Time Changed Everything von Riafya (HP/LV) ================================================================================ Kapitel 22: Returning --------------------- Einen wunderbaren vierten Advent euch allen! Ist wirklich in fünf Tagen Weihnachten? Wie schnell doch die Zeit vergeht. Wie auch immer, hier ist wieder ein neues Kapitel von Time Changed Everything und endlich, endlich, endlich beginnt der Teil der Handlung, auf den ich mich seit Anfang der Fanfiction gefreut habe: Weihnachten bei der Familie Potter, inklusive alle Auswirkungen. Die nächsten vier bis sechs Kapitel (bin mir noch nicht sicher, wie ausführlich es wird) sind voll mit Familienwahnsinn, erstaunlichen Aufklärungen und schockierende Enthüllungen (ich komme mir langsam wie Rita Krimmkorn vor, bei all den skandalösen Adjektiven), also freut euch schon einmal drauf. Der einzige Nachteil ist, dass wir in diesen Kapitel wahrscheinlich auf Harry/Voldemort Gespräche verzichten müssen, aber ich verspreche euch, dass es danach wieder einiges davon geben wird. Aber jetzt gibt es erst einmal ein riesiges Dankeschön an meine Beta Robino, die sich auch wieder durch dieses Kapitel gekämpft hat! *knuddel * Außerdem möchte ich allen Kommischreibern, Schwarzlesern und den 117 Mexxlern danken, die bisher an meiner Umfrage teilgenommen haben. Alle anderen haben noch circa zwei Wochen Zeit, um über den weiteren formalen Aufbau dieser Fanfiction zu bestimmen! XD Ich wünsche euch allen eine schöne Weihnachtswoche! Bis bald, eure Ayako ______________________________________________ Returning „Wo wirst du denn dieses Weihnachten verbringen, Harry?“, fragte Cho Chang und hakte sich kurzerhand bei ihm unter. Stephen, der sich bisher mit ihm unterhalten hatte, verdrehte die Augen. Der Zimmergenosse des jungen Potters mochte sie nicht. Seiner Meinung nach war sie viel zu aufdringlich und Harry musste ihm Recht geben. Kein anderes Mädchen würde sich so sehr an ihn schmiegen, wenn sie nicht zu seinem Freundeskreis gehörte. Sanft schob er sie von sich und schenkte ihr als Entschädigung ein strahlendes Lächeln, was sie sofort erröten ließ. „Ich werde bei meinen Eltern sein, Cho. Sie haben mich eingeladen.“ „Oh, das ist eine hübsche Idee“, sagte sie und klatschte in die Hände. „Sie leben in Godric's Hollow, nicht wahr? Wir wohnen im Nachbardorf! Vielleicht könnten wir ja...“ Doch er sollte nie erfahren, was sie vielleicht könnten, da in diesem Moment Severus Snape den Gang betrat und die drei Ravenclaws misstrauisch betrachtete. „Und was haben die drei Herrschaften hier zu suchen?“ Überrascht blieben alle drei stehen. Harry sah sich um und erkannte, dass sie in der Nähe ihres Gemeinschaftsraum waren. Es gab keinen Grund, sie anzuhalten oder so zu tun, als würden sie nicht hierhin gehören. Ihr Hiersein war vollkommen legitim. „Wir... sind auf den Weg in unseren Gemeinschaftsraum, Sir“, antwortete Stephen. Severus hob eine Augenbraue. „Nun, das will ich aber auch hoffen. Wissen Sie eigentlich, wie spät es ist? Sie alle müssten schon längst von den Gängen verschwunden sein! Fünf Punkte Abzug von Ravenclaw – für jeden von Ihnen. Und jetzt machen Sie, dass Sie hier weg kommen, bevor es noch mehr werden!“ Harry sah auf seine Uhr. Es war noch eine halbe Stunde bis zur Ausgangssperre. Da hatte wohl jemand einen schlechten Tag erwischt. Cho und Stephen warfen ihm auch sofort einen vernichtenden Blick zu und machten sich auf den Weg. Harry wollte ihnen gerade folgen, als Severus rief: „Mr. Potter, warten Sie bitte einen Moment. Ich muss mit Ihnen sprechen.“ Die anderen beiden sahen ihn mitleidig an, ehe sie machten, dass sie wegkamen. Kein Schüler verbrachte gerne Zeit mit Severus Snape. „Komm mit“, sagte er, sobald Cho und Stephen außer Hörweite waren. Also folgte Harry ihm bis – welche Überraschung – zu seinem Büro. Der Gedanke, dass er den ganzen Weg danach zurücklaufen musste, war nicht sonderlich erheiternd. Na ja, wenigstens blieb er solange von Cho verschont. Das war etwas Gutes. Heute köchelte ausnahmsweise kein Trank in den Kesseln des Zaubertrankmeisters, dafür lag ein angenehmer Geruch nach Weihnachtsplätzchen in der Luft. Wer hätte gedacht, dass Severus Snape ein Fan von Weihnachtsplätzchen war? Er jedenfalls nicht. „Etwas heiße Schokolade, nehme ich an?“, murmelte der Mann, sobald sie sich auf seinen Ledersesseln niedergelassen hatten. „Wahrscheinlich auch Kekse?“ „Du kennst mich zu gut“, entgegnete Harry grinsend. Was sollte er machen? Er liebte heiße Schokolade! „Nun, das sollte ich aber auch, nach all den Okklumentikstunden, die wir zusammen hatten. Es wäre wirklich erbärmlich, wenn ich da nicht zumindest deine Neigungen in Sachen Essen und Trinken kennen würde.“ Dankbar nahm Harry seine Tasse mit heißer Schokolade entgegen und begann langsam, daran zu nippen. Währenddessen hatte Severus sich mit einem Weinglas ausgestattet und genehmigte sich ebenfalls ein paar Schlückchen. Eine Weile saßen sie einfach nur so da – schweigend, die Anwesenheit des anderen genießend – bis der Ältere sich dazu entschloss, die Stille zu brechen: „Warum gehst du zu Lily und James?“ Langsam stellte Harry seine Tasse auf dem kleinen Couchtisch vor ihm ab. Er hatte sich schon gefragt, wann diese Frage kommen würde. Severus war einfach zu ruhig gewesen, als er erfahren hatte, wo er Weihnachten verbringen würde. Womit er nicht gerechnet hatte, war die Tatsache, dass er bis zum letzten Tag warten würde. Morgen war es für die Schüler an der Zeit zu ihren Familien zurückzukehren. Soweit Harry wusste, blieben dieses Jahr nur wenige über Weihnachten in der Schule, alle brannten darauf endlich nach Hause zu kommen und er konnte es ihnen nicht verdenken. Die Atmosphäre in Hogwarts war seit neuestem seltsam angespannt, was vor allem daran liegen konnte, dass Albus Dumbledore in letzter Zeit oft seltsam beunruhigt wirkte und die Slyhterins sich noch mehr von den anderen Häusern isolierten, als sonst. Draco war der Meinung, dass es an Harry lag. „Du hast es immer geschafft, uns dazu zu bringen, zu den anderen freundlich zu sein und zumindest zu versuchen, mit ihnen auszukommen. Aber seitdem du wirklich nur noch mit Longbottom und Granger herumhängst, fühlt es sich an, als wären wir von dir verraten worden. Natürlich ist das blödsinnig, aber... es fühlt sich trotzdem so an.“ Wenn Draco ihm damit ein schlechtes Gewissen machen wollte, konnte er es vergessen. Er hatte sie nicht verraten. Gut, er hatte in den letzten beiden Monaten tatsächlich mit keinen von ihnen außer Draco und Severus gesprochen, aber trotzdem. Es war nicht so, als hätte er plötzlich vor, sich Dumbledores seltsamen Phönixorden anzuschließen und den dunklen Lord zu vernichten. Er wollte nur seine Eltern besuchen. War das denn so verkehrt? Offensichtlich ja. „Sie haben dich elf Jahre lang bei Narcissa und Lucius gelassen, haben sich nicht im Geringsten darum gekümmert, wie es dir geht oder was du tust. Sie hatten noch nicht einmal gewusst, dass du zu den beiden gekommen bist! Und jetzt, wo sie plötzlich wieder auftauchen und ihnen auf einmal eingefallen ist, dass du auch noch existierst, willst du ihnen einfach vergeben und mit ihnen Weihnachten verbringen?“ Harry seufzte. Er hatte gewusst, dass so etwas kommen würde. „Wo soll ich deiner Meinung nach denn sonst hin? Hier in Hogwarts bleiben? Neville besuchen? Zu Narcissa zurück?“ „Du hättest zu mir kommen können!“, rief der Mann aufgebracht. „Nur ein Wort von dir, Harry und ich hätte dich mit Freuden aufgenommen. Nur ein Wort und...“ „Sev...“, unterbrach Harry ihn sanft. „Meine Mutter wird James nicht verlassen, nur weil du versuchst, mir ein besserer Vater zu sein. Sie liebt ihn. Nicht dich.“ „Das hier hat weder etwas mit Lily, noch mit James zu tun!“, entgegnete Severus. „Es geht um dich!“ „Ich bin nicht dumm, Severus. Oder glaubst du, ich hätte nicht gemerkt, wie plötzlich sich unsere Beziehung verbessert hat, seit sie wieder da sind? Remus hat mir erzählt, wann sie in den Orden eingeführt worden sind, es war kurz vor dem Tag, an dem wir uns bei Fred und George trafen.“ Severus saß einfach nur da und starrte ihn an. Sein Gesicht war dabei das des perfekten Legilimentikers. Vollkommen ausdruckslos. Undurchschaubar. Genau wie Lucius bei ihrem letzten Gespräch. „Ich liebe dich, Sev“, sagte Harry. Für einen kurzen Moment entglitt ihm die Maske, doch er fing sich sofort wieder. Aber das war zu erwarten gewesen. „Und ich weiß, dass du mich auch liebst. Die Frage ist nur warum. Wegen mir? Oder weil ich Lily Evans Sohn bin?“ Die Flammen im Kamin klangen heute ungewöhnlich laut. Aber es könnte auch daran liegen, dass sie schon wieder schwiegen. „Harry...“, flüsterte Severus, doch der Jüngere schüttelte mit den Kopf. „Ich hatte mir von Anfang an gedacht, dass irgendetwas dahinterstecken musste. Genauso wie meine Eltern hattest du dich elf Jahre lang so gut wie gar nicht um mich gekümmert und dann kamst du an und hast unauffällig versucht, mir nahe zu kommen. Es war seltsam, aber ich habe es zugelassen. Ich habe dir eine Chance gegeben und ich bin auch froh darüber. Deshalb muss ich auch den beiden eine Chance geben. Das, was sie getan haben, tat weh, aber ihnen muss es noch viel mehr weh getan haben. Verstehst du das?“ „Natürlich“, entgegnete Severus, klang dabei jedoch resigniert. Harry konnte es ihm nicht verdenken. Er an seiner Stelle wäre es auch. „Ist das alles, was du mit mir besprechen wolltest?“, fragte er deshalb und griff wieder nach seiner heißen Schokolade. Wobei sie inzwischen kalt geworden war. Aber wozu gab es denn sonst Wärmezauber? Eilig sprach er einen aus und nippte danach zufrieden an seinem Lieblingsgetränk. Schon viel besser. „Nein, natürlich nicht“, seufzte Severus. „Ich wollte dich fragen, ob du immer noch Alpträume hast.“ „Überraschenderweise nicht“, erwiderte Harry stirnrunzelnd. „Vor etwa einer Woche haben sie urplötzlich aufgehört.“ Sein Patenonkel nickte. „Das habe ich mir gedacht.“ „Oh?“ „Seit einer Woche machen die Gespräche mit dem dunklen Lord wieder Sinn und zwar auch jene, die nichts mit dir zu tun haben. Er muss tatsächlich aufgehört haben, den Trank zu nehmen, woran wir sehen können, dass er tatsächlich mit deinen Träumen zusammenhing.“ „Das macht Sinn“, antwortete Harry nickend. „Aber warum?“ „Das weiß ich nicht“, sagte Severus, ehe sie beide wieder in Schweigen verfielen. Nachdenklich trank der junge Potter seine Schokolade aus. Es war tatsächlich sehr seltsam. Warum hatte er Alpträume, weil Tom einen Trank konsumierte, der ihn wahnsinnig machte? Und warum hatte er gerade von Lilienblättern – hatte Tom nicht nach Lilien gerochen? – und dem Kadaver einer Schlange geträumt? Weshalb hatte der Trank zu wirken aufgehört, wenn er in der Nähe war? Was ging hier eigentlich vor sich? „Du solltest langsam in deinen Gemeinschaftsraum zurückkehren“, unterbrach Severus schließlich seinen Gedankengang. „Ich gebe zu, dass meine Anschuldigung vorhin unangebracht gewesen ist, aber inzwischen haben wir tatsächlich die Sperrstunde überschritten. Darüber hinaus liegt morgen ein langer Tag vor dir. Da solltest du noch etwas Schlaf bekommen.“ Harry stand nickend auf. „Da hast du vollkommen Recht. Ich wünsche dir frohe Weihnachten.“ „Ich dir auch“, erwiderte er sanft. Plötzlich wurde er wieder ernst. „Falls du bei ihnen Probleme hast oder sonst Hilfe brauchst... du weißt, wo du mich findest.“ Der Jüngere lächelte. „Danke, Sev.“ ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Der nächste Morgen kam plötzlich und viel zu schnell. Irgendwann zwischen roten Augen und schwarzer Dunkelheit erwachte er durch das Licht, das plötzlich auf sein Gesicht fiel. „Es ist Tag, Harry!“, rief Stephen mit einer guten Laune, die verboten sein sollte. „Normalerweise bist du schon seit Stunden auf den Beinen! Es wird Zeit, dass du aufstehst, mein Freund! Professor Lupin hat schon zweimal nach dir schicken lassen!“ Gähnend richtete Harry sich auf. „Wie spät ist es denn?“ „Um acht!“, verkündete sein Zimmergenosse munter und holte von irgendwoher seinen Koffer hervor, den er auch sogleich zu packen begann. Einen Augenblick lang starrte Harry ihn an. Dann ließ er seinen Oberkörper wieder auf sein Bett plumpsen und drehte dem Jungen den Rücken zu. „Weck' mich, wenn du fertig bist.“ Beinahe sofort wurde er mit einem Kissen beworfen, was ihn dazu brachte, sich verärgert herumzudrehen. „Vergiss es, Harry!“, sagte Stephen fröhlich, während er nach dem nächsten Kissen griff. „Du wirst jetzt aufstehen, dich zurecht machen und mit deinem gepackten Koffer zu Professor Lupin gehen!“ „Und was ist, wenn ich es nicht tue?“, fragte er misstrauisch. „Dann“, sagte der andere grinsend, „hole ich Wasser.“ Das würde er wirklich tun. Grummelnd setzte er sich wieder auf und fuhr sich verschlafen durch sein Haar. In letzter Zeit war er ein richtiger Morgenmuffel geworden. Während er früher stets hellwach gewesen war, wenn die Morgendämmerung einsetzte, wollte er jetzt am liebsten den ganzen Tag schlafen. Ob es etwas damit zu tun hatte, dass er über Monate von Alpträumen verfolgt worden war? Vielleicht holte er jetzt einfach den ganzen Schlaf nach, der ihm solange verwehrt geblieben war. „Komm schon, Harry!“, rief Stephen aufmunternd. „In ein paar Stunden bist du Zuhause bei deinen sogenannten Eltern, die sicher alles tun werden, um dich glücklich zu machen. Da kannst du dich sicher für den Rest des Tages hinlegen und schlafen.“ „Da wirst du wohl Recht haben“, entgegnete er gähnend und stieg mit einer fließenden Bewegung aus dem Bett. Wie war er eigentlich noch einmal auf die Idee gekommen, zu den Potters zu gehen? Ach ja, er wollte dem Rest der Welt irgendwie entkommen und das war der annehmbarste Weg gewesen. Also dann, Harry. Augen zu und durch. Eine halbe Stunde später fand er sich fertig angezogen, frisiert und mit seinem vollen Koffer in Remus' Büro wieder. Der Werwolf warf ihm einen bösen Blick zu, als er den Raum betrat. „Ich warte schon eine Stunde auf dich!“ „Entschuldige bitte, Remus“, entgegnete er mit einem schuldbewussten Lächeln, das die Augen seines Patenonkels sofort wieder sanft werden ließ. „Ich war nur so müde...“ „Du siehst tatsächlich etwas blass aus“, stellte er besorgt fest. „Nicht, dass du wieder krank wirst...“ „Mir geht es gut. Ich bin nur müde. Können wir jetzt los?“ ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Nachdem die Potters nach England zurückgekehrt waren, hatten sie für kurze Zeit in einem Londoner Apartment gelebt. Allerdings war es nur eine Übergangslösung gewesen, da sie schon sehr bald damit begonnen hatten, ihr altes Haus in Godric's Hollow wieder herzurichten. Warum es all die Jahre leer geblieben war, wusste niemand so genau. Vielleicht hatte Dumbledore seine Finger im Spiel gehabt, vielleicht hatte die Familie sich geweigert, das Haus aufzugeben, denn tatsächlich stammte James Potter aus einer alten und fast ebenso verzweigten Familie wie die Blacks. Oder aber es war das Schicksal selbst gewesen, das seine Finger nach diesem Ort ausgestreckt hatte. Was immer es auch gewesen sein mochte, sie hatten das Haus wieder und es sah beinahe ebenso einladend und gemütlich aus, wie vor knapp elf Jahren, als das letzte Mal jemand darin gelebt hatte. Es war ein Haus im viktorianischen Queen-Anne-Stil. Die Außenfassade war in einem dunklen Grünton gestrichen, der gut zu den Bäumen passte, die das ganze Grundstück umsäumten. Es waren alte Bäume – Eichen, Buchen, Linden – die in dieser Jahreszeit mit Schnee bedeckt waren und nichts von den Blättern sehen ließen, die sonst das Bild der perfekten Heimat vervollkommnten. Innerhalb des Gebäudes herrschte ebenfalls eine ruhige, friedliche Atmosphäre. Es gab unzählige Zimmer – manche kleiner, manche größer – die genug Platz für eine achtköpfige Familie geboten hätte. Die ganze Familie Weasley hätte hier Platz finden können, dachte Fred, während er in der Küche saß und dem Gespräche zwischen Lily und George lauschte. Sicher hatte das junge Ehepaar vor knapp achtzehn Jahren, als sie hier eingezogen waren, vorgehabt, eine große Familie zu gründen. Harry hätte niemals ein Einzelkind bleiben sollen und doch.... und doch... Aber es war ein guter Ort für Harry, beschloss er. Sein junger Freund würde sich hier sicher vollkommen wohl fühlen und wenn Lily und James ihn auch nur ansatzweise so behandelten, wie er und sein Bruder behandelt wurden, würde er hier bald eine wunderbare Familie finden. Wahrscheinlich war das wirklich das Beste für ihn. Anfangs waren die Zwillinge selbstverständlich misstrauisch gewesen. Sie hatten Harrys Tränen, seine Verzweiflung gesehen und für einen Moment hatten sie sowohl die Potters, als auch die Malfoys gehasst. Als sie jedoch auf einer Ordenssitzung hörten, dass er sich dazu entschlossen hatte, hier Weihnachten zu verbringen, waren sie zu dem Schluss gekommen, ihre Meinung noch einmal zu überdenken. Wenn Harry glaubte, dass sie es wert waren, bei ihnen die Ferien zu verbringen, konnten sie gar nicht so schlecht sein. Dies war der Grund, weshalb sie hier waren. Sie hatten sich selbst davon überzeugen wollen, dass es ihm hier gut gehen würde. Hätten sie auch nur die geringsten Zweifel gehabt, hätten sie ihn bei seiner Ankunft entführt und zu diesem geheimnisvollen Fremden gebracht, der es offenbar geschafft hatte, sein Herz zu gewinnen. Dort wäre er sicher am besten aufgehoben gewesen, doch zum Glück waren Lily und James äußerst annehmbar und so würden sie ihn in ihrer Obhut lassen – vorerst. „Möchtest du noch etwas Kaffee?“, fragte Lily plötzlich. Fred schenkte ihr ein breites Grinsen. „Nein danke, Mrs. Potter. Wenn ich noch mehr trinke, werde ich die ganze nächste Woche kein Auge mehr zumachen.“ „Alles klar“, erwiderte sie lächelnd. „Ich bin so froh, dass Harry zwei so gute Freunde wie euch hat. Ihr müsst euch sicher sehr nahe stehen.“ //Sie haben ja keine Ahnung.// „Ja, nach Felice, Luna, Neville und Hermione sind wir sicher die nächsten auf der Liste“, meinte George scherzhaft. „Harry ist ein Mensch, den viele lieben.“ Ein seltsamer Ausdruck legte sich auf ihr Gesicht, den Fred – wenn er es nicht besser wüsste – als schmerzvoll oder gar traurig bezeichnet hätte. Aber das konnte nicht sein. Sie redeten über etwas gutes oder etwa nicht? „Ja“, flüsterte Lily und wandte sich ab, um die Kaffeekanne auf die Anrichte zu stellen. „Harry ist ein geliebter Mensch.“ Verwirrt wechselten die Zwillinge einen Blick, doch ehe einer von ihnen etwas sagen konnte, hörten sie ein lautes Poltern aus dem Wohnzimmer kommen. Verdutzt drehte sich Lily um, während die beiden grinsten. „Was war das denn?“, fragte sie verdutzt. Das Grinsen der Zwillinge wurde breiter. „Harry.“ ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Hatte er schon einmal erwähnt, wie sehr er Flohpulver hasste? Nein? Nun, dann war dieser Moment genau richtig dafür. Fluchend rappelte Harry sich auf und klopfte sich die Asche von seinem Umhang, bevor er dazu überging, seine Umgebung zu analysieren. Helle, große Fenster, die viel Licht hereinließen. Schicke, altertümliche Möbel, die an ein vergangenes Jahrhundert erinnerten, aber dennoch oder vielleicht gerade deshalb gemütlich wirkten. Ein paar Regale mit Büchern, Geschirr und... Pokalen? Außerdem Pflanzen, jede menge Pflanzen und mehrere kitschige Staubfänger in Form von kleinen Tieren oder seltsamen Gebilden, die keinem anderen Zweck dienten, als hübsch auszusehen. Die Gardinen waren der letzte Beweis: In diesem Haus hatte eine Frau das Sagen. Irgendwie hatte Harry das dumpfe Gefühl, das auch seine und Remus' Anwesenheit diese Hierarchie nicht würde ändern können. Plötzlich loderten die Flammen auf und Remus trat elegant aus ihnen heraus. Er brauchte nur einen Blick auf Harry zu werfen, um in lautes Gelächter auszubrechen. „Genauso wie James!“, erklärte er auf seinen fragenden Blick hin. „Er konnte auch nie mit Flohpulver umgehen!“ Toll. Da hatte er schon etwas von seinem Vater geerbt und dann musste es das sein. Da wäre er doch lieber ein Quidditchfanatiker geworden – obwohl, vielleicht doch lieber nicht. Immer noch lachend lief Remus auf eine offene Tür zu. „Lily? James? Ist jemand da? Wir sind angekommen!“ „In der Küche!“, hörten sie Harrys Mutter rufen und da er nichts anderes zu tun hatte, folgte der Junge dem Werwolf dorthin. Sie sah genauso aus, wie er es in Erinnerung hatte. Eine hübsche Einrichtung, die wie die Außenfassade in einen dunklen Grünton gehalten war, große Fenster, die den Blick auf die Straße freigaben und der Geruch nach frischem Kuchen, inklusive Kaffee. In der Mitte des Raumes war der große Küchentisch, bedeckt von einer hübschen Tischdecke und mit einem großen Weihnachtskranz dekoriert. An ihm saßen Fred und George Weasley, die ihm beide ein identisches, breites Grinsen schenkten, als sie seinen Blick auffingen. Seine Mutter stand an der Anrichte und ihre Augen fingen an zu leuchten, als sie ihn erkannte. Die Anderen mochten sagen, was immer sie wollten, Lily liebte ihn und er wäre nicht unbedingt herzlos, aber auf jeden Fall nicht nett, wenn er diese Liebe einfach ignorieren würde. Sie war für fünf wunderbare Jahre seine Mutter gewesen und vielleicht könnte sie es wieder sein. Vielleicht... was für ein albernes Wort. Offenbar verlor er tatsächlich langsam seinen Verstand. „Harry“, flüsterte Lily. „Wie schön, dass du gekommen bist.“ „Ich freue mich auch, hier zu sein.“ Das stimmte. Obwohl er es nie geglaubt hätte – genaugenommen konnte er es selbst jetzt noch nicht ganz glauben – tat es gut, hier zu sein. Es war, als wäre er nach langer Zeit endlich Zuhause angekommen. Ob es jedem so ging, der nach langer Abwesenheit in sein Elternhaus zurückkehrte? „Das ist alles?“, fragte plötzlich George enttäuscht. Die beiden Potters wandten sich ihm fragend zu, während Remus sich wohlweislich im Hintergrund hielt. „Keine dramatische Wiedersehensfreude? Keine Tränen? Keine Umarmungen? Ich hätte wirklich mehr erwartet.“ „Wenn du unbedingt Körperkontakt und freudige Liebeserklärungen haben willst, geh nach Muggellondon und schau dir im Kino eine Liebesschnulze an. Ich bin sicher, dass du dort auf deine Kosten kommen wirst“, kommentierte Harry seine Aussage trocken. Fred, Lily und Remus lachten, während Georges Grinsen einfach breiter wurde. „Wenn du mitkommst, Liebster, gibt es nichts, was mich aufhalten würde.“ Nun war es an Harry zu grinsen. „Bekomm ich auch Popcorn?“ „Soviel du willst, Darling!“ „Cool!“, rief er mit äußerst überzeugender Begeisterung. „Wann gehen wir los?“ Verblüfft wurde er angesehen, ehe George sich zu seinem Bruder umwandte. „Ich hab ein Date mit Harry, Bruderherz. Es könnte also spät werden.“ „Nichts da! Du kommst mit mir! Der Laden öffnet in einer halben Stunde und ich werde ihn nicht alleine führen, verstehst du? Wir werden Harry jetzt schön alleine mit seiner Familie lassen. Immerhin müssen sie sich erst kennenlernen, schon vergessen?“ „Aber Fred!“, empörte sich George. „Du kennst Harry! Dieses Angebot ist einmalig! Ich werde es nie wieder bekommen!“ „Ein weiterer Grund, mit mir in den Laden zu kommen“, entgegnete Fred herzlos. „So wirst du wenigstens vor dem elenden Schicksal geschützt, bis zum Ende deines Lebens einer Erinnerung hinterherzujagen.“ „Aber...“ „Jetzt ist wirklich genug!“, rief Fred und stand auf. „Vielen Dank für den Kaffee, Mrs. Potter, aber wir müssen nun wirklich los.“ „Natürlich“, sagte Lily lächelnd. „Kommt jederzeit wieder vorbei.“ „Das hättest du lieber nicht sagen sollen“, murmelte Harry, während die Zwillinge sie ansahen, als wäre sie ein Engel. „Jetzt wirst du sie nie wieder los.“ ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ „Wo ist eigentlich James?“, fragte Remus, als sie sich etwas später zu dritt am Küchentisch saßen und – im Falle von ihm und Harry – ein verspätetes Frühstück einnahmen. „Er war so froh, dass wir kommen würden, dass ich glaubte, er würde sofort ins Wohnzimmer gerannt kommen und uns mit einer Umarmung erwürgen.“ Ja, das sah seinem Vater tatsächlich ähnlich, dachte der einzige Minderjährige im Raum. Wo also steckte er? „Soweit ich weiß, ist er mit unserem Besuch in die Winkelgasse gegangen, um ein paar letzte Besorgungen zu machen. Sie müssten aber jeden Moment wieder hier sein.“ „Besuch?“, fragte Harry. Lily lächelte ihm wohlwollend zu. „Ein Waisenkind, das über Weihnachten keinen Ort zum Bleiben hat. Albus hat uns gebeten, sie aufzunehmen und wie hätten wir nein sagen können? Sie ist ein wirklich liebevolles Mädchen, ich bin sicher, du wirst dich gut mit ihr verstehen. Tatsächlich hat sie erzählt, dass ihr euch kennen würdet.“ //Ein Waisekind? Weiblich? Mit dem ich mich verstehe? Das zudem keinen Ort zum Bleiben hat? Doch nicht etwa...?// Plötzlich wurde die Küchentür aufgerissen und im nächsten Moment schlangen sich zwei schlanke Arme um seinen Nacken. Blondes, langes, glattes Haar. Ein Parfüm, das an Rosen erinnerte. Und ihre Stimme, ihre wundervoll, liebevolle Stimme, die er mehr vermisst hatte, als er es realisiert hatte. „Harry!“, schrie Luna Lovegood. „Endlich bist du da!“ ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Liebe Felice, manchmal ist das Leben äußerst merkwürdig. Vor einem Jahr hätte ich nie geglaubt, Weihnachten jemals wieder mit meinen Eltern zu feiern. Genauso wenig wie ich gedacht hätte, jemals wieder Harry Potter zu werden. Weißt du, eigentlich ist es seltsam. Bis ich Remus auf der Quidditchweltmeisterschaft traf, hatte ich nie genauer über sie nachgedacht. Obwohl ich immer gewusst hatte, dass sie existierten und dass sie mich im Stich gelassen hatten, war es davor so, als wäre das alles nie passiert. So, als wären sie wirklich gestorben und ich ein Waisenkind. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, ich hätte es vergessen, aber das ist unmöglich, oder? So etwas kann man überhaupt nicht vergessen? Und Lucius... ich hatte immer darauf gewartet, dass er mir irgendetwas sagt, aber erst jetzt ist mir klar geworden, was genau es war. Fel, werde ich jetzt verrückt? Ich habe das Gefühl, dass hier mehr vor sich geht, als mir bisher bewusst ist. Irgendetwas geht hier vor. Die Frage ist nur, von wem es ausgeht: Dem dunklen Lord oder Dumbledore? Nun, wir werden es schnell genug herausfinden. Ich wünsche dir ein wunderbares Weihnachtsfest. In Liebe, Harry. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)