leute sie manchmal verwundert anstarrten, dachte Mamoru, nachdem sie beide zehn Minuten am Schalter angestanden hatten um ihr eine Fahrkarte zu lösen und Usagi nichts weiter zu tun hatte als schweigend den Blick stur auf den Boden zu richten und das Muster des Bodenbelags zu inspizieren. Nachdem sie das Ticket gelöst hatten, merkte Mamoru, dass seine schlechte Laune inzwischen auch abgeebbt war, und einer gewissen Resignation gewichen war. Er fand es wirklich schade, dass sich ihre Wege nun bald trennen sollten. Sie hatte seinen heutigen Tag gehörig durcheinandergewirbelt, aber auch sehr interessant gestaltet. Auch bedauerte er die Art und Weise, wie sie nun auseinandergehen sollten. Selbst wenn sie sich inzwischen etwas seltsam benahm, wollte er doch Wort halten und gab ihr noch etwas Geld, welches sie zaghaft doch dankbar entgegennahm. “Tja....”, sagte er leise. “Tja...”, antwortete Usagi ebenso. “Ich nehme mal an, das war es dann.” Einen Impuls folgend nahm er sie plötzlich in den Arm und drückte dieses doch sonderbare Mädchen einmal zum Abschied an sich, und rechnete eigentlich schon damit, dafür eine Ohrfeige von ihr zu kassieren, was seiner Einschätzung nach auch bestimmt gerechtfertigt gewesen wäre. Doch nichts dergleichen geschah. Stattdessen spürte er, wie sie sich in dieser flüchtigen Umarmung kurz entspannte. “Ich wünsche dir alles Gute für deine Zukunft, und dass du all die Dinge tun kannst, die du dir vorgenommen hast.”, sagte er so freundschaftlich wie nur irgendwie möglich, drückte sie noch einmal kurz fester und ließ dann los. Er hätte ihr gerne noch einmal ins Gesicht geschaut, doch sie wich seinem Blick aus und wandte sich augenblicklich um. “Danke für alles. Lebe wohl!”, sagte sie unsicher und lief dann fort in Richtung der Gleise. Mamoru überlegte kurz, ob er ihr folgen sollte, doch ihr “Lebe wohl!” empfand er doch als sehr eindeutigen Hinweis, dass sie anscheinend keinen sonderlichen Wert darauf legte. Seufzend blickte er ihr nach und sah wie ihre beiden langen Zöpfe wild umher wehten und dann letztendlich verschwanden als sie um eine Ecke bog. Und dann war sie fort. Langsam schlenderte er zurück zu seinem Wagen. Dabei wollten ihm partout die Bilder seiner Erlebnisse nicht aus dem Kopf verschwinden. Als er daran zurückdachte, wie sie heute aneinander geraten waren, musste er schmunzeln, woraus schnell ein herzhaftes Lachen wurde, als er an den Unfall mit dem Milchshake und seiner späteren unfreiwilligen Beifahrerin denken musste. Einige Leute drehten sich zu ihm um, aber das war ihm in diesem Moment auch egal. Am Auto angekommen viel ihm dann auf, dass Usagi all die Schokolade im Wagen hatte liegen lassen. Dank der Hitze war nun natürlich ein guter Teil davon nicht mehr zu gebrauchen, da er das Auto auch direkt in der prallen Sonne abgestellt hatte. Das Eis war glücklicherweise in Kühltaschen verstaut, welche in ihren Diensten jedoch auch eingeschränkt waren. Wenn er das Eis nicht bald aß, würde es komplett schmelzen und verderben. Zu dumm, dass seine Hütte am See keinen Kühlschrank hatte. Eine Kühlbox zwar schon, aber die würde wohl nicht reichen um es mehrere Tage frisch zu halten. Um den Schaden in Grenzen zu halten, räumte Mamoru alles beiseite und versuchte sowohl Schokolade als auch die Kühltaschen mit dem Schoko-Eis dort zu verstauen, wo sie wenigsten keiner direkten Sonneneinstrahlung ausgesetzt waren. Ein älteres Ehepaar ging neben dem Auto vorbei. Während sie furchtbar aufgeregt war, versuchte ihr Ehemann erfolglos sie zu beruhigen. “Aber doch nicht hier mitten in der Provinz. Das ist vollkommen abwegig...”, hörte Mamoru ihn sagen. “Aber wenn ich es Dir doch sage!” „Ach Du spinnst mal wieder!“ Viel bekam Mamoru von dem Gespräch nicht mit, da er zum einen damit beschäftigt war die Schokolade und das Eis wegzuräumen, verdammt sei seine mangelnde Selbstbeherrschung bei diesem Einkauf, und zum anderen drehten sich seine Gedanken ohnehin derzeit um Usagi. Wahrscheinlich saß sie inzwischen schon in einem Zug und war sonst wohin unterwegs. Er fand es schade, dass er versäumt hatte sie nach einer Möglichkeit zu fragen sie zu kontaktieren. Vielleicht hätte man sich irgendwann in Zukunft wiedersehen und herzhaft über diese Geschichte hier lachen können. Bedrückt dachte Mamoru, dass er es versäumt hatte sie nach ihren wirklichen Namen zu fragen. Er setzte sich hinter das Steuer, schloss die Tür, schnallte sich an und fuhr los. Um zur Landstraße zurückzukommen würde er hinter dem Bahnhof vorbeifahren müssen. Vielleicht konnte er ja einen Blick auf den Zug erhaschen, in dem sie saß, auch wenn er sich niemals würde sicher sein können, dass es wirklich der Zug wäre, in dem sie denn saß. Genaugenommen wusste er er noch nicht mal in welche Richtung sie nun unterwegs war. All diese Fragen erübrigten sich mit einem Mal, als er zu einer Vollbremsung gezwungen war. Direkt vor ihm war jemand auf die Straße gelaufen, und er konnte gerade noch rechtzeitig bremsen. Und nun saß er da in seinem Auto, vergaß völlig zu atmen und schaute erneut in dieselben blauen Augen, in die er heute schon so oft gesehen hatte.Doch diesmal wirkten sie noch erschrockener als zuvor. Tränen hatten sich darin gesammelt und waren ihre Wangen hinuntergelaufen. Warum war sie hier? Warum wirkte sie so ängstlich? Was war geschehen? Wer waren die Schulmädchen am anderen Ende der Straße, die aufgeregt zu ihr herüber deuteten? All diese Fragen gingen ihm durch den Kopf, aber alles was er tun konnte, war sich an sein Lenkrad zu klammern und Usagi anzustarren, die ebenso fassungslos zurückblickte und völlig erstarrt vor seinem Auto stand. Er wusste später nicht mehr was ihn dazu verleitet und wie er es überhaupt geschafft hatte, aber irgendwie brachte er es fertig sich zur Seite zu lehnen und die Beifahrertür zu öffnen. Während die Schulmädchen nun ganz außer sich auf sie zurannten, löste sich auch Usagi aus ihrer Erstarrung. Sie rannte zur Beifahrertür, schwang sich auf den Sitz und hatte die Tür noch nicht ganz geschlossen als Mamoru die Kontrolle des Fußes wiedererlangt hatte, der das Gaspedal kontrollierte. Und so kam es, dass sie beide mit quietschenden Reifen losbrausten, kurz bevor die Mädchen den Wagen erreicht hatten. Enttäuscht sahen sie ihnen hinterher, und Mamoru glaubte einige unschöne Gesten von ihnen im Rückspiegel zu erkennen, bevor diese immer kleiner wurden und bald nicht mehr zu erkennen waren. Schweigend saßen Usagi und Mamoru wieder nebeneinander und hatten den Blick erschrocken auf die Straße geheftet, unfähig auch nur einen Ton von sich zu geben. Unzählige Gedanken gingen Mamoru durch den Kopf, doch er war nicht in der Lage auch nur einen von ihnen festzuhalten. Es dauerte Ewig, bis sie den kleinen Ort wieder hinter sich gelassen hatten und sich dann wieder auf der Straße befanden, auf der sich auch schon vorhin gefahren waren, und noch ein wenig länger bis sie dann auch ihre Sprache wiedergefunden hatten. “W.... Was ist denn da passi-”. “Baka! Idiot! Trottel! Dummkopf!”, schrie sie ihn ganz unvermittelt an, noch bevor er seine Frage hatte beenden können. “Genau davor hatte ich doch Angst. Nun ist das Schlimmste doch noch passiert...” Die letzten Worte waren kaum noch zu verstehen gewesen, da ihr die Stimme versagte und sie weitere Tränen nicht zurückhalten konnte. “Ich hätte nicht-.... Man hat mich-..... es war ein Fehler zu glauben-...”, sagte sie immer wieder undeutlich und konnte dann doch keinen ihrer Sätze vollenden. “Ist es deine Familie? Hatte man dich tatsächlich erkannt?” Usagi brachte keinen Ton heraus, nickte stattdessen als Antwort, überlegte es sich aber sogleich anders und schüttelte vehement den Kopf, was Mamorus Verwirrung nur noch verstärkte. Zwar konnte sie sich irgendwann soweit in den Griff kriegen, dass ihr Schluchzen nachließ, aber Mamoru wollte nichts herausfordern und schwieg solange, bis sie für sich entscheiden würde, sich soweit beruhigt zu haben, dass sie wieder reden konnten. Um die Stille ein wenig aufzulockern schaltete er das Radio ein. Es wurden einige aktuelle Pop-Songs gespielt, mit denen er sich nicht allzu sehr anfreunden konnte. Er wechselte zum nächsten Sender. krchhh...bekannt gegeben,...chrrrrrrr..... aufgrund des Gesundheitszustandes …..chhhhhrrrrk....anstehende Hochzeit....Prinzessin …..srrch... bis auf weiteres verschoben werden muss. Man ließ verlauten, …..knckss.....nichts Lebensbedrohliches....chrrrrr....strengste Ruhe verordnet. Die Hochzeit, so hieß es, werde dann zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt...... Mamoru fummelte noch ein wenig an der Feineinstellung herum, doch da er den Sender nicht besser herein bekam, gab er es letztendlich auf und wechselte den Kanal. Dieser spielte Oldies. “Die Ärmste.”, sagte er nachdenklich. “Ich hoffe, es geht ihr bald wieder besser.” Usagi drehte den Kopf zu ihm und sah Mamoru mit großen weit aufgerissenen Augen an. “Das wird meiner Frau absolut nicht gefallen. Sie hatte sich so auf die Hochzeit gefreut. Du glaubst nicht, was sie für ein Theater gemacht hat, damit ich ja nicht vergesse ihr die Live-Übertragung der Hochzeitsfeier aufzunehmen.” Mamoru machte eine kurze Pause und fuhr dann nachdenklich fort. “Das arme Ding. Ausgerechnet jetzt, so kurz vor ihrem großen Tag muss sie erkranken. Man stelle sich nun mal vor, so kurz vor ihrer Hochzeit-” Mamoru stutzte. Plötzlich war ihm ein Gedanke gekommen, der ihn mehr als alles andere erschrak. Er klammerte sich an das Lenkrad, sein Herz raste. “Nein.”, sagte er leise aber bestimmt.”Bitte sag mir, dass das, was ich gerade denke völliger Blödsinn ist.” Er wünschte sie hätte ihn ausgelacht, oder ihn ausgeschimpft, einfach irgendetwas, doch stattdessen schwieg sie nur und starrte ihn ängstlich aus weit aufgerissenen Augen an. “Nein!”, rief Mamoru laut aus und trat mit voller Wucht auf die Bremse. Die Reifen quietschten und hinterließen dicke schwarze Streifen auf dem Asphalt.Das Heck schlingerte und der Wagen drohte auszubrechen, kam jedoch dann nach einigen Metern zum Stillstand. Nur Sekundenbruchteile später wurde die Fahrertür aufgestoßen und Mamoru stürzte mit einem fassungslosen panischen Blick ins Freie, wo er ein paar Schritte im Kreis ging, sich die Haare raufte, hektisch atmete und nach Worten suchte. “Verdammt, das gibt es doch nicht!”, rief er und ging aufgeregt umher.” Das darf nicht wahr sein! Du!” Er zeigte mit dem Zeigefinger auf Usagi, als wollte er irgendjemanden zweifelsfrei klarmachen, dass er damit eindeutig Usagi meinte. “Du bist sie! Sie ist nicht krank! Sie ist weg! Weggelaufen!” Langsam stieg Usagi aus dem Wagen und sah betrübt und etwas mitleidig zu Mamoru herüber. “Wir sind ja so am Arsch.”, sagte Mamoru fassungslos und ließ sich da wo er war auf den Boden sinken und starrte erstmal eine ganze Zeit vor sich her. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)