Nakama sind unantastbar von ceres (Ace x Marco) ================================================================================ Kapitel 28: Ein harmonisches Frühstück -------------------------------------- In der Kajüte war es noch immer dunkel, als Ace auf dem Rücken liegend erwachte. Obwohl er nicht mehr als ein paar Stunden geschlafen hatte, war er hellwach. Er spürte Marcos warmen Atem auf seiner Schulter und einen starken Arm auf dem Bauch. Scheinbar hatte der Ältere auch ein Bein über ihn gelegt, denn er fühlte das Gewicht deutlich. Dem jungen Kommandanten gefiel das Gefühl und er genoss diesen friedvollen Augenblick in vollen Zügen, ohne die Augen zu öffnen. Ihm fiel auch nicht auf, dass sich ein Lächeln in seinem Gesicht bildete. Doch auf einmal wurde ihm bewusst, dass ihn etwas geweckt hatte. Er blickte nach rechts und sah nur Marcos entspannte Gesichtszüge. Er wandte seinen Kopf in die andere Richtung und hatte plötzlich Haare im Gesicht. Irritiert schüttelte er sich und stellte fest, dass Oskar ihn aus halbgeschlossenen Augen anblinzelte. „Du“, murmelte Ace bedrohlich und starrte den Kater abwartend an, der es sich scheinbar auf seinem Kopfkissen bequem gemacht hatte. Oskar reagierte jedoch höchst desinteressiert und gähnte dem Feuerbändiger entgegen. Er erhob sich majestätisch, machte einen Buckel und stolzierte, wie selbstverständlich, über Ace Brust. Die Tatsache, dass der Kommandant unter seinen Pfoten, sein Feuer entfesseln könnte, schien den Kater nicht sonderlich zu kümmern. Er hüpfte unbeschwert in die kleine Lücke zwischen den beiden Männern und rieb sich an Marcos Arm, während sein Schwanz vor Ace verblüfftem Gesicht herum wedelte. Aus einem Reflex heraus, hob Marco im Schlaf seine Hand und streichelte den Kater, der sich umwandte und den Jüngeren mit einem spöttischen, vielleicht sogar triumphierenden Blick ansah, zumindest bildete sich die Feuerfaust das ein. Er vermisste Marcos Wärme und spürte kleine Stiche, als er sah, wie genüsslich das Katzentier auf die Streicheleinheiten reagierte. „Du kleines...“, beschwerte er sich halblaut und wurde sofort mit einem empörten Blick des Katers zum Schweigen gebracht. Marco murmelte plötzlich etwas, dreht sich auf die andere Seite und kehrte den beiden damit den Rücken zu. Leise fauchend sprang der Kater geschmeidig über den Vizekäpt´n hinweg. Währenddessen setzte sich Ace verärgert auf und beobachtete, wie Oskar vom Bett glitt und sich vor die geschlossene Tür setzte. Der Kater wandte seinen Kopf dem Feuerteufel zu und schaute ihn abwartend an. Als dieser nicht reagierte, begann er an der Tür zu kratzen und sah auffordernd zu Ace zurück. Er kratzte nochmals, diesmal etwas lauter, fiepte ein leises „Mau“ und blickte ihn aus großen, grünen Kulleraugen an. Daraufhin rollte Ace seinerseits mit den Augen, während er vorsichtig über Marco hinweg kletterte, um ihn nicht zu stören. Allein der Gedanke das lästige Wollknäul loszuwerden, ließ ihn innerlich triumphieren. Als er die Tür erreichte und öffnete, schlich Oskar mit hochaufgestelltem Schwanz um seine Beine und schnurrte kurz, während er aus der Tür huschte. Unsicher, was diese Geste zu bedeuten hatte und trotzdem zufrieden Marcos flauschigen Zimmergenossen nicht verkokelt zu haben, ging Ace leise zum Bett zurück. Vom Boden klaubte er seine geborgte Unterwäsche auf und zog sie an. Die Vorstellung, wie er sie verloren hatte, trieb das Blut wieder in seinen Schoß und es schien ihm peinlich, dass Marco ihn nackt neben sich liegend finden könnte. Da er es vermeiden wollte den blonden Mann zu wecken, kletterte er nicht erneut über ihn, sondern legte sich auf dieser Seite zu Marco. Er beobachtete die friedlichen Züge seines Vorgesetzten und spürte auf einmal, wie sich die Einsamkeit zurückschlich. Abgesehen vom ruhigen Atem neben sich, hörte Ace nichts. Doch er fand keinen Schlaf mehr. Scheinbar grundlos lag er lange Zeit wach und grübelte darüber nach, warum er nicht zur Ruhe kommen konnte. Die Leichtigkeit, die ihn noch vor Minuten erfüllt hatte, wich einer alles verzehrenden Leere. Ace kannte das Gefühl gut. Es war ein stummer Begleiter, der nur zuschlug, wenn er sich in Sicherheit wähnte. Genau dies hatte ihn vor Monaten dazu getrieben, vor Whitebeard ein volles Geständnis über sich abzulegen. Doch jetzt war es egal, dass ihn sein weiser Vater aller Schuld entbunden hatte, denn er konnte sich selbst nicht verzeihen. Für den jungen Kommandanten stand von vornherein fest, dass er niemals der Crew oder irgendwem gerecht werden würde. Jules hatte ihm nur zu deutlich vor Augen geführt, dass sie ihn durchschaut hatte und, dass er keinen guten Job machte. Er hatte keine regulären Aufgaben, wahrscheinlich traute ihm niemand etwas zu, das über kämpfen hinausging. Er hatte auch nie danach gefragt, was seine Unzulänglichkeit nur unterstrich. Seine Division stand nicht allein unter seinem Befehl, denn Marco hatte in letzter Zeit wieder und wieder seine Autorität untergraben und Anweisungen zurückgenommen oder abgewandelt. Er brauchte ja nur an die Standpauke vom heutigen Nachmittag zu denken. Spätestens, wenn sein Vorgesetzter von Jules erfuhr, was er ihr getan hatte, würde dieser jeden Kuss und jede Berührung leugnen und sich gänzlich von ihm abwenden. Wahrscheinlich war es sogar besser so. Schließlich war es nur eine Frage der Zeit, bis Marco die Wahrheit herausfand und ihm mit der gleichen Abscheu ansah, wie es alle anderen getan hatten. Wer sollte es dem Vize schon übel nehmen, wo er -Ace- tatsächlich ein Monster war? Mit diesem Gedanken schlief er ein. ~*~*~*~*~ Ace wurde zum zweiten Mal in dieser Nacht geweckt, als sich eine kühle Hand sanft auf seine Lippen legte. Leider schien die Sonne in Anbetracht des hellen Schimmers in der Kajüte bereits aufzugehen. Er öffnete die Augen und sah Jules Lächeln über sich. Erst als sich die Schlaftrunkenheit etwas verzogen hatte, begriff er, dass sie ihr Wort hielt, um ihm tatsächlich jetzt eine Einführung in seine Kommandantenpflichten zu geben. Stöhnend richtete er sich auf und bekam von der jungen Frau eine Hose und seine Schuhe in die Hand gedrückt. Verwirrt sah er zu ihr hoch und sie bedeutete ihm bloß, dass sie draußen auf ihn warten würde. Dieses Mädchen würde ihn irgendwann in den Wahnsinn treiben, entschied die Feuerfaust und tat trotzdem, was sie vorgeschlagen hatte. Die dunkle Hose war nicht so bequem, wie sein Standardoutfit, aber dafür war sie sauber. Ein letzter Blick auf Marco versicherte Ace, bevor er den Raum verließ, dass der Vize noch immer seelenruhig schlief. „Alles in Ordnung? Passt die Hose? Die hab ich in deiner Truhe gefunden.“, fragte Jules mit gedämpfter Stimme besorgt, als er aus der Tür trat. Er nickte nur zur Antwort und folgte ihr missmutig bis zum Bad und ging seiner sporadischen Morgentoilette nach, während sie draußen auf ihn wartete. Bei dieser Gelegenheit entfernte Ace auch die letzten, klebrigen Spuren der vergangenen Nacht auf seinem Körper und bemerkte, dass der Klamottenhaufen vom gestrigen Abend verschwunden war. Als er wieder zu Jules auf den Gang trat, musterte er die junge Frau eingehend, während sie ihren Weg fortsetzten. Sie trug dunkle, langärmlige Sachen, die nicht recht zu passen schienen und machte den Eindruck, wieder ganz die lächelnde Person zu sein. Misstrauisch suchte der junge Mann nach einer Provokation ihrerseits. Er konnte sich noch immer nicht vorstellen, dass sie ihm, nach allem was zwischen ihnen vorgefallen war, freundlich gesonnen war. Wahrscheinlich wollte sie ihn bei Marco anschwärzen und suchte jetzt nach der ultimativen Gelegenheit ihn bloßzustellen. Sie schwiegen eine ganze Weile, doch das schien weder Juliette, noch Ace zu stören. Erst als er instinktiv zum Speisesaal abbiegen wollte, hielt sie ihn sanft zurück: „Tut mir leid, aber das Frühstück muss warten. Wenn wir nicht fertig sind bis Marco aufwacht, haben wir nichts erreicht.“ Grummelnd trottete er weiter hinter ihr her und überlegte, wie lang sein Vize schlafen würde. Er hatte Hunger und wollte lieber essen, als arbeiten. Doch sein Stolz hielt ihn auf, Jules einfach stehen zu lassen. Sie würde ihn nicht unterkriegen, entschied er trotzig und versuchte auf ihre Herausforderung einzugehen. In der unteren Etage herrschte eine ungewöhnliche Ruhe, wenn man vom fernen Dröhnen der Wellen absah, die unaufhörlich gegen das Schiff rollten. Keiner der betrunkenen, schlafenden oder bewusstlosen Männer in den Hängematten oder auf dem dreckigen Boden bemerkte die Zwei, als sie an den Schlafsälen vorbei gingen. Es roch nach Sake, Schweiß und anderen körpereigenen Ausdünstungen und selbst der hartgesottene Kommandant schluckte, als er die Missstände Unterdeck bemerkte. Er entflammte seine Hand um ihnen den Weg zu beleuchten und warf Licht auf das herrschende Chaos. „Mann, wann war Marco das letzte Mal hier unten?“, fragte Jules mehr zu sich selbst und zuckte zusammen, als eine fette Ratte an ihnen vorüber huschte. Eigentlich hätte Ace diese Reaktion belustigen müssen. Schließlich gehörten die Nagetiere zu den harmlosen Dingen auf See mit denen er bisher zu tun hatte. Doch die Situation fesselte seine Aufmerksamkeit. „Ich habe keine Ahnung.“, antworte der junge Mann langsam im selben Tonfall und beschloss die Säuberung und das Ausmisten der Räume zu veranlassen, sobald er mit Juliette fertig war. Piraten waren natürlich nicht die Akkuratesten oder Penibelsten, wenn es um Hygiene ging. Doch es gab Grenzen, die man nicht überschreiten durfte, um nicht die Entwicklung einer Seuche zu riskieren. Außerdem empfand Ace diesen Dreckpfuhl als Respektlosigkeit der Männer ihrem großzügigen Käpt´n gegenüber. Tief in Gedanken folgte er Juliette, die ähnlich grübelnd weitergegangen war. Ihm entging jedoch völlig, dass sie stur geradeaus sah, um nicht auf dem Boden ein weiteres Nagetier zu entdecken. Als sie kurz darauf den ersten Lagerraum betraten, von dem aus sich weitere anschlossen, hatte Ace plötzlich eine Ahnung, was sie tun würden. An den Wänden Standen große, deckenhohe Regale und im Raum standen riesige Steigen mit Fässern, Kisten und gestapelten Flaschen. Sie waren allem Anschein nach nicht sortiert und auf dem Boden lagen unzählige Scherben. Auch dieser Missstand schien schon seit geraumer Zeit zu herrschen und weckte die Frage in Ace, wann zuletzt ein Kommandant hier gewesen war. Seufzend nahm Jules eine Liste aus einem Halter an der Wand heraus und breitete sie auf dem nächstbesten Regal aus. Ace beobachtete ihre konzentrierten Züge genau und begriff, dass sie auch nicht mit den hier herrschenden Zuständen einverstanden war. „Also wir haben richtig viel zu tun. Die letzte Inventur ist fast drei Monate her.“, stellte das blonde Mädchen nach geraumer Zeit resignierend fest. Ace nickte nur, denn er hatte nach dem gestrigen Tag begriffen, dass er lieber nicht mit ihr diskutierte, da sie ja fast immer Recht behielt. ~*~*~*~*~ „Komm, wir machen eine Pause und gehen frühstücken.“, schlug Juliette mit leicht erschöpfter Stimme vor, als sie Ace eine weitere Kiste mit Kerzen und Lampenöl hochreichte, die der junge Mann dann ganz oben in einem Regal zurück an ihren Platz schob. Beflügelt von ihrer Idee sprang er von der Leiter und beugte sich über ihre lange Inventurliste, um die aktuellste Ladung zu markieren. Vorhin hatte ihm Jules kurz das Inventursystem und die Funktion der Liste erklärt, um dann mit ihm Kiste für Kiste, Fass für Fass und Flasche für Flasche zu katalogisieren, zu zählen und zu notieren, welche Güter gebraucht wurden. Die Vorräte an Sake, sauberen Fässern und jedem anderen Alkohol neigten sich rapide dem Ende, ebenso waren Stoff, Holz und vor allem Werkzeug kaum noch zu finden. All das würden sie dringend in Beryllia brauchen, so dass sie diese Güter zuvor noch beschaffen mussten. Sie hatten mittlerweile den dritten Lagerraum erreicht und brauchten eine Unterbrechung von der ermüdeten Tätigkeit. Zum Erstaunen des Kommandanten hatte er sich mit Juliette ziemlich gut verstanden, zumindest was diese Aufgabe betraf. Sie hatte sehr viel Geduld aufgebracht und ihm nicht das Gefühl vermittelt für sie eine dumme Last zu sein. So machte sie es ihm wirklich schwer, Abstand zu ihr zu halten. Ihre offene, zwanglose Art, dieses fast schon nervige Lächeln, das ihn ab und zu an Ruffy erinnerte und nicht zuletzt ihre Erzählungen hatten verhindert, dass er sein verzerrtes Bild von ihr aufrecht erhalten konnte. Beispielsweise hatte er erfahren, dass sie vor gut einem Jahr bei einem Landgang mit der Crew Oskar, als Kätzchen, für Birdie mitgebracht hatte, damit der verängstigte Junge, einen Bezugspunkt bekam und sich besser in die Mannschaft integrieren konnte. Ace hatte sich dann dazu hinreißen lassen, ihr von seiner ersten feurigen Begegnung mit dem Kater zu erzählen. Verstimmt musste er im Nachhinein zugeben, dass er in ihr herzliches Lachen eingestimmt hatte – selbstverständlich nur kurz. Als sie etwas später den Speisesaal betraten, klang ihnen schon geschäftiges Treiben entgegen. Derek wuselte um einen der großen Tische nahe der Küche herum, an dem schon Jozu, Vista, Salmac sowie Birdie saßen und arrangierte die kalten Speisen. „Guten Morgen, Jungs.“, flötete Ace blonde Begleitung und schenkte den Anwesenden ein herzliches Lächeln, bevor sie sich neben Birdie setzte. „Morgen Liebes. Oh hey Ace, du bist ja schon wach.“, begrüßte der Smutje die beiden, während er zwei riesige Schüsseln Rührei und gebratenen Speck aus der Küche zum Tisch brachte. Ein Lächeln huschte über sein konzentriertes Gesicht, als er Ace unverständliches Grummeln hörte und gerade noch dem jungen Kommandanten daran hindern konnte, die Schüssel mit dem Speck in seine Finger zu bekommen. „Ace, wir haben Gäste und du bist nicht allein hier. Reiß dich zusammen!“, befahl der Koch mit strenger Stimme und gab Jules mit einer Zange eine große Ladung der duftenden Speise. Der Blick des schwarzhaarigen Mannes verfinsterte sich und die wenigen Pluspunkte, die Jules bei Ace gesammelt hatte, begannen zu schwinden. „Derek, ich möchte nicht so viel. Komm ist gut.“, wehrte Jules ab und versuchte ihren Teller außer Reichweite zu bringen. Leider war der Smutje nicht von seinem Vorhaben abzubringen: „Du musst auch mal was essen.“ Pessimistisch beobachtete Ace die Szene und suchte nach einer günstigen Gelegenheit die Schüssel aus Dereks Händen zu befreien ohne Aufsehen zu erregen. Wenn das dumme Mädchen nichts essen wollte, sollte er doch wenigstens etwas bekommen. Ein Blick auf Jules konzentriertes Gesicht vermittelte dem Feuerbändiger, dass sie wieder etwas ausheckte. Nur stand aus seiner Sicht die Situation nicht zu ihrem besten. Wenn sie ihren Willen bekam, würde sie sich unweigerlich mit dem Chefkoch anlegen und das hatte auf einem Hochseeschiff fatale Folgen. Umso verblüffter war er, als Juliette plötzlich das Thema wechselte und ihren Teller anstandslos vor sich stellte: „Warum hast du eigentlich noch immer Dienst?“ Diese scheinbar harmlose Frage ließ den Koch zu Ace Erstaunen unvermittelt innehalten. Er stellte die Schüssel mit samt der Zange auf den erstbesten Platz auf dem Tisch. Der Kommandant der zweiten Division wurde das Gefühl nicht los, dass Derek verunsichert war. Dieser fasste sich jedoch schnell wieder, beugte sich zu Jules über den Tisch und konterte: „Ich teile die Schichten ein, wie ich es will. Iss jetzt, dass was aus dir wird. Ach übrigens und nur zur Erinnerung: Wo hältst du dich auf, wenn Sturm herrscht?“ Die Angesprochene verdrehte genervt die Augen und seufzte: „Oh Mann, das ist zig Jahre her.“ Sichtlich zufrieden wandte sich der Smutje zum Gehen und grinste dabei, ebenso wie Vista, Salmac und Jozu, die zu wissen schienen, worauf Derek anspielte. Doch Birdie wusste, genauso wie Ace, damit nichts anzufangen und hakte nach: „Was war denn da?“ „Kleinjules ist bei einem mehrtägigen Sturm aus Langerweile auf das Deck gekommen und wäre fast über Bord gegangen. Marco hat sie gerettet.“, erklärte Vista geduldig lächelnd. Als Ace von ihm interessiert zu Juliette sah, glitt ihr Blick ins Leere, während sie mit beunruhigter Stimme weitererzählte: „Ich habe Marco nie zuvor so wütend gesehen. Ich glaubte tatsächlich, dass er mir dieses Mal eine Tracht Prügel verpassen würde. Die hätte ich sogar verdient gehabt.“ „Jules, keiner von uns hätte je Hand an dich gelegt.“, ermahnte Jozu sie plötzlich mit seiner tiefen, sanften Stimme, die jedoch eindringlicher als sonst klang. Erschrocken starrte das Mädchen den Kommandanten an und nickte dann zögernd. Bevor sie jedoch etwas erwidern konnte, mischte sich eine vor Spott triefende Stimme in das Gespräch: „Mein lieber Jozu, wir können mittlerweile davon ausgehen, dass das nun nicht mehr so stimmt.“ Thatch trat noch ein paar Schritte zum Tisch, bevor er sich grußlos neben Ace niederließ und nach einem Brötchen aus dem Korb vor ihm griff. Der sommersprossige Kommandant spürte förmlich, wie die Situation an Spannung gewann. Währenddessen tat Thatch so, als ginge ihm alles nichts an und kaute auf seinem frisch mit Marmelade bestrichenem Gebäck herum. Irritiert von den offensiven Worten des neuhinzugestoßenen Kommandanten stellte Derek nüchtern fest: „Es ist selten, dass alle Kommandanten an einem Tisch sitzen oder zumindest fast. Wo ist Marco?“ Ace schluckte hörbar, als ihm diese harmlose Frage an die letzte Nacht erinnerte. Er wollte nicht zugeben, dass der blonde Mann vermutlich noch schlief und so die Aufmerksamkeit auf sich lenken. Aber irgendetwas musste er sagen, bevor Jozu einen Verdacht äußerte. „Wo sind eigentlich Blamenco und Rakuyou? Schließlich fehlen die beiden ja auch.“, stellte Jules geistesgegenwärtig fest und streifte Ace mit einem vielsagenden Blick für einen winzigen Moment. „Die Divisionen fünf und sechs haben einige Aufträge zu erfüllen.“, antwortete der Smutje und strich seine blütenweiße Kochschürze mit den Händen glatt. Ace beobachtete das Mädchen unterdessen sehr genau und erkannte, dass sie angestrengt überlegte. „Wir haben also knapp 500 Seelen an Bord.“, fragte sie schließlich und ihr Ausdruck verfinsterte sich, als sie Dereks Nicken sah. Sie seufzte erneut, sah in die Runde und stellte nüchtern fest: „Dann wird es schwieriger, als ich dachte.“ Ratlos schauten die Anwesenden in die Runde, als verstünden sie nicht, worauf Juliette hinauswollte. Doch sie registrierte die fragenden Blicke und fügte hinzu: „Uns fehlen die wichtigsten Materialien. Die Hälfte der großen Lagerräume ist nicht katalogisiert. Auf den Wohndecks herrscht das pure Chaos. Es gibt noch keine Koordination der Hilfe für Beryllia und ansonsten haben wir das nicht zu unterschätzende Problem, dass uns die Nahrungsmittel ausgehen. Die Vorräte reichen nicht aus, um bis zu unserer Zielinsel zu gelangen, oder?“ Sie unterbrach sich an dieser Stelle und sah den Chefkoch abwartende an. Dieser schien mit einer Mischung aus Verwunderung und Erleichterung zu kämpfen, bevor er nickte. Ace war zum wiederholten Male gegen seinen Willen von der Scharfsinnigkeit der jungen Frau beeindruckt. Er fragte sich ernsthaft, wie sie es schaffte Situationen so schnell zu erfassen. Natürlich jetzt, wo sie es schon angesprochen hatte. Die Menge und die Vielfalt der Speisen auf dem Tisch waren im Vergleich zu sonst, etwas kleiner. Trotzdem hätte das auch einfach an der geringen Personenanzahl liegen können. Andererseits hatte Ace ja beim Essen gestern mitbekommen, dass zumindest die Fleischvorräte knapp waren. „Das heißt, wir müssen eine Division zum Fischen abstellen. In diesen Gewässern ist das vor allem vom Glück abhängig.“, schlussfolgerte Jules und riss die Feuerfaust aus den Gedanken. Wieder breitete sich ein kurzes Schweigen am Tisch aus. Ace war überrascht, dass Vista nickte und in einem beruhigenden Ton antwortete: „Überlass das meiner Division. Wir fangen schon was.“ Zur Antwort schenkte die Blonde ihm ein zufriedenes Lächeln und der sommersprossige Kommandant begann zu überlegen, was seine Jungs tun könnten. Doch noch bevor er seine Idee äußern konnte, schaltete sich Jozu in das Gespräch ein: „Ich überwache die alltäglichen Sachen an Deck. Meine Leute werden aber eine ganze Weile brauchen. Vielleicht sollten wir auch gleich das Deck schrubben.“ Einen Moment später ergänzte der hünenhafte Kommandant noch: „Denk bitte daran, mir den Schlüssel wieder zu geben.“ Jules Miene hatte sich bei seinen Worten immer weiter aufgehellt. Sie überlegte kurz und nahm den Schlüssel, den sie um den Hals trug, ab und reichte ihn dem Schatzmeister. Ihre Stimme klang ebenfalls weniger angespannt, als sie erwiderte: „Ich bin noch nicht dazu gekommen, alle Teufelsfrüchte zu übertragen. Den brauche ich also später noch mal. Derek, du weißt am besten, wie lang die Vorräte maximal reichen. Entweder es gibt nur noch kleine Buffets oder nur rationierte Portionen. Ihr werdet das meiste Frische sicherlich konservieren müssen, sonst gibt es irgendwann nur noch Hafersuppe.“ Sie schüttelte sich bei der bloßen Vorstellung, so dass Salmac und Derek über ihre Reaktion lachen mussten. Ace wandte sich nun zu ihr und wartete auf einen geeigneten Augenblick um sich an der Tagesplanung zu beteiligen, ohne mit dem Essen aufzuhören. „Wir kümmern uns um die Säuberung der Wohnbereiche und Lagerräume.“, mischte er sich schließlich ein und erntete ein anerkennendes Nicken seiner Kameraden. Wobei Thatch noch immer stur auf seinen Teller starrte und nicht den Anschein erweckte, Teil dieser Runde zu sein oder gar mit dem Gedanken zu spielen seine Mannschaft eine Aufgabe zuzuordnen. Währenddessen holte Jules tief Luft und zögerte kurz, als würde sie überlegen, ob ihnen etwas Wichtiges entging. „Soweit so gut. Marco wird den Tag opfern müssen, um mit Pops und den Verantwortlichen von Beryllia alles zu planen und außerdem muss Thatch mit ihm unsere Route und die der Alliierten in der Nähe koordinieren.“ Der Kommandant der vierten Division hatte ruckartig hochgesehen, als er seinen Namen aus Jules Mund hörte. Sein Gesicht versteinerte sich und er erhob sich bedrohlich neben Ace. Dieser beobachtete seinen Kameraden mit wachsender Neugier, denn er verstand nicht, warum Thatch so reagierte. Auch Jozus leise Warnung drang nicht an dessen Ohr, als er sichtlich wütend Juliette zu belehren begann: „Ich lasse mir von dir keine Befehle geben, Weib! Wag es ja nicht in Marcos Namen zu sprechen! Wenn unser unfehlbarer Vize etwas von mir will, soll er es mir persönlich mitteilen. Das sage ich dem Federvieh auch ins Gesicht.“ „Dann dreh dich doch einfach um.“, zischte plötzlich eine leise, harte Stimme hinter ihnen und ließ Ace kurz zusammenzucken. Die Atmosphäre im Saal schien bei den leise ausgesprochenen Worten zu gefrieren. Alle Anwesenden, einschließlich Thatch, erstarrten in ihren Bewegungen, während Marcos unbändige Aura den Raum erfüllte und demonstrierte, wie verärgert er war. Ace schluckte hart und sah vorsichtig über seine Schulter. Mit einem Mal wurde ihm bewusst, welche Kraft und Macht der Vize hinter seiner zumeist lässigen Haltung verbarg. In Ace Inneren begann das ewige Inferno aufzubegehren, in der Hoffnung näher an die blaue Flamme zu gelangen, die sie anzog. Doch der Junge bewegte sich nicht. Ihm kam es so vor, als ob sich für einen langen Augenblick niemand rührte, bis sich der mittlerweile bleiche Thatch langsam zu Marco drehte. Schuldbewusst senkte der Kommandant der vierten Division seinen Kopf, entweder, weil er aufgab oder, weil die Situation zu eskalieren drohte. Das Letztere war wohl eher anzunehmen, entschied Marco und ließ den anderen wortlos stehen. Eigentlich hatte der Vize keinerlei Interesse sich mit seiner Crew zu streiten. Seine Laune war heute Morgen ungewöhnlich gut und das lag nicht allein daran, dass er mehr oder weniger ausgeschlafen hatte. Schließlich war er mit einem Lächeln auf den Lippen aufgewacht, aber dann er hatte feststellen müssen, dass sein junger Zimmergenosse schon den Raum verlassen hatte. Während ihn die Enttäuschung darüber erfasst hatte, war ihm eingefallen, dass er seine Aufgaben vom gestrigen Abend noch nicht erfüllt hatte. Panisch hatte sich Marco aus dem Bett geschält, um sich anzuziehen und schnellst möglich vor der ersten Besprechung mit seinem Käpt´n wenigstens einige Sachen zu erledigen. Als sein Blick jedoch auf den großen Tisch gefallen war, hatte er mehrere Blätter entdeckt, die dort zuvor noch nicht gelegen hatten. Erst im zweiten Augenblick war ihm klar geworden, dass die feinsäuberliche Handschrift zu Jules gehörte und dass die Listen alle möglichen Handelsrouten von Beryllia sowie die Angebote der einzelnen Inseln enthielten. Außerdem fand er eine Auflistung aller Dinge, die die geschändete Insel vermutlich gebrauchen konnte und die er im Laufe des Tages bei den Besprechungen abhaken oder ergänzen konnte. Alles in allem hatte er die komplett fertige Arbeit des gestrigen Abends vorgefunden. Eine unglaubliche Erleichterung sowie eine tiefe Dankbarkeit hatten ihn daraufhin erfasst, die seinen Gemütszustand mehr als nur aufhellten. Es bestand für Marco, also keinerlei Grund auf Thatch überhebliche Provokation einzugehen, wenn er stattdessen, und das war das wichtigste, in Ruhe mit seinen Freunden frühstücken konnte. Allein durch Konzentration zügelte er sein Temperament, setzte sich an das freie Kopfende des Tisches und zog die Schüssel mit dem Rührei zu sich. Der Vize spürte die überraschten Blicke der Anwesenden, ignorierte sie jedoch geflissentlich und angelte sich ein Stück Brot. Langsam entspannte sich die Situation und alle Beteiligten begannen weiter zu essen. Zwischen zwei Bissen fragte Marco einer Eingebung folgend: „Also, was habt ihr besprochen?“ Die Frage klang beiläufig, doch Ace war bewusst, worauf der Blonde abzielte. Er wollte eine Zusammenfassung ihres Gesprächs, um sie…ja, was? Wollte Marco tatsächlich nur wissen, was sie geplant hatten oder wollte er demonstrieren, dass er allein die Entscheidungen fällte? Doch Letzteres passte nicht zur jetzigen Situation, grübelte die Feuerfaust. Plötzlich bekam er einen sanften Tritt vor sein Schienbein und schaute verärgert zu Jules, die ihn nur mit einem seitlichen Kopfnicken ermutigte dem Vizekäpt´n zu antworten. Und das tat der sommersprossige Kommandant auch ohne zu zögern mit konzentrierter Miene. Ihm war immer noch nicht klar, wie Marco reagieren würde. Als er fertig war, herrschte einen Moment Ruhe, bevor sich der Ältere mit einem freundlichen Lächeln bei ihm bedankte. Sofort stieg ein flaues, kribbelndes Gefühl in Ace Magen und verdarb ihm seinen zügellosen Appetit. Er hörte das Lob seinen Vorgesetzten nur halb, während er sich bemühte nicht rot anzulaufen. „Alles klar, dass können wir so machen. Birdie, du bist für unser Bad zu ständig und kannst den Tag anschließend, wie versprochen, nach deinen Vorstellungen nutzen.“, ergänzte Marco und beobachtete amüsiert, dass sich der Angesprochenen freute. Auch Thatch schien nicht zu entgehen, dass sich sein Divisionsmitglied geehrt fühlte, doch er wagte es nicht einen Einwand zu erheben. Nur um sicherzugehen, dass der Kommandant der vierten Division seinen Ärger nicht an dem Jungen ausließ, klärte Marco auch ihn über seine heuteigen Pflichten auf. „Ich werde mit dir die Routen durchsprechen. Bereite die Karten vor und berechne den Kurs von Blamencos und Rakuyous Schiffen. Sie könnten unterwegs Ladung aufnehmen, bevor sie auf Beryllia eintreffen.“ Thatch Miene war unergründlich, doch er nickte und sah den Vize ausdruckslos an, als er erwiderte: „Ich werde ein oder zwei Stunden brauchen, um das Material zu sammeln. Wer soll bitte den Dienst in der Wäscherei übernehmen?“ Diese Frage entsprach der Provokation, die Marco erwartet hatte, aber er hielt es für unnötig darauf einzugehen. „Faro und seine Kumpels aus deiner Division werden das die nächste Woche übernehmen. Sollte ich Versäumnisse oder Mängel an ihrer Arbeit feststellen, sind sie solange dafür eingeteilt, bis sie es beherrschen. Deine Männer, die du nicht brauchst, werden bei Ace oder Jozu mithelfen. Einverstanden?“, legte er fest und wartete nicht einmal auf eine Antwort, als er fortfuhr: „In der Zwischenzeit werde ich mit Pops über unser weiteres Vorgehen sprechen.“ „Das mein Junge, wird nicht vor Mittag möglich sein. Unser Käpt´n ist heute nicht in der besten Verfassung, ich musste ihn vorhin ein Beruhigungsmittel geben.“, mischte sich Salmac besorgt ein und erntete betroffene Blicke. „Sein Temperament schadet ihm am meisten, aber es ist nichts Ernstes. Wie wär es, wenn du die Zeit nutzt, um zu trainieren. Wir anderen wissen schon, was zu tun ist.“ Verblüfft sah Marco den Chefarzt an und überlegte, welche Gründe ihn zu diesem Vorschlag ermutigt hatten. War es denn so offensichtlich, dass er seit langem keine Zeit mehr in seinen körperlichen Ausgleich investiert hatte? „Ja Marco, deine Bauchmuskeln waren auch schon mal definierter. In deinem Alter muss man auf jede Muskelfaser achten.“, lachte Vista und auch Jozu murmelte seine Zustimmung. Empört bemerkte der Vize, dass alle Anwesenden verhalten kicherten und entschied sich einfach dafür, sich ihrem Urteil zu unterwerfen. Ende Kapitel 28 ~*~*~*~*~* Hallo ihr Lieben, schön, dass ihr dieses recht unspektakuläre Kapitel bis zum Ende gelesen habt. Ich hoffe, keiner von euch war enttäuscht, dass ich nicht bis zum 01. September warten konnte. Mir steht ab Mitte der Woche kein Internet zur Verfügung. Ich habe mich sehr darüber gefreut, dass sich zum letzten Kapitel auch neue Leser zu Wort gemeldet haben und freue mich wie immer schon sehr auf euer Feedback! Ganz besonders möchte ich mich bei: -Tsubaki-, kessy8, Puma_D_Yuna, Raven, Hiraya, LuxusDrake, Nana, Pluesch-Pueppie, Hiken-no-Ace und Glupit sowie allen 148 Favonehmern für ihre Unterstützung und Motivation bedanken. Ein ganz großer Dank gilt Samiya, die trotz Klausur- und Urlaubsvorbereitungsstress den größten Teil des Kapitels beta gelesen hat. Wir lesen uns in 14 Tagen zu einem Ausflug in die Gegenwart wieder! Liebe Grüße und eine angenehme Woche wünscht euch ceres Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)