Tim Burtons - Alice im Wunderland 2 von Clarice (*~*Der Erbe der weißen Königin*~*) ================================================================================ Kapitel 10: Die Entscheidung ---------------------------- So stand sie da und die Sonne tauchte hinter den Hügeln hinab. Der Abend brach herein und Alice kehrte mit aufgewühltem Herzen zurück in ihr Zimmer. Ohne dieses zu erhellen, bewegte sie sich durch den Raum. Vorbei an ihrem Bett, auf dem noch immer das Tablett stand, das ihr Tarrant gebracht hatte. Kurz hielt sie an, um es zu betrachten. Der Tee war mittlerweile erkaltet. //Hätte ich ihn doch nur getrunken...//, sprach sie innerlich mehr ironisch zu sich selbst. Ihre Sicht richtete sich wieder auf und der Fensterreihe zu. Deutlich sah sie das Geschehnis, welches sich dort abgespielt hatte, wiederholend vor ihrem bildlichen Auge. Worauf sich die junge Frau zu eben diesem Fenster drehte und sich ihm dann auch ein weiteres Mal näherte. Immer noch hörte sie die Worte aus dem Pavillon, die er zu ihr sprach und immer noch förderten sie den Lauf ihrer Tränen. Sich auf der Fensterbank niederlassend, zog ihr Blick wieder in das immer mehr zunehmende Nichts das´ ihre´ Welt verschwinden lassen sollte. Waren das wirklich die Dinge gewesen, die er ihr sagen wollte? War da nicht mehr? Etwas anders? Etwas das so wichtig für sie gewesen wäre?! Dicht zog Alice ihre Beine an ihren Körper. Ihre Finger konnten immer noch den Schlag, der seine Brust fast durchbrochen hatte, spüren. Warum schlug es so schnell? Warum war er so nervös? Ging es ihm wie ihr? Aber wie ging es ihr genaugenommen? //Ich dachte wirklich, sobald ich hier bin, würde sich alles klären. Die Fragen ein Ende nehmen... Und was ist jetzt? Sie wurden... Sie werden mehr und mehr...Was ist nur geschehen? Warum kann ich mich nicht freuen?// Alice ließ ihr Gedankengut Revue passieren. Desto mehr sie ihre Gedanken und Fragen gefangen hielten, desto mehr musste sie sich nun dennoch schier ergeben und erkennen. Es war zermarternd, erdrückend und zugleich erfüllte es alles in ihr. In all den Jahren zuvor, in all der Zeit und war sie auch so kurz, hatte sie bei keinem anderen Mann auch nur im Ansatz von dem empfunden, wie sie es nun bei ihm getan hatte. Er gab ihr das Gefühl ihren Platz gefunden zu haben. Sie, auch wenn sie kaum was von ihm kannte, das Gefühl besaß, ihn besser zu kennen als sonst wer. Er sorgte sich um sie. Er beschützte sie. Er brachte sie zum Lachen. Und all das, was alle sonst für unnormal hielten, war für ihn das normalste auf der Welt. Weiter kullerten die flüssigen Perlen an ihren Wangen herunter. Alice lehnte ihren Kopf an den kalten Stein des Mauerwerkes und schloss einen Moment ihre Augen. Ein fast selbst belustigendes Lächeln gesellte sich dazu. Ihre Erinnerungen erstreckten sich zurück. Zurück, als man das erste Mal ihre Hilfe brauchte. Und gezielte Sequenzen entfachten sich in ihrem Geist. [...] “Wie kann es nur sein, das du immer zu klein bist oder zu groß?” “Ich freu mich so dich zu sehen, ich dachte sie würden dich...” “Dacht ich auch aber nein... Und jetzt steh ich hier nach wie vor in einem Stück. U-Und ich bin recht froh darüber, wo ich dich jetzt wiedersehe... I-Ich hätte es bereut dich nicht wieder zu sehen, vor allem jetzt wo du du bist in der natürlichen Größe... das ist eine gute Größe, tolle Größe, richtige gebürliche Alice Größe....” [...] “Du glaubst nach wie vor das sei ein Traum, oder?” “Gewiss doch. Das entspringt alles meiner Einbildung.” “Das würde bedeuten, ich... bin... nicht real?” “Ich fürchte so ist es. Du bist nur ein Geschöpf meiner Phantasie. Typisch das ich jemanden erträume, der halb verrückt ist.” “Ja, ja... aber du müsstest selbst halb verrückt sein, um mich zu erträumen.” “Das muss ich wohl sein. - Du wirst mir fehlen, wenn ich aufwache.” “Du brauchst nicht fort zu gehen...” “Was für eine Idee. Eine irre, verrückte, wundervolle Idee. Aber es geht nicht anders. Ich habe Fragen zu beantworten. Dinge, die ich erledigen muss. Eh du dich versiehst, bin ich wieder zurück. “[...] Die zusammen gekauerte Frau fasste sich ins Gesicht. Zu diesen Rückblenden, gesellte sich das kürzlich erlebte. “Du bist nur ein Geschöpf meiner Phantasie... Pff... Ich habe Fragen zu beantworten, Dinge zu erledigen... und was tat ich wirklich? Ich vergaß ihn! Mein Verstand hatte ihn vergessen... Er wollte nicht, das ich mich erinnere... Aber er war immer hier...” Sie fasste sich ans Herz. “Tief in mir. Ich spüre es, ich spürte es... Oh Alice, wie blind warst du doch nur...”, tadelte sie nun sich selbst. “Wie unaussprechlich dumm!” War es wirklich damals schon so eindeutig gewesen? Je mehr sie darüber nach dachte, desto mehr wurde die unumstößliche Bestätigung immer deutlicher. Wie er sie bei ihrem Abschied angesehen hatte? Es war nicht einfach nur die Enttäuschung darüber einen Freund zu verlieren. Was hatte Alice nur angerichtet? Wenn sie nun wieder ginge, so wurde es ihr klar, würde sie ihn für immer zerstören. Wie auch, ihre aller letzte Chance, endlich glücklich zu werden, verlieren. Sie sagte selbst damals zu Hamish, er sei nicht der Richtige, denn den Richtigen hatte sie doch schon längst gefunden gehabt?! Und was hatte sie getan? Sie hatte ihn zurück gelassen und ihn schon schier egoistisch aus ihrem Leben gestrichen! Versprach die Hand einem anderen Mann. Und er, er behandelte sie wie einst. Ohne auch nur die kleinste Spur von Gram. “Nein! Ich will ihn nicht verlieren! Ihn erneut verlassen!”, gestand sie sich selber immer weiter ein, sein Bildnis unabkömmlich und klar vor sich. Nur würde er sie überhaupt noch wollen? Einst begegneten sie sich als Freunde. Das kleine Mädchen trotze vor ihm und ließ sich belustigen. Das junge Mädchen beschützen und ermutigen. Und die junge Frau? Diese ließ sich ihr Herz stehlen. Und ja, dieser Diebstahl sollte, er durfte, er forderte keine Rückgabe. Michael war ihr gleich und mehr als dies. Alice war sich sogar im Klaren, dass sie ihm nie ein Ja auf seinen Antrag hätte geben dürfen. Aber woher sollte sie damals wissen, was ihr die Zukunft nun gebracht hatte? Doch viel wichtiger als dieser geldgierige Schotte, war Margaret. Wie sollte sie es ihr erklären? War diese doch immer so bodenständig und vernünftig. Das völlige Gegenteil von sich selbst. Aber auch der Hutmacher war ganz ´allein´ in seiner Welt. Einer ganz anderen Welt. Ihr letzter familiärer Bezug würde es dann jedoch auch seinen. Lowell konnte man nicht dazu zählen. Sie konnte ihre Schwester doch nicht alleine bei diesen Halunken lassen?! In Alice tobte ein Konflikt. Wie zärtlich Tarrant sie berührt hatte, wie innig sein sanfter Blick ihre Seele bewegte. Hier und jetzt auf der Fensterbank, wünschte sie sich er würde sie in seine Arm nehmen und sie seinen Herzschlag lauschen lassen. Ihr seine zärtliche Wärme schenken. Sie bekräftigen. Ihr helfen. Doch war dies nicht das einzige Verlangen, welches sich erhob, wenn sie weiter in sich hinein horchte. Ihre Sicht auf ihn hatte sich verändert und mehr als das. Schließlich war sie ganz Frau. Und er ein sehr gut aussehender Mann. Ja, das war er wirklich. Anders und doch vollkommen in seiner ganzen Eigenart. Wie für sie geschaffen. Auch wenn sie vielleicht die einzige war, die diese Meinung vertrat. Es scherte sie nicht. Das Gefühl, welches er ihr mit seinen Berührungen vermittelte, war zu eindeutig. Ihr Kopf vergrub sich zurück in ihre Arme. “Tarrant... Hutmacher... mein... mein Hutmacher...”, wimmerte sie aufs Neue. “Ich möchte dich nicht wieder verlieren...”, folgte es mehr als leise zu sich selbst. Tief atmete Alice ein. Aber Mirana erbat sie auch einen Platz einzunehmen, der ihre Vorstellungen und diese waren bekanntlich nicht gering, bei weiten überstieg. Sie Königin von Unterland? Ja, sie leitete das Geschäft meisterhaft für eine Frau in den Augen ihres Jahrzehnts, doch war dies kein Vergleich. Als kleines Mädchen, so wusste Alice, hätte sie keine Sekunde gezögert und sofort “Ja” gesagt. Aber nun? Allerdings war ihr nur allzu sehr klar, dass, sollte diese Welt für immer verschwinden, so würde er es ebenfalls. Er und all ihre Freunde, die ihr Herz lieb gewonnen hatte. Dieser Fakt war unerschütterlich und breitete sich wie diese Leere dieser Welt in ihrem Herzen aus. Könnte sie dies wirklich zulassen? Mit einer weiteren Schuld und wahrscheinlich mit der Größten in ihrem Leben folglich leben? Es war offensichtlich. Sie musste Margaret noch einmal aufsuchen. Das war sie ihrer Schwester einfach schuldig. Sie war es ihm schuldig und sich selbst. So festigte sich Alice` Entscheidung endgültig. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)