Nakama sind unantastbar von ceres (Ace x Marco) ================================================================================ Kapitel 36: Ein Schritt nach vorn --------------------------------- Zwei Tage nach der missglückten Nacht mit Marco lag Ace auf dem Dachvorsprung des Zwischengeschosses und starrte in den stahlblauen Himmel. Das tolle Wetter veranlasste fast alle Matrosen an Deck zu sein. Vom lauten Trubel wollte der junge Kommandant heute nichts wissen. Er hatte sich nach dem Training und dem Mittagessen hierher zurückgezogen, um seine Ruhe zu haben. Normalerweise würde er jetzt bei seinen Kameraden sein und sich mit ihnen irgendwelche Dummheiten ausdenken, die es unter Marcos und Pops Adleraugen zu verwirklichen galt, beispielsweise Thatch die Schwerter zu klauen. Bei diesem Gedanken seufzte er leise und schloss die Augen. Genau da lag das Problem. Das Bild des erschrockenen blauen Hühnchens, das ihn vor zwei Tagen vor lauter Panik unsanft von sich gestoßen hatte, konnte der Feuerbändiger überhaupt nicht mit dem starken Mann – dem Anführer, Mentor, Vize, Freund –, der Marco für ihn war, übereinbringen. Diese surreale Handlung war aus seiner Sicht absolut untypisch und ganz entgegen der sonstigen Gelassenheit des Vorzeigekommandanten. Ace gab sich redlich Mühe zu verstehen, warum der Vize solche Angst davor hatte, dass man sie entdeckte. Zum einen konnte er sich nicht vorstellen, dass es jemand in der Mannschaft gab, der sie verraten würde, in Anbetracht der Strafe, die für Nakama sind unantastbar, ausstand. Zweitens war es nicht unbedingt so, dass sie beide einen unfreiwilligen Zeugen nicht mit einigen überzeugenden Argumenten zum Schweigen bringen konnten. Schließlich wussten sowohl er als auch Pops rechte Hand sehr wohl über die vielen nicht geahndeten beziehungsweise todgeschwiegenen Vergehen der Crew Bescheid. Ein grimmiges Lächeln verzog seine Lippen, als er sich erinnerte, wie Faro ihn angsterfüllt angestarrt hatte, als er ihm wegen einer Sache mit Birdie inoffiziell zur Rede gestellt hatte. Niemand wusste weiter davon und der Matrose hatte sich löblicher Weise richtig entschieden und zu seiner eigenen Sicherheit den Mund gehalten. Ace Gedankengang wurde unterbrochen, als er hörte, wie jemand zu ihm heraufkletterte. Genervt seufzte er. Manchmal war der Mangel an Privatsphäre auf einem Schiff einfach unerträglich. Er erkannte an dem leisen Fluchen, das an sein Ohr drang, dass Jules ihn gefunden hatte. Für den Moment störte ihn ihre Anwesenheit überraschenderweise nicht, immerhin musste er sich vor ihr nicht verstecken oder verstellen. Sie kannte die Wahrheit, zwar nicht bis ins letzte Detail, aber sie akzeptierte sie. Belustigt öffnete er die Augen und sah zu ihr herüber, als sie sich gespielt jammernd neben ihm niederließ: „Man, ich kann mich wegen deinem Training kaum bewegen. Seit vorgestern habe ich nur noch Muskelschmerzen.“ „Immerhin merkst du einen Effekt.“, erwiderte die Feuerfaust frech grinsend und setzte sich auf. Der pikierte Ausdruck der jungen Frau entging ihm nicht und er hörte sogar, wie sie leise grummelte: „Welchen? Das mein Muskelkater auch Muskelkater entwickeln kann?“ Schon erstarrte sein spitzbübisches Lächeln. Apropos Katze. Der Feuerjunge war immer noch auf dieses verdammte Tier sauer, das in der besagten Nacht einfach in die Kajüte stolziert war. Warum hatten sie nicht von vorherein abgeschlossen? Da wäre Oskar nicht in der Lage gewesen an der Klinke hochzuspringen, um die Tür zu öffnen. Außerdem gab es keinen anderen Platz, wo der freche Mäuseschreck schlafen konnte? Zu Ace großen Enttäuschung hatte Marco ihn keines Blickes mehr gewürdigt, nachdem er ihm aufgeholfen und seine Hose angezogen hatte. Mit schnellen Handgriffen hatte der Ältere die leeren Flaschen aufgesammelt und war wortlos aus dem Zimmer verschwunden. Als Ace schließlich allein mit Oskar war, hatte sich die Feuerfaust drohend auf das Bett mit dem orangen Tier zubewegt. Doch der ausgewachsene Kater hatte sich nur wenig beeindruckt gezeigt und sich schurrend zur Seite fallen lassen, um ihn zu bedeuten, wiewohl er sich in seinem Fell fühlte und nun gestreichelt werden wollte. Daraufhin hatte sich der Feuerbändiger geschlagen auf das Bett fallen lassen und war in einen traumlosen Schlaf gesunken. Die letzten vierundzwanzig Stunden hatte er Marco kaum zu Gesicht bekommen und wenn, dann nur bei Besprechungen oder Standpauken über Nichtigkeiten mit anderen Kameraden. Der blonde Mann hatte eine verdammt schlechte Laune und selbst seine engsten Freunde waren vor der maßlosen Demonstration seiner Autorität nicht gefeit. Demnach hatte sich Ace dazu entschlossen nicht die Nähe des anderen zu suchen, obwohl sich jede verfluchte Faser seines Feuerkörpers nach dem Phönixmenschen sehnte. In der letzten Nacht war er auch nicht in die Kajüte des Vizekäpt’ns zurückgekehrt, sondern nach dem Genuss unzähliger Flaschen Sake direkt an Deck eingeschlafen. Die Laune des Vizekäptn’s hatte sich auch heute Morgen nicht gebessert. Die Gedanken des Flammenbändigers wurden unterbrochen, als Marcos erboste Stimme wie zur Bestätigung zu ihnen herauf hallte. Offenbar nahm er sich gerade Reiji und einen der Ingenieure zur Brust, um sie für ihre Unzuverlässigkeit zur Rechenschaft zu ziehen. Ace war davon überzeugt, dass ihr Vergehen alles andere als schwerwiegend war, doch es drangen weder Widerworte noch Rechtfertigungen an sein Ohr. Die Matrosen hatten sicher eingesehen, dass man den ersten Divisionskommandanten besser nicht noch mehr reizte. Der ruppige Ton lies auch Juliette aufhorchen: „Die armen Jungs. Marcos Laune ist echt übel. Ist irgendetwas vorgestern Nacht noch passiert? Kann ich euch helfen?“ Verblüfft schaute Ace das junge Mädchen an und begann mit dem Kopf zu schütteln, um dieses spezielle Gesprächspotential im Keim zu ersticken. Leider sagte ihm schon allein ihr Blick, dass sie ihm nicht glaubte. Seine Vermutung bestätigte sich, als Jules erwiderte: „Ace, ganz ehrlich. Ich bin nicht blind. Marco hatte fantastische Stimmung, als ich mich von unserer Spielrunde verabschiedet habe. Seit gestern früh verhält er sich so streng und unnachgiebig. Außerdem scheint nichts ihn ablenken zu können, vorhin hat er sogar mir befohlen Abrechnungen noch mal neu zu schreiben, weil ein Posten auf einer Seite fehlte.“ Sie machte eine kleine Pause und richtete ihren Blick zum Heck. Gerade als sich Ace mit einer ablenkenden Antwort aus der Affäre ziehen wollte, wandte sie sich zurück und begann von Neuem zu sprechen: „Davon mal abgesehen, ist unser Training bei dir seit dem besagten Abend kaum schaffbar. Scheinbar beschäftigt dich auch etwas. Ich hoffe sehr, dass keinem der anderen Matrosen dieser Zusammenhang auffällt.“ Der Feuerbändiger biss seine Zähne zusammen und versuchte ruhig zu bleiben. Er verstand Jules und er hörte an ihrem beschwichtigenden Ton, dass sie ihm nicht schaden wollte. Dennoch kochte in ihm eine unbeschreibliche Wut, die er nur zu gern entfesselt hätte. Es nervte ihn, immer von ihr auf offensichtliche Tatsachen aufmerksam gemacht und bloßgestellt zu werden. Außerdem war es nicht seine Schuld, dass der Vogelmensch einfach übersensibel und aggressiv war. So fielen sie für einige Augenblicke in ein angespanntes Schweigen. „Entschuldige, das sollte keine Beleidigung sein. Eigentlich wollte ich dir nur meine Hilfe anbieten, weil ich im Moment auch nicht an Marco herankomme. Er kann unheimlich stur und verbohrt sein, aber da ist er nicht der Einzige, oder?“, fragte die blonde Frau versöhnlich und legte eine kühle Hand leicht auf seinen ungewöhnlich heißen Arm. Ace verzog seinen Mund zu einem halbherzigen Lächeln und entspannte sich wieder. Jules hatte Recht. Wenn er keine Chance hatte mit dem Vize zu reden, konnte er sich wenigstens mit ihr austauschen. Also setzte er sich bequemer hin und umriss mit wenigen Worten grob sein Problem. Juliette unterbrach ihn währenddessen nicht und nickte nur ab und zu. Ihre Augen nahmen erneut diesen abwesenden Ausdruck an, den er schon öfter bei ihr bemerkt hatte. Es dauerte eine ganze Weile bis sie sich aus ihrer Starre löste und seinen Blick suchte, um ihm von ihrer Meinung und ihren einschlägige Erfahrungen zu berichten: „Marco verzeiht sich Fehler sehr schwer. Für ihn war es sein alleiniges Versagen, das zu dieser katastrophalen Situation geführt hat. Sein Ehrgefühl und sein Stolz verschlimmern seinen Eindruck nur noch. Die ganze Verantwortung, die er für die Crew trägt, macht ihn blind für sein eigenes Menschsein. Es wird so gut wie unmöglich sein, ihn davon zu überzeugen, dass es einfach ein dummer Zufall war. Ich glaube, wir können uns gar nicht vorstellen, wie sehr so etwas an ihm nagt. Als er mich damals gerettet hat, nachdem ich bei Sturm vor lauter Langeweile und Neugier auf das Deck gegangen bin, war er auch außer sich vor Wut. Vor Whitebeard übernahm er dann reuevoll die Verantwortung für den Vorfall, weil er mir zuvor keine Beachtung geschenkt hatte. Pops befahl ihm irgendwann zu schweigen und erklärte mir mit grenzenloser Geduld, was ich falsch gemacht hatte und was er diesbezüglich in Zukunft erwartete. Zur Strafe hatte ich die verbleibenden Tage Abwaschdienst. Du glaubst nicht, wie viele Nachtschichten Thatch und Derek deswegen mit mir machen mussten.“ Bei ihrem Schlusssatz lachte der junge Kommandant kurz auf und gestand sich ein, dass ihre Erklärung einleuchtend war. Vielleicht war es nur normal, dass Marco bei all seinen Aufgaben und Verpflichtungen der Mannschaft gegenüber, streng mit sich ins Gericht ging. Das änderte jedoch nichts daran, dass er ihn immer wie ein unwissendes Kind behandelte oder ihn einfach ignorierte. Darüber würde Ace noch mit ihm wohl oder übel sprechen müssen. Auch wenn der Flammenbändiger es sich nicht eingestehen wollte, hatte ihm das kleine Gespräch mit Jules geholfen, seine Frustration ein wenig zu zerstreuen und etwas klarer zu sehen. Dabei kam ihm sogleich ein weiterer Gedanke, auf den er sie sofort belustigt aufmerksam machen musste: „Du schuldest mir übrigens noch eine Erklärung. Warum musste unser Vize auf eine Zwölfjährige aufpassen? Jungfrauen haben doch eigentlich nichts auf einem Schiff zu suchen.“ Jules lachte über den plötzlichen Themenwechsel und boxte spielerisch gegen seinen Oberarm. Wahrscheinlich war sie ihm dankbar, dass er sich von ihr auf andere Gedanken bringen ließ und sie nicht einfach abgefackelt hatte. Sie setzte sich aufrechter hin und zupfte ihre Jacke zu Recht, bevor sie zu erzählen begann: „Ich komme von der Diplomatenakademieinsel Sunlait. Es ist keine große Insel. Sie besteht mehr oder weniger aus einem großen Berg auf dem die Akademie gebaut worden ist. Ringsum hat sich im Laufe der Zeit eine geschäftige Stadt entwickelt. Generell kann jeder in die Schule aufgenommen werden, wenn er zuvor eine Prüfung besteht. Direkt vor den Toren des Akademiegeländes steht ein großes Schachbrett. Wenn man es schafft eine Partie gegen einen der Meister über eine bestimmte Zeit zu spielen, wird man aufgenommen.“ „Man muss nicht gewinnen?“, fragte Ace plötzlich dazwischen, denn es wunderte ihn, dass diese elitäre Einrichtung nicht nur „Gewinner“ aufnehmen wollte. „Nein, das ist keine Voraussetzung. Es geht eher darum zu zeigen, dass man sich auf seinen Gegner einstellen kann und jede neue Situation eigenständig betrachtet. Außerdem gehört Zeitschinden zu den grundlegendsten Fertigkeiten eines Diplomaten.“, lachte Jules verschmitzt und musterte ihn aufmerksam, als wollte sie feststellen, ob er noch gewillt war zu zuhören. Sie wurde nicht enttäuscht und sprach weiter: „Hauptsächlich Jungen nutzen die Möglichkeit dort zu studieren, doch ich hatte Glück, dass ich einen der strengen Meister davon überzeugen konnte, mich auch beweisen zu können. Ich hatte mir jedes dieser Aufnahmespiele angesehen und gelernt, welche Taktiken man verfolgen konnte und schließlich gewährte man mir diese Ehre.“ Der Feuerbändiger lauscht der jungen Frau neben sich aufmerksam und bemerkte, dass sie gebannt durch ihre eigene Erzählung immer lockerer wurde. Mit heller Stimme fuhr sie fort: „Ich freute mich so über diese Gelegenheit und die Perspektive, die sie für mich darstellte, dass ich die Nächte vor meiner Prüfung nicht einmal mehr schlief. Auch essen konnte ich kaum und brachte damit meine Zieheltern sowie die anderen Kinder an den Rand des Wahnsinns.“ Sie machte eine kurze Pause, während sie vermutlich an diese liebgewonnenen Menschen dachte, überlegte Ace, da er keinerlei Missgunst in ihrer Stimme hören konnte. „Dann war mein großer Tag da. Die Sonne war gerade aufgegangen, da stand ich schon an besagtem Schachbrett bei meinen weißen Figuren und wartete auf meinen Gegner und die Schaulustigen, die dieser Partie zweifellos beiwohnen würden.“ Sie seufzte und macht wieder eine kleine Pause, aber nicht um ihren Worten mehr Gewicht zu verleihen, sondern weil sie in Erinnerung von diesem Ereignis versunken war. Ihr leerer Blick war dem sommersprossigen Kommandanten zugewandt, doch sie nahm ihn nicht wahr, dessen war Ace sich sicher. Ihre Stimme klang hohl und enttäuscht, als würde sich die Szene vor ihrem inneren Auge erneut ereignen. „Ich habe gewartet, dass sich die Tore des Geländes öffneten, doch nichts passierte. Niemand kam. Keine Menschenseele war auf der Straße. Ich stand da, konnte es nicht fassen, suchte nach einem Grund, warum man mir auf einmal diese einmalige Chance auf ein neues Leben verweigerte. Hinter den Schulfenstern sah ich die Schatten der Bewohner und dachte sie beobachteten mich. Ich starrte wütend und unnachgiebig zurück, wollte beweisen, dass ich nicht aufgeben würde. Es kam für mich nicht in Frage, meine Stellung aufzugeben. Plötzlich öffnete sich eins der Fenster und der Meister, auf den ich wartete rief, ich sollte endlich verschwinden und mich verstecken. Noch bevor ich begriff, was er meinte, hörte ich die schweren Schritte hinter mir. Der Schatten, der kurz darauf neben mich viel, war gefühlte tausend Mal größer als mein eigener. Es war doch jemand gekommen.“ „Whitebeard.“, stellte Ace fest und sah Juliette nicken. Ihre Augen fixierten ihn wieder anerkennend, bevor sie ihre Erzählung fortsetzte: „Ja, bei Morgengrauen hatte die Moby Dick im Hafen angelegt und die Bewohner der Stadt in Angst und Schrecken versetzt. Sie hatten sich in ihren Häusern verschanzt und gehofft, dass die Piraten sich nehmen würden, was sie wollten, ohne größeren Schaden anzurichten. Ich hatte die drohende Gefahr nicht gesehen, da ich auf meine Verabredung fixiert war und mit dem Rücken zur Stadt vor dem riesigen Gebäude stand, während die Lehrkräfte aus den Fenstern schauten und Whitebeards Schritte verfolgten. Dein Käpt´n hat mir später erzählt, dass ich am ganzen Körper gezittert hatte, nicht vor Angst, sondern vor Wut und Verzweiflung, dass er und die Crew mir meine einzige Gelegenheit, in die Schule aufgenommen zu werden, genommen hatten.“ Sie lachte trocken und fragte: „Kannst du dir vorstellen, wie ein knapp zwölfjähriges, kleines Mädchen vor deinem Käpt´n steht und ihn verärgert mit diesen Tatsachen konfrontiert. Ich hab tatsächlich keine Ahnung, woher ich die Courage nahm, so mit ihm zu sprechen. Meine Erinnerungen an diesen Tag sind auch nur noch sehr vage. Whitebeard fragte mich, ob ich vor ihm Angst hätte und ich fragte zurück, wovor ich mich fürchten sollte, wenn er mir doch nicht einmal sagte, warum er mit seiner Crew auf die Insel gekommen war.“ Ace musste unbewusst grinsen, als er sich diese Szene vorstellte. Auf der einen Seite die Bewohner einer ganzen Stadt, die sich in ihre Häusern verkrochen, während ein Kind Pops trotzige Fragen stellte und ihn eines Verbrechens beschuldigte. „Ja, dein Käpt´n hat auch über meine Worte gelacht, angeblich bis er mein Gesicht sah. Er wollte gleich darauf wissen, was meine Prüfung gewesen wäre und ich erklärte ihm alles sachlich. Auf einmal ging er an mir vorbei und stellte sich hinter die schwarzen Figuren, die auf der Seite der Akademie aufgestellt waren. Ich begriff nicht sofort, als er fragte, wie ich anfangen würde. Meine Antwort wurde noch im selben Moment von Vista durchgeführt, der wie einige andere seinem Käpt´n gefolgt war. “ „Pops hat anstatt einer der Lehrer gegen dich Schach gespielt?“, fragte der Feuerbändiger verwundert. Natürlich erkannte er das Wesen seines selbsternannten Vaters in Juliettes Geschichte, doch irgendwie kam ihm diese Begebenheit komisch vor. Doch die junge Frau nickte zustimmend und klang sehr souverän, als sie antwortete: „Wir haben gespielt und er hat mich ernst genommen, wahrscheinlich als erster Mensch überhaupt. Schon nach ein paar Zügen, wurde mir klar, was für einen hochrangigen Gegner ich hatte. Wir wurden von allen Seiten beobachtet und hin und wieder wollte mir Vista einen Tipp geben, was ich ihm aber sofort verbat. Nach einer Weile öffneten sich die Tore der Akademie und einige Angehörige der Schule traten zu uns auf den Vorplatz.“ Die blonde Frau machte eine Pause und lächelte in sich hinein, als würde sie eine ganz bestimmte Erinnerung wach rufen. Doch Ace war nicht mehr der geduldige Zuhörer, da er wissen wollte, was schlussendlich geschehen war. „Und wer hat gewonnen? Was ist dann passiert?“, drängte er sie zu wissen, ohne sich dabei im Klaren zu sein, dass er das Mädchen bis vor kurzem noch gehasst hatte. Doch seitdem er wusste, dass sie nicht Marcos Geliebte war, hatte er gelernt ihr zu vertrauen, sodass sich seine anfängliche Reserviertheit ihr gegenüber verloren hatte. „Ich kann mich nicht mehr an die Details erinnern, wahrscheinlich war meine Energie in diesem Moment fast aufgebraucht. Vista hat mir irgendwann erzählt, dass wir sehr lang gespielt und oft das Tempo und die Strategien gewechselt hatten. Schließlich endeten wir in einer Pattsituation und da ich mehr gegnerischen Figuren vom Brett genommen hatte als Whitebeard, wurde mir der Sieg zugesprochen.“, erzählte Jules schüchtern lächelnd und sah zu den Sternen über ihren Köpfen. Auf dem Hauptdeck wurde jetzt Musik gespielt, doch sie war ruhiger und verhaltener als am Abend zuvor. Ace vermutete, dass die Musiker neue Stücke einstudieren wollten. Das blonde Mädchen und er schwiegen für eine Weile und insgeheim wartete Ace darauf, dass Juliette weitererzählte. Leider machte sie zunächst keinerlei Anstalten, dies zu tun. Daher ergriff er die Initiative und fasste zusammen: „Also du hattest gewonnen und dann? Hat die Akademie den Sieg als Prüfung gelten lassen?“ „Ja, das haben sie. Whitebeard hatte dann noch nach seinem Schatzmeister gerufen und Jozu hatte dem Direktor einen großen, schweren Beutel zugeworfen. Dein Käpt´n nannte es mein Preisgeld, welches mir im Prinzip die komplette Ausbildung ermöglicht. Normalerweise muss man nach drei Jahren Studium für die weitere Lektionen bezahlen oder man verlässt die Akademie, um beispielsweise in der städtischen Politik weiter zu lernen. Ich wurde jedoch noch nie nach Geld gefragt.“, erklärte die junge Frau weiter und Ace konnte förmlich spüren, wie dankbar sie Pops für seine Unterstützung war. „Einmal pro Jahr komme ich für ein paar Tage auf die Moby Dick, wann immer es sich ergibt und ich beispielsweise auf Inseln gerufen werde, um Schlichtungen durchzuführen. Ich habe noch ungefähr anderthalb Jahre Ausbildung vor mir. Andererseits…“, sagte sie leise und machte eine kleine Pause, als würde sie abwägen, ob sie weitersprechen sollte. Sie entschied sich dafür und ergänzte: „Ich würde gern bleiben, denn es fällt mir schon seit geraumer Zeit schwerer wieder zu gehen. Whitebeard ist einfach ein toller Käpt’n und das ist das zu Hause, das ich mir gewünscht habe. Leider bin ich noch nicht so weit, wirklich nützlich für euch zu sein.“ Ace nickte und begriff, wie sehr sie an allem hier hing. Er versuchte sich vorzustellen, wie es war Tag für Tag in dieser Schule zu sein, seine Pflichten zu erfüllen und dabei ständig auf das Meer hinaus zu starren und sich zu wünschen auf der Moby Dick zu sein. Jules wollte sich als zukünftiges Mitglied der Crew schnellstmöglich beweisen und traf damit bei Ace auf Verständnis. Sie verfielen wieder ins Schwiegen und jeder schien seinen eigenen Gedanken über Whitebeards Großzügigkeit und Güte nachzuhängen. Dieser Wesenszug seines Vorbildes faszinierte den jungen Kommandanten besonders. Schließlich hatte er ihn am eigenen Leib erfahren. Der Feuerteufel war seinem Käpt´n noch immer mehr als nur dankbar für die Chance, die er ihm gegeben hatte. Es fiel Ace jetzt auch leichter, Jules mit anderen Augen zu sehen und er nahm beiläufig eine andere Tatsache auf, an die er sich nur zu gut erinnern konnte: „Was hast du eigentlich gegen Juli, als Abkürzung für deinen Namen.“ Ihre Gesichtszüge verhärteten sich Zusehens, doch sie war gewillt ihm zu antworten. „Weißt du, ich kenne meine leiblichen Eltern nicht. Seitdem ich denken kann, kenne ich nur meine Zieheltern, die außer mir noch sieben weitere, fremde Kinder betreuten. Meine Mutter hat mich gleich nach der Geburt in Pflege gegeben oder geben lassen und da ich noch keinen Namen hatte, benannten sie mich nach dem Monat in dem ich zu ihnen kam: Juli.“ Ace schwieg betroffen, denn er hatte nicht erwartet, dass ihre Lebensgeschichte so ähnlich, wie die seine begonnen hatte. Sicherlich hatte sie mehr Glück gehabt, doch er empfand jetzt eine Art Verbundenheit zu ihr. Jules schien einen Moment mit sich zu ringen, bevor sie fortfuhr: „Ich habe mir als Kind immer vorgestellt einen echten Namen zu haben, den Eltern ihren Wunschkindern geben. Daher habe ich mich irgendwann nur noch Juliette oder Jules nennen lassen. “ Ace nickte, auch wenn es zweifellos die Logik eines Kindes war, konnte er sie verstehen. Trotzdem war er überrascht, als sie ihm ihrerseits eine Frage stellte: „Wer hat deinen Namen ausgewählt?“ Er schluckte und wurde ebenfalls ernst. Seine Antwort wählte er mit Sorgfalt, um nicht zu viel von sich preiszugeben. Er bemühte sich so nahe an der Wahrheit zu bleiben, wie möglich: „Mein Vater hat ihn ausgesucht, aber er starb noch, bevor ich geboren wurde.“ „Das tut mir sehr leid.“, flüsterte sie betroffen, doch die Aufrichtigkeit in ihrer Stimme nötigte ihn das Thema nicht auf sich bewenden zu lassen. In einem bitteren Ton erklärte er Jules: „Das muss es nicht. Er war ein egoistischer, selbstsüchtiger Mistkerl, der sich nur um sich kümmerte und viel Ärger und Trümmer hinter sich zurückgelassen hatte. Meine Mutter starb kurz nach meiner Geburt. Sie hätte ein besseres Leben verdient.“ Doch scheinbar verfehlten die harten Worte ihre Wirkung gewaltig. Er sah Juliette förmlich an, wie es in ihrem Kopf zu arbeiten begann. „Glaubst du nicht, dass sie mit deinem Vater glücklich war und sich auf dich gefreut hat?“, hakte Jules plötzlich ein und es missfiel Ace, dass sie seine Darstellung von seinem leiblichen, nichtsnutzigem Vater in Frage stellte. Daher fiel seine Erwiderung eher unbedacht aus: „Ich glaube, dass es ihn nicht interessiert hat, was aus ihr oder mir werden würde. Fakt ist, meine Mutter war bei meiner Geburt fast allein und ist den Folgen der strapaziösen Schwangerschaft und Niederkunft erlegen.“ „Wer hat sich dann um dich gekümmert? Warst du auch in einer Pflegefamilie?“, fragte Juliette interessiert und musterte ihn aufmerksam. Ace nahm wieder Haltung an und schüttelte belustigt den Kopf, wenn er an seine anfängliche Kindheit dachte, gab es nichts und niemanden, den er als Pflegefamilie bezeichnen konnte – Pflegeverbrecher, traf es wohl eher. Später dann, als er zumindest einen Freund hatte und als Ruffy in sein Leben trat, hatte alles einen Sinn ergeben. Bis zu dem Zeitpunkt hatte er nicht einmal gelebt, sondern nur gehasst – vor allem sich selbst. Aber das konnte seine Gesprächspartnerin nicht wissen, also stütze er sich nach hinten ab und begann mit einem winzigen Tropfen Wehmut ein paar Anekdoten aus seinem alles andere als sorglosen Leben zu erzählen. Erst viel später wurde ihm klar, wie viel er ihr offenbart hatte, doch gleichzeitig war Ace sich absolut sicher, dass er Jules vertrauen konnte. "Jules, Ace? Wo seid ihr?", rief plötzlich eine aufgebrachte Stimme vom Deck aus. Überrascht drehte sich Ace in die Richtung, aus der der Ruf gekommen war. Es war zweifellos Birdies Stimme gewesen. Wieso suchte der Schiffsjunge nach ihnen und warum, wusste er, dass Juliette bei ihm war, fragte sich die Feuerfaust. Er hatte heute keine offiziellen Aufsichtspflichten, doch noch bevor er etwas sagen konnte, machte Juliette lächelnd auf sie aufmerksam: "Hier oben, Birdie." "Wir sind soweit, ihr könnt kommen.", antwortete der Junge laut und rannte dem Geräusch nach zu urteilen Richtung Hauptdeck ohne eine Erwiderung abzuwarten. Ace sah verwundert zu Jules zurück, die mittlerweile aufgestanden war und ihm zufrieden grinsend ihre Hand hinhielt. "Nicht fragen, folge mir einfach." Mit einer fließenden Bewegung sprang Ace aus dem Sitz auf und ging der jungen Frau, der er nun eine Art freudige Anspannung anmerken konnte, hinterher. Was hatten sie vor? Als sie von dem Dach gesprungen waren, wandte sich Jules mit schnellen Schritten zum Heck. Die Feuerfaust wunderte sich, dass ihr Weg tatsächlich zum Hauptdeck führte, genauer gesagt zu Pops, um den herum eine beachtliche Ansammlung von Matrosen stand, einschließlich Marco, Birdie und Reiji. Der Blonde schien etwas um seine Souveränität zu ringen, als er mit einem leichten Lächeln auf sie beide zutrat. Jules stellte sich nun an Birdies linke Seite und beobachtete das Geschehen aufmerksam, soviel nahm Ace noch wahr, bevor er sich in den blauen Augen des Vizekäpt’ns verlor. Er spürte, wie er gegen seinen Willen durch Marcos bloße Anwesenheit nervös wurde und das hatte rein gar nichts damit zu tun, dass alle neugierigen Blicke auf ihn gerichtet waren. Es zählte nur sein Mentor. "Ace, du weißt, was bei unserem letzten Zusammentreffen mit den Sonoheckpiraten vorgefallen ist und kennst das Problem, dass wir keine unabhängigen Beiboote haben. Um diesen Mangel zu beseitigen, hatte Birdie eine tolle Idee.", begann Marco in einem bedachten Tonfall zu erzählen, wurde aber von der Stimme des aufgeregten Schiffsjungen unterbrochen, sodass auch sein Tadel im Redeschwall des vor Glück strahlenden Jüngeren unterging: "Meinen Einfall habe ich dann Jules erzählt und sie hat dann unseren Mechanikern überzeugt -" "Die wiederum mit mir und Pops alles abgesprochen haben und nun möchten wir dir etwas zeigen.", riss Marco mit einem strengen Seitenblick zu Birdie die Gesprächsführung wieder an sich und bedeutete Ace mit einer Handbewegung ihm in die Menge an die Reling zu folgen. Vollends ahnungslos, was auf ihn zukommen würde, trottete er dem Älteren hinterher und konzentrierte sich nicht auf dessen Körperrückseite zu starren. Dann fesselte etwas anderes seinen Blick, was er bisher noch nicht gesehen hatte. Es war ein gelbes kanuartiges Floß, das anstatt einer Sitzkuhle eine ebene Fläche aufwies, die an einer turbinenähnlichen Bauelement sowie einen Mast mit Segel grenzte. Das war einfach…Wow! „Das ist dein persönliches, feuerbetriebenes Schnellboot...“, hörte der überwältigte Ace Marco zwar sagen, aber die Erklärung ging im Jubel der anderen Matrosen unter, als er ein paar Schritte auf das Gefährt zuging und die Turbine näher in Augenschein nahm. Treg, einer der Ingenieure, gesellte sich zu ihm und begann ohne fachmännische Floskeln die wichtigsten Regeln zu erklären. Nur Ace war in der Lage, das leichte Boot anzutreiben und zu lenken. Das Segel nutze nur bei günstigem Wind etwas. Der Handwerker versicherte ihm mehrfach ungefragt, dass die Stabilisatoren unter der Turbine auch Stürmen standhalten konnten, sofern er die Wellen im Auge behielt. „Mein Sohn, ich hoffe, es gefällt dir.“, fragte Whitebeard interessiert, wenn auch rhetorisch, denn die maßlose Freude und Faszination stand seinem Feuerkommandanten ins Gesicht geschrieben. Wortlos drehte sich der junge Mann mit seinem breitesten Grinsen zu ihm um und verneigte sich leicht in die Richtung seines Käptn’s. Eine Moment später hatte er sein neues Schnellboot mit Treg über die Reling gehievt und an zwei Seilen zu Wasser gelassen. Jede Faser seines Körpers wollte dieses fantastische Geschenk ausprobieren und auch die schaulustigen Matrosen einschließlich Pops, wollten diesem Ereignis beiwohnen. Mit einem schnellen Sprung über die Reling landete er auf dem Boot und verlor beinahe das Gleichgewicht, was die Menge über ihm zum Grölen veranlasste. Ace ignorierte die neckenden Rufe seiner Kameraden und konzentrierte sich für ein paar Augenblicke auf die Bewegung des schmalen Untergrunds auf dem er stand. Mit einem leisen Platschen fielen die Seile ins Wasser, nachdem er sie von seinem tollen Gefährt gelöst hatte. Nichts um ihn herum interessierte Ace noch. Sein Feuer strömte ohne bewussten Befehl aus seinem Körper und zum ersten Mal hörte er das Summen der Turbine, die sich mit steigender Hitze immer schneller drehte. Etwas später später stieß er sich unter dem begleitenden Gejohle der anderen von der Moby Dick ab. Als das Boot an Geschwindigkeit gewann, gab es nur noch ihn, das Meer und das unbeschreibliche Gefühl von Freiheit. Die schleichend aufkommende Brise begann an seinen Haaren, dem Hut und seiner Hose zu zerren. Der kühle Hauch auf seiner warmen Haut fühlte sich fantastisch an. Ace liebte das Gefühl der Unabhängigkeit. Adrenalin durchströmte ihn wie eine Droge, forderte ihn zu mehr Waghalsigkeit heraus. Daher probierte die Feuerfaust einige Manöver aus. Das Lenken fiel ihm leicht, als hätte er seit Jahren Erfahrungen als Steuermann. Jede seiner Bewegungen wurde vom Schnellboot umgesetzt und vermittelte ihm so eins mit ihm zu sein. In einer engen Kurve wollte er das Heck der Moby Dick umrunden, als eine größere Welle am Schiff zerschellte und ihr Rücktrieb sein Gefährt zum Schlingern brachte. Ace hatte keine Zeit um zu reagieren. Er verlor samt dem Boot das Gleichgewicht, stoppte sein Feuer, klammerte sich an den Mast, erkannte im Fallen aber gleichzeitig, dass seine Freunde zu weit weg waren, um ihn vor dem Ertrinken zu retten. Plötzlich legte sich ein Schatten über ihn. Das seitlich kippende Boot schnippte in seine normale Position zurück und schüttelte Ace bei dieser unerwarteten Bewegung unsanft durch. Erschrocken und erleichtert sah er zu dem azurblauen Phönix auf seinem kleinen Mast hoch, dessen Krallen das Boot vor dem Kentern und ihn vor dem unweigerlichen Sturz gerettet hatte. Marco, schoss es ihm dankbar durch den Kopf. „Danke, Mann.“, keuchte Ace und freute sich über das belustigte Tschilpen des großen Vogels. Er musste sich wirklich zusammenreißen, um keinen neckenden Kommentar einzuflechten. Dafür sandte er erneut Feuer in die Turbine um sein Gefährt zu beschleunigen, sodass Marco überrascht den Halt verlor und von seinem Sitzplatz rutschte. Seine blauen Schwingen öffneten sich, während er erbost über die rücksichtslose, unbeschwerte Art seines Schützlings zu zwitschern begann. Dieser drehte sich mit einem breiten, spielerischen Grinsen noch zu ihm um und rief ihm gegen den Wind zu: „Fang mich doch!“ Die scharfen Augen des Raubvogels verengten sich für einen Moment, bevor Marco aus der Luft die Verfolgung aufnahm. Die Silhouette von Ace Boot zeichnete sich dunkel gegen den hellen Himmel am Horizont ab. Sollte der übermütige Junge doch sehen, was er von seiner Herausforderung hatte, dachte Marco amüsiert. Ende Kapitel 36 ~*~*~*~*~*~ Hallo meine treuen Leser, ich freue mich, dass ihr NSU immer noch begleitet. Das war vorerst das letzte reine Vergangenheitskapitel. Als nächstes werden wir herausfinden, wie es Birdie, Ace und Marco in der Gegenwart ergeht. Ihr dürft gespannt sein. Ich bedanke mich ganz ausdrücklich bei meinen Kommentatoren: Pluesch-Pueppie, -Shiro-chan-, Monkey-D-Setsuna, Glupit, schnullerbabe, Inu-Yashagirl88, LuxusDrake, --Otaku-desu--, Puma_Ace, Nana sowie Yujianlong und allen 162 Favonehmern . Ein großes Dankeschön geht an Samiya, die so lieb war als Beta einzuspringen. Ich hoffe, wir lesen uns bald. Einen guten und glücklichen Start ins neue Jahr wünsche ich euch! Bis bald! Liebe Grüße Eure ceres Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)