Die Welt war ungerecht [BBC Merlin] von ElliotAlderson ================================================================================ Die Welt war ungerecht. Sie war ungerecht und anstrengend, sehr, sehr anstrengend. Das fand zumindest Merlin, der schwer schnaufend auf dem Trainingsfeld stand, die Arme, die sich nach zweieinhalb Stunden vergeblichen Schwertkampfübungen wie Blei anfühlten, nur noch leicht erhoben, den Griff der Waffe wie ein sinnloses Werkzeug verkrampft zwischen den Fingern. Sie war ungerecht, denn er musste hier stehen und Sparringspartner für seinen verzogenen Herren spielen, wo doch Dutzende Ritter um sie herum ebenfalls trainierten und hunderte Male eine bessere Figur abgaben, als er selbst. Konnte Arthur nicht einen von denen nehmen? Das wäre doch wenigstens eine Herausforderung. …und würde mehr Sinn ergeben. Denn es hieß ja ‚Training’ und nicht ‚Schlag-den-wehrlosen-Diener-der-soweiso-nicht-mit-dem-Schwert-umgehen-kann’. Immerhin schien wenigstens Arthur die Sache ernst zu nehmen, auch wenn Merlin kein wirklich ernstzunehmender Gegner war, sondern eher eine ‚Hau-drauf-Puppe’. Sie war ungerecht, dafür dass Arthur so gut aussah und ihn damit ablenkte. Wie sein Haar golden in der Sonne glänzte, seine blauen Augen strahlten und einzelne glitzernde Schweißperlen sein Gesicht benetzten, das konzentriert angespannt war. Doch genau das ließ Merlin sein Jammern unterdrücken, seine Müdigkeit vergessen und seine ohnehin schon wenig vorhandene Konzentration vollkommen den Bach runtergehen. Sie war ungerecht, dass sie zuließ dass Merlins Schwert mit einem Hieb von Arthur neben ihm im Gras lag, wo er doch schon so ausgelaugt war, von schwerer Rüstung, der höllisch heißen Sonne, den auslachenden Augenpaaren, des Prinzen stetigen bissigen Blicken und nicht zu vergessen das schöne Gesicht, das er dabei auch noch machte. Sie war ungerecht, denn als Merlins Knie endgültig nachgaben und er sich einfach nach hinten fallen ließ, auch für einen nur kurzen Moment den kühlenden Schatten von dem blonden jungen Mann genoss, der sogleich an ihn herangetreten war, da spürte er den leicht neckenden Tritt in seiner Seite – der zwar nicht wehtat aber unmissverständlich klar machte, dass eine Pause nicht drin war. Er blinzelte nach oben und erblickte unverkennbar Arthurs Antlitz, umrahmt von Sonnenstrahlen, die ihm auf den Rücken schienen und ihn fast wie ein Engel aussehen ließ, wäre da nicht diese weit nach oben gezogene Augenbraue. „Ich kann nicht mehr…“, schnaufte der Schwarzhaarige erschöpft und erhoffte Gnade. Die er nicht bekam. Die Welt war ungerecht, denn Merlin durfte zwar mit dem Training aufhören, doch sein Tag war damit noch lange nicht beendet. Eine unendliche Liste von Erledigungen wartete noch auf ihn und da waren Arthurs Kammer auf Vordermann bringen, Wäsche waschen, ein Bad richten und seinen Herren von dreckiger verschwitzter Kleidung befreien, wenn dieser seine Trainingseinheiten beendet hatte, nur ein Bruchteil davon. Miesmutig ließ Merlin seine Schultern hängen und machte sich an die Arbeit, denn immerhin machte die sich nicht von alleine. Ungerecht. Merlin konnte gar nicht mehr aufhören die Welt ungerecht zu finden, denn er hatte das Gefühl, dass Arthur es ihm absichtlich schwer zu machen versuchte. Seine Kammer sah aus als hätte die letzte Schlacht hier stattgefunden, die Wäsche hatte sich zu einem unmöglichem Berg angehäuft und als Merlin nach dem großen Holzbottich sah, in dem Arthur sonst sein Bad einnahm, da musste er feststellen, dass dieser in der Zwischenzeit bereits auf die Idee gekommen war sich hineinzusetzen und das warme Nass zu genießen, die benutzten Handtücher lagen inklusive drum herum verstreut. Sicher hatte es sich der Blonde im Wasser gemütlich gemacht, während Merlin bemüht gewesen war, jegliche samtene rote Hemden von seinem Herren wieder zum Strahlen zu bringen. Er schnaubte und bereute, nicht schneller gewesen zu sein, um diesen bestimmt göttlichen Anblick miterlebt zu haben. Arthur nass von Wasser, jeder Tropfen fing glitzernd die Sonne ein, sanft abperlend von seiner Haut, seine Haare feucht auf seiner Stirn geklebt… Merlin schnaufte aus, vertrieb die Hitze, die in seinem Kopf aufstieg und nachdem das erneute Chaos nach einer ganzen Weile beseitigt gewesen war, ließ er einen nachdenklichen Blick zum Fenster schweifen. Die Welt war ungerecht, dafür dass Merlin den ganzen Tag schuftete und Arthur sich überall herumtrieb, wo er wollte und wie lange er wollte. Der Junge wollte es nicht zugeben, doch es war nicht der Haufen an Arbeit, den ihn eigentlich aufregte und schwer seufzen ließ, sondern er vermisste den Blonden an seiner Seite. Den ganzen Tag lang, ja schon die ganze Woche, waren sie so gut wie keinmal richtig unter sich gewesen und das Training zählte nicht – nicht unter dutzenden Rittern, die ihnen auf die Finger schauten und jede Bewegung unter die Lupe zu nehmen schienen. Vor seinem geistigen Auge erschien ihm der Prinz und er atmete langsam aus. Sie war ungerecht, denn Merlin wurde das Gefühl nicht los, dass Arthur ihm bei jeder sich darbietenden Gelegenheit auswich. ~ Sie war ungerecht, denn Merlin bekam den Gedanken nicht mehr los, der ihn quälte und nach einer Antwort verlangte. Der Schwarzhaarige sah zu, wie die Sonne sich langsam dem Horizont näherte. Bald wäre es wieder Nacht und erneut hatte er Arthur keine fünf Minuten für sich gehabt. Da war etwas, was zwischen ihnen stand, etwas was er nicht begriff und etwas was er loshaben wollte. Er wollte dieses unbeschwerte Leben zurück, als er Späße und Faxen mit dem Blonden angestellt hatte und dieser die Maske des Kronprinzen sorglos hatte ablegen können. Doch das war nicht mehr, sie wechselten kaum noch ein Wort und Merlin hatte Angst, je länger dieser Krater zwischen ihnen fortweilte, desto schwerer würde es werden ihn zu überbrücken. Merlin hatte Angst, dass Arthur etwas von seinen Gefühlen ahnte, die tief in ihm schlummerten. Hatte er die viel zu intensiven Blick gemerkt, wenn er Arthur ansah, fast schon verträumt - das Verweilen Merlins Hand auf seiner Schulter, eine sonst so flüchtige Geste, die der junge Zauberer bis ins Unendliche hinauszog – oder waren es die fast zufälligen Berührungen ihrer Haut, die Merlin einen Schauer durch die Wirbelsäule jagen ließ? Sie war ungerecht, denn sie brachte Merlin dazu Arthurs Gemächer hinter sich zu lassen und nach ihm zu suchen. Er brauchte eine Aussprache. Er musste wissen, ob es an ihm lag oder ob es nur eine von den vielen Launen des Prinzen war. Damit würde er leben können…vielleicht. Merlins Füße trugen ihn hinaus, die Luft war abgekühlt und wehte ihm durch die Haare. Seine blauen Augen streiften das Feld ab und entdeckten die rote Gestalt, die noch immer ihr Schwert schwang. Unverkennbar sein Herr und Meister. Die Welt war ungerecht, denn auch als Merlin sich demonstrativ neben Arthur stellte, schien ihn der Prinz ihn mehr als kräftig zu ignorieren. Er ging ein paar Mal um ihn herum, ja darauf bedacht dem Schwert nicht zu nahe zu kommen und suchte seinen Blick, doch er hatte keinen Erfolg. Merlin hüstelte, räusperte, prustete – doch er wurde mit Nichtachtung gestraft. Arthur war gegen den indirekten Weg wohl immun. „Ich würde gerne mit dir reden.“, erhob der junge Magier die Stimme, die, das musste er zugeben, recht brüchig klang. Doch Merlins Bemühungen wollten keine Früchte tragen und neben Verzweiflung machte sich Unverständnis breit. „Sag’ mal bist du taub? Ich will mit dir reden!?“ Arthurs Schwerthieb zerschnitt aggressiv die Luft, doch dies stimmte den Jungen keineswegs zufrieden. Sie war ungerecht, weil Arthur ihn vollkommen ignorierte, nein, noch schlimmer - er schnaubte auch noch genervt, als Merlin versuchte mit ihm zu sprechen. Der Blonde steckte das Schwert weg und schritt von dannen, tat so als hätte er nichts gehört. Merlin wurde wütend, er hatte solch eine Behandlung einfach nicht verdient, egal was er in den Augen des Prinzen falsch gemacht haben sollte. Mechanisch ging der Diener in die Hocke, packte einen Grasbüschel und zog ihn samt Erde heraus, der dann Bekanntschaft mit Arthurs Hinterkopf machen durfte. Der Blonde stolperte einen kleinen Schritt nach vorne, das Gras landete auf dem Boden, jedoch nicht ohne ein paar Halme auf Arthurs Kleidung zu verteilen. Der Blonde hatte diese Attacke wahrlich nicht erwartet, drehte sich abrupt um und fixierte Merlin, der sich gerade wieder erhob. „Was zur Hölle sollte das?“, fauchte er und seine Augenbrauen zogen sich mit einem Mal zusammen. Der Schwarzhaarige trat vor, keineswegs eingeschüchtert über Arthurs rauen Ton. „Was ziehst du hier eigentlich für eine Show ab?“, kam die Gegenfrage, nicht minder ruppig. „Ich hab trainiert, falls du es nicht gesehen hast?!“ Nun war es an Merlin zu schnauben. „Den ganzen Tag?“ Arthurs Mund verzog sich zu einem unergründlichen Ausdruck. „Ich musste über einige Sachen nachdenken.“ „Tatsächlich? …darüber dass du ein Arsch bist?“ Der Prinz öffnete den Mund, machte einen Ansatz, um etwas zu sagen schob jedoch nur den Kiefer ein wenig vor und schloss den Mund wieder. Auch Merlin schwieg, beobachtete Arthur, der irgendwie mit sich selbst zu kämpfen schien und wartete noch einen Moment. Sie war ungerecht, da sich der Ausdruck auf dem Gesicht seines Prinzen wieder veränderte. „Lass mich einfach in Ruhe!“ Der Blonde schenkte seinem Gegenüber keinen Blick mehr und setzte seinen Weg hoch zum Schloss wieder fort. Diese Worte taten weh, auch oder gerade deswegen, weil Merlin sie schon so oft gehört hatte. Doch dieses Mal war es schlimmer. Da war diese riesige Kluft, die zwischen ihnen war und Merlin wollte sie schließen und Arthur riss sie nur noch weiter auf. Dieser eingebildete, unachtsame und ignorante Arsch! Merkte er denn nicht, dass ihm das wehtat? Bevor Merlin registrierte, was er da eigentlich machte, brachten ihn seine Füße in Bewegung und ehe er es sich versah, war er auf Arthur gesprungen. Beide landeten unsanft im Gras, Arthur hatte es geschafft sich irgendwie zu drehen und lag nur auf dem Rücken, während Merlin zu ihm runterstarrte, beide mit sprühenden Augen. „Geh von mir runter!“ „Halt die Klappe!“ Die Welt war ungerecht, dafür dass sie Arthur so viel stärker gemacht hatte, als ihn selbst, auch nach so viel Training, wo man hätte meinen können, dass er ausgelaugt und müde war. Nun war es Merlin, der auf dem Rücken lag wie ein Käfer und Gras ins Gesicht gedrückt bekam. Er hustete und spuckte einzelne Pflanzenteile aus, während er sich versuchte mit Schlägen freizukämpfen. „Idiot!“ „Selber!“ Sie rollten sich herum, pressten sich gegenseitig auf den Boden und stritten um die Oberhand. Die Sonne hatte sich mittlerweile dem Horizont geneigt und tauchte die Szenerie in ein warmes rot orange, dass ihre aufgewühlte Stimmung nur wenig milderte. „Warum behandelst du mich so? Was habe ich getan, damit du mich so strafst?“, fragte Merlin und sah mit großen Augen zu Arthur hoch, der hörbar ausatmete, während er selbst mit den Armen zappelte, versuchte seine Handgelenkte freizubekommen, die Arthur bestimmt auf dem Boden gedrückt hielt, „Ich brauchte Zeit zum Nachdenken…“, wiederholte der Prinz, seine Stimme noch immer etwas grob, doch der fast schmerzliche Unterton entging dem jungen Zauberer nicht und ließ seine anfängliche Wut fast augenblicklich verfliegen. Die sanft geschwungene Augenbrauen des Schwarzhaarigen zogen langsam sich nach oben. „Wieso?“, wisperte er fast und Arthur wandte den Blick ab und ließ Merlins Hände los. Wieder wollte er fliehen, doch dieses Mal würde Merlin das gleich unterbinden. Die Welt schien plötzlich stillzustehen, als Merlin den Spieß wieder umgedreht hatte, sein Gesicht keine 3 Zentimeter von Arthurs, warme Lippen berührten die seinen, nur ganz leicht, sodass es kitzelte und glühendes Silber in Merlins Nervenenden schickte. Der Schwarzhaarige war nicht fähig sich zu bewegen, hauchender Atem streifte seine Haut, die Sekunden verstrichen wie Minuten, als Arthur einen fast schüchternen Biss in seine Lippe wagte. Dies jagte Merlin einen Schauer den Rücken entlang und ein wirbelndes Gefühl, als würde er fallen, bildete sich in seiner Magengegend. Seine Augen weiteten sich und als Arthur von ihm abließ, wusste nicht wie er das zuordnen sollte, wie er fühlen sollte und nun war es an ihm zu flüchten, als ihn die Gefühle zu übermannen drohten. Immer wieder hatte Arthur ihn von sich gestoßen, psychisch und physisch und dann…so etwas… Merlin wurde heiß und kalt gleichzeitig, seine Augen huschten über das grüne Gras, das vor ihm lag und plötzlich spürte er Arthurs Finger um sein Handgelenk. Sanft, warm und beschützend. „Bleib…bitte…“ Vielleicht…nein, ganz sicher sogar, war das der Auslöser, der Merlin lächeln ließ. Der Merlin glauben ließ, dass Arthur mit den gleichen Gefühlen kämpfte wie er selbst. Nur hatte der eine ganz andere Art das zu zeigen. Da war er wieder, der Engel, umrahmt von goldenen Sonnenstrahlen. Und plötzlich…da war die Welt gar nicht mehr so ungerecht. Sie war einfach nur noch unbeschreiblich schön. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)