Nakama sind unantastbar von ceres (Ace x Marco) ================================================================================ Kapitel 34: Aus den Augen des Phönixes -------------------------------------- Der Weg zurück zur Stadt erschien Marco länger als am frühen Vormittag. Getrieben von seinen missmutigen Gedanken, hatte er nicht bemerkt, dass er fast einen halben Tag gelaufen war. Natürlich hatte sein ursprünglicher Plan einen Rückflug beinhaltet, doch auf Grund des Unwetters war daran nicht mehr zu denken. Der Phönix hasste Regen jeder Art. Obwohl das Wasser ihm und seinen Flammen nichts anhaben konnte, verabscheute er das Gefühl der Flüssigkeit, die sich ihren Weg durch sein flammendes Gefieder bahnte. Die Tropfen über seine menschliche Haut rinnen zu fühlen, mochte er auch nicht sonderlich. Daher hat er seinen Herren genötigt unter einer Palmengruppe Schutz zu suchen und sich etwas auszuruhen. Der emotionale Zustand, in dem sich Marco befand und der sich mehr und mehr auf seine physische Stärke auswirkte, beunruhigte das uralte Tier. Es galt zu fürchten, dass sich sein Herr endgültig verlor. Tröstend schmiegte sich der Phönix an die Gedanken seines Besitzers, er wollte ihn nicht leiden sehen und vor allem nicht spüren, wie sein Selbsthass ihn zerfraß. Der blonde Mann konnte nicht verstehen, wie er so mit Ace hatte umgehen können, wo er sich doch geschworen hatte niemals so weit zu gehen. Das unbeschreibliche Leid in den Augen der Feuerfaust hatte ihn bis ins Mark erschüttert und dieses Bild verfolgte ihn nun. Marco bereute aus tiefstem Herzen seine Entscheidungen, die unweigerlich zu ihrem Streit geführt hatten. Die Flammenkreatur zeigte mittlerweile auch Reue für einige Dinge, die passiert waren. Es war seiner Triebhaftigkeit und Einsamkeit zu verdanken, dass Marco seine berechtigten Zweifel, trotz besseren Wissens, ignoriert und sich auf das ewige Feuerelement eingelassen hatte. Regeln und Gesetze hatten für das uralte Tier nur begrenzt Bedeutung und standen seiner Ansicht nach unter der Freiheit des Einzelnen. Es stimmte, der mächtige Raubvogel war es gewohnt für sich allein zu sorgen. Lange Zeit schien es so, als würde sein jetziges Leben mit Marco ebenso einsam verlaufen, wie die vielen zuvor. Es gab keinen weiteren Feuervogel auf dieser Welt. Leider waren die daraus resultierende Einsamkeit und all seine Sehnsüchte nach einem echten Freund und Gefährten nie ganz von ihm abgefallen. Die Pflichten in und für die Mannschaft boten jedoch eine Möglichkeit einen seiner geheimen Triebe zu folgen: Brutpflege. Der blonde Mensch hatte seine eigenen Gründe gehabt, das Dasein eines Einzelgängers stumm und bedingungslos zu akzeptieren. Doch waren sie beide nicht in der Lage gewesen, sich völlig aus dem menschlichen Leben herauszuhalten. Denn allem zum Trotz hatten sie dennoch zumindest nach körperlicher Befriedigung und Zweisamkeit gesucht, aber das hatte sich immer wieder als Fehler entpuppt. Dabei war mit Ace alles ganz natürlich passiert. Die körperliche Anziehung, die der Feuerbändiger auf Marco und den Feuervogel ausgeübt hatte, war nichts im Vergleich zu dem gewesen, was einer von ihnen je erlebt hatte. Der Phönix war sich mit seinem Herrn in dieser Hinsicht einig gewesen, sehr sogar. Doch dieser hatte ihm gleichzeitig auch schlimme Vorhaltungen gemacht: Ace war zu jung, um ihn zu verführen. Es war zu Recht verboten einen Nakama zu begehren. Er war sein Mentor, direkt von Whitebeard eingesetzt. Außerdem gehörten richtige Männer doch zu echten Frauen. Piraten hin oder her. Was würden ihre Kameraden und Freunde zu dieser Beziehung sagen? Würden sie sie überhaupt noch ernst nehmen? Was um Himmels Willen würde der Käpt’n tun? Keinem anderen Menschen auf dieser Welt schuldeten sie beide mehr, das war auch dem Phönix bewusst. Ohne Whitebeards Zutun hätten sie sich wahrscheinlich nie gefunden und das würde die Flammenkreatur zu tiefst bedauern. Als er aus seinem Jahrhunderte währenden Schlaf erwacht war und zum aller ersten Mal Marcos Körper und geistige Präsenz gespürt hatte, war er außer sich vor Freude über den neuen Lebensraum gewesen. Die unbändige, körperliche Kraft seines neuen Herrn war beeindruckend und stand seiner in nichts nach, so wie auch sein ungebrochener Wille andere zu schützen. Sie ergänzten einander nahezu perfekt und durch ihre Verbindung hatten sie beide viele Erfahrungen gesammelt und waren zusammen ganz natürlich gereift. Beflügelt von diesen Erinnerungen schmiegte der Phönix sich weiter an Marcos Bewusstsein und ließ ihn an den Bildern ihrer ersten Zusammenkunft teilhaben. Zu seiner Überraschung ließ sein Herr das geschehen und entspannte sich sogar merklich. Liebevoll erwiderte Marco die Geste und machte ihn leicht amüsiert darauf aufmerksam, dass nicht alles so reibungslos verlaufen war. Er hatte dabei selbstverständlich Recht. Der Mensch, der Marco damals war, hatte bei ihrem ersten unerwarteten Flug beinahe die Besinnung verloren. Im Nachhinein war es vielleicht auch zu früh gewesen, ihn dazu zu zwingen eine Klippe herunter zuspringen, sich im Fallen zu verwandeln und ihm dann auch noch die Führung beim Fliegen zu entziehen, kurz nachdem sie sich erstmals gespürt hatten. Mit der Zeit hatte Marco das Fliegen lieben gelernt, ebenso wie die geschärften, uralten Instinkte und wertvollen Erfahrungen über Kämpfe, Strategien und das Leben, die sie fortan teilten. Leider war der neue Herr der Feuerbestie gegenüber nicht so offen gewesen und es hatte lange gedauert, bis er sich seinem neuen Gefährten anvertraut hatte. Marco plagte sich schon damals mit Selbstzweifeln und Scham, dass er seine Frau getötet hatte. Jedoch war das in vielerlei Hinsicht falsch. Zu allererst waren Lyana und er nicht verheiratet, zumindest nicht offiziell, da sie sich weder die Zeremonie oder Ringe hatten leisten können, noch einen Priester zu der Trauung hatten bewegen können. Daher hatten sich die unbeirrbaren Liebenden ohne den Segen einer weiteren Person einander versprochen. Das Pärchen hatte sich gegenseitig geehrt und respektiert, sodass der spätere Kommandant nicht umhinkam zu erfahren, dass Lyana an einer Krankheit litt, auf deren Heilung keinerlei Hoffnung bestand. Doch sie hatte dem betroffenen Mann versichert, dass sie noch Jahre, wenn nicht Jahrzehnte mit einander vor sich hatte. Darin hatte sich die junge Frau leider geirrt. Nach knapp zwei Jahren hatte Marco das Vertrauen vieler Bürger gewonnen und bekam immer mehr Arbeitsaufträge, die ihn nicht jede Nacht heimkehren ließen. Es war an einem dieser Tag gewesen, als er sich beeilte endlich bei seiner Geliebten zu sein, dass er die Tür zu ihrem Haus offen vorfand. Gleichdarauf waren ihm der Bürgermeister und eine von Lyanas wenigen Freundinnen mit steinerner Miene entgegengekommen. Mit monotoner Stimme hatte der Bürgermeister ihm mitgeteilt, dass Lyana in der vergangenen Nacht gestorben war und es ihm leid tue. Benommen und wie unter Schock hatte Marco den gewaltsamen Ausbruch der anderen Frau über sich ergehen lassen, die an ihm zerrte, ihn mit Schimpfwörtern wie Abschaum und Mörder bedachte und dabei mit ihren Fäusten auf seine Brust schlug. Letztlich hatte er sie einfach zur Seite geschoben und war stumm auf den ortsansässige Arzt zu getreten, dessen leeren, resignierenden Augen ihn kaum fokussieren konnten. Das ohnmächtige Zittern in Marcos Innerem war an die Oberfläche gelangt, als ihm der Mediziner sanft zu verstehen gab, dass die frühe Schwangerschaft Lyanas labile Gesundheit so sehr strapaziert hatte, dass ihr Körper dem nichts entgegenzusetzen hatte. Er hatte ihm mitgeteilt, dass es sein schwerwiegender Fehler gewesen wäre, mit ihr zu schlafen, nicht nur weil sie nicht verheiratet waren. Außerdem dürfte wegen diesem Vergehen der Leichnam nicht auf dem Friedhof des Städtchens bestattet werden. Ohne ein tröstendes Wort war auch der Arzt seiner Wege gegangen und hatte den völlig überforderten blonden Mann zurückgelassen. Die Tränen waren, erst nachdem die Personen schon lange weg waren, gekommen. Die unbändige Trauer, die von Marco Besitz ergriffen hatte, ließ ihn stumpf vor seiner schönen, geliebten, regungslosen Frau niederknien. Er hatte keine Ahnung gehabt, dass Lyana ein Kind erwartete. Sein Kind, nein ihr gemeinsames Kind. Mit jedem weiteren Gedanken war etwas in ihm zerbrochen, das den Glauben an eine gerechte Welt und eine echte Chance auf Rehabilitation zunichtemachte. Marco hatte begonnen sich dafür zu hassen, ein weiteres blühendes, unschuldiges Leben vernichtet zu haben. Dabei hatte er sie niemals verletzten wollen. In dem Moment hatte er verinnerlicht, dass ein niederträchtiger, brutaler Mörder wie er Zweisamkeit und Liebe nicht verdient hatte. Einen Augenblick später schwor er bei allem, was ihm etwas bedeutete, dass er niemals eine andere Frau lieben würde und in diesem Sinne seiner großen Liebe in den Tod folgen wollte. Doch dann war plötzlich einer der stärksten Piraten der Grand Line an ihn herangetreten und hatte ihm den Respekt entgegengebracht, den er sich immer gewünscht hatte. Keine Häme, keine Anfeindungen, keine Verwünschungen nur ein väterlicher Rat, dass bestimmte Dinge vom Schicksal entschieden wurden, ohne dass man darauf Einfluss nehmen konnte, hatte Whitebeard ihm gegeben, noch bevor er ihm den Tod verweigerte. Nicht zuletzt wollte der Piratenkäpt’n es vermeiden Lyanas Andenken mit Marcos Tod zu beschmutzen. Das und einige andere Argumente des weisen Mannes hatten ausgereicht, um den Lebenswillen und das Streben nach einem ehrvollen, freien Leben in Marco zurück zu bringen. Das Leben auf See war zu Beginn für den ehemaligen Krieger nicht einfach gewesen und es hatte einige Zeit gedauert, bis er sich vollends integrieren konnte. Doch einen Vorteil hatte es immer, er war niemals allein. Fast jeden Abend verbrachte er von da an in Whitebeards Gesellschaft und so lernte er den außergewöhnlichen Mann kennen, dessen alleinigen Kräfte ausreichten, um jemanden, wie Roger in seine Schranken zu weisen. Seine Kameraden zu schützen und eine Division im Sinne Whitebeards zu leiten, war sein Lebensinhalt geworden und es gab nichts, was er hätte lieber machen wollen. Seine taktischen und kriegerischen Fähigkeiten hatten Marco in wenigen Jahren Unmengen an Respekt und Achtung von Alliierten, Feinden oder der Marine auf der Grand Line beschert. So hatte es auch niemanden überrascht, dass er bald darauf der Vize der starken Mannschaft wurde. Der Phönix verehrte den großen Mann ebenso, wie es Marco seit ihrer ersten Begegnung getan hatte und ihre Loyalität Whitebeard gegenüber kannte keine Grenzen – außer Ace. Die Angst vor der Ablehnung der Mannschaft ihren Neigungen gegenüber hatte Marco schon immer verfolgt. Außerdem hatte die Vorstellung, dass er und seine blauflammige Bestie die Kontrolle verlieren und den Jungen genauso misshandelten und benutzten könnten, wie es ihnen einst widerfahren war, seinen Geist vergiftet. Dieser schwarze Moment in seinem Leben war dem geschuldet, dass er keine Frau, nicht mal ihren Körper, mehr begehren konnte oder eher wollte. Die Prinzipien des blonden Mannes waren unumstößlich und er hatte die Selbstkasteiung bis zur Perfektion ausgebildet. Es gab jedoch etwas, das der Vize der Whitebeardpiraten nie verstanden hatte und das war die schlichte Tatsache, dass das Inferno in Ace Brust etwas war, dem sie sich nicht entziehen konnten. Die roten Flammen symbolisierten Zerstörung, während sie in diesem Szenario die Wiederherstellung repräsentierten. Es waren die perfekten Gegensätze, die zusammen ein Gleichgewicht oder besser gesagt eine Einheit bildeten. Demzufolge hatte der Vize streng genommen nicht versagt, als er seinen gut verborgenen Sehnsüchten freien Lauf gelassen hatte, sondern er hatte von vorn herein keine reelle Chance gehabt sich den Anziehungskräften zu entziehen. Der Phönix hatte sich bemüht seinem Meister diesen Sachverhalt klar zu machen, aber er hatte sich stur dagegen gesträubt und sich lieber in trügerischer Einsamkeit gewiegt. Diese Art von zwiespältiger Vernunft hatte wahrscheinlich ebenfalls zu diesem Schlamassel beigetragen. Verstimmt zupfte der blaue Flammenvogel an Marcos Gedanken und bat ihn endlich einzusehen, dass es unvermeidbar war Ace zu lieben. Das kurze Zittern in Marcos Brust entging ihm nicht. Es war das halbherzige Aufbegehren, dass er nur Lyana so liebte. Die fadenscheinige Lüge schien sein Herr jedoch selbst zu bemerken. Er liebte und verehrte Whitebeard, wie er auch die gesamte Mannschaft liebte und beschützen wollte. Natürlich konnte er seine Gefühle für Käpt’n und Crew nicht mit denen für seinen Engel vergleichen. Dafür aber seine Gefühle für Ace, bat der Phönix. Er wünschte sich, dass der Blonde endlich Vernunft annahm. Es würde schließlich vieles einfacher machen und das ein oder andere Problem in einem neuen Licht erscheinen lassen. Dem roten, unendlichen Feuer hatten sie sich nicht entziehen können, dafür hatten sie es dann im entscheidenden Moment, wie befürchtet, verraten. Wieder einmal war ihr stoisches Nichthandeln für einen Konflikt verantwortlich, stellte der Phönix pikiert fest. Es tat Marco sowohl körperlich als auch psychisch weh, sich einzugestehen, dass Ace feuriges Wesen und sein Körper eine große Leere in seiner Seele füllen konnten. Das hatte rein gar nichts mit seinen Gefühlen für Lyana zu tun, beschwichtigte der Feuervogel. Schließlich begründete sich ihre Zuneigung zueinander auf dem Urvertrauen zwischen ihren Feuern, denn damit hatte die Geschichte begonnen. Alle tiefgründigen Gefühle, die über die animalische Anziehung hinausging, hatte Ace Wesen, sein Aussehen und sein Handeln verursacht. Einen Moment lang schien es, als würde es dem Jungen ähnlich gehen und als würden sie ihre verbotene Leidenschaft im Geheimen leben können. Doch dann hatte Birdie damals in seiner Kajüte eine empfindliche Frage gestellt. Der blonde Mann hatte diese surreale Situation noch heute glasklar vor Augen. Es war das erste Mal seit langem, dass selbst Juliette nicht gleich geistesgegenwärtig hatte reagieren können. Dem Vize war bis zu diesem Zeitpunkt davon überzeugt, dass seine Antwort auf die unschuldige Frage keine der Ursachen für den erbitterten Konflikt mit Ace gewesen war. Doch langsam kamen ihm Zweifel, dass er mit seinem Krisenmanagement richtig gehandelt hatte. ~*~*~*~*~*~ Es war für einen langen Moment in der Kajüte still geworden. Wie ein Echo schien Birdies Frage in den Köpfen der drei Erwachsenen widerzuhallen. Der Älteste war der Erste, der sich wieder bewegte. „Nein, Junge. Das was Ace und ich in dem Lagerraum gemacht haben, war kein Sex. Das ist ohnehin verboten.“, antwortete Marco nach bestem Wissen und Gewissen und hoffte, dass der Schiffsjunge es dabei bewenden lassen würde. Das verwirrt dreinblickende Gesicht machte ihm jedoch wenig Mut, dass sich sein Wunsch erfüllte. „Was glaubst du mitbekommen zu haben und mit wem hast du darüber gesprochen?“, mischte sich Juliette mit betroffener Stimme ein und fixierte Birdie mit einem Blick, dass dieser hart schlucken musste. Der Ernst der Lage wurde ihm erst jetzt richtig bewusst. „Ich hab niemanden etwas gesagt, ehrlich. Vista hatte mich geschickt, um im benachbarten Raum etwas zu suchen und zu kehren. Ich habe eure Stimmen gehört und dann…“, unsicher machte der Junge eine Pause und sah verstohlen zu Marco, der mit starrem Blick an ihm vorbei an die ihm gegenüberliegende Wand schaute. Er riskierte sogar einen Blick zu dem erleichtert dreinschauenden Ace, dessen Wangen von einem Hauch Rot überzogen wurden. „Sprich weiter, Birdie.“, forderte der Vizekäpt’n den verunsicherten Jungen auf und bemühte sich nicht zu streng zu klingen. Sollte er ihn verschrecken, stieg das Risiko, dass Birdie jemand anderen ins Vertrauen zog und das konnte ungeahnte Folge haben. Zum ersten Mal seit langem spürte Marco wieder die Unsicherheit über sein Tun, dass er seit Jules Ankunft einfach hatte vergessen können. Sie hatte Ace und ihn so gut sie konnte unterstützt und ihm damit auch eine Last genommen. Doch nun schien es so, als würde der trügerische Zustand wegen seiner eigenen übermütigen Unachtsamkeit zerstört werden. „Ich habe gehört, wie etwas bei euch zerbrach und wollte die Scherben wegräumen, weil ich ja den Besen hatte, aber als ich den Raum betrat… da hab ich nur Ace Rücken hinter einem Regal gesehen. Dich dafür nirgends. Als ich mich bemerkbar machen wollte, hat Ace deinen Namen gestöhnt. So wie damals, als er krank war…“, schluckte Birdie beschämt und wagte es nicht seinen Blick von der Maserung des Tisches zu lösen. Er wartete nur auf die Standpauke, die ihm wohl unweigerlich bevor stand. Laut seufzte Marco und sah unschlüssig von Birdie zu Ace und Jules. Der Flammenwerfer hatte sich gänzlich in sich zurückgezogen und erinnerte sich mit einem mulmigen Gefühl an die eben beschriebene Situation. Marco hatte ihn überrascht, als er die Inventur allein beendet hatte. Dabei war eine leere Glasflasche zu Bruch gegangen. Sie hatten sich geküsst und kurz darauf hatte der Ältere ihm - sozusagen nicht auf Augenhöhe - demonstriert, dass er ihn ungern wegen Beryllia verließ und ihre Zweisamkeit lieber feiern wollte. Es hatte Ace geschmeichelt und ihn darin bestärkt, dass Marco es dieses Mal wirklich ernst meinte und er sich nicht mehr von ihm fernhalten wollte. Endlich hatte die Feuerfaust ihm richtig vertrauen können. Im nächsten Moment bemerkte er Birdies versteckte Anspielung. Plötzlich fiel ihm ein, was passiert war, nachdem er vom verhängnisvollen Ausflug mit Zangoy und dem Schiffsjungen zurückgekehrt war. Ace hatte sich lange eingeredet, dass er in seinem Fieberwahn geträumt hätte, den Vize an Deck geküsst und ihn später immer wieder gerufen zu haben. Mit Hilfe seiner schweren Vergiftung hatte sein ungezähmtes Feuer ihn also hintergangen und Marco auf seine Gefühle zu ihm aufmerksam gemacht. Irgendwie schien Ace das sehr peinlich zu sein. Er hatte schon damals nicht mehr allein sein wollen, schließlich war der Vize der einzige Mensch, der ihm aus der Sicht der Teufelskräfte so ähnlich war und den er nicht physisch verletzten konnte. Dennoch missfiel ihm die Tatsache, dass er sich Marco scheinbar immer emotional und körperlich auslieferte, ohne recht zu wissen, was in ihm vorging. Es störte den Feuerbändiger kaum, dass Birdie und Jules wussten oder zumindest ahnten, was zwischen ihm und dem Phönixmenschen auf körperlicher Ebene stattfand. Selbst wenn die Regeln, den intimen Kontakt zwischen ihnen streng genommen nicht duldeten, bestand keine Gefahr, solange sie sich umsichtig verhielten und nicht auffielen. Nun sozusagen zwei indirekte Zeugen zu haben, verlieh der Situation außerdem etwas Wahrhaftiges. Gerade als er Birdie beschwichtigen und um Verschwiegenheit bitten wollte, begann Marco zu sprechen: „Birdie, was auch immer du glaubst gehört oder gesehen zu haben, hat so nicht stattgefunden. Ace und ich schlafen nicht miteinander. Warum sollten wir? Ich rate dir dringend deinen absurden Verdacht an keiner anderen Stelle kundzutun, wenn du in der Mannschaft irgendwann mehr sein willst als nur der Junge für alles.“ Das jungendliche Gesicht wurde rot und der schlaksige Körper versteifte sich. Es schien ihm gar nicht zu passen, was der Vize ihm da riet. „Ich habe dir gesagt, dass ich mit keiner Menschenseele darüber geredet habe und das habe ich auch nicht vor. Nur hör bitte auf, mich wie ein naives Kind zu behandeln. Ich bin nicht blind. Du hast selbst an Ace Bett im Traum seinen Namen gerufen und bist nicht freiwillig von seiner Seite gewichen. Jetzt schläft er mit bei dir, obwohl am Ende des Ganges und auf Pops Etage noch Zimmer frei sind und du doch sonst jede Gesellschaft ablehnst.“, trotzig hatte Birdie das Kinn vorgeschoben, wagte es aber gleichzeitig nicht Marco mit seinem Blick herauszufordern. Ihm war nur zu bewusst, dass er sich auf gefährlich dünnen Eis befand, aber er hatte es satt, dass man ihn nicht ernst nahm. „Birdie, hörst du dir eigentlich selbst beim Sprechen zu? Du kannst doch Marco nicht…“, mischte sich Juliette erschrocken in das Gespräch ein und appellierte an Birdies Vernunft, die langsam wieder die Oberhand gewann. Er atmete schwer fällig aus und maulte leise eine Entschuldigung in die Richtung des Vizes und entlockte dem Älteren ein leichtes Lächeln. Der Fünfzehnjährige schien mittlerweile voll in seiner Pubertät zu stecken. Na gut, wenn er wie ein Erwachsener behandelt werden wollte, würde er ihm den Gefallen tun, entschied sich der Kommandant der ersten Division. „Entschuldigung angenommen. Biride, hör mir bitte zu und sieh mich an. Es ist verboten mit einem Nakama oder eine der Krankenschwestern zu schlafen oder auch nur näher als üblich zu kommen. Darauf steht die Höchststrafe und Pops hat für derartige Verstöße keinerlei Verständnis. Was zwischen mir und Ace passiert, geht nur uns etwas an und wird auch nie auf dieser unsäglichen Ebene stattfinden.“, erklärte Marco entschieden und horchte plötzlich alarmiert auf, als Schritte vor der Tür laut wurden. Es klopfte und gleich darauf standen Jozu und Thatch mit einigen Flaschen Sake im Gepäck in der Tür. Benommen von Marcos abgebrühter Erwiderung zu Birdie, nahm der Feuerbändiger nur am Rand wahr, wie sich die beiden mit an den Tisch setzten und Jules unsicher seinen Blick suchte. Ace fühlte sich ein weiteres Mal vor den Kopf gestoßen, ebenso wie der Schiffsjunge gewann er den Eindruck, dass der blonde Mann ihn nicht ernsthaft wahrnahm. Das, was sie auf Tyross und auch hier in dieser Kajüte sowie in dem besagten Lager zusammen getan hatten, sollte kein Sex gewesen sein? Was verstand denn der Vize überhaupt darunter? Wie konnten sie denn noch intimer werden? War es nur ein Trick des gerissenen Vizes gewesen, um Birdie vom Wesentlichen abzulenken oder hatten sie tatsächlich nicht miteinander geschlafen? Ace bedauernde Gedanken wurden unterbrochen, als Jozu ihn seine Karten hinwarf und ihn aufforderte anzufangen. Missmutig entschied der Flammenwerfer die Angelegenheit noch einmal anzusprechen, wenn er mit Marco diese Nacht allein war. Er besah sich seine Hand und war zufrieden mit dem vielversprechenden Blatt. Nachdem Ace seinen ersten strategischen Zug gemacht hatte, betrachtete er die Runde ausgiebig. Marco saß zu seiner Rechten am Kopfende des Tisches, neben ihm Birdie und Juliette. Sie hatte jetzt Jozu als Nachbar, während zwischen dem Diamantmenschen und ihm selbst Thatch saß. Dieser beachtete die junge Frau nicht, die ihm gegenübersaß und fragte die Wunderkerze, nach den Trainingsfortschritten von Birdie und seinen anderen Schützlingen. Während er nicht ohne Stolz antworte, nahm das Spiel seinen Lauf und die vormals angespannte Stimmung wurde geselliger. Der Kommandant der zweiten Division lernte verschiedene Dinge an diesem Abend, abgesehen davon, dass er mit Marco bisher scheinbar keinen Sex gehabt hatte. Diese Erkenntnis wurmte ihn mehr, als er sich eingestehen wollte, da sie ihm das Gefühl vermittelte, dass Marco unehrlich zu ihm war. Erstens Juliette konnte tatsächlich nicht lügen oder in irgendeiner Form bluffen, dafür aber sehr geschickt spielen. Zweitens der Schatzmeister hatte endlich die Glücksträhne der letzten Tage verloren und musste sich mit vielen Niederlagen und hohen Verlusten abfinden. Birdie spielte übermütig, doch war es ihm immer anzumerken, wenn er sich Chancen auf den Sieg ausrechnete. Marco und Thatch waren ebenbürtige Gegner für ihn und der Kommandant der vierten Division hatte großes Talent Juliette offensichtlich zu ignorieren. Ace konnte nicht erklären, warum es ihm etwas ausmachte, dass sein Kamerad sie so schnitt. Jetzt wo er wusste, was zu den Gerüchten über Marco und dem Mädchen geführt hatte, wollte er ihr helfen. Sozusagen als ein Beweis seiner Dankbarkeit, wie er es schon seit geraumer Zeit überlegte. Je später es wurde, umso unkonzentrierter schien die junge Frau am Tisch zu werden, denn bald konnte Jules die Einsätze nicht mehr erhöhen. Ihre kleine Beschwerde, dass sie Geld für neue Kleidung brauchte, traf in der Männerrunde auf wenig Verständnis. Obwohl sich Ace eigenen Ohren ein wenig wärmer anfühlten. Es war wirklich keine gute Idee gewesen, ihre Tasche seinem Feuer zu opfern. Letztlich hatten Jules und Jozu innerhalb weniger Durchgänge kaum noch Geld zum Spielen übrig, während Marco diese Abendpartie zu gewinnen schien. Selbstzufrieden überwachte dieser das Geschehen mit Adleraugen, wie ein Jäger, der sich bald auf seine Beute stürzen würde. Wie es der Zufall wollte, gab Jules in genau dem Moment nach einem All-in bekannt, dass sie schlafen gehen würde, als Thatch aus der letzten, kurz zuvor geöffneten Sakeflasche trinken wollte. Eine kleine, unbeachtete Handbewegung der Feuerfaust reichte, um den Alkohol mit samt der restlichen Flüssigkeit aus der besagten Flasche zischend und dampfend zu vertreiben. Grinsend sah er den entsetzten Thatch an und forderte ihn auf: „Mensch Kompasshirn, da deine Flasche gerade leer ist, kannst du ja gleich Jules begleiten! In meiner Seetruhe ist noch ein kleiner Vorrat. Bring so viele Flaschen mit wie möglich!“ Das unwillige Gesicht des Angesprochenen war zum Schreien komisch. Doch er hatte keine Wahl. Schließlich hatte er die letzte Flasche genommen und als erstes geleert. Es war seine brüderliche Pflicht für Nachschub zu sorgen. Doch bis er den entlegenen Lagerraum mit dem Alkohol erreicht hätte, wäre eine Horde angetrunkener, gieriger Matrosen ihm gefolgt und hätte ihn mit Bettelleien genervt. Der Weg zu Ace Zimmer war hingegen keine fünfzig Schritte weit und was sollte auf den Metern in der Anwesenheit der jungen Frau schon passieren? Auch Juliette war verblüfft über diesen Vorschlag und sah Ace unsicher an. Er nickte ihr aufmunternd zu und hoffte, dass sie diese Gelegenheit nutzen würde, um Thatch ins Bild über ihre angebliche Affäre mit dem Vizekäpt‘n zu setzen. Die anderen Anwesenden waren ebenfalls auf Thatch Reaktion gespannt, bemühten sich jedoch erfolglos unbeteiligt zu tun. Jules wünschte den Männern eine gute Nacht, die den Gruß erwiderten und verließ den Raum, gefolgt von einem missmutig drein schauenden Thatch, der es nicht wagte seinen Kameraden Grund zu Spötteleien zu geben. Währenddessen zog Ace die alten Steckbriefordner aus einem Regal hinter sich und machte sich mit dem begeisterten Birdie über das gefundene Fressen her. Gelassen beobachten Jozu und Marco das Schauspiel amüsiert und tauschten den ein oder anderen bedeutungsvollen Blick. Der Hauptnavigator brauchte für seinen Auftrag eine ganze Weile und trat dann mit einer großen Runde Sake für alle gelöst und augenscheinlich sehr zufrieden wieder in den Raum. Auf Jozus Frage, was denn seinen Gesinnungswandel herbei geführt habe, antworte der Kommandant nicht. Er verlor seine gute Stimmung auch nicht, als die beiden Jüngsten ihm seinen aller ersten Steckbrief mit einem scheußlichen Bild und dem einfallslosen Titel „Tollen-Thatch“ entgegen hielten. Zu seinem weiteren Verdruss war er als nächstes an der Reihe in dem neuaufgenommenen Spiel das Handtuch zu werfen. Nach und nach strichen auch Jozu und Birdie, der auf seinen erheblichen Gewinn sehr stolz war, die Segel, sodass Marco das Spiel mit einem weiten Vorsprung vor der Feuerfaust gewann. Die fünf Männer redeten und scherzten noch eine ganze Weile. Die gesellige Runde löste sich erst am frühen Morgen auf und ließ den Vize und Ace allein in der stickigen, unordentlichen Kabine zurück. In jener Nacht war Ace Plan aufgegangen, dass Jules sich mit ihrem langjährigen, guten Freund aussprechen konnte. Sein anderes Vorhaben mit Marco über Birdies Vorwürfe zu sprechen, konnte er nicht in die Tat umsetzen, da der siegestrunkene Mann ihn unvermittelt küsste, sobald die Tür hinter Jozu ins Schloss fiel… Ende Kapitel 34 ~*~*~*~*~*~ Hallo meine Lieblingsleser, ja wir haben mal wieder das Ende eines Kapitels erreicht. Ich freue mich sehr, dass ihr NSU nach über 1,5 Jahren noch immer die Treue haltet! Ich möchte mich bei Yujianlong, LuxusDrake, schnullerbabe, Hiraya, Nana, Pluesch-Pueppie, --Otaku-desu--, Inu-Yashagirl88, Monkey-D-Setsuna und Puma_Ace für das unermüdliche Kommentieren bedanken. Ein großes Dankeschön geht außerdem an die liebesamiya, da sie erneut als Beta fungiert hat. Wir lesen uns in ca. 10 Tagen wieder! Viele Grüße Eure ceres Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)