Kiss, kiss - bang, bang von Leuchtender_Mond (Zwischen töten und sterben gibt es ein drittes - leben.) ================================================================================ Kapitel 23: Die Welt (zensiert) ------------------------------- Die Welt: Die Karte steht für Vollendung und ein Happy End. In unserem Leben herrscht Harmonie, alles ist so, wie wir es uns immer gewünscht haben. Pläne werden verwirklicht, oder es kann auch ein neuer, überraschender Kontakt winken. Juli 2009, LaGuardia Airport, Queens, New York, United States of America „Ach komm schon, Atemu, jetzt sag es mir doch endlich!”, bettelte Yuugi, aber Atemu grinste nur und schüttelte den Kopf. Yuugi zog einen Schmollmund, aber das nutzte ihm nichts. Atemu schwieg. Sie saßen nun seit einer halben Stunde in der Wartehalle des Flughafens, hatten eingecheckt, aber da Atemu dies wie immer für Yuugi mit übernommen hatte, hatte dieser keine Ahnung, was Atemu dieses Mal mit ihm vorhatte. Sie waren Mitte Januar aus Ägypten gekommen, obwohl sie gerne länger geblieben wären. Aber sie konnten ja immer wieder kommen. Die Frau mit den roten Augen hatten sie nicht mehr wiedergesehen, sie hatten aber auch nicht gesucht. Atemu hatte Yuugi nämlich nicht gesagt, dass seine Aufmerksamkeit der älteren und nicht der jüngeren Frau gegolten hatte. Das hatte zwei Gründe. Der eine war beinahe erschreckend trivial: Es war eine Trotzreaktion, weil Yuugi ihn von den beiden Frauen fortgezogen hatte. Immerhin hatte er ihm versprochen gehabt, keinen Frauen mehr hinterher zu schauen und er hatte es auch nie wieder getan. Dass Yuugi ihm nun unterstellte, dieses Versprechen zu brechen, das hatte ihn verletzt. Der zweite Grund aber wog schwerer: Atemu war sich der Tatsache, wie unwahrscheinlich gering die Chance, seine Mutter zu finden, war, bewusst und er wusste, das Schicksal würde ihm eine solche Chance nicht noch einmal zuspielen. Und selbst wenn er es schaffen würde, diese alte, vor Gram gebeugte Frau wiederzusehen, was würde ihm das bringen? Er wusste nicht, was er ihr sagen sollte, wie er sein Leben rechtfertigen sollte – aber auch, weswegen er es überhaupt rechtfertigen müsste, wusste er nicht, denn nach so vielen Jahren, in denen er niemals Kontakt zu ihr gehabt hatte, konnte er sich nicht vorstellen, eine normale Beziehung zu ihr aufbauen zu können, es war zu viel Zeit vergangen, die Zeit, in der er ein kleiner Junge gewesen war und eine Mutter gebraucht hatte, war vorüber. Diese Frau war eine Fremde für ihn und so sehr das schmerzte – er würde es nicht ändern können. Ein Gutes aber hatte das gehabt: Er hatte den Rest des Urlaubs genießen können, denn er musste sich keine Gedanken mehr um eine fruchtlose Suche machen. Dann aber waren sie nach New York City zurückgekehrt, wo sie in der Zwischenzeit ihr Kampfsportstudio eröffnet hatten. Auch, wenn Atemu anfangs überhaupt nichts damit zu tun haben wollte, so war er offiziell nun doch der Geschäftsführer und Trainer. Natürlich trainierte auch Yuugi, immerhin hatte er erst vor wenigen Wochen seine zweite Prüfung abgelegt und war somit nun berechtigt, den orangen Gürtel zu tragen. Auch, wenn er wusste, dass er prinzipiell schon weiter war, so erfüllte ihn der neue, höhere Gürtel mit Stolz. Mit Stolz erfüllte ihn auch das Geld, dass sie somit verdienten. Bis lang hatten sie auch niemanden mehr töten müssen, es war seltener geworden, was sie beide erleichterte. Einen gewissen Ruf in diesem Metier hatten sie dennoch und Yuugi hatte unter Schock gestanden, als im April jemand in ihre Wohnung eingebrochen war um sie zu töten – ein Mitglied der amerikanischen Mafia, wie sich später herausgestellt hatte, da diese offenbar Konkurrenz fürchtete. Es hatte eine ganze Weile gedauert, ehe Yuugi diesen Schock überwunden hatte, gleichwohl Atemu schnell mit dem Eindringling fertig geworden war und sie danach die Sicherheitsvorkehrungen erhöht hatten. Seitdem war nichts mehr geschehen – nichts, von dem Yuugi wusste. Dass es einen zweiten Übergriff gegeben hatte, dass hatte Atemu Yuugi verschwiegen, er hatte sich alleine darum gekümmert und als Yuugi am Abend nach Hause gekommen war, hatte Atemu getan, als sei nichts geschehen. Dadurch, dass aus Yuugis‘ Sicht seit drei Monaten also nichts mehr geschehen war, war er ruhiger geworden. Nur jetzt merkte man von dieser Ruhe nicht viel, denn obgleich sein zwanzigster Geburtstag grade mal einen Monat zurücklag, erinnerte Yuugis‘ Benehmen in diesem Augenblick eher an das eines Kleinkindes, während er versuchte, Atemu das Ziel ihrer Reise zu entlocken. Er hatte da so einen Verdacht… Und in der Tat gelang es ihm nun doch, Atemu zum Reden zu bringen, da durch sein doch recht kindisch und keineswegs dezentes Verhalten mittlerweile einige Leute nach ihnen sahen und Atemu nichts so sehr zuwider war, wie Aufmerksamkeit auf seine Person zu ziehen, gab er doch nach, damit Yuugi endlich still war. „Also gut, also gut…“, wehrte er den Jüngeren ab und zog einen Umschlag aus der Tasche seines Jacketts. Grinsend ließ Yuugi von Atemu ab, setzte sich artig neben ihn und streckte die Hand nach dem Umschlag aus. Aber ehe er diesen ausgehändigt bekam, strich Atemu sorgfältig sein Jackett glatt. Dann erst öffnete er den Umschlag und zog Yuugis‘ Flugticket heraus, welches er ihm in einer beinahe feierlichen Geste aushändigte. Begierig schnappte Yuugi sich das Ticket um auf das Kürzel des Zielflughafens zu schauen. Und er hatte sich nicht getäuscht. NRT stand dort – der Flughafen Tokio-Narita. Es ging nach Hause, es ging nach Domino, endlich, endlich nach nunmehr zwei Jahren! Yuugi hatte es gehofft, er hatte es geahnt, und trotzdem hieb es ihn um, seine Ahnung nun bestätigt zu sehen. Mit einem Freudenschrei fiel er Atemu um den Hals, küsste ihn auf die Wange und umarmte ihn stürmisch. „Jaja… schon gut.“, brummte der, schob Yuugi sanft aber bestimmt von seinem Schoß und glättete sein Jackett erneut. Aber um seine Mundwinkel zuckte ein Lächeln. Er freute sich, Yuugi eine Freude machen zu können, er zeigte es nur nicht. Aber Yuugi verstand ihn und darauf kam es ja schließlich an. Der Nachteil der Tatsache, dass Yuugi nun wusste, wo es hinging, bestand aber darin, dass Yuugi nun schrecklich nervös war, er konnte keine fünf Minuten mehr still sitzen, lief ständig quer durch die Wartehalle, stand vor den Anzeigetafeln und sah höchst ungeduldig dabei zu, wie die Zeit verstrich. Anfangs hatte Atemu das noch amüsant gefunden, aber nach einer halben Stunde nervte es ihn dann doch, sodass er sich hinter einer Tageszeitung verschanzte und vorgab, Yuugi nicht zu kennen. Den kümmerte es nicht, er war selig in seiner Vorfreude. Als dann die Durchsage kam, sie könnten das Flugzeug nun betreten, zog Yuugi Atemu ungeduldig mit sich, als glaube er, das Flugzeug höbe schneller ab, wenn sie die ersten wären, die ihre Plätze erreichten. Natürlich geschah das nicht und Atemu begann irgendwann, seinen Entschluss, mit Yuugi zu fliegen, zu bereuen, denn dieser war nun wirklich nicht mehr ruhig zu halten. Entsprechend groß war die Dankbarkeit Atemus‘ als sie endlich landeten und Yuugi sozusagen auf Domino losgelassen wurde. Es konnte ihm auch gar nicht schnell genug gehen, was Atemu zum Anlass nahm, absichtlich zu Trödeln, aus Rache, für den unruhigen Flug, sozusagen. Als sie dann im Taxi saßen, wandten sich Yuugis‘ Gedanken dringlicheren Dingen zu. „Wo wohnen wir eigentlich? Und wissen meine Freunde schon, dass wir hier sind?“ Atemu schmunzelte. „Ich dachte schon, du fragst nie.“, meinte er und begann dann, zu erklären, „Ich habe mir die Freiheit genommen, ein Hotel für uns zu buchen, denn deine alte Wohnung hat einen neuen Vermieter, ebenso wie meine, was ja kein Wunder ist. Des Weiteren war ich so frei, mit deinem Freund Jono zu telephonieren, er weiß also, dass wir heute ankommen. Aber es ist spät, deswegen denke ich, dass wir bis morgen früh warten sollten, oder?“ Säßen sie nicht in einem Taxi, wäre Yuugi wohl aufgesprungen, aber so musste er sich darauf beschränken, die Stimme zu heben und wild mit den Armen herumzufuchteln, als er heftig sagte:„Spinnst du? Ich habe sie seit zwei Jahren nicht mehr gesehen, ich möchte sofort zu ihnen!“ Für solche Gefühlsregungen hatte Atemu herzlich wenig Verständnis, aber er ließ Yuugi dann doch seinen Willen, vorausgesetzt, der geduldete sich solange, bis Atemu geduscht hatte. Damit konnte Yuugi grade so leben. Nur eine Stunde später also gingen sie durch die Straßen von Domino, Yuugi war bester Laune und drehte seinen Kopf beständig in alle Richtungen um auch ja nichts zu verpassen. Er wollte alles sehen, wissen, ob und was sich verändert hatte und war glücklich über jede Kleinigkeit, die Erinnerungen in ihm weckte, so wie das Eiscafé, in dem er so viele fröhliche Stunden mit seinen Freunden verbracht hatte. Er konnte es kaum erwarten, dies zu wiederholen. Nun aber musste er erst einmal Atemu am Ärmel zupfen, denn dieser war in die falsche Straße eingebogen – was gänzlich untypisch für ihn war, wie Yuugi sich schon wunderte. „Hey, um zu Jono zu kommen, müssen wir dort lang!“, sagte er und wollte Atemu mit sich ziehen, aber der schüttelte den Kopf. „Nicht mehr, als ich mit ihm telephoniert habe, sagte er, er sei umgezogen, er wollte nicht mehr bei seinem Vater bleiben und da er jetzt eine Ausbildungsstelle hat, verdient er auch genug Geld um sich eine eigene, kleine Wohnung zu leisten.“, korrigierte Atemu und ging selbstsicher weiter. Kopfschüttelnd folgte Yuugi, er hatte sich zwar daran gewöhnt, dass Atemu einen Haufen Details aus seinem Leben kannte – aber nun kannte er auch das Leben seiner Freunde besser als Yuugi, das war schon reichlich seltsam. Aber wie immer hatte Atemu Recht behalten und führte sie zielstrebig zu Jonos‘ Wohnung. Yuugi musste ihn aber davon abhalten, einfach in die Wohnung einzubrechen. „Weißt du, diese Wohnung hat eine Klingel, wenn man die benutzt kommt man auch in die Wohnung.“, brummte Yuugi und betätigte den Klingelknopf. „Ach ja…“, kam es gedankenverloren von Atemu, „Stimm ja. Sowas brauche ich doch normalerweise nicht!“ Yuugi schüttelte nur den Kopf, kam aber nicht mehr zu einer Erwiderung, denn in diesem Augenblick öffnete sich die Tür. Jono stand im Türrahmen, die Haare zerzaust, barfuß und einen halb aufgegessenen Apfel in der Hand haltend. Dieser aber fiel nun aus seiner Hand, als Jono die beiden vor seiner Tür sah. „Meine Fresse…“, kam es dann langsam von Jono und er blinzelte ein paar Mal. „Hi.“, begrüßte Yuugi ihn dann mit einem schüchternen kleinen Lächeln. Endlich fiel die Starre von Jono ab, sodass Yuugi sich von einer Sekunde auf die andere in einer ruppigen aber dafür umso herzlicheren Umarmung wiederfand. „Kommt rein…“, murmelte Jono dann, offenbar recht überrumpelt. Sie folgten der Einladung, wobei sie umsichtig sein mussten, denn Jonos‘ Wohnung war eine typische Junggesellenbude: Wohin man auch sah, überall herrschte eine Art liebevolles Chaos. Sie bahnten sich ihren Weg bis ins Wohnzimmer, nahmen den Stoß Zeitschriften – Yuugi bemerkte unter Erröten, dass es sich um den Playboy handelte – vom Sofa und legten ihn auf den Boden, um sich dann ihrerseits auf die Couch zu setzen. Jono saß ihnen gegenüber, sah vom einen zum anderen und sagte dann scherzhaft, als die Stille begann, ungemütlich zu werden:„Also… das ist dein Freund, Yuugi? Sicher, dass du dich in ihn verliebt hast oder ist das nicht eher Selbstverliebtheit, so ähnlich, wie ihr euch seht?“ „Nein!“, widersprach Yuugi ernsthaft, „Wir haben eine unterschiedliche Augenfarbe!“ „Tatsache…“, kommentierte Jono trocken, wandte sich dann aber interessiert Atemu zu:„Was machen Sie eigentlich beruflich?“ „Auftragsmörder.“, erwiderte Atemu todernst und mit Grabesstimme. Yuugi riss die Augen auf und starrte Atemu entsetzt an, aber das bekam Jono glücklicherweise nicht mit, denn der hatte den Kopf in den Nacken gelegt und lachte laut los. Atemu erlaubte sich ein Schmunzeln. Langsam atmete Yuugi aus, versuchte unauffällig, Atemu mit den Ellbogen in die Rippen zu stoßen und bemühte sich, sein hämmerndes Herz zu beruhigen, während Jono sich wieder beruhigte und weiterfragte, wie viele Menschen er denn noch umzubringen gedenke. Atemu lehnte sich zurück, musterte Jono eine Sekunde und fragte dann:„Wie viele gibt’s denn noch?“ Erneut konnte sich Jono vor Lachen kaum halten und diesmal konnte auch Yuugi mit lachen. Dann aber verlangte Jono eine ehrliche Antwort von Atemu. „Banker.“, sagte der und strich dabei wie unbewusst sein Sakko glatt. „Ah.“, machte Jono, „Ja, das glaube ich Ihnen schon eher. Wie ist das so?“ Atemu verzog das Gesicht:„Sterbenslangweilig. Ich sitze den ganzen Tag nur am Schreibtisch und starre auf meinen PC. Aber ich verdiene gut damit, also sollte ich mich nicht beschweren.“ Jono nickte und Yuugi hielt die Luft an um nicht sehr laut zu lachen – die Vorstellung von Atemu als Bankier war so unglaublich grotesk, dass Yuugi sich das beim besten Willen nicht vorstellen konnte – das einzige, was Atemu in einer Bank tun würde, war, sie auszurauben. Aber Atemu hatte dies auch noch mit einer Ernsthaftigkeit vorgetragen, dass Jono es ohne weitere Fragen glaubte. „Und was machst du?“, wandte sich Jono wieder an Yuugi. „Ich hab meinen Schulabschluss nachgemacht und fange demnächst an zu studieren… BWL.“, erklärte Yuugi, die vorher mit Atemu abgesprochene Lüge. Erwartungsgemäß verdrehte Jono bei etwas so langweiligem wie BWL die Augen und fragte nicht weiter. Stattdessen ging sein Blick immer wieder von Yuugi zu Atemu und wieder zurück, als versuche er, den Gedanken, dass die beiden ein Paar waren, in seinen Kopf zu bekommen. „Wissen Anzu und Honda, dass wir da sind?“, fragte Yuugi, dem diese Blicke unangenehm waren, schließlich. „Oh! Ich ruf sie an!“, rief Jono und sprang wie von der Tarantel gestochen auf um sein Handy zu suchen. In der kurzen Zeit, in der die beiden also alleine waren, sah Yuugi Atemu kopfschüttelnd an:„Banker, also wirklich…“ Atemu grinste flegelhaft, sagte aber nichts, denn Jono war ja immer noch in der Nähe, auch, wenn er so hastig in den Hörer sprach, dass seine Stimme sich beinahe überschlug. Es dauerte auch nicht lange, ehe er zu den beiden zurückkehrte und berichtete, dass die beiden sich sofort auf den Weg machten um herzukommen. Yuugi strahlte und verbrachte die Wartezeit damit, Jono mit Fragen über seine Ausbildung zu löchern. Es dauerte nicht lange, da klingelte es an der Tür. Jono eilte rasch hin und kam beinahe noch schneller zurück, denn Honda und Anzu brannten selbstverständlich darauf, Yuugi wiederzusehen. Als sie ins Wohnzimmer traten, stockten sie jedoch kurz, irritiert von der großen Ähnlichkeit zwischen Atemu und Yuugi, aber es war Anzu, welche sich dann regelrecht auf Yuugi stürzte und ihn umarmte. „Anzu, du hast dir die Haare ja wachsen lassen! Das sieht super aus!“, rief Yuugi bei ihrem Anblick und sie strahlte. Dann kam Honda und schüttelte Yuugis‘ Hand, dass der ganze Arm mit durchgeschüttelte wurde ehe er dann kopfschüttelnd bemerkte:„Sag mal, was ist mit dir passiert? Wann hast du dich in so einen Schrank verwandelt?“ Yuugi und wohl auch Atemu waren eine Sekunde überrascht. Daran hatten sie nicht gedacht, dass durch das beständige Training Yuugi natürlich ebenso muskulös wie Atemu geworden war. Das war ihnen nicht aufgefallen, sie hatten sich ja jeden Tag gesehen und die winzigen Unterschiede von Tag zu Tag fielen kaum auf. „Fitnessstudio…“, murmelte Yuugi und schielte fragend zu Atemu, aber der lächelte ihm sanft zu. „Oh Gott…“, machte Anzu, welche das bemerkte hatte, „Ihr seid ja so süß.“ Dafür erntete sie sogleich zwei bitterböse Blicke. „Anzu!“, rief Yuugi protestierend und Atemu stellte klar:„Wir sind nicht süß.“ „Klar…“, sagte Anzu träumerisch, offenbar alles andere als überzeugt. Jono begann zu lachen, was so ansteckend war, dass alle mit einstimmten, selbst Yuugi und Atemu, wenn auch anfangs nur widerwillig. Immerhin hätte man meinen können, dass es von ihrem Freundeskreis seltsam aufgefasst werden könnte, wenn einer ihrer Freunde nach so langer Zeit wieder auftauchte und das nicht mit einer Freundin, sondern einem Freund an seiner Seite. Aber Yuugis‘ Freunde hatten schon lange gewusst, dass Yuugi Männern Frauen vorzog, sie hatten es sogar schon gewusst, bevor Yuugi es selbst wusste und es war nie ein Problem gewesen. Dagegen schien etwas ganz anderes Anzu auf dem Herzen zu liegen:„Weißt du eigentlich, dass du zwei Jahre weg warst?“, fragte sie, „Hast du nicht mal an uns gedacht?“ Das war eine Frage, mit der Yuugi zwar gerechnet hatte, die zu hören ihn aber dennoch betrübte. Seufzend sah er ihr in die Augen und antwortete dann:„Natürlich habe ich euch vermisst, schrecklich vermisst, aber es ging wirklich nicht. Da war ein Killer hinter mir her, nicht nur einer… zwei Mal hätte er uns beinahe erwischt! Atemu hielt das Risiko aber für zu groß… ich konnte es kaum erwarten euch wiederzusehen! Das müsst ihr mir glauben.“ Sein Blick glitt von einem zum anderen, bittend, ihm zu glauben. „Außerdem hatte ich sein Handy konfisziert!“, kam Atemu ihm schnell zur Hilfe, aber das wäre schon nicht mehr nötig gewesen, denn niemand zog Yuugis‘ Worte in Zweifel. So war bald eine rege Unterhaltung im Gange, denn immerhin hatten sie sich allerhand zu erzählen, nur Yuugi bedauerte, dass das meiste von dem, was er seinen Freunden erzählte, eine glatte Lüge war. Doch er war so glücklich, sie wiederzusehen, dass Atemu, der sich kaum am Gespräch beteiligte und stattdessen unverwandt Yuugi beobachtete, leise lächelte. Er hätte nie gedacht, dass das möglich sei, aber es machte ihn glücklich, Yuugi so fröhlich zu sehen. Es war sehr spät, als sie in ihr Hotel zurückkehrten, so spät, dass sie nur noch müde ins Bett fielen und einschliefen. Die nächsten Wochen verliefen nach einem ähnlichen Muster, Yuugi traf sich täglich mit seinen Freunden, manchmal kam Atemu mit, aber es war ihm wichtig, Yuugi seinen Freiraum zu lassen, sodass er stattdessen seine Tante besuchte oder sich bei den Yamaguchi-gumi ein paar neue Waffen besorgte, nicht, dass er sie brauchte, aber er war gerne auf dem neusten Stand der Waffentechnik. So verging beinahe ein Monat, in dem Yuugi aufblühte. Seine Freunde taten ihm unwahrscheinlich gut, er hatte selbst nicht gewusst, wie sehr er sie vermisst hatte, aber nun erschien es ihm undenkbar, wie er es so lange ohne sie ausgehalten hatte. „Wir können sie jetzt viel häufiger besuchen, vielleicht zweimal im Jahr!“, versprach Atemu und machte Yuugi damit sehr glücklich. Durch die Gegenwart seiner Freunde wurde Yuugi aber auch selbstbewusster – nicht, dass er das nicht schon vorher gewesen wäre, aber es war eine andere Art von Selbstbewusstsein, eine natürlichere. So war Yuugi auch nicht sehr traurig, als ihre letzte Nacht anbrach. Sie waren wie immer lange mit seinen Freunden zusammen gewesen und hatten sich dann schweren Herzens verabschiedet. Die Gewissheit, sich in nicht allzu ferner Zukunft wiedersehen zu können, machte es ihnen allen aber leichter und es herrschte keine wirkliche Trauerstimmung. Im Gegenteil erschien Yuugi Atemu sogar sehr übermütig, denn kaum, dass Atemu die Tür des Hotelzimmers hinter ihnen abgeschlossen hatte, zog Yuugi Atemu an dessen Krawatte zu sich und küsste ihn innig. „Ich will dich…“, wisperte er gegen Atemus‘ Lippen. Der grinste. „Dann, bei allem was mit heilig ist…“, sagte er und legte dabei bereits besitzergreifend eine Hand um Yuugis‘ schmale Hüften. Doch Yuugi hatte seinen Satz noch nicht beendet:„Ich will dich so, wie du mich hattest…“, sagte er. Atemu blinzelte. Er starrte Yuugi sprachlos an, öffnete den Mund, schloss ihn dann wieder und blinzelte erneut. „Was?“, fragte er ungläubig. Yuugi lächelte und strich mit dem Finger über Atemus‘ Lippen. „Du hast mich schon verstanden.“, gurrte er. Atemu wusste nichts darauf zu sagen. Er erinnerte sich gut an ihr erstes Mal vor einem Jahr, es war nicht unbedingt romantisch gewesen, Yuugi hatte Schmerzen gelitten, aber das war normal, ein erstes Mal war nie schön. [...] Dennoch war der Gedanke, nun die Rollen zu tauschen, mehr als gewöhnungsbedürftig. „Warum?“, brachte er schließlich heraus. „Warum nicht?“, fragte Yuugi zurück, „Ich finde, dass das irgendwie… na ja, wichtig ist wenn… wenn wir gleichgestellt sind…“ Atemu legte den Kopf schief. Er verstand, was Yuugi meinte – aber ihm behagte der Gedanke schlichtweg nicht, er war das nicht gewohnt. „Lass es uns zumindest versuchen…“, bat Yuugi, der zu ahnen schien, wie es in Atemu aussah. Der konnte Yuugi das nicht abschlagen, denn immerhin hatte er Recht – es wäre wirklich fair und wenn Yuugi ihn darum bat, dann durfte er doch nicht so egoistisch sein, ihm das abzuschlagen. Zögerlich nickte er. Yuugi strahlte, fasste Atemu bei der Hand und zog ihn mit zu dem Hotelbett, welches sie bereits ausreichend auf diese Zwecke getestet hatten. Getestet und für gut befunden. [...] „Wow…“, kam es später erschöpft, aber glücklich von Atemu. Yuugi stützte sich auf einen Ellbogen um Atemu besser ansehen zu können, während er zurückfragte:„Wow? Alles, was ich von dir bekomme, ist ein Wow?“ Atemu grinste:„Vielleicht brauche ich ja noch etwas Inspiration…“ Yuugi erwiderte das Grinsen, legte seine Arme links und rechts von Atemus‘ Kopf ab, um ihn in einen leidenschaftlichen Kuss zu ziehen… August 2009, Manhattan, New York City, United States of America Es war unglaublich, wie gut es tun konnte, einfach nur spazieren zu gehen. Vor zwei Tagen waren sie aus Japan zurückgekehrt und Atemu hatte feststellen müssen, dass es eine unglaublich dumme Idee gewesen war, in der Nacht vor einem stundenlangen Flug zum ersten Mal auf diese Weise mit Yuugi zu schlafen. Entsprechend unbequem war der Rückflug für Atemu gewesen und Yuugi hatte Mühe, nicht darüber zu lachen – aber er schätzte zu sehr, dass Atemu sich wirklich dazu bereit erklärt hatte, sich von ihm nehmen zu lassen, als dass er sich zu einem Lachen hätte hinreißen lassen. Immerhin war es der größte Liebesbeweis, den Atemu hätte erbringen können – denn jene drei Wörter kamen ihm nach wie vor nie über die Lippen, was Yuugi jedoch nicht viel ausmachte, immerhin sagte er selbst es selten. Sie zeigten sich dies auf andere Weise. Nach ihrer Ankunft in Amerika jedenfalls, waren sie erschöpft in ihre Betten gesunken, gestern hatten sie den unangenehmen Aufgaben nachkommen müssen – Wäsche waschen, zum Beispiel, etwas, an das Yuugi sich nur schwer hatte gewöhnen können, Atemu hatte aufgehört zu zählen, wie oft er zu Beginn ihres Zusammenlebens für jede Kleinigkeit den Spruch „Dafür hatten wir Personal“ zu hören bekommen hatte, aber mittlerweile ging es. Nun jedoch, da soweit alles erledigt war, waren sie am Abend zu einem Spaziergang in den Central Park aufgebrochen. Unterwegs hatte Atemu sich einen unvermeidlichen Coffe-to-go genehmigt, den Becher warf er nun in den Mülleimer, las ein paar Steine vom Boden auf und ließ sie über das Wasser des Reservoir-Sees springen. „Was machen deine Freunde jetzt?“, fragte er, während er zusah, wie die Steine die Spiegelung der Zwillingstürme der San Remo Kirche verschwimmen ließen. Yuugi lächelte. Es hatte ihn erleichtert, zu sehen, wie sie alle ihren Weg fanden, versuchten, ihre Träume zu verwirklichen und glücklich dabei waren. „Jono macht ja seine Ausbildung zum Kfz-Mechaniker, die wird er vermutlich bald beendet haben, Honda braucht noch länger, er studiert Sport und Mathe auf Lehramt und Anzu hat es auf eine Tanzakademie geschafft… es geht ihnen allen gut und sobald sie mal alle gleichzeitig frei haben, kommen sie in den Semesterferien vielleicht mal her… Ich habe ihnen gesagt, dass wir in New York City wohnen, die Stadt ist ja wahrlich groß genug…“, erklärte Yuugi und sah Atemu verträumt zu, der grade den letzten Stein geworfen hatte, welcher ein paarmal über das Wasser sprang, ehe er dann versank. „Natürlich.“, stimmte Atemu zu, wandte sich zu Yuugi um und küsste ihn kurz auf die Stirn. Es war bereits dunkel, man konnte kaum mehr etwas erkennen, sodass Yuugi hoffte, es wäre in Ordnung für Atemu, wenn er ihn auch küsste – in der Dunkelheit würden die wenigsten etwas erkennen können. Und in der Tat erhob Atemu keinerlei Widerspruch, legte seine Arme um Yuugi und sank mit ihm auf eine Parkbank. Ihr Leben war vielleicht nicht perfekt, aber es war vollkommen ausreichend, in diesem Augenblick wollte Yuugi auch gar nicht mehr, als mit Atemu auf dieser Parkbank sitzen und ihn küssen. Leider war es ihnen nicht vergönnt, das lange zu tun. Ihre Ohren waren längst darauf trainiert, jedes noch so leise, verdächtige Geräusch wahrzunehmen, sodass sie blitzartig auseinanderfuhren, als ein eben solches an ihre Ohren drang. Mit einem Blick verständigten sie sich, suchten dann die Umgebung ab, doch sie konnten nichts finden, wer immer da hinter ihnen her war, er war gut. Sofort kam ihnen beiden die amerikanische Mafia „La cosa nostra“ in den Sinn. Beweisen freilich konnten sie das nicht, aber sollte es stimmen, wäre es wohl besser, das Weite zu suchen. Natürlich trugen sie beide je eine Schusswaffe bei sich, wie immer, aber je nach Anzahl der Angreifer könnte das nicht ausreichend sein… und Leichen im Central Park? Das wäre unschön. Also liefen sie los, aber damit hatte man wohl gerechnet, denn bereits nach kurzer Zeit, da hatten sie grade eine mit Hecken bewachsene Allee erreicht, stellten sie fest, dass sie ihr Heil nicht in der Flucht finden würden. In der Dunkelheit war es schwer, ihre Gegner auszumachen, aber das Mondlicht reflektierte die Mündungen von sieben Handfeuerwaffen. Weder Atemu noch Yuugi zeigten besondere Angst angesichts dieser Situation. Sie sahen sich an – das war eben Berufsrisiko. Aber jetzt musste es schnell gehen, ihre Hände schnellten zu ihren Waffen. Da fiel auch schon der erste Schuss. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)