Frühlingsgefühle von Ur (Gazille x Levi) ================================================================================ Kapitel 1: Metall & Papier -------------------------- »Es sollte etwas sein, das von Herzen kommt.« »Für so was bin ich nicht zu haben.« »Du hast beim Wichteln mitgemacht, nun solltest du es auch zu Ende bringen!« Mirajane betrachtete ihn so streng, wie sie es eben konnte. Ihr Gesicht wirkte immer noch sehr gutmütig. Aber wenn er dieses Funkeln in ihren Augen sah… wieso hatte er sich überhaupt darauf eingelassen? Frühlingswichteln. Was für ein Murks. Und so unmännlich. Aber alle waren so begeistert gewesen… er hätte sich einfach vorher erklären lassen sollen, worum es ging. Um Geschenke. Geschenkaustausch, um genau zu sein. Er selbst bekam durchaus gern Geschenke. Aber andere Leute zu beschenken, das lag ihm nicht. Vor allem nicht, wenn das Geschenk – wie Mirajane sagte – von Herzen kommen sollte. Als hätte er so etwas wie ein Herz. Absolut lächerlich. Wenn er eines hatte, dann war es wahrscheinlich aus Eisen. Er wandte sich schnaubend vom Tresen ab, hinter dem Mirajane stand und Bier zapfte. Sie hätte ihm auch einfach ein Patentrezept geben können, dann müsste er sich jetzt nicht den Kopf zerbrechen. Er mochte es nicht, allzu viel nachzudenken. Was für eine Zeitverschwendung. Seine Augen wanderten hinüber zum Grund seines Kopfzerbrechens. Der Grund war klein, zierlich, fröhlich und hieß Levi. Sie plauderte mit dem blonden Busenwunder, dessen Name ihm gerade nicht mehr einfallen wollte. Er erinnerte sich daran, dass Levi eine Schwäche für Buchstaben und Wörter hatte. Er selbst teilte diese Leidenschaft allerdings kein bisschen. Bücher waren ihm zu langweilig. Und Gedichte schreiben konnte er nicht. Soweit kam es noch. Dass er sich hinsetzte und dichtete. Lächerlich. Levis Augen streiften seinen Blick und sie winkte strahlend zu ihm herüber, als wären sie die engsten Freunde. Er gab ein Grunzen von sich und ruckte kurz mit dem Kopf, um zu bekunden, dass er ihr überschwängliches Winken gesehen hatte. Dann wandte er sich hastig ab. »Du bist ganz rot im Gesicht, ist alles ok bei dir?«, erkundigte sich Mirajane bei ihm und sah ihn aus ihren großen Kuhaugen an. Er knurrte nur nichtssagend. Rot im Gesicht. Mehr als lächerlich! Wieder einmal fragte er sich, was er in dieser Verlierergilde eigentlich zu suchen hatte. Mirajane schob ihm ein Bier zu und er griff danach. »Du hast noch ein gutes Los mit Levi gezogen«, meinte Mirajane nach einer Weile des Bierzapfens und lächelte ihn aufmunternd an, »stell dir vor, du hättest Natsu gezogen.« Sein Gesichtsausdruck verfinsterte sich. Diese Ausgeburt eines Versagers. Dem hätte er sicherlich nichts geschenkt! Höchstens einen saftigen Schlag in die Fresse. Gazille wandte seinen Kopf über die Schulter und sah noch einmal zu Levi hinüber. Sie lachte gerade und baumelte mit den Beinen. Anstatt wie jeder normale Mensch auf einem Stuhl zu sitzen, hatte sie sich auf den Tisch gesetzt. Sie und Blondie waren immer noch in ein Gespräch vertieft. Was schenkte man so einem zerbrechlichen Menschlein? Schienschützer? Einen Sturzhelm? Er hatte noch nie irgendjemandem etwas geschenkt. Das war doch alles zum Kotzen. Wichteln. Nie wieder würde er das machen! »Wieso überhaupt Frühlingswichteln? Es gibt nicht mal Feiertage…«, sagte er schlecht gelaunt, nachdem er sich wieder zur Theke umgewandt hatte. Mirajane kicherte. »Du weißt schon… die Frühlingsgefühle«, erwiderte sie mit einem Zwinkern. Gazille hatte keine Ahnung, was sie meinte. Aber ihr Kichern sagte ihm, dass es nichts Gutes zu bedeuten hatte. * Er hatte noch drei Tage Zeit, um sich ein Geschenk auszudenken. Er könnte es auch einfach bleiben lassen. Aber irgendwie konnte er sich nicht so recht mit der Vorstellung anfreunden, Levi enttäuscht und niedergeschlagen zu sehen. Dieses ständige Lächeln passte gut zu ihr. Irgendwie. Soweit er das beurteilen konnte. Am Nachmittag zitierte er Mirajane auf eine Waldlichtung hinterm Hauptquartier. Sie schien einigermaßen amüsiert darüber zu sein. Dieser Gesichtsausdruck schwand allerdings, als sie seine Kreation entdeckte. Er stemmte die Hände in die Hüften. »Gut, oder?«, sagte er sehr zufrieden mit sich selbst. »Was genau… ist das?«, erkundigte sich Mirajane behutsam und trat einen Schritt näher. Die Bäume raschelten hervorragend dramatisch und die Sonne schien auf sein Meisterwerk. »Eine Skulptur natürlich. Von mir selbst. Aus Eisen«, gab er breit grinsend zurück und reckte sich ein wenig. Sein Kunstwerk sah ihm ausgesprochen ähnlich. »Und… wie genau kamst du auf diese… ausgefallene Idee?«, wollte Mira wissen und streckte ihre schlanken Finger aus, um das kalte Metall zu berühren. »Ich schenke ihr das Beste, was ich habe. Mich«, erklärte er stolz. Sein Einfallsreichtum war doch größer als er gedacht hatte. Seine Kreation war ungefähr dreimal so groß wie er selbst. Wer würde nicht so ein tadelloses Abbild eines Drachentöters haben wollen? Miras Kichern riss ihn aus seinen Gedanken. »Was ist denn?«, wollte er ungnädig wissen. Scheinbar wusste Mira diesen tadellosen Anblick nicht zu schätzen. »Ich bin mir nicht sicher, ob… meinst du nicht, dass es ein doch sehr… gewaltiges Geschenk für so ein zierliches Mädchen wie Levi ist?«, erkundigte sich Mira und sah eindeutig so aus, als müsste sie sich ein Lachen verkneifen. Gazille blinzelte. Daran hatte er noch gar nicht gedacht. Vielleicht hätte er die Skulptur doch etwas kleiner machen sollen… Missmutig streckte er die Hand aus und brach mühelos ein Stück aus dem Bein der Skulptur heraus. Mira blinzelte und zuckte leicht zusammen, als er den Mund öffnete und hinein biss. Er hatte den ganzen Vormittag mit dem Geschenk verbracht und nun sagte Mira ihm, dass es nicht passend war. »Ich bin sicher, dass dir noch etwas Passendes einfallen wird«, sagte sie tröstend und tätschelte ihm die Schulter. Er brummte nur, den Mund voller Metall. * Einen Tag vorm Austausch der Geschenke war er unglaublich schlecht gelaunt. Ihm war immer noch nichts Passendes eingefallen und sein Ego litt ziemlich darunter. Seine Skulptur hatte er beinahe ganz aufgegessen. Dahin ging sein Kunstwerk. Nur weil Levi so klein und zierlich war. Mira hatte ihn daran erinnert, dass sich Levi gern mit Papier beschäftigte. Er selbst beschäftigte sich am liebsten mit Metall. Das passte wirklich kein bisschen zueinander. Wieso hatte er gerade sie ziehen müssen? Und wieso machte er sich ohnehin solche Gedanken darum, dass sie bloß nicht traurig aussah, wenn er nicht das Richtige fand? Soweit kam es noch, dass er angesichts eines dauerhaft lachenden Weibchens zum Weichei mutierte. Trotzdem fragte er bei der nächstbesten Gelegenheit das Busenwunder um Rat. »Was gibt’s?«, wollte sie wissen. Ihr Ausschnitt war unnötig riesig. Levi trug nie solche aufreizenden Klamotten. Hatte sie sicherlich nicht nötig. »Ich hab Levi beim Wichteln gezogen«, kam er gleich auf den Punkt. Es war nicht unbedingt sein Ding, lange um den heißen Brei herum zu reden. Blondie sah erstaunt aus. »Oh. Und wie kann ich dir helfen?«, wollte sie wissen. »Ich hab keine Ahnung, was ich ihr schenken soll«, gab er missmutig zu. Sie lächelte wissend. Das schien so eine elende Frauenmasche zu sein. Grässlich. Frauen waren so anstrengend! Na gut, Levi war nicht anstrengend. Sie war… nett. Hübsch. Ziemlich schlau. Irgendwie anders als die anderen Frauen. »Wie wär’s mit einem Buch? Oder ein hübsches Notizbüchlein? Levi liebt alles, was aus Papier ist«, schlug sie vor und grinste ihn zufrieden an. Gazille verschränkte die Arme vor der Brust und brummte dann zustimmend. Er kam um Papier wohl nicht drum herum, auch wenn ihm Eisen eindeutig lieber war. Blondie winkte strahlend und er schnaubte nur. Ihr Strahlen gefiel ihm nicht so gut wie das von Levi. Und wieso verglich er die beiden überhaupt? Scheiß Wichteln… * »Also gut. Jeder tut sein Päckchen hier hinten auf diesen Tisch. Ich hoffe, alle Geschenke sind mit Namen versehen«, sagte Mira bestens gelaunt und strahlend, während sie auf einen großen Holztisch zeigte – einen der wenigen, die noch nicht demoliert worden waren. Gazille brummte ungehalten und warf einen Blick hinüber zu Levi, die mit einem großen Pappkarton in der Menge stand. Er konnte den Namen auf ihrem Paket nicht lesen, aber er hatte eindeutig das Gefühl, dem Kerl, den sie bewichtelte, die Nase brechen zu wollen. Oder auch die Beine. Oder beides. Ein Drängeln ging los. Jeder wollte zuerst zum Tisch und er sah Miras strengen Blick, als Natsu und der Exhibitionist nach vorn stürmten. Ein strenger Blick von der rothaarigen Rüstungsfetischistin ließ sie allerdings erstarren. Nach und nach fanden Geschenke in unterschiedlichsten Größen und Formen ihren Weg auf den Tisch. Mira überwachte das Ganze aufmerksam und nachdem Gazille schließlich sein Päckchen auf den Tisch gelegt hatte und zurück trat, hob sie die Hände, damit Ruhe einkehrte. Dann ging alles rückwärts los. Mira griff wahllos nach einem Paket und rief den Namen, der darauf stand. Bei vielen Leuten hatte Gazille überdeutlich das Gefühl, dass an der Ziehung des Wichtelpartners herumgeschummelt worden war. Die Regentante bekam ihr Paket vom Exhibitionisten, Natsu bekam seines vom blonden Busenwunder. Er war mittlerweile ziemlich unruhig und behielt sein und auch Levis Päckchen scharf im Auge. Wer auch immer das Geschenk von ihr bekam, sollte sich schon einmal warm anziehen… »Gazille«, rief Mira in diesem Moment und hob den Pappkarton in die Höhe, den Levi auf dem Tisch abgestellt hatte. Irgendwo weiter hinten brach eine Prügelei aus. Gazille war sich ziemlich sicher, dass Natsu und der nackte Eismagier daran beteiligt waren. Er trat vor und griff nach dem Paket. Unsicher betrachtete er es. Was da wohl drin war? Hier drin wollte er es eigentlich nicht öffnen… »Levi!« Er schluckte während er zusah, wie Levi sich nach vorn schob, einem vorbei fliegenden Stuhlbein auswich und nach dem kleinen Päckchen griff, das er mit einer Menge Klebeband versiegelt hatte. »Wir haben uns wohl gegenseitig gezogen, was?«, sagte eine fröhliche Stimme neben ihm plötzlich. Er wäre beinahe zusammengezuckt und das Paket glitt ihm fast aus den Fingern. Er räusperte sich. »Ja, scheint so«, grummelte er. Levi strahlte zu ihm hinauf. Es war ziemlich warm hier drin, vermutlich hatte Natsu wieder ein Feuerchen aus mehreren Tischen gemacht. »Wollen wir rausgehen zum Auspacken? Ist ziemlich laut hier drin«, fragte Levi scheinbar bestens gelaunt und huschte dann, ohne auf eine Antwort zu warten, in Richtung Eingangstür davon. Gazille folgte ihr, die Augen auf das Paket gerichtet. Ob da auch irgendwas aus Papier drin war? Schließlich folgte er Levi hinaus aus dem Gildenquartier und fand sie auf der Lehne einer nahen Bank sitzen. Das Päckchen hatte sie auf ihre Knie gelegt. Ihr Strahlen, als er zu ihr hinüber kam, machte der Frühlingssonne Konkurrenz. »Ich bin schon ganz gespannt«, sagte Levi begeistert und begann behutsam mit ihren zerbrechlichen Fingern das Paket zu öffnen. Gazille setzte sich auf die Bank, sah den Karton einen Moment lang unschlüssig an, dann öffnete er den Deckel... und erstarrte. Ein leises Fiepen drang zu ihm empor. Unten, auf dem Boden des Kartons, hockte eine winzige, graue Katze mit großen, bernsteinfarbenen Augen. Er starrte sie eine geschlagene Minute lang an. Dann hob er den Kopf und sah Levi an, die mit glänzenden Augen das hübsch eingebundene Notizbuch mitsamt farbwechselndem Stift betrachtete. Sie schien sich wirklich zu freuen. »Du hast mir eine Katze geschenkt«, stellte er stumpf fest. Sie lachte leise. »Du magst Katzen. Und du hast dich beklagt, weil Wendy und Natsu eine haben und du nicht. Diese kann zwar nicht fliegen, aber ich dachte, vielleicht freust du dich trotzdem«, erklärte sie und lächelte ihn an. Es fühlte sich merkwürdigerweise so an, als würde alles, was er an Metall irgendwo an oder in seinem Körper hatte, schmelzen - wie Butter in der Sonne. So hatte er sich noch nicht einmal gefühlt, als er gegen Natsu gekämpft hatte. »Das Buch ist echt toll«, sagte sie dann und strich behutsam mit den Fingern darüber. »Freut mich, dass es dir gefällt«, brummte er. Und wandte das Gesicht ab. Dann hob er – so behutsam er es eben konnte – die kleine Katze aus dem Karton. Sie maunzte leise. »Sie braucht einen möglichst männlichen Namen. Den Namen eines Kriegers«, verkündete er im Brustton der Überzeugung. Levi lachte. »Aber es ist ein Weibchen«, sagte sie, streckte die Hand aus und kraulte der kleinen Katze den Kopf. Sie schnurrte behaglich. Gazille ertappte sich bei dem Bedürfnis, ebenfalls zu schnurren, als ihre Fingerspitzen kurz seinen Handrücken streiften. »Oh… na gut, es gibt auch weibliche Krieger«, lenkte er ein. Die winzige Katze kuschelte sich in seine aneinander gelegten Handflächen und sah ziemlich zufrieden aus. »Sag mir Bescheid, wenn dir was eingefallen ist«, meinte Levi und warf ihr Einwickelpapier in seinen Karton, stellte diesen zur Seite und schwieg einen Moment. Sie betrachteten eine Weile ihre Geschenke. »Wichteln ist vielleicht doch nicht so übel«, gab er schließlich zu. Levi kicherte. »Liegt vielleicht daran, dass Mira an der Ziehung irgendwas gedreht hat«, gab sie zu bedenken. Er hatte es ja gewusst! »Find ich aber gut«, fügte sie leiser hinzu. Hatte er gedacht, sein Herz wäre aus Eisen? Momentan fühlte es sich an wie vibrierende Gelatine. »Hm«, machte er. Papier und Metall waren vielleicht doch nicht ganz so unpassend, wie er gedacht hatte. »Und weißt du zufällig, was Mira meint, wenn sie von Frühlingsgefühlen redet?«, wollte er dann wissen und sah hoch in Levis Gesicht. Sie biss sich auf die Unterlippe, um nicht zu lachen. »Erklär ich dir später. Wenn du die Katze nicht mehr auf dem Arm hast.« Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)