Time Changed Everything von Riafya (HP/LV) ================================================================================ Kapitel 43: Seduction --------------------- *Taschentücher austeil* Hallo, ihr Lieben. Vielen Dank für eure lieben Rückmeldungen zum letzten Kapitel, sowie – natürlich – meiner Beta. Ich gebe zu, dass ich nach wie vor etwas überrascht darüber bin, dass euch das Gespräch von Harry und Abraxas so sehr gerührt hat, allerdings ist es für mich auch ein großes Kompliment. Dieses Kapitel enthält die versprochene Harry/Rufus-Szene, sowie eine Beerdigung und... Seduction. Oh je, was das wohl werden wird? *drop* Ich wünsche euch jedenfalls viel Spaß beim Lesen. _______________________________________ Seduction Lieber Harry, mein Beileid. Ich weiß, dass du Abraxas Malfoy mochtest. Aber ich weiß auch, dass du darüber hinwegkommen wirst und dass wir uns bald wiedersehen werden. Von Felice habe ich nichts gehört, aber du brauchst dich wirklich nicht um sie zu sorgen. Sie wird uns schon nicht einfach wegsterben. Dafür liebt sie dich zu sehr. Alles Liebe, Luna. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Rufus hasste Beerdigungen. Egal, ob jemand gestorben war, den er kannte oder den er nicht kannte. Sie waren grauenvoll. Überflüssig. Einfach überbewertet. Ein symbolischer Abschied, nichts weiter. Als ob man jemanden loslassen könnte, nur weil er plötzlich von Erde zugeschüttet wurde. Dazu gab es halbherzige Ansprachen, die nicht im entferntesten etwas von dem Menschen wiedergaben, der noch vor kurzem gelebt hatte, sowie Trauermusik in Gestalt von ständigem Geschluchze und Geheule. Ja, es war ein Mensch gestorben. Na und? Jeder Tag brachte den Tod mit sich. Das war natürlich. Man musste ihn nicht noch feiern. Doch dummerweise waren Beerdigungen ein fester Bestandteil seiner Arbeit und somit musste er auch heute wieder in schwarzer Kleidung an einem Grab stehen und darauf warten, dass das ganze endlich ein Ende fand. „Eigentlich ist es eine Schande, dass wir hier stehen und einen elenden Todesser verabschieden müssen“, murrte Alastor Moody, der sich der Trauergesellschaft um Abraxas Malfoy kurzerhand angeschlossen hatte, als er zufällig davon erfahren hatte. Rufus vermutete, dass er damit mögliche Anhänger des dunklen Lords oder gar ihn selbst ausfindig machen wollte. „Er ist ein Mörder und Verbrecher gewesen und trotzdem stehen wir hier alle nett versammelt da und ehren sein Leben. Als ob es da einen Grund zur Ehre gegeben hätte.“ Minister Crouch, der ein paar Meter vor ihnen stand, drehte sich um und warf ihm einen bösen Blick zu. „Abraxas Malfoy ist genauso wie Lucius jetzt ein angesehenes Mitglied unserer Gesellschaft gewesen, der viel getan hat, um dieses Land besser zu machen. Dass wir ihm nun die letzte Ehre erweisen, ist das mindeste, was wir tun können. Wenn es Sie so sehr stört, Moody, sollten Sie dennoch den Mund halten oder diesen Ort verlassen. Wenn nicht um seinetwillen dann um der Familie willen. Es ist nicht leicht, einen geliebten Menschen zu verlieren.“ Sofort ließ Rufus seinen Blick zu ebenjener schweifen. Die komplette Familie Malfoy stand – umringt vom engsten Freundeskreis – direkt vor dem ausgehobenen Grab und sahen schweigend dabei zu, wie die Gäste alle nacheinander Blumen hineinwarfen. Ihre Gesichter waren blass, aber gefasst. Lucius und Narcissa standen eng beieinander und manchmal konnte man sie einen Blick auf ihren Ehemann werfen sehen, der von tiefer Besorgnis und noch tieferer Zuneigung sprach. Sie waren ein Ehepaar, wie es im Buche steht. Es bereitete ihm beinahe Scham, die beiden zu beobachten, da er das Gefühl hatte, sich dabei in etwas Intimes einzumischen, dass ihn nichts anging. Vor dem Vater stand Draco Malfoy. Er hatte einen Arm um seine Verlobte – die Parkinsonstochter – geschlungen, die ihrerseits ihr Gesicht in seiner Schulter vergraben hatte und zu weinen schien. Rufus konnte auf einen Blick erkennen, dass diese Beziehung nichts im Vergleich zu dem der Eltern war. Viel interessanter war da Harry Potter, ehemals Harvey Malfoy. Allein dass er erschienen war, sorgte für viele Gerüchte in der Trauergesellschaft. Es war allgemein bekannt, dass er seit dem Vorfall im letzten Herbst keinen Fuß mehr in das Hause Malfoy gesetzt hatte und insgeheim war man davon ausgegangen, er hätte vollkommen mit seiner alten Familie gebrochen. Offenbar hatte sich die Öffentlichkeit dabei geirrt, da er angeblich die ganzen Osterferien hier verbracht hatte. Rufus konnte es verstehen. So einfach ließ es sich nicht mit den Menschen brechen, die einen aufgezogen hatten. Er selbst hätte eher Lily und James Potter links liegen gelassen, wenn er der Junge wäre. Doch abgesehen von seinem Erscheinen war Rufus davon überrascht, dass neben ihm ein gutaussehender, junger Mann stand, den er selbst noch nie getroffen hatte. Zwar hatte man die beiden kein Wort oder Blick wechseln sehen, noch hatten sie sich in irgendeiner Weise berührt, aber Rufus sagte etwas, dass die beiden eine ähnlich tiefgehende Beziehung wie Narcissa und Lucius hatten. Wer war der Kerl? „Das ist Thomas Mask“, flüsterte Tonks, die zur Feier des Tages schwarze Haare hatte. „Er ist ein entfernter Verwandter, soweit ich weiß. Besonders mit Harry soll ihn eine tiefe Freundschaft verbinden. Das ist auch der Grund, warum sie nebeneinander stehen.“ „Woher kommt es dann, dass ich diesen Mask nie gesehen habe?“, fragte Moody misstrauisch. „Er kommt offenbar von Übersee“, sagte sie schulterzuckend. „Ich habe davor auch noch nie von ihm gehört.“ Moodys Augen verengten sich und Rufus konnte es ihm nachfühlen. Ein Fremder aus Übersee, der der Familie Malfoy nahe stand? Das könnte genauso gut ein gesuchter Todesser sein, der der Feier heimlich beiwohnte. Andererseits glaubte er nicht, dass gerade Harry Potter mit so jemanden eine enge Freundschaft pflegte. Er wusste nicht viel von dem Jungen, aber er konnte von hier aus bemerken, dass er eine freundliche, friedliebende Ausstrahlung besaß, die sicher viele Menschen anzog. Das war niemand, der die radikalen Vorgehensweisen dieser Leute billigen würde. Trotzdem hatte er etwas merkwürdiges an sich, was aber vielleicht auch von den vielen Geschichten herrühren könnte, die er über ihn gehört hatte. Langsam ließ er seinen Blick über die anderen Gäste schweifen und bemerkte, dass noch jemand den jungen Potter und den fremden Mann beobachtete: Albus Dumbledore. Interessant. Das würde er sich merken. Doch jetzt war es erst einmal für ihn an der Zeit, die Blume in das Grab zu werfen. Er hatte weiße Rose gewählt und bemerkte, wie alle Familienmitglieder plus Fremder und Verlobte sie anstarrten. „Mein Beileid“, murmelte er ihnen zu, sah dabei aber in erster Linie Harry an, der seinen Blick schweigend erwiderte. Doch dann nickte er kaum merklich und als wäre das ein Zeichen gewesen, ließ Rufus die Blume in die Erde fallen. Danach drehte er sich um und ging zu den anderen zurück. Tonks sah ihn verwirrt an. „Alles in Ordnung mit Ihnen?“ „Ja“, sagte er abwesend. „Alles in Ordnung.“ Der Junge, Harry, er hatte beeindruckende Augen. Grün, ausdrucksstark, lebendig und einprägend. Das waren nicht die Augen eines gewöhnlichen Menschen. Ihm stand großes bevor, die Frage war nur, inwiefern. Könnte es vielleicht sogar sein, dass er den Tempus Amicus gefunden hatte? Mira hatte gesagt, es wäre ein Schüler von Hogwarts und Harry besuchte Hogwarts. Vielleicht bekam er später noch die Möglichkeit, mit ihm zu sprechen. Dann würde er sicher herausfinden können, ob er Recht hatte oder nicht. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Das wirklich deprimierende an Beerdigung war nicht etwa der Akt selbst, sondern das, was danach kam: die sogenannte Trauerfeier. Harry hatte sie bereits bei der Beerdigung seiner Eltern gehasst – obwohl diese inzwischen hinfällig geworden war – und dieses Ereignis machte es nicht besser. Alle nutzten sie dazu, soziale Kontakte zu knüpfen, zu plaudern oder sich zu betrinken. Nur diejenigen, die wirklich trauerten, saßen oder standen schweigend herum und beobachteten das Treiben der anderen. Harry selbst stand gemeinsam mit Tom, der sich für den Tag als „Thomas Mask“ ausgab, an einem Fenster und nippte an einem Glas Elfenwein. Bisher hatten sie beide kein Wort miteinander gewechselt, doch Harry spürte, dass der Ältere seine Anwesenheit wertschätzte und es wahrscheinlich nicht zugelassen hätte, wenn er versucht hätte, sich von ihm zu entfernen. Offenbar schien er ihn in diesem Augenblick tatsächlich zu brauchen. In solchen Momenten war es leicht, sich einzubilden, er wäre mehr als ein militärischer Schachzug. „Wir haben uns auf meiner ersten Zugfahrt nach Hogwarts kennengelernt“, sagte Tom plötzlich. Harry blickte sofort auf. Wollte er ihm jetzt wirklich seine erste Begegnung mit Abraxas erzählen? Sich... ihm öffnen?! Offenbar schon. Ohne ihn anzusehen, fuhr er fort: „Er war bereits im dritten Schuljahr und der beliebteste Schüler in Slytherin. Er wusste sofort, dass ich in sein Haus kommen würde und nahm mich unter seine Fittiche, obwohl ich damals kein Interesse an menschlichen Kontakten hatte. Ich habe es ihm sehr schwer gemacht“, fügte er mit einem leichten Lächeln hinzu und sah nun doch zu Harry. Dieser hörte ihm aufmerksam zu, während er versuchte, sich Tom als Elfjährigen vorzustellen. Was nicht unbedingt einfach war. „Irgendwann wurde er zu meinem besten Freund und Ratgeber. Er war so etwas wie mein Mentor, da er mir geholfen hat, mich in Hogwarts zurechtzufinden und mit allem klarzukommen. In den Ferien hat er mich immer zu sich nach Hause eingeladen, selbst als er die Schule bereits verlassen hatte. Ich weiß nicht, ob ich diese sieben Jahre ohne ihn überstanden hätte.“ Harry griff nach seiner Hand und drückte sie tröstend. „Irgendwann änderte sich aber die Hierarchie“, erzählte Tom weiter und erwiderte den Druck. „Plötzlich blickte er wie alle anderen zu mir auf. Plötzlich war ich es, der allen sagen musste, wo es langging. Plötzlich war ich ein dunkler Lord und sie meine treuen Jünger.“ Er schüttelte mit dem Kopf. „Im Grunde war es lächerlich, Harry. Wie konnte ich von einem Tag zum anderen ihr Anführer werden? In den folgenden Jahren geschah viel und sie starben, alle nacheinander. Nur Abraxas blieb. Bis jetzt.“ Jetzt bin ich allein. Er sagte es nicht, aber die Worte standen im Raum. Wären sie nicht von so vielen neugierigen Klatschtanten umgeben gewesen, hätte Harry ihn nun umarmt. Stattdessen drückte er noch einmal seine Hand und lächelte leicht. „Ich vermisse ihn auch. Selbst, wenn ich keine so enge Beziehung zu ihm hatte wie du.“ „Ich weiß“, entgegnete er sanft. In diesem Moment trat eine dritte Person auf sie zu, weshalb sie ihre Hände losließen und sich stattdessen dem Neuankömmling zuwandten. Harry war nicht überrascht, zu bemerken, dass es sich um Rufus Scrimgeour handelte. Der Mann hatte ihn bereits während der Beisetzung etwas zu aufmerksam beobachtet. Auf dem ersten Blick erinnerte er ihn an einen Löwen. Zumindest hatte er einen Bart und rotbraune Haare, die sein Gesicht umrahmten. Seine Augen leuchteten dunkelbraun und zeigten einen starken Willen, sowie viel Führungspotential. Sein Gang war aufrecht und selbstbewusst. Außerdem hatte er breite Schultern und Harry war sich sicher, dass er mehr als durch trainiert war. Das war jemand, den er tausendmal lieber als Zaubereierminister sehen wollte als Crouch oder Lucius. Nicht zuletzt wegen des rebellischen Schimmers in seinen Augen. Doch auch das änderte nichts daran, dass er gerade keinen Nerv für Leute hatte, die Tom dabei unterbrachen, sich ihm zu öffnen. „Ja?“, sagte er deshalb in seiner Du-störst-also-nimm-deine-Beine-in-die-Hand-und-verschwinde-Stimme. „Mein Beileid“, entgegnete Scrimgeour mit ruhiger Stimme und wollte noch etwas hinzufügen, als Harry ihn bereits unterbrach: „Das sagten Sie bereits, Mr. Scrimgeour. Gibt es sonst etwas, das ich für Sie tun kann?“ Der Mann schien überrascht. „Du weißt, wer ich bin?“ „Natürlich. Sie sind regelmäßig im Tagespropheten, der Chef der Aurorenabteilung und waren ein Ministerkandidat. Und da Sie mich offenbar auch kennen, gibt es keinen Grund für eine höfliche Vorstellung, oder? Sonst noch was?“ Scrimgeour blinzelte verwirrt, während Tom den Jungen glucksend eine Hand auf die Schulter legte. „Bitte verzeihen Sie sein Verhalten, Sir“, sagte er höflich. „Harry ist durcheinander wegen dem Tod seines Großvaters. Die beiden standen sich näher, als man es vermuten konnte. Ich bin Thomas Mask, ein Freund der Familie und das ist Harry James Potter, Narcissas und Lucius' Adoptivsohn.“ Er schüttelte ihm enthusiastisch die Hand. „Es freut mich sehr, Sie kennenzulernen, Sir. Ich habe viel von Ihnen gehört.“ Es dauerte nur einen Moment bis Harry begriff, dass nicht mehr Tom Riddle vor ihm stand, sondern Thomas Mask, ein junger Mann, der versuchte, sich in der Welt einen Namen zu machen. Es war beinahe bemerkenswert, wie schnell er trotz der Situation in diese Rolle schlüpfen konnte. Der Adressat schien sie ihm abzukaufen. „Es freut mich sehr, Sie kennenzulernen, Mr. Mask, Mr. Potter.“ Harry sagte nichts, sondern blickte argwöhnisch von einem zum anderen. Warum hatte er das Gefühl, dass hier irgendetwas vor sich ging, was er noch nicht verstand? „So, da wir nun höflich gewesen sind, können Sie auch höflich sein und endlich sagen, was Sie von Harry wollen“, sagte Tom und nun nahm seine Stimme doch einen gefährlichen Tonfall an. Ja, hier ging definitiv etwas vor sich. Scrimgeours Augen verengten sich. „Ich wüsste nicht, was es Sie anginge, was ich von Mr. Potter will, Mr. Mask.“ „Ich fürchte, es geht mich viel an, da ich ihn sicher nicht allein lassen werde.“ Harry warf ihm einen Blick zu. „Tom“, murmelte er beschwichtigend, woraufhin der Mann ihn ansah und sich etwas entspannte. Aus irgendeinen Grund lächelte Scrimgeour, als er das beobachtete und sagte: „Ich wollte wirklich nur mein Beileid bekunden. Nichts weiter. Es war schön, Ihre Bekanntschaft zu machen, Mr. Potter.“ Dabei sah er ihn mit einen durchdringenden Blick an, ehe er sich umdrehte und davon schritt. Die beiden sahen ihm schweigend hinterher. „Was war das?“, fragte Harry schließlich. „Ich weiß es nicht. Aber es gefällt mir nicht.“ Er zog ihn mit einem Arm an sich und drückte seine Schulter. „Halte dich lieber von ihm fern.“ „Okay“, meinte Harry und lehnte sich an ihn. „Ich habe ohnehin nicht vor, mich in die politische Welt zu begeben.“ „Das ist auch besser so“, sagte Tom lächelnd. „Du bist viel zu nett, um dort lange überleben zu können.“ ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Alastor Moody war ein praktisch veranlagter Mann, der nach all den Jahren als Auror an Verfolgungswahn litt. Das konnte man vor allem daran erkennen, dass er auch an jenem Tag alles dafür nutzte, um Todesser oder andere Schwarzmagier zu finden. Rufus beobachtete besorgt, wie der Mann sich in der Nähe des Malfoyehepaars aufgestellt hatte und sie mit seinem magischen Auge fixiert hatte, selbst, wenn er sich mit jemand anderem unterhielt. Ein Umstand, dem der Familie auffiel und den sie offenkundig als störend empfanden. Dass sie sich nicht beschwerten, war logisch. Sie waren sicher nicht so dumm, den Ex-Auror zu provozieren, denn dann würde er tatsächlich eine Möglichkeit finden, sie als Schwarzmagier anzukreiden. Unsinn, wie Rufus fand. Schwarzmagier unterschieden sich nicht im mindesten vom Rest der Welt. Es war einfache Diskriminierung, nichts weiter. „Sie sind wieder da“, sagte Tonks, als er sich zu ihr stellte. „Und? Wie ist dieser Mask?“ „Ein interessanter Charakter“, meinte er beiläufig. „Um einiges höflicher als Harry, aber das ist verständlich. Der Junge hat ein Familienmitglied verloren. Ich denke, an einem anderen Tag kann man besser mit ihm sprechen.“ „Warum willst du mit ihm reden?“, fragte Moody, ohne sein magisches Auge von den Malfoys abzuwenden, die gerade mit den Zabinis sprachen. „An ihm ist nichts besonderes.“ „Nichts besonderes?“, wiederholte Tonks. „Sir, Harry Potter ist ein Genie! Dumbledore selbst hat gesagt, dass er schon vor einem Jahr den Schulabschluss hätte machen können und sich in Hogwarts eigentlich nur langweilt. Alle warten nur darauf zu erfahren, welchen Weg er nach der Schule betreten wird, denn egal, was es sein wird, er wir darin glänzen! Meinen Sie, er könnte sich uns anschließen?“, fragte sie ihren Vorgesetzten. „Ich weiß es nicht“, antwortete Rufus und sah zu dem Jungen hinüber, der immer noch an Thomas Mask gelehnt war und so wirkte, als wäre er schon längst woanders. „Ich denke nicht. Er ist kein Kämpfer.“ „Dann wird er sich wohl den Unsäglichen anschließen“, meinte Moody abschätzig. „Und eine schwarzmagische Waffe entwickeln. Wir dürfen nicht vergessen, in was für einem Haus er aufgewachsen ist.“ Tonks sah ihn empört an. „Aber nein, Sir! Harry Potter ist ein guter Mensch. Er würde nie etwas tun oder erschaffen, das zerstören könnte.“ Da hatte sie allerdings Recht. Denn Harry war nicht nur ein einfacher Mensch. Er war ein Tempus Amicus. Er hatte ihn gefunden. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ An diesem Abend wandelte Harry nach einer längeren Dusche durch Toms Haus und fand sich kurz darauf in dem Raum wieder, in dem der Flügel stand, den er in seinen Träumen in der Mitte des Kreuzganges gesehen hatte. Der Flügel, an dem Tom spielte und sicher oft gespielt hatte. Jetzt tat er es nicht mehr. Es war ein leerer Raum. Nur das Instrument, ein Schrank mit Noten, ein Sofa, ein Tisch und der Koffer. Der Koffer war neu und gehörte ab sofort Harry. Darin befand sich, was Abraxas ihm vermacht hatte. Wenn es nach ihm ginge, würde er es sofort wieder zurückschicken. Er wollte es nicht haben. Das konnte nicht ihm gehören. Es war unmöglich. Doch der Tote hatte darauf bestanden und jetzt war es zu spät, um ihm zu widersprechen. Obwohl niemand mehr diesen Raum nutze, war er sauber, weshalb Harry sich in seinem Schlafanzug hinkniete und den Koffer, den Cellokoffer, öffnete. Er hatte das Instrument schon als kleines Kind bewundert, damals, als er noch zu klein gewesen war, um überhaupt die Möglichkeit zu haben, darauf zu spielen. Doch nun war er älter und groß genug, um mit ihm spielen zu können. Es war aus einem hellen Holz gebaut worden und die Saiten hoben sich hell vom schwarzen Griffbrett ab. Offenbar waren sie erst vor kurzem gewechselt worden. Der Steg war von der Reise etwas verschoben worden, aber mit einem Schwenk seines Zauberstabes saß er wieder richtig und würde sie so schnell nicht von seiner Stelle entfernen. Vorsichtig ließ er seine Hand auf das Instrument gleiten und fuhr über das glatte Holz, ehe er nach dem Bogen griff, der an der Seite des Koffers befestigt war. Ehrfurchtsvoll wog er ihn in seinen Händen und machte sich mit seinem Gewicht vertraut. Der Bogen war der Zauberstab aller Spieler von Streichinstrumenten. Er allein war in der Lage, die beinahe magischen Töne zu erzeugen, die für ihren Klang charakteristisch waren. Harry erinnerte sich noch gut daran, wie Abraxas ihre erste gemeinsame Stunde damit verbracht hatte, ihm die richtige Bogenhaltung und -pflege beizubringen und da er nicht wusste, was er sonst tun sollte, machte er sich sofort auf die Suche nach dem Kolophonium, das dazu diente, den Bogen zu erhalten. Nachdem er damit fertig war, ihn damit zu bestreichen, ließ er den Bogen langsam auf seine Knie sinken und starrte das Cello an. //Und jetzt?//, fragte seine innere Stimme. //Wirst du jetzt solange dasitzen, bis Tom kommt und denkt, dass du den Verstand verloren hast oder wirst du das Teil in die Hand nehmen und das tun, was du Abraxas versprochen hast?// Würde er wieder spielen? Er wollte nicht. Er hatte es aufgegeben. Instrumente waren nichts für ihn. Wenn man sie spielte, musste man sich gehen lassen und all seine Gefühle in das Spiel mit einfließen lassen, sei es nun Schmerz, Trauer, Liebe oder Freude. Natürlich konnte man auch versuchen, es zu lassen, aber dann konnte man genauso gut ganz aufhören zu spielen. Musik war nicht magisch, wenn man vorgab, etwas zu sein. Man musste es sein, um ihr eine Stimme zu verleihen. Wer wusste, ob er überhaupt noch spielen konnte. Es war immerhin Jahre her. Sicher hatte er bereits alle Griffe und Noten vergessen. Hinter ihm wurde die Tür geöffnet und er hörte, wie Tom leise hereinkam und sich hinter ihn stellte. „Es ist ein Stradivari“, erklärte Harry ihm. „Es muss ein Vermögen wert sein, Cellisten auf der ganzen Welt würden dafür sterben, so ein Instrument überhaupt zu Gesicht zu bekommen geschweige denn zu spielen. Er hätte es mir nicht geben sollen.“ „Er wollte, dass es seinen Klang nicht verliert“, erwiderte Tom sanft und legte ihm seine Hände auf die Schultern. „Er wusste, dass Draco es niemals in die Hand nehmen würde, während du früher regelmäßig gespielt hast. Vielleicht hat er gehofft, dass du wieder anfängst, sobald du die Chance hast, auf einem so wertvollen Instrument zu spielen.“ Langsam streckte Harry seine Hand aus und berührte die D-Saite des Cello. Dabei hob er den Kopf und sah Tom an. „Würdest du mir ein A geben?“ „Natürlich“, entgegnete er lächelnd und ging zum Flügel, woraufhin sich Harry mit dem Cello auf dem Sofa niederließ und damit begann, das Instrument zu stimmen. Man hatte lange nicht mehr darauf gespielt, weshalb Harry Tom auch um die Töne für die anderen Saiten bitten musste, ehe alles wieder so klang, wie es klingen musste. Danach begann er damit, sich an die Griffe zu erinnern und das Instrument kennenzulernen. Sein Klang war schon immer schön gewesen, besonders wenn Abraxas spielte, doch er selbst schien nur leere, dumpfe Töne zu erzeugen. Aber das war anfangs immer so. Sie mussten sich aneinander gewöhnen. Erst, wenn sie sich kennengelernt hatten, waren sie in der Lage, gemeinsam eine Melodie zu formen. Er spielte Tonleitern, Dur, Moll, Chromatik, zusammenhanglose Töne, alles, was ihm in den Sinn kam. Währenddessen saß Tom auf dem Klavierhocker und beobachtete seine Hände, hörte zu, schwieg, war einfach da. Harry hätte zu gern gewusst, was er dachte, traute sich aber nicht, zu fragen. „Hast du vergessen, wie man Lieder spielt?“, neckte ihn der Ältere plötzlich und Harry löste den Bogen von den Saiten um ihm einen bösen Blick zuzuwerfen. „Natürlich nicht“, sagte er beleidigt. „Ich muss mich nur erst wieder daran gewöhnen, wie man spielt. Ich will dich sehen, wenn du dich mal wieder an ein Klavier setzen würdest.“ Tom schenkte ihm darauf ein Lächeln, bei dem er froh war, dass er bereits saß, da er wettete, dass sonst seine Beine eingeknickt wären. „Ich weiß“, sagte er sanft. „Würdest du mir etwas vorspielen? Ich würde dich gerne spielen hören.“ Harry schluckte und nickte. Er würde etwas einfaches, heiteres nehmen. Tom musste sicher immer noch innerlich todtraurig sein, auch wenn er es nicht zeigte. Da musste er dieses Gefühl nicht noch verstärken. Ehe er allerdings damit begann, realisierte er etwas, das er bisher noch relativ gut verdrängt hatte: Der Grund, warum er dieses Cello in den Händen hielt, war, dass Abraxas Malfoy tot war. Fort. Weg. Tot. Bevor er wusste, was er eigentlich tat, spielte er Seduction von Adam Hurst. Es war ein trauriges Stück und während seine Melodie durch den Raum schwebte, erinnerte er sich an alles, was er verloren hatte. Seine Kindheit. Seine Familie. Sich selbst. Er erinnerte sich an die guten Tagen, die er einmal hatte und an Abraxas, der ihm beigebracht hatte, dieses Lied zu spielen und nun begraben auf dem Friedhof lag. Er wollte weinen. Doch stattdessen spielte er und hoffte, dass so der Schmerz, der Verlust, die Trauer verschwinden würden. Natürlich funktionierte es nicht. Es hatte noch nie funktioniert, aber trotz allem fühlte er sich hinterher besser. Sobald der letzte Ton verklungen war, stellte er das Cello vorsichtig ordnungsgemäß auf dem Boden ab. Erst dann blickte er zu Tom auf. Er hatte schon oft gehört, dass Liebe einem das Gefühl geben sollte, zu sterben – vor Glück verstand sich. Als er den Blick sah, den der Ältere ihm zuwarf, verstand er das erste Mal, was damit gemeint war. Er konnte nicht einmal sagen, was es für ein Blick war oder wie er ihn deuten sollte. Er wusste nur, dass er ihm durch Haut und Knochen ging und er sich dadurch eingestehen konnte, was er sonst immer leugnete und auch immer leugnen würde: Er liebte diesen Mann. „W... was ist?“, fragte er mit klopfenden Herzen. Seine Stimme zitterte. „Nichts“, entgegnete Tom. Seine Stimme war ungewöhnlich rau, weshalb er schluckte. Harry beobachtete die Bewegung seines Adamapfels, bevor er wieder sein Gesicht ansah. „Du... Merlin, du spielst fantastisch.“ „Danke“, erwiderte er lächelnd. „Aber ein Cello klingt viel besser in Begleitung eines Klaviers.“ Tom senkte daraufhin den Blick und schwieg. Deshalb stand Harry langsam auf und ging auf ihn zu. Vor ihm angekommen, hockte er sich hin und sah besorgt zu ihm auf. „Du siehst müde aus. Vielleicht solltest du...“ Bevor er seinen Satz zu Ende sprechen konnte, packte Tom ihn bei den Schultern und küsste ihn. Bisher waren ihre Küsse stets sanft, flüchtig und... nett gewesen. Tom konnte zwar seinen besitzergreifenden Charakter durchschimmern lassen, aber er war immer rücksichtsvoll gewesen. Das hier war anders und Harry wusste sofort, dass es ihm tausendmal besser gefiel. Der Kuss war hart, brutal und schmerzhaft, was vielmehr dem Mann entsprach, als sein sonstiges Verhalten. Unwillkürlich keuchte er auf, was Tom dafür nutze, seine Zunge in Harrys Mund gleiten zu lassen und ihn mit einem Verlangen zu plündern, das den Jüngeren fast wahnsinnig machte. Plötzlich wurde er auf den Boden geworfen, doch ehe er protestieren konnte, hatte sich der Mann ganz auf ihn gelegt und fuhr damit fort, seine Lippen in Beschlag zu nehmen. Dabei benutzte er auch seine Zähne, weshalb es nicht lange dauerte, bis er sein eigenes Blut schmecken konnte. Anstatt dies jedoch abstoßend zu finden, stöhnte er in den Kuss und schlang seine Arme um Toms Nacken, um ihn noch mehr an sich zu ziehen. Das hier war vollkommen krank, irrational und verrückt, aber das änderte nichts daran, dass er jede einzelne Sekunde davon genoss. Schließlich mussten sie sich aus Luftmangel keuchend voneinander lösen. Schwer atmend starrten sie sich gegenseitig an. Toms Augen leuchteten voller Verlangen und Harry konnte sein Blut auf dessen Lippen kleben sehen. Abwesend löste er seine rechte Hand von dem Nacken des anderen und führte seine Finger stattdessen auf seinen Mund, um es wegzuwischen. Sofort wollte er ihn in einen weiteren Kuss verwickeln, doch Harry drückte ihn mit seinen Händen von sich, was ihn zumindest dazu brachte, inne zu halten. „Nicht“, flüsterte er. „Ich würde es morgen bereuen.“ Das stimmte. Obwohl in diesem Moment alles in ihm danach schrie, weiterzumachen, würde er es bereuen, sobald er wieder klar denken konnte und das wollte er nicht. Dafür war ihm dieses Gefühl zu wertvoll. Tom seufzte tief und drückte ihm einen Kuss auf die Stirn, wobei er einen Moment lang seine Nase in Harrys Haaransatz vergrub und tief einatmete. Danach sprang er auf und verließ beinahe fluchtartig den Raum. Harry sah ihm mit geröteten Wangen und hämmernden Herzen hinterher. Es würde eine Weile dauern, bis er in der Lage sein würde, wieder aufzustehen. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Neville fuhr erschrocken aus dem Schlaf und starrte mit weit aufgerissenen Augen an die Decke über sich. Sein Herz hämmerte wie wild und er konnte die Erregung in seiner Hose spüren. Was. War. Das?! Warum träumte er von Harry und dann auch noch auf diese Art und Weise? Er stand doch gar nicht auf Jungs und erst recht nicht auf seinen besten Freund! Oder? Was, außer seine eigene Fantasie hätte das sonst sein können? Eine Vision von Voldemort? Nie und nimmer. Dieses Monster wusste nichts von solch tiefgehenden Gefühlen und das, was er gespürt hatte, als er Harry... geküsst hatte, nachdem er dieses schrecklich schöne Lied gespielt hatte, war mehr als pures Verlangen gewesen. Das war sicher nicht auf dessen Mist gewachsen und außerdem hätte Harry dann niemals den Kuss erwidert. Das konnte nur bedeuten, dass dieser Traum wirklich von ihm selbst kam. Würgende Wasserspeier, das war unmöglich! Harry war sein bester Freund! Nichts weiter! Aber warum fing sein Bauch dann damit an, Purzelbäume zu schlagen, wenn er sich an den Kuss und Harrys Blick danach erinnerte?! „Ah, verdammt!“, rief er und vergrub sein Gesicht in seinem Kissen, während er versuchte, irgendetwas anderes zu denken. Es war nur ein Traum. Nichts weiter. Dumm nur, dass das Schicksal auch Träume nutzte, um für seine Unterhaltung zu sorgen. ____________________________________________ Das nächste Mal sind wir wieder in Hogwarts. Liebste Grüße, Ayako Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)