Time Changed Everything von Riafya (HP/LV) ================================================================================ Kapitel 8: Tom's Diary ---------------------- Ein neues Kapitel, ein neues Glück! Oder auch nicht. ^^“ Auf jeden Fall: Herzlich willkommen, liebe Leser. Es ist schön, dass ihr wieder hierher gefunden habt! Besonders begrüße ich all jene, die mir zum letzten Kapitel ein Kommi hinterlassen haben. Ich habe mich wie immer sehr gefreut und sofort fleißig weitergeschrieben! Deshalb hoffe ich, dass euch dieses Kapitel gefällt und werde euch auch nicht länger mit meinen langweiligen Vorreden stören! Bis bald, eure Ayako ___________________________________ Tom's Diary Liebe Felice, kennst du das Gefühl, dir zu wünschen, du hättest jemanden, mit dem du reden könntest, ohne zu fürchten, dass alles, was du sagst, irgendwann gegen dich verwendet wird? In letzter Zeit habe ich es oft. Natürlich weiß ich, dass ich dir alles erzählen kann und du es wahrscheinlich nicht gegen mich verwenden wirst, aber es ist einfach nicht dasselbe. Das Problem ist nur, dass ich nicht weiß, was genau ich mir eigentlich wünsche. Vielleicht... eine Familie? Ich sollte aufhören, mir solch lächerliche Gedanken zu machen. Liebe Grüße, Harry. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Vorsichtig tasteten ihren Hände über den schwarzen Ledereinband des Notizbuches. Dabei murmelte sie unverständlich vor sich her, während ab und an ein schwacher Lichtstrahl um den Gegenstand sauste. Es gab nichts, was Harry mehr an Fleur Delacour faszinierte, als ihre Fähigkeit, zauberstablose Magie zu verwenden. Besonders, da es ihr niemand zugetraut hätte. Wahrscheinlich lag es an dem Veelablut, das tief in ihrer Familie verankert war, dass sie diese Kunst schon mit so jungen Jahren beherrschte. Anders konnte er es sich zumindest nicht erklären. „Je suis désolée, 'Arry“, sagte sie und sah ihn bedauernd an. „Aber ich kann nichts finden.“ „Pas de souci!“, entgegnete er lächelnd. „Aber danke für die Hilfe.“ „Immer wieder gerne“, meinte sie und gab ihm das Buch zurück. Er schenkte ihr noch ein letztes Lächeln, bevor er ihr Zimmer wieder verließ und sich auf die Suche nach Felice machte. Wie er es sich gedacht hatte, hatte Fleurs Untersuchung nichts ergeben. Bedeutete das, dieses Notizbuch war tatsächlich vollkommen gewöhnlich? Aber warum hatte Lucius es dann im Weinkeller versteckt? Er verstand es nicht. Langsam schlenderte er durch die Villa der Familie Delacour. Sie war – im Vergleich zu dem Anwesen der Malfoys – klein, aber dennoch groß genug, dass es eine Weile dauern konnte, bis man die Person fand, die man gerade suchte. Wenn man aus dem Fenster sah, konnte man meilenweit nur Lavendelfelder sehen, die ab und an durch kleinere Dörfer oder Bäume abgelöst wurden. Eine einzige Straße führte durch sie hindurch und wenn man ihr folgte, würde man früher oder später an einem Strand landen. Es war Hochsommer, die Sonne schien und man war froh, ein schattiges Plätzchen zu finden. Trotz allem liebte Harry diesen Ort mehr als jeden anderen auf der Welt. Irgendwann, das hatte er sich fest vorgenommen, würde auch er ein Haus in der Provence besitzen. Er fand Felice auf der Veranda, wo sie mit Gabrielle, der jüngste Tochter der Familie, Schach spielte. Sobald er zu ihnen stieß, drehten sich beide strahlend zu ihm um, bevor sie sich wieder dem Spiel widmeten. Da er nichts anderes zu tun hatte, beschloss Harry, den Beiden zuzusehen. Es war eine äußerst langweilige Partie, da Felice von Anfang an dominierte und zum Schluss gewann. Doch immerhin hatte sie es so schnell beendet, weshalb sie kurz darauf zu zweit die verschlungenen Pfade zwischen dem Lavendel entlangwanderten, in denen man sich schnell verlaufen konnte. „Und? Hat Fleur etwas finden können?“ „Nein. Es muss ein vollkommen gewöhnliches Notizbuch sein.“ Felice runzelte die Stirn. „Aber warum war es dann versteckt? Das macht keinen Sinn.“ „Vieles in meinem Leben macht keinen Sinn. Hast du das noch nicht mitbekommen?“ Betrübt ließ er seinen Blick über den Lavendel gleiten, der sie umgab. Selbst seine Schönheit konnte ihn im Moment nicht aufheitern. „Manchmal wünschte ich, meine Eltern wären nie gestorben. Dann wäre ich niemals zu Narcissa und Lucius gekommen und müsste nicht darüber nachdenken, wer der größere Psychopath ist: Dumbledore oder der dunkle Lord.“ „Du hättest so oder so darüber nachgedacht“, entgegnete sie lächelnd. „Dein Kopf hätte es nicht zugelassen, dass du einfach jemanden blind folgst. Remus' Auftauchen macht dir wirklich zu schaffen, oder?“ Nickend senkte Harry seinen Blick. „Er... er war mir wichtig. Sehr wichtig. Und eigentlich ist er es immer noch. Aber er ist auf Dumbledores Seite. Ich kann ihm nicht vertrauen.“ „Warum bist du dir da so sicher?“, hakte sie nach und er drehte sich überrascht zu ihr um. Eigentlich stimmte ihm Felice sonst immer in diesem Punkt zu. „Wie meinen?“ „Warum bist du dir so sicher, dass Dumbledore unrecht hat?“, fuhr sie hartnäckig fort. „Das tust du sicher nur, weil du bei den Malfoys aufgewachsen bist, weil du das elf Jahre lang erzählt bekommen hast und niemals daran dachtest, daran zu zweifeln, oder? Außerdem war es einfacher, zu wiederholen, was sie hören wollten.“ „Willst du damit etwa sagen, dass sie falsch liegen und Dumbledore Recht hat?“, fragte er skeptisch. „Nein. Ich möchte wissen, ob du glaubst, dass er falsch liegt oder ob das die Meinung ist, die du seit Jahren gehört hast.“ Sie hielt in ihrer Rede inne und wartete darauf, dass er antwortete. Als er nach zwei Minuten immer noch schwieg, fuhr sie fort: „Dumbledore hat viele Anhänger. Eine ganze menge Leute stimmen mit ihm überein. Dafür muss es doch irgendeinen Grund geben oder irren sie sich etwa alle? Gib mir einen guten Grund, warum er falsch liegt. Einen logischen Grund, dem niemand widersprechen kann.“ Harry starrte sie wie vom Donner gerührt an. Ein guter Grund warum Dumbledore unrecht hatte? Da gab es tausende! Oder etwa nicht? Bevor er weiter darüber nachdenken konnte, war aus der Ferne ein Bellen zu hören und im nächsten Augenblick sah er einen riesigen, schwarzen Hund auf sich zu rennen, der ihn unwillkürlich an einen Grimm erinnerten. Kurz darauf hatte er sie erreichte und begann fröhlich vor ihnen hin und her zu hüpfen, während sein Schwanz wie wild wedelte und er offensichtlich auf eine intensive Streicheleinheit hoffte. Lachend gewährte Felice ihm diesen Wunsch und der Hund legte sich zufrieden mitten auf den kleinen Pfad zwischen dem Lavendel, damit sie besseren Zugang zu seinem Fell hatte. Währenddessen stand Harry einfach nur da und beobachtete die Szene verblüfft. Wo kam dieser Hund her? „Das ist Schnuffel!“, klärte sie ihn auf. „Er ist Regulus' Hund und muss ihm mal wieder entkommen sein. Die Beiden laufen oft hier entlang, um rein zufällig zu Besuch zu kommen.“ Nun musste auch er lachen. „Das ist verständlich, bei den drei reizenden, unverheirateten Mädchen, die in eurem Haus leben. Da kann ein Mann sicher nur schwer widerstehen.“ „Stimmt“, meinte sie kichernd, bevor sie den Blick hob und sich ein seltsamer Ausdruck auf ihrem Gesicht ausbreitete. Neugierig sah auch Harry auf und entdeckte einen keuchenden Regulus auf sie zu rennen. In seiner Hand flatterte nutzlos eine Leine hin und her, aus die sich Schnuffel offensichtlich befreit haben musste. „Entschuldigt bitte!“, rief er auf Englisch, als er Harry erkannte. „Dieser Hund treibt mich in den Wahnsinn.“ „Schick ihn doch zu einer Hundeschule“, schlug Felice lachend vor, was Schnuffel mit einem wütenden Bellen kommentierte. „Ach, das wird bei ihm nichts nützten“, meinte Regulus und verzog sein Gesicht. „Dieser Hund ist einfach unerziehbar. Aber was für eine freudige Überraschung, dich hier zu sehen, Harry. Ich wusste gar nicht, dass du kommst.“ Schnuffel hielt plötzlich mitten in seiner Bewegung inne, als er seinen Namen hörte und schaute zu ihm hinauf. Wenn Harry es nicht besser wissen würde, hätte er geglaubt, dass er ihn forschend ansah. Aber... er war doch nur ein Hund, also wieso... Es könnte natürlich sein... sie sahen sich zumindest ähnlich und Regulus war sein Bruder. Andererseits nein. Das konnte kaum möglich sein. Oder? „Ich freue mich auch, dich wiederzusehen, Regulus. Ich bin eine Woche hier, um Felice zu besuchen.“ „Ach, tatsächlich?“, erwiderte er und sein Lächeln wirkte plötzlich seltsam gekünstelt, während sein Blick zwischen ihnen herflackerte. Harry brauchte nur einen Moment, um die Situation zu analysieren und drehte sich fragend zu Felice um. //Regulus denkt, wir sind ein Paar?// Ihre Mundwinkel zuckten verdächtig, was er als ein Ja deutete. //Und er steht auf dich.// Das brauchte sie ihm nicht zu beantworten, jeder, der nach den Anzeichen suchte, konnte sie finden. Die Frage war nur, ob Felice... „Ich stehe nicht auf sie!“, rief er plötzlich, was Harry und Schnuffel dazu brachte, ihn verdutzt anzusehen. Hatte er das etwa laut gesagt? „Regulus ist ein Empath“, erklärte Felice ihm. „Er unterrichtet mich.“ Für einen Moment wurde sie von allen angestarrt, doch dann begriff Harry, was genau sie da eigentlich gesagt hatte. Regulus war ein Empath. Er konnte also jeden seiner Gedanken hören. Er konnte also auch alle Gedanken hören, als sie bei der Quidditchweltmeisterschaft waren. Aber wenn das so war... „Warum hast du ihm das verraten?“, beschwerte sich Regulus aufgebracht. „Ganz einfach weil Harry clever genug ist, um es früher oder später selbst zu bemerken“, meinte sie schmollend. „Und er wäre wieder wütend auf mich gewesen, wenn ich es ihm nicht von selbst erzählt hätte.“ „Aber deshalb kannst du nicht einfach irgendjemanden meine Geheimnisse erzählen!“ „Ich erzähle sie nicht irgendjemanden, sondern meinem besten Freund! Außerdem ist es jetzt nicht so, als ob es wirklich ein Geheimnis wäre.“ Schweigend funkelten die Beiden sich an, bevor Regulus sich kopfschüttelnd Harry zu wandte. „Na gut, dann weißt du es nun einmal. Aber sag es bitte nicht weiter, okay?“ „Ähm... klar“, entgegnete er. Er musste zugeben, dass er etwas verwirrt war. In einem Moment war Regulus ein einfacher Kollege von Felices Ziehvater und im nächsten war er ein Empath und ihr Lehrer. Zumindest erklärte das, warum er sich ausgerechnet neben sie gesetzt hatte, als sie bei dem Endspiel gewesen waren. Er wusste, was Felice zur Zeit für eine Entwicklung durchmachte, da er sie selbst erlebt hatte. Er konnte sie also auf eine Art und Weise verstehen, wie Harry es niemals können würde. Vielleicht war es albern, aber dieser Gedanke machte ihn beinahe traurig. Plötzlich fiel ihm etwas auf. „Moment. Wenn du ein Empath bist, warum hast du Narcissa dann bei der Weltmeisterschaft auf meine Herkunft angesprochen?“ „Ganz einfach weil ich wirklich überrascht war, zu erfahren, dass sie einen zweiten Sohn hat“, erklärte er schulterzuckend. „Hätte ich gewusst, dass mehr dahintersteckt, hätte ich nie gefragt. Ich glaubte, es handle sich um eine vollkommen normale Adoption und nicht um eine, die man verheimlichen muss. Warum muss man sie eigentlich verheimlichen? Dumbledore und der dunkle Lord wissen ohnehin wer du bist.“ „Und das sind zwei Leute zu viel“, erklärte er und sah ihm fest in die Augen. Er wollte nicht dauernd daran erinnert werden, dass er niemanden mehr auf dieser Welt hatte, dass er im Grunde vollkommen auf sich allein gestellt war. Er hatte keine Familie. Er war allein. Die Malfoys gaben ihm zumindest die Illusion, dass dem nicht so war. Dass es doch jemanden gab, der sich um ihn kümmerte. Er wollte nicht mehr Harry Potter sein, denn dieser Junge war schwach und nicht in der Lage, die Menschen zu beschützen, die er liebte. „Und Harvey ist dazu in der Lage?“, fragte Felice sanft. „Ich sollte wirklich Okklumentik lernen, was?“, fragte er lächelnd. Keiner der Beiden antwortete ihm, doch er wusste auch so, dass er Recht hatte. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ An diesem Abend lag er alleine in seinem Zimmer und blätterte durch das geheimnisvolle Notizbuch des T.R. Riddle. Riddle... Rätsel... „Du bist ein Rätsel, weißt du das?“, fragte er, als er sanft mit seinen Händen über die Seiten fuhr. Er wusste selbst nicht so genau, warum er dieses Buch nicht einfach wegwarf. Aber immer, wenn er es in den vergangenen Tagen versucht hatte, war er nicht dazu in der Lage gewesen. //Beinahe als stünde ich unter einem Zauber, den ich nicht brechen kann.// Doch Fleur hatte nichts gefunden. Seufzend setzte er sich auf und fuhr sich mit einer Hand durchs Haar. Das war doch alles wahnsinnig! Warum machte er sich überhaupt so viele Gedanken darüber! Er hatte im Moment genug andere Probleme. Plötzlich fiel ihm ein, was seine Mutter, seine richtige Mutter, einmal gesagt hatte: „Wenn ich zu viele Probleme habe, schreibe ich sie auf.“ Und tat er das nicht immer, indem er Felice schrieb? Doch manchmal war es vielleicht einfach besser, wenn niemand anderes von den Problemen erfuhr. War das der Grund, weshalb er das Buch gefunden hatte? Nun, ausprobieren konnte nicht schaden – hoffte er zumindest. Eilig besorgte er sich eine Feder und ein Tintenfass und ließ sich vor dem Notizbuch nieder. Kurz überlegte er, bevor er die Feder über eine Seite führte und zögernd zu schreiben begann: Warum wollen alle, dass ich wieder zu Harry Potter werde? Gut... nicht alle wollten das. Die Malfoys sicher nicht und Felice war es wahrscheinlich egal. Dennoch fühlte er sich, als würde jeder wo... Erschrocken bemerkte er, dass unter seinen Worten Buchstaben erschienen waren, die er selbst nicht geschrieben hatte. //Was zum...?// Vielleicht, weil du selbst wieder Harry Potter werden willst? Die Schrift war elegant und gut leserlich. Es war eine Schrift, die er jemanden wie dem dunklen Lord zuordnen wü... //Moment!// Könnte es sein, dass dieser Mann dafür gesorgt hatte, dass er dieses Notizbuch erhielt, um ihn damit zu ärgern? Oder gar auszuspionieren? Es wäre ihm zuzutrauen. Andererseits, weshalb sollte er auf solche Methoden zurückgreifen? Das war einfach nicht seine Art. Wahrscheinlich bildete er zur Zeit einfach einen Voldemort-Komplex aus. Zumindest würde das erklären, warum er in letzter Zeit alles, was in seinem Leben passierte, mit diesem Mann assoziierte. Am besten versuchte er zuerst herauszufinden, wer da mit ihm kommunizierte. Wer bist du? Die Schrift zögerte nicht einen Moment mit ihrer Antwort: Tom Marvolo Riddle. Aber du kannst mich Tom nennen. Harry blinzelte. //Ah, daher die Initialen.// Warum kannst du mir antworten? Ich bin in diesem Tagebuch eingesperrt. //Tagebuch?// Er hatte es für ein vollkommen normales Notizbuch gehalten. Ich habe es freiwillig getan, um meine Erinnerungen als Sechzehnjähriger aufzubewahren. Aber damals wusste ich nicht, wie langweilig es werden würde. Wie lange bist du denn schon darin? Zulange. Doch sag, wer bist du, wenn du nicht mehr Harry Potter bist? Harry zögerte. Er wusste nichts von Tom, außer, dass er sich aus irgendeinen Grund in dieses Notizbuch eingesperrt hatte. Was, wenn das eine Lüge war? Wenn er doch ausspioniert werden sollte? //Aber von wem? Wahrscheinlich wirst du einfach paranoid.// Sie haben mich Harvey genannt. Harvey Malfoy. Aber meine Freunde nennen mich Harry. War es verrückt, sich einem Tagebuch anzuvertrauen, das zudem auch noch antwortete? Auf jeden Fall. Würde es irgendwann zu Schwierigkeiten führen? Mit absoluter Sicherheit. Würde er es trotzdem tun? Definitiv. Das waren seine Pottergene, ab und an musste er sich in Schwierigkeiten bringen. Außerdem war er überzeugt, dass er sich dort selbst wieder herausholen können würde, sobald die Zeit käme und solange konnte er einfach schauen, was ihm das alles bringen würde. Ein Malfoy? Was hat ein Potter in der Familie Malfoy zu suchen? Welches Jahr ist es überhaupt derzeit? Ohne wirklich darüber nachzudenken, was er tat, begann er Tom alles zu erzählen. Normalerweise hätte er es nie getan. Normalerweise hätte er sich niemals irgendjemanden so schnell anvertraut. Doch als er plötzlich bemerkte, wie der Morgen graute und er begriff, dass er nicht eine Sekunde geschlafen hatte, wusste er, dass er es nicht bereute. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Wenn man die Villa der Familie Delacour verließ und der einzigen richtigen Straße folgte, die es in dieser Gegend gab, fand man sich irgendwann an einem Strand wieder. Oder, um genauer zu sein, an einer Bucht, die einem das Gefühl verlieh, in der Karibik zu sein und nicht im Süden Frankreichs. In der Regel war hier das Wasser ruhig, doch an manchen Tagen rollten große Wellen auf das Ufer zu, die es unmöglich machten, einen Fuß in das Wasser zu setzen. Es war ein solcher Tag, als Harry barfuß durch den Sand lief und nach einem geeigneten Platz zum Lesen suchte. Dabei ließ er sich nicht von den großen Gewitterwolken stören, die am Horizont zu sehen waren. Zur Not würde er einfach in das Restaurant flüchten, welches nur einige hundert Meter entfernt war und warten, bis sich das Wetter beruhigt hatte. Es tat gut, nach langer Zeit endlich wieder alleine durch die Welt zu wandern. Sonst waren immer irgendwelche Freunde – angefangen bei Neville und aufgehört bei Felice – oder ein dunkler Lord dabei gewesen, die jede seiner Bewegungen observierten, als gäbe es sonst nichts interessantes in dieser Welt. Dies hatte ihm offenbar mehr zu schaffen gemacht, als er ursprünglich geglaubt hatte, denn jetzt, wo er endlich wieder die Vorzüge der Einsamkeit genießen konnte, fühlte er die Anspannung, die sich in den letzten Monaten in ihm aufgebaut hatte, langsam von ihm abfallen. Wirklich, er sollte in Zukunft öfter auf ein paar einsame Stunden bestehen. Es würde ihm gut tun. Zu seinem großen Pech sollte ihm sein Schicksal diese einsame Zeit jedoch nicht gönnen, da er auf einmal hinter sich ein vertrautes Bellen hörte und im nächsten Moment von Schnuffel besprungen wurde, der offensichtlich erpicht darauf war, ihm das Gesicht abzuschlecken. „Hey! Hör auf!“, rief er lachend und versuchte verzweifelt, den Hund abzuwehren. Tatsächlich ließ er sofort von ihm ab und begann stattdessen fröhlich vor ihm hin und her zu springen, während er gierig mit seinen Schwanz wedelte. Da dies nur eines bedeute konnte, kniete Harry sich schmunzelnd nieder und begann, seine Ohren zu kraulen. „Du bist wirklich ein frecher Hund“, meinte er. „Musst du immer ausreißen?“ Schnuffel bellte darauf nur und stupste ihn mit seiner Nase an, damit er ihn auch an anderen Stellen streichelte. Er war nicht nur frech, sondern auch verwöhnt. „Weißt du, du erinnerst mich an einen anderen Hund, der dir sehr ähnlich war.“ Schnuffel schien bei diesen Worten zu erstarren, bevor er ihn wieder mit diesen seltsam forschenden Blick ansah. „Und damit machst du es auch nicht besser, weißt du?“ „Schnuffel!“ Hund und Junge hoben ihre Köpfe. Es war diesmal nicht Regulus, der über den Strand rannte, um den Hund wieder einzufangen, sondern eine Frau, die Harry Mitte dreißig schätzte. Sie hatte langes, kastanienbraunes Haar, das ihr zugegebenermaßen hübsches Gesicht umrahmte, doch das war es nicht, was Harrys Aufmerksamkeit auf sie zog. Es waren ihre Augen. Sie waren grün, seinen sehr ähnlich, aber etwas dunkler und durchzogen mit einer Lebensfreude und Güte, die man zu dieser Zeit nur selten finden konnte. Sie stutzte kurz, als sie ihn bemerkte, bevor ein freundliches Lächeln auf ihrem Gesicht erschien. „Bonjour!“, begrüßte sie ihn und fuhr auf Französisch fort: „Tut mir Leid, falls er dich belästigt hat. Dieser Hund ist unmöglich.“ Interessiert bemerkte er ihren englischen Akzent. Dank Felice wusste er ganz genau, wie sich dieser anhörte, da sie es geliebt hatte, ihn nachzuahmen, als er begonnen hatte, Französischunterricht zu nehmen. Deshalb beschloss er, in seiner Muttersprache zu antworten: „Ja, dasselbe hat Regulus auch gesagt.“ Ihre Augen weiteten sich kaum merklich, als sie seine Stimme hörte, doch sie hatte sich schnell wieder gefangen. „Du bist ein Freund von Regulus?“, fragte sie, ebenfalls in Englisch. „Meine Mutter ist seine Cousine“, erklärte er lächelnd. „Mein Name ist Harvey Malfoy.“ „L... Laura Evans“, entgegnete sie, wobei ihm ihr Zögern nicht entging. „Ich bin eine Freundin von Regulus“, fügte sie hinzu, wahrscheinlich um zu erklären, warum sie mit Schnuffel unterwegs war. „Ich... wusste nicht, dass er Besuch hat.“ „Oh, ich bin nicht hier, um Regulus zu besuchen“, erklärte Harry höflich. „Wir kennen uns nicht besonders gut. Ich wohne zur Zeit bei einer Freundin.“ Laura runzelte die Stirn, als sie versuchte, herauszufinden, bei wem er untergekommen sein könnte. „Delacour?“ Harry nickte. „Fleur?“ „Felice.“ Das schien sie zu überraschen. „Felice? Ich wusste überhaupt nicht, dass sie einen so... einen Freund hat.“ Oh. OH! „Nein, nein. Wir sind Freunde, wirklich nur Freunde.“ Warum rechtfertigte er sich eigentlich vor ihr? Er kannte sie überhaupt nicht. „I... ich verstehe“, antworte sie, während sich ein leichter Rotschimmer auf ihren Wangen bildete. „Entschuldige bitte. Das ist mir jetzt wirklich etwas unangenehm. Also... du kommst aus England?“ //Ein wirklich unauffälliger Themenwechsel.// „Ja.“ „Gehst du in Hogwarts zur Schule?“ „Ja, ich bin in Ravenclaw.“ Dies schien sie zu beeindrucken. „Ravenclaw? Dann musst du ja äußerst intelligent sein.“ „Ach, es geht“, meinte er, das Gesicht verziehend. „Ich glaube, ich bin ganz passabel.“ „Jahrgangsbester und zweiter Platz in Europa“, hörten sie plötzlich wie aus dem Nichts Regulus' Stimme kommen. „Ja, ich würde sagen, das ist wirklich ganz passabel.“ Schnuffel begann fröhlich zu bellen, als er sein Herrchen bemerkte und sprang fröhlich um seine Beine herum. Ein wirklich anhänglicher Hund. Oder waren alle so? Wo kam Regulus eigentlich plötzlich her? „Woher weißt du das schon wieder?“, fragte Harry. „Felice hat sich furchtbar darüber aufgeregt, nur dritter Platz zu sein. Sie meinte, sie könne es ertragen, hinter dir zu liegen, aber nicht auch noch hinter Viktor Krumm, der seine ganze Freizeit mit – ich zitiere – einer solch sinnfreien Beschäftigung wie Quidditch verbringt.“ Harry verzog ein weiteres Mal das Gesicht. Einmal im Jahr fanden bestimmte Wettbewerbe statt, in denen die besten Schüler des jeweiligen Landes gegeneinander antraten. Manchmal ging es um Zaubertränke, manchmal um Duellieren, manchmal um andere Dinge. Letztes Jahr war, neben dem Trimagischen Tunier, duellieren dran gewesen und Felice hatte dummerweise im Halbfinale gegen Viktor Krumm verloren, der daraufhin im Finale gegen Harry angetreten war. Ihn hatte es ziemlich geärgert – es wäre witzig gewesen, gegen Felice zu kämpfen. Aber so hatte er gegen Viktor antreten müssen und es wunderte ihn zum tausendsten Mal, wie dieser es geschafft hatte, gegen Neville zu verlieren. Die Nummer eins in Europa, die ihn und Felice hatte schlagen können, verlor gegen Neville Longbottom? Da musste einfach mehr dahinterstecken. Ob es etwas mit dem dunklen Lord zu tun hatte? Plötzlich bemerkte er, dass es seltsam still um ihn war und als er aufblickte, sah er, dass die beiden Erwachsenen ihn anstarrten – Laura leicht besorgt und Regulus amüsiert. „Du versinkst tatsächlich äußerst schnell in deinen Gedanken, Harvey“, bemerkte letzterer. In diesem Moment erschien am Himmel ein Blitz und ein lauter Donner folgte. Das Gewitter war angekommen. „Ach du je“, flüstere Laura. „Das ging heute aber schnell. Wir sollten lieber in ein Haus, bevor es anfängt zu regnen.“ Harry folgte ihrem Blick gen Himmel. Sie hatte Recht, also würde er wohl die nächsten Stunden in einem Restaurant verbringen. Doch bevor er überhaupt daran denken konnte, dorthin zu gehen, wurde er an seinem Arm gepackt. „Harvey, warum kommst du nicht mit zu meinem Haus? Gewitter dauern hier immer recht lange und du kannst von dort aus mit Flohpulver zurück zur Villa Delacour. Was sagst du?“ Er hielt kurz inne, um darüber nachzudenken. Was konnte es groß schaden? Im Grunde war Regulus Familie, oder? Er würde ihn schon nicht vergewaltigen oder foltern. Deshalb sagte er zu und folgte den Anderen zu Regulus' Haus. Erst als er sich kurze Zeit später von ihnen verabschiedete, um zu Felices Haus zurückzukehren, fiel ihm ein, sich zu fragen, warum Laura eigentlich mitgekommen war. _______________________________________________ Je suis désolée, 'Arry. - Es tut mir Leid, Harry. Pas de souci! - Kein Problem! Bonjour! - Guten Tag! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)