Zehn Fragen - Zehn Oneshots von abgemeldet (One Shot Sammlung) ================================================================================ Kapitel 10: Das, was ich hören wollte… -------------------------------------- Das, was ich hören wollte… Sophie wusste nicht, warum sie hier auf dem Hügel stand und sich noch immer das Gerede des Prinzen anhörte. Wie oft hatte sie sich schon wiederholt? Wie oft hatte sie schon gesagt, dass ihr Entschluss feststand? Doch je mehr er sprach, desto mehr wurde der Gedanke in ihr geweckt, dass sie Edmund doch eine Chance geben konnte. Er war nett und seine Gefühle zu ihr schienen tief zu sein. Er sagte ihr, wie sehr er sie liebte. Das sie der Grund dafür war, dass er wieder sein normales Leben führen konnte. Immer und immer wieder. Edmund war sehr euphorisch. Er schien davon überzeugt zu sein, dass sie mit ihm in sein Königreich gehen würde. „Gib mir ein wenig Bedenkzeit…bitte?“, bat Sophie. Sie wollte dem Königssohn nicht sofort eine Absage erteilen. Das Mädchen war sich sicher, dass sie niemals jemanden anderes lieben können würde, als Hauro. Allerdings waren ihre Gedanken derzeitig durcheinander. Sollte sie bleiben? Sollte sie gehen? Beide Varianten hatten ihre Vor – und Nachteile. Würde sie gehen, so wäre sie fort von hier. Fort von Hauro. Das war sowohl ein Vorteil, als auch ein Nachteil. Sophie liebte den Magier, keine Frage, doch war sie sich nicht sicher, wie dieser für sie fühlte. Er hatte ihr bis heute noch nicht gesagt, was er für sie empfand Sicher, sie tauschten Zärtlichkeiten aus und küssten sich. Allein wenn Sophie an seine Küsse dachte, wurde ihr ganz schwummerig vor Augen und ihr Herz begann schneller zu schlagen, doch die wichtigen drei Worte fehlten immer noch. So wurde ihr Zweifel jeden Tag größer. Die Angst davor, dass Hauro sie irgendwann verlassen würde und sich jemanden anderes suchen würde, wurde stärker. Sophie wusste, dass sie es nicht ertragen würde, wenn sie es mit ansehen müsste, wenn er sich einer anderen Frau zuwenden würde. Daher wäre es ein Vorteil, wenn sie das wandelnde Schloss und somit ihn verlassen würde. Der Nachteil wäre, sie würde nicht mehr in seiner Nähe sein können. Sophie liebte dieses Gefühl von Sicherheit, Geborgenheit und Vertrauen, welches sie immer empfand, wenn Hauro bei ihr war. Die Wärme und Zufriedenheit, die ihr nur eine einzige Umarmung von ihm geben konnte, würde sie bei niemand anderem, jemals fühlen können. ******************** Das silberhaarige Mädchen seufzte einmal tief auf. Es war früh am Abend und der Prinz hatte sich bereits vor einer Weile verabschiedet. Er würde in zwei Tagen wiederkommen und ihre Antwort erwarten. Sie saß nun auf einem Stuhl und sah auf den Koffer, den sie geöffnet auf ihr Bett gestellt hatte. Sophies Entscheidung war noch nicht gefallen, doch die geöffnete Reisetasche zeigte ihr, wie endgültig es sein würde, wenn sie ihre Wahl treffen würde. Wahl…wie das klang. Als ob sie wirklich aussuchen konnte, wen sie liebte und wen nicht. Ganz tief in ihrem Herzen wusste Sophie, wenn sie gehen würde, würde sie Edmund nur ausnutzen. Er wäre immer nur ein Ersatz. Eine Notlösung, weil der den die Silberhaarige liebte, sie nicht wiederliebte. Zum zweiten Mal an diesem Abend entfloh ihrer Kehle ein tiefer und wehmütiger Seufzer. Ein leises Klopfen an der Tür riss Sophie aus ihren wirren Gedanken. Nach einem kurzen Moment, trat Hauro herein. Er warte nie ab, dass Sophie ihn herein bat. „Sophie ich wollte…“ Der Magier hielt mitten im Satz inne, als sein Blick auf den geöffneten Koffer fiel. „Du…du willst mit ihm gehen?“, fragte der Schwarzhaarige mit tonloser Stimme, doch eine Antwort wartete er nicht ab. „Ich werde dich nicht aufhalten, wenn es das ist, was du wirklich möchtest…nur bitte…“, er hielt kurz inne und sah sie an. Durfte er es überhaupt wagen, sie darum zu bitten? Seine Hände ballten sich zu Fäusten und als Hauro ihren fragenden, braunen Augen begegnete, nahm er seinen Mut zusammen und sprach weiter. „Bevor du packst…bevor du deine Wahl triffst, gib mir nur einen Moment und dann begleite mich. Ich will dir etwas zeigen. Warte vor der Tür auf mich.“ Wieder warte er nicht ab, bis sie ihm antworten konnte und verschwand mit schnellen Schritten aus ihrem Zimmer. Sophie saß verdattert auf ihrem Stuhl. Sie hatte ja noch nicht einmal die Chance bekommen, ihm zu erklären, dass ihre Wahl schon von Anfang an auf ihn gefallen war. Das Mädchen erhob sich und ging langsam zur Tür. Sie hatte keine Ahnung, was Hauro ihr zeigen wollte, daher blieb sie einfach stehen und wartete auf ihn. Nur wenige Sekunden später stand er auch schon neben der Silberhaarigen. In den Händen hielt er eine warme kuschelige Decke, die er wohl aus seinem Zimmer geholt hatte. Mit einem sanften Lächeln stand er hinter ihr und griff an Sophie vorbei, um den Ausgang zum Haus seines Onkels zu öffnen. Die junge Frau konnte die Wärme hinter sich spüren, die von Hauros Körper ausging und seinen Duft einatmen. Kräuter und Hönig. Würzig und süß. „Passt zu ihm“, dachte sie schmunzelnd. Einen kleinen Augenblick schloss sie die Augen und genoss dieses Gefühl. Da öffnete Hauro auch schon die Tür und sie gingen hinaus auf die von Sternen erhellte Wiese. Es war ein Sichelmond am Himmel zu sehen und keine Wolke trübte die Sicht auf die funkelnden Himmelskörper. An einer Stelle, von der aus man den kleinen Fluss mit dem Häuschen sehen konnte, breitete der Schwarzhaarige die Decke auf und forderte sie mit einer Handbewegung auf, sich zu setzten. Eine kleine Weile saßen sie nebeneinander. Ohne ein Wort zu sagen. Ohne sich zu rühren und genossen den Anblick, der sich ihnen bot. Dann begann Hauro ganz leise und sanft zu reden. „Weißt du, als ich dir diesen Platz zeigte, da wollte ich etwas ganz Persönliches mit dir teilen. Ein Geheimnis, dass sonst niemand kannte außer mir. Dir wollte ich es zeigen.“ Während er sprach griff er ganz zart nach ihrer Hand und drückte sie auf seine Brust. Genau an die Stelle, an der sein Herz schlug. Sophie fühlte das stetige Pochen unter ihren Fingerspitzen. „Fühlst du es schlagen? Das tut es nur wegen dir. Mein Herz schlägt nur wegen dir und nur für dich. Solltest du gehen, wirst du es wieder mit dir nehmen.“ Hauro sah Sophie tief in die Augen und streifte ihre Lippen ganz kurz mit seinen. „Ich werde dir diese Worte, die du wohl hören willst, noch nicht sagen können, aber gib mir nur ein bisschen Zeit und ich werde dies auch tun können…verlass mich bitte nicht…ich brauche dich.“ Sophie sah auf ihren Magier. Sie liebte ihn und das was er ihr nun sagte, war mehr, als sie jemals erwartet hatte. Die Wahrheit stand in seinen Augen geschrieben. Sophie konnte sie deutlich darin lesen. Sie nahm ihn in den Arm und schmiegte sich an ihren Magier. Da er es nicht sagen konnte, war sie es, die ihm ganz sanft ins Ohr flüsterte: „Ich liebe dich!“ Was brauchte sie schon diese vergänglichen Worte, wenn das, was Hauro für sie fühlte doch in jeder Geste, in jedem Blick und in jeder Berührung zu lesen war. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)