Kryptonit von Ur (Jeder Held hat eine Schwäche) ================================================================================ Kapitel 20: Hoffnung -------------------- So! Es hat lang gedauert, ich hab die Jungs vermisst ... aber da ich Nano nun erstmal über den Haufen geworfen habe, weil die Uni momentan mein Leben frisst, hab ich mich heute Chris und Anjo gewidmet und tada! Da haben wir das nächste Kapitel. Ich wünsche euch viel Spaß damit und bedanke mich wie immer für all das liebe Feedback, auch wenn ich nicht mehr nach jedem Kapitel jedem persönlich danken kann - Zeit ist grad knapp bemessen bei mir. Liebe Grüße, ______________________________________ Es fühlt sich gut an, anderen zu helfen. Der winzige Hund sieht aus, als würde er sich in dieser großen Welt ganz verloren fühlen. Sein Fell ist flauschig und sehr weich und er vergräbt seine kleine Nase an meinem Bauch. Wir sitzen wieder im Auto. Es ist kurz nach vier und die Zeit bei Chris’ Familie war merkwürdig für mich. Alle schienen mich irgendwie zu mögen. So eine große Familie hätte ich auch gern. Unweigerlich beneide ich Chris um alles, was er dort hat. Selbst Tim – der Chris dauernd beleidigt, und andersherum – ist einfach nett. Ihn und Sina zu beobachten hat Spaß gemacht. Mit Franzi hab ich mich besonders gut verstanden. Sie ist auch kein lauter und selbstbewusster Mensch. Vielleicht liegt es daran. Meine Finger streichen gedankenverloren durch das Fell des Hundes. Meines Hundes. Das hört sich sogar in meinen Gedanken komisch an. Schon die ganze Zeit denke ich über einen passenden Namen nach, aber bisher ist mir nichts eingefallen. Sina und Chris unterhalten sich über irgendetwas, ich schwanke in Gedanken zwischen dem kleinen Fellknäuel in meinem Schoß und Chris’ Familie. Ich ertappe mich sogar bei dem Gedanken dabei, wie es wäre, wenn Ma noch mal von Daniel schwanger wird. Wahrscheinlich würde sie das nicht wollen, immerhin kann sie dann nicht mehr so in der Welt rumreisen wie jetzt. »Anjo? Ist alles ok? Du bist so schweigsam«, sagt Sina von vorne und dreht sich auf ihrem Sitz zu mir um. Ich blinzele ein wenig überrumpelt und schaue auf. »Ja, alles ok. Ich… denk nur grad über Familien nach«, gebe ich zu. Sinas Gesichtsausdruck wird augenblicklich liebevoll. »Leider kann man sich die Familie nicht aussuchen, in die man hineingeboren wird«, sagt sie und ich lächele leicht. »Aber deine Freunde kannst du dir aussuchen. Und die können auch Familie sein«, fügt Sina hinzu und strahlt mich an. Irgendwann will ich ihr sagen, dass sie die beste große Schwester ist, die ich mir vorstellen kann. Als wir wieder in der Wohnung angekommen sind, nehme ich unseren neuen Mitbewohner mit ins Wohnzimmer, um ihn Pepper vorzustellen. Obwohl Pepper auch kein besonders großer Hund ist, sieht sie im Gegensatz zu dem Kleinen riesig aus. »Wenn das mein Hund wäre, dann würde ich ihn Anjo nennen«, sagt Sina amüsiert und beobachtet, wie Pepper den Neuankömmling ausgiebig beschnüffelt. Es scheint, als hätte sie nichts gegen ihn. Tatsächlich stupst sie ihn mit ihrer Schnauze ein wenig an, woraufhin er fiept. »Ich kann meinen Hund doch nicht nennen wie mich selbst«, gebe ich amüsiert zurück und Sina zuckt mit den Schultern. Sie lässt sich auf dem blauen Sofa nieder und beobachtet die beiden Hunde. »Krümel«, meint sie dann. Ich muss lachen. »Krümel klingt nach einem Hasen«, gebe ich zurück und zermartere mir den Kopf nach einem passenden Namen. Eine Minute lang sitzen Sina und ich schweigend da, während wir Pepper und den kleinen Hund beobachten. Dann rastet etwas in meinem Gehirn ein. »Parker«, sage ich und sehe zu Sina auf. Sie blinzelt einen Augenblick lang verwirrt, dann scheint ihr ein Licht aufzugehen. »Wie symbolisch«, meint sie schmunzelnd. Ich lächele verlegen. »Pepper und Parker klingt lustig«, fügt sie hinzu und bückt sich, um Parker kurz zu kraulen. »Wenn wir jetzt mit den Skizzen anfangen, können wir danach noch losfahren und dem Kleinen eine Leine und den ganzen Rest kaufen.« Mit diesen Worten verschwindet sie aus dem Wohnzimmer und ich höre wie sie laut nach Chris ruft. Ich stehe auf und Parker folgt mir aus dem Wohnzimmer in mein Zimmer. Stumm lächelnd krame ich nach meinem Skizzenblock und einem weichen Bleistift. Pepper und Parker machen es sich auf Sinas Bett gemütlich. Hier ist es am hellsten und deshalb hat Sina mir angeboten, die Skizzen bei ihr anzufertigen. Ich hab mir schon gedacht, dass ich mir womöglich selbst ein Bein damit stelle, Chris und Sina fast nackt zu zeichnen. Und natürlich. Als Chris sich aus seinen Klamotten pult und schließlich nur noch in Shorts vor mir steht, wird mir viel zu warm für die hier herrschende Zimmertemperatur und ich weiß, dass meine Wangen rot glühen. Wenn ich immer so auf Chris reagiere, dann wird er mich nie ernst nehmen. Sina wirft ihren BH achtlos auf den Boden und wippt zu Chris gewandt mit den Augenbrauen, woraufhin er leise lacht. »Du bist unwiderstehlich, Schatz«, sagt er sarkastisch und Sina streckt ihm die Zunge heraus. Dann wenden sich die beiden völlig ungerührt mir zu und sehen mich fragend an. Ich muss mich dazu zwingen, Chris nicht mit halb geöffnetem Mund anzustarren. Mein Benehmen ist schon peinlich genug. »Vielleicht könnt ihr… einfach so tun, als wärt ihr ein Paar, das kein Paar… sein darf?«, bringe ich krächzend hervor und umfasse den Bleistift in meiner Hand ein wenig fester. Chris’ Gesichtsausdruck scheint für einen Moment zu entgleisen, auch wenn ich keine Ahnung habe, woran das liegt. Rasch wendet er sich Sina zu, die ohne weiter nachzufragen ihre Arme um Chris’ Oberkörper wickelt und sich an ihn drückt. Ich hocke auf Sinas Schreibtischstuhl, den Skizzenblock auf meinen Knien. Wie soll ich das überleben, ohne mich dauerhaft zum Deppen zu machen? Ich merke jetzt schon, dass mein ganzer Körper kribbelt. Die ganze nackte Haut von Chris bringt mein Gehirn nicht gerade dazu, auf Hochtouren zu laufen. Dennoch setze ich beherzt den Bleistift auf das Papier und fange an, die beiden zu skizzieren. Sina steht oft sehr lang still. Chris macht das offenkundig ziemlich große Probleme. Kein Wunder. Als Sportler ist er es gewöhnt, sich viel zu bewegen. Also bemühe ich mich, nicht allzu lange für eine Skizze zu brauchen. »Kannst du vielleicht dein Bein ein Stück weiter vor… ja, genau so. Und äh… Ihr könntet die Köpfe ein bisschen schief legen, als wolltet ihr euch… küssen?« Meine Pubertät hat sich offenbar um mehrere Jahre verspätet. Welcher normale Achtzehnjährige bekommt einen halben Herzinfarkt, wenn er das Wort ›küssen‹ ausspricht? Ich kenne außer mir selbst niemanden. Ich zwinge mich selbst dazu, nicht allzu genau mit den Skizzen zu sein. Schließlich will ich erst einmal herausfinden, welche Pose mir am besten gefällt. Und als ich endlich fünf verschiedene Skizzen habe, lösen sich Sina und Chris voneinander und Chris streckt sich ein wenig. »Tut mir Leid«, sage ich prompt und sehe überall hin, nur nicht auf Chris. »Was?«, fragt er verwundert und ich starre auf den Skizzenblock in meinem Schoß. »Dass du solang still stehen musstest«, gebe ich kleinlaut zurück. Chris kommt zu mir herüber und wuschelt mir durch die Haare, wie er das so oft macht. Unweigerlich beginnt es in meinem Bauch zu flattern. »Mach ich gern für dich. Das Stillstehen war nicht so schlimm. Sinas Brüste an meinem Oberkörper hingegen…« Prompt kriegt er von Sina einen Schlag auf den Hinterkopf und die beiden jagen aus dem Zimmer. »Es gibt genug Männer da draußen, die dafür morden würden, um diese Brüste mal auf ihrem Oberkörper zu haben!« »Ich bin aber nicht die Männer da draußen!«, kommt die lachende Antwort von Chris. Ich muss schmunzeln, während ich sie durch den Flur huschen höre. »Du bist viel schlimmer als die Männer da draußen!« Ich schiebe mir meinen Skizzenblock unter den Arm, hebe Parker behutsam aus Sinas Bett und trage beides zurück in mein Zimmer. Ich ertappe mich dabei, wie ich das dringende Bedürfnis unterdrücke, dem kleinen Hund von meinen Gefühlen für Christian zu erzählen. Und von seiner Familie. Und von Benni. »Du bleibst nicht immer so klein«, erkläre ich Parker und setze mich neben ihn aufs Bett, »Irgendwann wirst du auch mal ein Held. Wie Peter Parker.« Er schaut mich aus seinen Knopfaugen an und fiept. Die Vorstellung, dass er mich versteht, gefällt mir irgendwie. Leise summend setze ich mich an den alten Schreibtisch und krame nach meinem Ringblock. ›Dinge, die ich in nächster Zeit/bald tun will‹ schreibe ich oben auf ein leeres Blatt. - auf das Kunstprojekt 14 Punkte bekommen - mit Pa reden - jemandem so helfen, wie Chris mir geholfen hat - Ma und Daniel besuchen - Abi gut bestehen - Sina sagen, dass sie die beste große Schwester der Welt ist - meinen ersten Kuss verlieren - Chris sagen, dass ich in ihn verliebt bin - Ich betrachte die Liste einen Moment lang nachdenklich, dann streiche ich den letzten Punkt wieder und klappe den Block zu. »Anjo? Wollen wir fahren?«, ruft Chris aus dem Flur. Ich schrecke auf, stecke den Block hastig zurück in meinen Rucksack und verabschiede mich von Parker. Sina verspricht mir, auf ihn aufzupassen, während ich mit Chris losfahre, um alles an Kram zu kaufen, den ich für Parker brauche. Ich habe schließlich sonst nichts, wofür ich meine Ersparnisse ausgeben wollen würde. * In den nächsten Tagen mache ich mich daran, die Skizzen zu kopieren und den Kopien dann verschiedene Hintergründe zu verpassen. Sina scherzt schon, dass ich sicher bald verhungere, wenn ich mich weiter so in meinem Zimmer verschanze. Aber das Projekt lenkt mich von all meinen Grübeleien ab. Grübeleien über meine Gefühle für Chris, über Benni, über Familie. Parker leistet mir geduldig Gesellschaft, während ich mit Tusche und Aquarell und Ölfarben herumexperimentiere und mir dabei nicht selten Farbkleckse überall auf dem Gesicht und den Armen verteile. Sina macht sich einen Spaß daraus, mich ab und an zu fotografieren, wenn ich ganz vertieft in die Arbeit bin. Wenn ich bedenke, dass wir alle Skizzen mit abgeben sollen, um den Prozess auf dem Weg zum fertigen Projektbild zu dokumentieren, dann bekommt Frau Pape garantiert eine unglaublich dicke Mappe. Mit Chris ist irgendetwas nicht in Ordnung. Ich habe keine Ahnung, was es ist, aber es fällt mir auf. Er redet und lacht weniger, scheint öfter in Gedanken zu sein. Obwohl ich es nicht gern zugebe, färbt seine Stimmung auf mich ab. Ich traue mich nicht ihn zu fragen, was ihn belastet, denn ich glaube kaum, dass es der nahende Finalkampf beim Kickboxen ist. Immerhin hat er bisher keinen Kampf verloren und er geht so viel trainieren, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass es bei diesem letzten Kampf anders sein sollte. Wehmütig denke ich daran, dass die Ferien bald schon wieder zu Ende sind. Sechs Wochen scheinen mir viel zu kurz zu sein. Vielleicht liegt es daran, dass diese Sommerferien die schönsten meines Lebens waren. Ich war viel unterwegs, – beim Grillen im Park, mit Lilli, mit Chris und Sina – ich hab Chris’ und Lillis Familien kennen gelernt, ich habe jetzt einen Hund. Benni hat sich bei mir entschuldigt, auch wenn er natürlich ziemlich betrunken war. Aber trotzdem. Wenn es nach mir ginge, könnten diese Ferien noch jahrelang weiter gehen. Sina steht mir bei meinem Projekt auch weiterhin mit Rat und Tat zur Seite. Sie zeigt mir ein paar Sachen, die ich mit Computerkoloration machen kann, und ist immer ehrlich, wenn ihr einer der Entwürfe nicht so gut gefällt. »Kommt ihr eigentlich zum letzten Kampf?«, fragt Chris an einem Montag beim Mittagessen. Er hat dunkle Ringe unter den Augen und sieht sehr erschöpft aus, dabei ist er gestern schon sehr früh ins Bett gegangen. »Klar«, sage ich und versuche ihn aufmunternd anzulächeln. Er lächelt zurück und mein Herz hüpft. Aber ich sehe, dass das nicht sein übliches Lächeln ist. Wenn ich nur wüsste, was los ist, dann könnte ich vielleicht versuchen, ihm zu helfen. »Ich hab übrigens einen Entwurf mit Hintergrund ausgesucht«, sage ich unsicher und Sina blickt sofort interessiert auf. »Ich würd’ gern mit Ölfarben malen. Dann brauch ich nur noch eine Leinwand und wir könnten das Bild machen«, erkläre ich. Sina strahlt begeistert. Chris nickt ergeben. »Wenn du dir heute noch die Leinwand besorgst, können wir das morgen machen, bevor ich zum Training gehe«, schlägt er vor und schiebt sich ein paar Nudeln in den Mund. »Ok«, sage ich und versuche, nicht allzu betrübt zu klingen. Sonst denkt Chris noch, mit mir sei irgendwas nicht in Ordnung. Aber ich mache mir ja eigentlich nur Sorgen um ihn. »Was glaubst du, wieso Chris in letzter Zeit so… komisch ist?«, frage ich Sina vorsichtig, nachdem wir aus der Stadt zurück sind. Ich trage eine große Leinwand im Arm und Sina hat mir ihre Staffelei angeboten. Sina wirft mir einen Blick von der Seite zu und schließt die Wohnungstür auf, damit ich mich mit der Leinwand hindurch manövrieren kann. »Er hat mir nichts erzählt. Vielleicht hat es was mit Felix zu tun?«, gibt sie zurück und folgt mir in mein Zimmer, wo Parker schon schwanzwedelnd auf mich wartet. Ich sehe mich um, ob er mir wieder eine Pfütze irgendwo ins Zimmer gesetzt hat, aber es sieht nicht danach aus und so stelle ich die Leinwand neben dem Bett ab und kraule Parker zwischen den Ohren. »Hm«, mache ich nur und seufze niedergeschlagen. »Er wird sich schon wieder einkriegen«, meint Sina aufmunternd und kommt zu mir herüber, um mich zu umarmen. Einen Moment lang zögere ich. Dann beschließe ich, dass es nichts bringt, ewig auf den richtigen Augenblick zu warten. »Sina?« »Hm?« »Du bist die beste große Schwester, die man sich wünschen kann«, nuschele ich leise an ihre Schulter und spüre, wie mein Gesicht heiß wird. Einige Sekunden lang bleibt Sina einfach still in der Umarmung stehen, dann richtet sie sich auf und sieht mich aus leuchtenden Augen an und drückt mir einen Kuss auf die Stirn. »Und du bist ganz schön toll«, sagt sie und wischt sich hastig über die Augen. Dann huscht sie aus dem Zimmer und ich muss lächeln. Es ist schön, wenn ich Sina eine Freude machen kann. Immerhin hat sie mir schon so oft geholfen. Nachdenklich krame ich nach meinem Block und hake den Punkt mit Sina ab. Unweigerlich huschen meine Augen zu dem gestrichenen Punkt mit Chris hinunter, doch ich klappe den Block eilig zu und stecke ihn wieder weg. Was würde Chris schon dazu sagen? Dass es ihm Leid tut, aber dass er in Felix verliebt ist und dass ich eher wie ein kleiner Bruder für ihn bin. Es ist ja nicht so, dass ich etwas anderes erwarten würde. Aber trotzdem kann ich nichts dagegen machen, dass ich mir eine andere Antwort wünsche. Nicht umsonst träume ich öfter von Chris und mir in langen Umarmungen und beim Knutschen. Allein bei dem Gedanken daran wird mir schon wieder heiß. * Sinas Zimmerboden ist mit Zeitungspapier ausgelegt und ich sehe schon wieder aus wie ein farbbekleckster Pinsel. Sina und Chris stehen vor mir und diesmal sind sie beide vollkommen nackt. Mein Herz schwirrt ununterbrochen und meine Finger zittern, was das Malen nicht gerade einfach macht. »Ich könnte mich daran gewöhnen«, nuschelt Sina und verkneift sich offensichtlich ein Grinsen, während ich angespannt auf ihre Schulterpartie starre und dabei ernsthaft bemüht bin, nicht dauernd in Chris’ Schrittregion zu schauen. Man sieht nichts, weil er sein Bein leicht angehoben hat und Sina sich sehr an ihn drückt, aber trotzdem reicht schon das Wissen um seine Nacktheit, um mich nervös zu machen. Ich muss daran denken, was damals unter der Dusche passiert ist. »Ich kann Brüsten immer noch nichts abgewinnen«, gibt Chris zurück und ich weiß, dass Sina ihm jetzt gern eine Kopfnuss geben würde. Aber sie bleibt genauso stehen, wie sie es soll. Ihre und Chris’ Lippen sind sehr nah aneinander, sodass es aussieht, als würden sie sich jeden Moment küssen. »Wenn ich mit der Schulterpartie fertig bin, können wir ja erstmal Pause machen«, sage ich so ruhig wie möglich. Wieso muss Chris so gut aussehen? Ich könnte ihn den ganzen Tag nur ansehen. Wenn er wüsste, dass er für mich genauso aussieht, wie ich ihn zeichne, – und zwar als griechischen Gott – dann würde er mich sicherlich für verrückt halten. In der Pause versuche ich alle Gedanken zu verdrängen, die in die Richtung gehen, dass ich auch gern genau wie Sina vor Chris stehen würde. Vielleicht mit noch ein bisschen weniger Abstand zwischen unseren Mündern. Aber was helfen solche Gedanken? Ich werde nie mit Chris zusammen sein. Und langsam sollte ich mich an diese Tatsache gewöhnen. »Sehr schlimm?«, fragt Sina beiläufig, die einen Apfel isst. Chris ist – immer noch nackt – im Bad verschwunden. »Was?«, frage ich verwirrt und schaue zu ihr auf. Sie mustert scheinbar interessiert das halb fertige Bild. »Chris. Nackt«, gibt sie schlicht zurück. Ich verschlucke mich beinahe an meiner eigenen Spucke und senke verlegen den Kopf. Natürlich hat sie es bemerkt. Ich bin auch einfach alles andere als unauffällig. »Äh… ja, schon. Irgendwie«, gebe ich kleinlaut zu und Sina legt einen Arm um mich. »Und du stehst so nah dran und stellst dich überhaupt nicht an«, füge ich seufzend hinzu. Sina lächelt. »Das hab ich hinter mir. Das mit dem Anstellen«, sagt Sina und ich sehe sie erstaunt an. Sie grinst. »Frau und Mann in einer Wohnung. Und dann so ein Mann wie der da. Ein bisschen verknallt war ich auch in Chris«, gibt sie zu. Das wusste ich nicht und es verblüfft mich ziemlich. »Ich hab mir ja nie Hoffnungen machen müssen, das war schon ok. Aber du«, sagt sie und stupst mir gegen die Nase, »irgendwann will ich euch beide zusammen sehen.« Ich sehe sie an und schlucke. Das hilft nicht wirklich meine Hoffnungen zu zerstreuen. »Wollen wir weitermachen?«, fragt Chris, als er wieder ins Zimmer kommt und ich schließe hastig die Augen und nicke. Hoffnung kann zwar sehr schön, aber auch ganz schön anstrengend sein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)