Ein Blick in die Sterne von Maliondarin ================================================================================ Kapitel 1: Ein Gefühl der Verzweiflung! --------------------------------------- Es war ein schöner Tag. Die Sonne strahlte freudig auf die Motorhaube des silbernen VW Polo und blendete Jonathen für einen Moment. Er hielt die Hand vor die Augen und wehrte so das auf blitzende Licht von seinem Gesicht fern. Er bemerkte sein Übersteuern gerade noch rechtzeitig und brachte den Wagen zurück in die richtige Spur. Einen Moment später raste ein Lastwagen neben ihm vorbei und Jonathen musste aufatmen. Das hätte sein Ende sein können! Doch der Man lächelte weiter. Sein blondes Haar war gekämmt, frisch gewaschen und strahlte mit der Sonne um die Wette. Seine Kleidung war frisch gebügelt, die Falte im Hemd saß perfekt und die Manschettenknöpfe, die er letzte Woche für eine Unsumme von 50€ erstanden hatte, ließen ihn nur noch mehr aufleben. Jonathens Leben war perfekt. Marian, seine geliebte Frau, wartete jeden Tag auf ihn, bis er heim kam. Sie putzte das Haus, pflegte den Garten und ihre wohl wichtigste Aufgabe: Sie behütete ihren dreijährigen Sohn Karlson. Jonathen lächelte sanft. Karlson, sein größter Schatz von allen! Er liebte seinen Sohn, jeden Tag, wenn er endlich wieder heim konnte, spielte er mit dem Kleinen. Vorsichtig wie immer, parkte er den Wagen in der für ihn vorgesehenen Parklücke. Das Schild mit seinem Kennzeichen prangte davor und wies ihn als Topangestellten der Versicherungsfirma „110 Versicherungen“ aus. Ihre Filiale war die größte im ganzen Land und auch die beste. Jonathen hatte ein gutes Einkommen von 7000€ im Monat, er konnte es sich leisten, seine Frau zu Hause zu lassen, damit sie sich ganz um den Kleinen kümmerte. Er leitete diese Filiale und es war sein Verdienst, dass sich die Versicherungen der Firma nun schon über das halbe Land ausgebreitete hatten. Meist sprach Jonathen die Frauen der Familie an, überzeugte sie und schon ein paar Tage später war eine weitere Familie unter Dach und Fach. Gut gelaunt schlenderte er, den Aktenkoffer professionell unter den Arm geklemmt, den Gehweg entlang. Dies war sein Arbeitsweg, er kannte ihn in und auswendig! Freundlich grüßte er die Angestellte des Monats, die ihm, wie jeden Tag, die Tür öffnete, sein Jackett abnahm und ihm hinterher rief, sie würde den Kaffee sofort bringen. Stolz hob Jonathen den Kopf und schritt durch die gläserne Eingangshalle. Die hübsche Brünette, ihre Frau an der Rezeption, grüßte er ebenfalls, genauso wie jeden einzelnen Angestellten. Er war durchaus beliebt und den Kollegen. Wen einer von ihnen ein Problem hatte, so wusste er, er musste nur einmal mit Jonathen darüber reden und der würde schon eine Lösung für alles finden. Dann erreichte der Versicherungsvertreter sein Büro. Ein paar hübsche Bilder von Ländern, die Jonathen so gern gesehen hätte, aber nie die Zeit dafür gehabt hatte, prangten an den Wänden. Jonathen warf ihnen, wie jeden Tag, einen sehnsüchtigen Blick zu und ließ sich dann in seinen großen schwarzen Sessel fallen. Vor ihm lag ein Terminkalender. Jonathen schlug ihn auf und legte den Kopf schräg. Familie Meier in 20 Minuten. Nun, diese Familie war ihm schon immer ganz gelegen gekommen. Alle zwei Jahre hatten sie ein neues Kind, brauchten mehr Versicherungen und allein ihr Fuhrpark kam einem Witz gleich. Jonathen wusste, dass Beide ihr Geld vom Amt bekamen, verurteilte sie jedoch nicht dafür. Die Frau hatte genug mit ihren Kindern zu tun und der arme Man stand völlig unter ihrem Pantoffel. Jonathens linker Mundwinkel zuckte amüsiert nach oben. In diesem Moment kam die Angestellte mit dem Kaffee. „Herzlichen Dank, Berta.“, rief er ihr nach, denn wie immer, war sie bereits wieder aus seinem Büro gehetzt, auf dem Weg, einen neuen Mitarbeiter zu finden, dem sie unter die Arme greifen konnte. Eine ausgesprochen zuvorkommende Frau! Der Termin mit den Meiers lief wie geplant. Frau Meier redete, Jonathen redete, Herr Meier schwieg und nickte. Jonathen schloss mit ihnen eine neue Versicherung, für das mittlerweile fünfte Kind ab und lächelte in sich hinein. Zum Abschied geleitete er sie bis nach draußen. Bis vor die gläserne Halle und winkte aufmunternd Herrn Meier zu. Dann zuckte er mit den Schultern und dachte bei sich, dass er wohl ein besserer Ehemann war, als es Herr Meier jemals sein könnte. Zurück in seinem Büro, studierte Jonathen seinen Terminkalender erneut. Er hatte noch ein wenig Zeit, bis er sich mit den Vorstandsvorsitzenden der Versicherung treffen würde. Eine Beförderung stand noch lange nicht an und groß etwas Bewegendes konnte sich auch Jonathen nicht vorstellen. Er trankt genüsslich seinen schwarzen Kaffee, las die neusten Aktienkurse und lächelte erneut. Seine Aktien stiegen mit jedem Tag! Als es halb Zwölf war, stand ihm das Treffen mit seinen Vorgesetzten bevor. Mit einem doch flauen Gefühl im Magen ging er zu ihnen. Bis jetzt hatten sie nie ein Treffen außerhalb ihrer drei-Monate-Regel aufgestellt. Doch seid dem letzten Treffen war gerade einmal ein Monat vergangen! Die Herren saßen bereits im Konferenzsaal und sahen ihn alle mit finsterer Mine an. Bisher war Jonathen so etwas von ihnen nicht gewöhnt gewesen. Was ihm wohl bevor stand? Vorsichtig, aber höflich lächelnd, setzte er sich auf den für ihn vorgesehenen Stuhl. „Gut. Da nun alle anwesend sind. Kommen wir gleich zum Grund des heutigen Treffens, Mr. Goodman.“, eröffnete ein beleibter Man mit Glatze das Gespräch. Jonathen nickte ihm zu. „Es ist uns zu Ohren gekommen, dass sie das Image der Firma nicht mehr verkörpern.“, nun war Jonathen aber wirklich geschockt. Was tat er nicht mehr? „Sie sind zu alt geworden. Wir werden sie mit einem jungen Nachwuchs ersetzen. Ihre Abfindung finden sie übermorgen auf ihrem Konto.“, so war er. Kurz und direkt. Schmerzvoll und ohne Mitleid. Anders ging er mit seinen Kunden auch nie um. Jonathen klappte die Kinnlade herunter und genau in diesem Augenblick kam ein Man durch die Tür hindurch, mit dem er niemals gerechnet hätte. Einst war er Jonathens Aushilfe gewesen, hatte sich aber verdient gemacht und war nun ein guter Angestellter seiner Filiale. Ein Grinsen breitete sich auf dessen Gesicht aus. „Damit hättest du nicht gerechnet, was?“, flüsterte er ihm gehässig ins Ohr. „Machen sie nun bitte Platz, Mr. Goodman.“, sagte der Glatzköpfige streng von der anderen Seite des Tisches aus. Das konnte alles nur ein Witz sein. Anders konnte es sich Jonathen nicht erklären. Mit hängenden Schultern und so glanzlos wie nie, schritt er durch die gläserne Halle. Dreizehn Jahre hatte er diesem Laden geschenkt und nun? Er war gefeuert worden und durch einen Jüngeren ersetzt worden. Dabei war er gerade mal 38! Was für eine Farce. Lustlos trottete er zu seinem Wagen, öffnete die Tür und lies sich auf den Fahrersitz fallen. Hätte ihn doch nur der Lastwagen heute morgen … doch weiter wollte er nicht denken. Als er nun durch die Frontschutzscheibe sah, erkannte er nicht mehr sein Kennzeichen vor dem Parkplatz, sondern das, der kleinen Schlange, die seinen Platz ergaunert hatte. Am liebsten hätte er es zertreten oder es ausgerissen und dem dazugehörigen Fahrer an den Kopf geschlagen, doch Jonathen war eine gute Seele. Er seufzte, startete den Motor und fuhr davon. Den restlichen Tag verbrachte er in einem kleinen Café. Er trank ein paar Kaffees, aß eine Nussschnecke und ein Stück Kuchen. Erst als es langsam dunkel draußen wurde, entschloss er sich, nun doch heim zu fahren. Ewig konnte er hier nun auch nicht sitzen. Marian empfing ihn gewohnt freundlich und liebevoll. Auch der kleine Karlson sprang auf ihn zu. Doch Jonathen war zu kraftlos um ihn wie gewohnt durch die Luft zu wirbeln. Er ließ sich auf die Couch fallen, direkt neben seine Frau und lehnte den Kopf gegen die Lehne. Das war eindeutig ein gruseliger Tag gewesen. Wie sollte er es nur seiner Frau klar machen? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)