Untot von abgemeldet ================================================================================ Prolog: Prolog -------------- Zitternd standen das Mädchen und ihr Großvater vor der riesenhaften Lagerhaustür. Der alte Mann stützte sich hilfesuchend auf sie. Beide wussten, dass er nicht mehr lange leben würde. Er war sich im Klaren, dass es heute Nacht geschehen musste. Die Krankheit war schon zu weit fortgeschritten. Trotzdem, fand er, war es etwas ganz anderes auf den Tod zu warten als ihm in die Arme zu laufen. Vorsichtig klopfte das Mädchen an die Tür. „Das ist nicht gut!“, hallte es durch ihren Kopf. „Wie konnte sie Opa nur so etwas antun?“ Brutal wurde die Tür aufgerissen. Ein riesiger, dunkelhäutiger Zombie stand im Durchgang. Obwohl es Nacht war trug er eine schwarze Sonnenbrille die seine roten Augen verbarg. Doch seine stumpfe Hautfarbe verriet in sofort. Kurz blickte er den alten Mann an, dann begann er zu sprechen. „Sie wollen verkaufen?“ Es war mehr eine Feststellung als eine Frage. Der alte Mann nickte zögerlich. Dann wand der Zombie sich dem Mädchen zu. „Du willst bezeugen?“ Ausdruckslos blickte er auf die bebende Gestalt hinab. Das Mädchen wagte es nicht in seine Augen zu sehen. Hilflos hielt sie ihren Kopf gesenkt. Was sollte sie nur tun? Ihr Opa lag im Sterben und ihrer Familie ging es schlecht. Mama brauchte das Geld! Erst nach einer Pause nickte sie hilflos. Sie liebte ihren Opa doch… Der Dunkelhäutige seufzte leise. Er klang fast schon traurig. „Wenn du bezeugen willst, dann musst du laut und deutlich die Eidesformel aufsagen.“ Das Mädchen erschauerte. Sanft drückte der alte Mann sie. „Alles in Ordnung mein Engel“, flüsterte er und nahm ihre Hand „Ich muss ohnehin sterben, aber wenn ich es jetzt tue, dann kann ich euch helfen. Mach dir keine Sorgen. Opa kommt bestimmt in den Himmel. Sei tapfer!“ Tränen standen in den Augen des Mädchens als sie die Formel aufsagte. „Ich Elena Guttenberg bezeuge hiermit, dass mein Großvater Otto Guttenberg sich an die Firma Intron überschrieben hat.“ Der Zombie nickte zustimmend. „Ich Maalik Z bestätige den Eid.“ Er nickte einem Zombie in der Halle hinter sich zu. Dieser kam und packte den alten Mann. Ein letztes Mal winkte dieser seiner Enkelin zu. „Ich liebe dich.“ Dann wurde er in den Raum gebracht. Der Zombie und das Mädchen blieben zurück. Der Untote fasste ins Innere seines schwarzen Sakkos und holte einen ebenso schwarzen Umschlag hervor. „Hier.“ Er reichte den Umschlag dem Mädchen. „Das sind die üblichen 10.000 Euro. Die Beerdigung ist in zwei Wochen. Die Kosten übernehmen wir.“ Plötzlich brach das Mädchen in Tränen aus. „OPA!!!“, brüllte sie und versuchte sich an dem Riesen vorbei zu drängen. Doch es half nichts, der Zombie hielt sie fest. „Geh nach Hause“, sprach er. Dann stieß er sie zur Seite und schloss die Tür hinter sich. Obwohl der Stahl dick war konnten er noch eine Weile das Mädchen gegen die Tür hämmern hören. Dann wand er sich dem alten Mann zu. „Ihre Enkelin hat das Geld bekommen. Die Firma hofft, dass Sie sich entsprechend verhalten.“ „Das werde ich tun.“ Der Alte versuchte tapfer zu bleiben. „Das hoffen wir.“ Mit einer Handbewegung wies Maalik auf eine Liege neben dem Mann. „Legen Sie sich bitte hin und lassen Sie sich an Armen und Beinen festbinden.“ Der Weißhaarige tat was man von ihm verlangte. „Sie werden keine Schmerzen haben“, versicherte ihm Maalik müde. „Wir spritzen Ihnen ein sehr starkes Schlafmittel. Sie werden einschlafen und nicht wieder aufwachen.“ „Ich verstehe“, der Alte versucht im Liegen zu Nicken. „Ich hoffe Sie machen Ihre Sache gut.“ „Dafür bin ich nicht zuständig.“ Maalik winkte einem hageren Mann im weißen Kittel zu. Dieser trat bedächtig aus den Schatten „Dr. Lavie wird sich um Sie kümmern. Er wird Sie nicht enttäuschen.“ Wortlos legte der Doktor dem alten Mann eine durchsichtige Atemmaske über Nase und Mund. Dieser war mit einem Schlauch an einen kleinen und durchsichtigen Kanister angeschlossen. Nun holte er ein lange Spritze und einen kleinen Tupfer. „Hab Sie noch etwas zu sagen?“ Der Doktor klang routiniert. „Nein.“ Der Mann blicke starr nach oben, um den Doktor nicht in die Augen schauen zu müssen. Der Doktor desinfizierte mit dem Tupfer die Haut. Ordnung musste sein. Der alte Mann biss sich auf die Lippe. Er musste stark sein. Durch seinen Tod konnte seine Familie überleben. Er würde keine Belastung mehr sein. Er würde seiner allein erziehenden Tochter helfen können. Der Doktor setzte die Spritze an und das Schlafmittel fand seinen Weg. Die Lider des Mannes klappten langsam zu. Dann drehte sich Doktor Lavie zu Maalik. „Es ist gleich so weit.“ Der Zombie aber starrte nur unentwegt auf die durchsichtige Atemmaske. Irgendwie war es faszinierend und ekelhaft zugleich zu wissen was ihn am Leben hielt. Dann geschah es. Der Alte tat seinen letzten Atemzug und mit der Luft aus seiner Lunge kam etwas besonderes, etwas für das zehntausend Euro schon fast zu wenig war. Der Alte hauchte wortwörtlich sein Leben aus. Feiner schneeflockenartiger Staub bahnte sich einen Weg aus seinem Mund und schwebte langsam den Schlauch entlang in den Kanister. Langsam füllte sich der Kanister mit dem schimmernden Staub. Dann versiegte der Strom aus dem Mund des Mannes. Ein leises knacken ertönte und der Kanister wurde verschlossen. „Das war der Letzte für heute. Räumt auf.“ Der barsche Ton des Doktors riss alle Arbeiter aus der Erstarrung. Nur Maalik blickte immer noch auf den Kanister. Das war Engelsstaub. Egal wie oft er es ansah, Engelsstaub würde ihm immer fremd bleiben. Es war fast, als ob es nicht auf diese Welt gehörte. Niemals hätten die Menschen an diese Wissen gelangen dürfen und auf gar keinen Fall hätten sie dann anfangen dürfen für diese Kraft zu töten! Trotzdem, er konnte nicht damit aufhören. Er durfte nicht! Er hatte seinen ehemaligen Partner in diese Sache hinein geritten und dieser sollte als allerletztes erfahren, was ihn wirklich am Leben hielt. Er glaubte nicht, dass Georg das verkraften würde. Er war doch noch so jung. Kapitel 1: Die Untermieterin ---------------------------- Mit einem zufriedenen Stöhnen ließ sich Georg auf seine neue Wohnzimmercouch fallen. Endlich hatte er wieder eine eigene Wohnung. Mit einunddreißig sollte das doch wohl etwas selbstverständliches sein. Nur schade, dass es niemand gab mit dem er sein Glück teilen konnte. Seine Familie hatte er als letztes bei seiner Beerdigung gesehen und die meisten Kollegen waren ihm zuwieder. Doch das beruhte auf Gegenseitigkeit. Ihrer Meinung nach hatten Tote weder ein Recht auf Gleichbehandlung noch auf Privatsphäre. Selbst sein ehemaliger Partner Maalik meine, dass er nie wieder so leben können wie vorher. Doch das war ihm egal! Die Nachtfrau hatten ihm die Augen geöffnet. Er hatte zwar kein normales Leben mehr, aber von nun an bestimme er selber was er damit anfinge! Selbstzufrieden trat er vor sein großes Plexiglasfenster mit Panoramablick. Hier, im oberen Teil des Wolkenkratzers, schien ihm die allgegenwärtige Stadt zu Füßen zu liegen. Die graue Fabrikschlote, die Abgase in die kalte Luft pusteten, schienen so weit entfernt und selbst die allgegenwärtigen Wolkenkratzer tauchten nur die kleineren Gebäude und die Straßen darunter in tiefe Schatten. Von hier aus hatte er das Gefühl über Global City zu herrschen, nicht anders herum. „Klopf, klopf.“ Ertappt zuckte Georg zusammen. Die Sonne ging bald unter und er erwartete keinen Besuch. Sollte er hingehen? Hm, besser nicht. Da hatte sich hoffentlich nur jemand an der Tür geirrt. „Klopf, klopf.“ Nein, da wollte wohl doch jemand zu ihm. Nur wer? Georg verzog sein Gesicht. Hoffentlich war es nicht sein Boss. Er hatte zum ersten Mal in sieben Jahren einen Tag frei und den wollte er sich nicht nehmen lassen. „Klopf, klopf.“ Stöhnend machte sich Georg auf den Weg zur Haustür. Besser er fand gleich heraus wer es war. Das Geklopfe ging ihm langsam auf die Nerven. Schnell hatte er das Vorzimmer mit der stählernen Haustüre erreicht. Genervt riss er die Tür auf. Eine junge Asiatin stand im Treppenhaus. Sogar eine verdammt attraktive junge Asiatin. Sie war nicht groß, selbst auf ihren Zehenspitzen war sie gut einen Kopf kleiner als er. Dafür versprühten ihre mandelförmigen Augen pure Lebenslust während sie sich selbstbewusst vor ihm aufbaute. „Wäre ich ihr vor sieben Jahren begegnet, dann hätte ich sie sofort mit nach Hause genommen“, schoss es ihm durch den Kopf. Dann war er wieder im Hier und Jetzt. „Guten Abend. Was kann ich für Sie tun?“ Durch seine kühle Begrüßung wahrscheinlich etwas eingeschüchtert antwortete sie nicht sofort. „Guten Abend“, meinte sie schließlich. Nervös fuhr sie durch ihr kurzes, braunes Haar. „Sind sie Georg Z Liebreich?“ Verblüfft starrte er sie an, bis er sich endlich um eine Antwort bemühte. Woher kannte sie seinen Namen? „Ja, das bin ich. Und sie sind?“ „Li Zhi. Nett sie endlich persönlich kennen zu lernen.“ Ihr vorher zweifelnder Blick wurde zu einem reizenden Lächeln. Georg wusste nicht was er sagen sollte. Er war sich sicher noch niemals mit ihr Gesprochen zu haben, egal in welcher Form auch immer. Ihr Lächeln aber war einfach umwerfend. „Darf ich hereinkommen?“ Verwirrt von der Tatsache, dass Li mit einem Mal keine Scheu mehr vor ihm hatte, trat Georg einen Schritt zurück. Sie nahm das wohl als Einladung auf, denn sie schlüpfte kurzerhand an ihm vorbei in die Diele. „Wow. Sie haben wirklich eine schöne Wohnung!“ Bewundernd drehte sie sich im Kreis und musterte erfreut seine Diele. Georg hingegen genoss ihren Anblick aus vollen Zügen. Sie drehte sich um die eigene Achse und schien immer vergnügte, je mehr sie sah. Li lächelte während sie die Atmosphäre ihres neuen Zuhauses aufnahm. Es war schön hier. Ihr gefiel das helle Parkett und die geraden Linien des Ganges. Kühles Metall wechselte sich mit dunklem Holz ab. Wer das eingerichtet hatte, hatte Geschmack. Was sie wieder auf ihren Gastgeber brachte. Als sie mit ihrer Drehung fertig war musterte sie ihn vorsichtig. Georg war das unangenehm. Nervös spielte er mit seinem breiten Lederarmband. Er wusste ja, dass Zombies keine allzu schöner Anblicke waren. Schon an der Tür war Li Georgs Unsicherheit aufgefallen. Dabei hatte er sie doch eingeladen. Was war nur los? War er etwa krank? Seine Hautfarbe sprach auf jeden Fall dafür. Ihr war schon an der Tür aufgefallen, dass seine Haut ungesund grau schien. Zudem war er so unglaublich dünn. Er wirkte fast als ob er gerade eine schwere Krankheit überstanden hatte. Doch sein Gesicht kam Li vage bekannt vor. Dann wurde Georg Lis Gestarre aber zu bunt. Was wollte sie überhaupt von ihm? Und warum war sie so verdammt selbstsicher? „Nun, wenn Sie schon mal da sind“, fing er betont lässig an „Was kann ich für Sie tun? Und woher kennen sie meinen Namen?“ Über seine Frage war Li überrascht. Überrascht und leicht verärgert. „Also hören sie mal auf! Sie haben mich doch Eingeladen! Ich bin ihre neue Untermieterin!“ Als hätte ihn eine unsichtbare Hand geboxt taumelte Georg zurück. Waaas, spielte er vielleicht bei versteckter Kamera mit? Er war doch erst heute umgezogen, wieso sollte er gleich eine Untermieterin wollen? „Untermieterin?“, fragte er deshalb um sicher zu gehen. „Ja!“ Jetzt reichte es Li. „Ich habe mich auf IHR Inserat gemeldet!“ „Aber!“ Entsetzt riss er seine Augen auf. „Ich habe nie ein solches Inserat aufgegeben!“ „Was?“ Li war jetzt tatsächlich empört. Was erlaubte sich dieses…, dieses heruntergekommene Modell! „Was denken Sie wohl, was das ist?!!“ Wütend zog sie ausgedruckte E-Mails und einen Mietvertrag heraus und wedelte damit vor seinem Gesicht herum. Verdammt das sah wirklich offiziell aus. Aber er war sich sicher, dass er nie eine solche Anzeige aufgegeben hatte. Schnell packte er die Papiere und stopfte sie in die Brusttasche seines Hemdes. „Schon gut. Beruhigen Sie sich. Das wird sich bestimmt gleich klären.“ Da hatte sich wohl jemand einen Spaß mit Li erlaubt. Das war nicht nett. Sie wirkte als ob sie tatsächlich dringend eine Wohnung brauchte. „Das hoffe ich auch“, konterte Li. „Wo ist Ihr Wohnzimmer?“ Verblüfft wies Georg ihr den Weg. Sekunden später saß Li auf seiner Couch und blickte ihn herausfordernd an. „Wollen Sie etwas trinken?“ Während er sprach hatte Georg sich zu ihr hinab gebeugt. Er sah erschöpft aus, fand Li, und seine Augenringe fielen ihr sofort auf, aber da war auch noch etwas anderes. Er musste einmal ziemlich gutaussehend gewesen sein, denn selbst so erschöpft wie sein Gesicht jetzt aussah, gab sein Lächeln ihm immer noch einen Hauch von Sinnlichkeit. Ihr Herz schlug schneller. Das reichte! Sie biss sich auf die Lippe. Mit Männern hatte sie endgültig abgeschlossen. „Ja bitte.“ Langsam hatte sie sich beruhigt. Was auch immer mit dem Mann los war, höflich war er wenigstens … ein bisschen. Georg war froh ihrem Blick entkommen zu können und flüchtete in seine Küche. Erst inmitten von hochglänzenden Edelmetallverkleidungen wurde ihm klar, dass sein Plan nach hinten losgegangen war. Zombies aßen und tranken nichts! Leider. Georg hatte früher nie ein gutes Essen verschmäht. Aber so war es nun mal. Wer tot war hatte auch keinen funktionierenden Verdauungstrakt… Wobei Trinken schon ging, aber Georg hatte nur bis heute nicht herausgefunden wofür das gut war. Egal, gekauft hatte er auf jeden Fall nichts. Nervös riss er seine Hängeschränke auf. Er musste doch wenigsten etwas da haben!! Nach längeren, hektischen Suchen bestaunte er seine Beute. Eine halb leere Packung Früchtetee und eine ramponierte Tasse. Den Tee hatte er in einer Ecke unter der Spüle gefunden. Einer der Handwerker hatte ihn wahrscheinlich dort vergessen. Gut für ihn. In der Tasse hatte er Kleingeld aufbewahrt die sollte er also lieber ausspülen. Schnell holte er Shampoo aus dem Bad, denn wofür braucht man Geschirrspülmittel ohne Geschirr? Aber Töpfe hatte er wenigsten die hatte ihm seine Chefin geschenkt. Er konnte sich noch gut erinnern wie demütigend es gewesen war… Dann bereitete er den Tee zu. Li indessen hatte nun die Zeit sein Wohnzimmer eingehend zu mustern. Der Raum war rechteckig und wirklich groß. Etwas zu groß für einen Single, fand sie. Die lange und eine kurze Wand waren komplett verglast und ergaben so ein riesengroßes Panoramafenster mit Blick auf die Stadt. Li konnte sich Georg gut vorstellen, wie er gedankenverlorenen auf die Stadt blickte. Das wäre bestimmt ein wunderbares Motiv. Schnell schaute sie sich weiter um. Das Sofa auf dem sie saß war L-förmig, wobei die lange Seite auf die lange Glaswand und die kurze Seite auf eine feste Wand gerichtet war. Die direkt angrenzende Küche war mit einer Theke mit dem Wohnzimmer verbunden. Li konnte ihren Gastgeber darin werkeln hören. Überraschenderweise fand Li aber keinen einzigen persönlichen Gegenstand im ganzen Raum. Das Zimmer war wunderbar eingerichtet, das konnte sie nicht abstreiten, aber alles wirkte trotzdem so... steril. Erschöpft schlurfte Georg ins Wohnzimmer, er war schon lange her, dass er Tee gekocht hatte und die Papiere hatten ihn auch wenig aufmuntern können. „Entschuldigung“, Was sollte er sonst sagen? „aber Tee war das einzige was ich finden konnte.“ Li nahm die Tasse lachend entgegen und pustete sanft hinein. Sie war sogar ganz froh über etwas Warmes zum Trinken. Hier war es doch etwas zu kühl für ihren Geschmack. Georg war erleichtert. Sie schien sich über den Tee zu freuen. Das sah man ihm wohl an, denn sie meine gleich frech. „Sie haben wohl nicht viel Besuch?“ Er nickte nur knapp. Jetzt gab es wichtigeres. „Ich habe mir die Papiere in der Küche kurz durchgesehen.“ Sie hörte auf in ihre Tasse zu pusten und schaute ihn interessiert an. „Hm. So wie es aussieht hat sich jemand als mich ausgegeben und einen Untermieter gesucht.“ „Aha“ Li legte ihren Kopf schief. Er war sich sicher, dass sie ihm nicht glaubte. „Mit den E-Mails war es dasselbe.“ Georg gab sich Mühe überzeugend zu klingen. Vorsichtig versuchte sie einen Schluck Tee zu nehmen. Er war aber noch zu heiß. Sorgsam stellte sie die Tasse vor sich auf den gläsernen Couchtisch. Dann blickte sie ihm direkt ihn die Augen. „Und warum sollte sich jemand so viel Mühe machen sich als sie auszugeben, nur um einen unbekannten Mieter zu ärgern?“ Das fragte sich Georg auch. Gleichwohl war er gekränkt. „Das heißt Sie glauben mir nicht?“ Seine Stimme zitterte vor aufkeimender Wut. Li aber schaute ihn nur abwartend an. „Es gibt einen guten Grund, warum ich diese Meldungen nicht verfasst haben kann.“ Georg war tatsächlich wütend geworden. Sieben Jahre lang hatte man seinen Worten schon nicht geglaubt, aber nun störte es ihn gewaltig. Das war seine Wohnung und hier spielte man nach seinen Regeln! „Ich bin ein Zombie! Und Zombies dürfen selbstständig keine Anzeigen oder Verträge verfassen! Deshalb auch das Z in meinem Namen!“ So, es war raus. Mal sehen wie sie es aufnahm. Li wirkte aber kein bisschen geschockt. Genervt verzog sie ihren Mund. Ernsthaft. Li hatte schon viele Ausreden gehört, aber das war mit Abstand die schlechteste. Das Model ein Zombie? Ja klar. Sie wusste wie schlimm Untote aussahen, leider... und so schlimm sah er nun mal nicht aus. Er wollte sie nur nicht bei sich wohnen lassen! Gelangweilt, als ob sie so etwas schon zu oft als Ausrede gehört hatte, meinte sie deshalb: „Und das soll ein Argument sein?“ „Außerdem“, fuhr Georg fort „Sind alle E-Mails verfasst worden, als ich nachweislich arbeiten war. Ich kann das also nicht gewesen sein. Wenn Sie wollen können Sie das nachprüfen.“ Li verschluckte sich und begann zu husten. „Ich verstehe.“ Beschämt starrte sie ihre Füße an. Jetzt hatte sie ihren Gastgeber nun endgültig verärgert. Niemand mochte es wenn man seinen Worten nicht traute, doch sie war jetzt schon so oft enttäuscht worden. Dies war die zehnte Wohnung und ein Zimmer hatte sie noch immer nicht. Das konnte doch nicht wahr sein! Tränen standen ihr plötzlich in den Augen. Das war schlecht. Georg befürchtete sie würde gleich weinen und das letzte was er sehen konnte war eine weitere Frau die wegen ihm weinte. Behutsam nahm er ihre Hand. Brauchte sie so dringend ein Zimmer? „Ist alles in Ordnung?“ Langsam blickte sie auf. Ihre braunen Augen waren mit Kummer gefüllt. Nein, nichts war in Ordnung! Erst verließ sie ihr Verlobter und plötzlich stand sie ohne Wohnung da und ihr Job? Mehr als eine Aushilfsphotographin war sie immer noch nicht. Dabei gab sie wirklich ihr Bestes! „Brauchen Sie irgendetwas?“ Ja, ein neues Leben! , dachte Li verzweifelt. Traurig schüttelte Li den Kopf doch plötzlich setzte sie sich kerzengerade hin. „Doch“, Bittend drückte sie sich an ihn. Georg registrierte unbeabsichtigt ihren angenehm weibliche Figur. „Ich brauche dieses Zimmer!“ Sie wirkte verzweifelt. „ Ich verliere meinen Job, wenn ich keine Wohnung in der Nähe bekomme!“ „Was ist denn los?“ Georg war interessiert. Einer so aufregenden Frau konnte er kaum widerstehen. Verdammt er war doch tot, oder? „Was ist denn mit ihrer jetzigen Wohnung?“ Li schniefte leise. „Mein Freund, bei dem ich wohnte, hat mich verlassen und …“, sie stockte. „.. das mit meiner Schwester!“ Sie begann zu beben. Georg stöhnt innerlich. Was für ein Verlierer tat so etwas? „Jetzt wohne ich bei meiner Freundin und ihrem Freund. Aber … ich kann nicht mehr bleiben! Die Wohnung ist zu klein.“ „Bitte! Ich kann mir nicht mehr als ein Zimmer leisten und bis jetzt gab es nur Absagen! Bitte, ich kümmere mich auch dann um den Haushalt. Sie müssten nichts tun! Bitte!“ Georg wurde nachdenklich. Na ja sie sah nicht schlecht aus, schien nett zu sein und bot ihm an die Wohnung zu putzen. Das schien doch wirklich kein so schlechtes Geschäft zu sein, oder? „Sie scheinen wirklich großen Liebeskummer zu haben. Ich denke …“ „LIEBESKUMMER!“, schrie Li und sprang auf. „Nein!! Er hat mich hintergangen! Ich habe ihn verlassen!!“ „Aber Sie haben doch…“ Georg war verwirrt … und irgendwie auch fasziniert. Er mochte impulsive Frauen. „Dass er hinter meinem Rücken mit meiner Schwester geschlafen hat, heißt ja wohl, dass er mich verlassen wollte!! Aber ich..“ Li starrte wütend zu ihm hinauf. „Ich habe das ganze offiziell Schluss gemacht. Zwei Jahre lang waren wir zusammen und ich hab mir alles gefallen lassen. Aber denn Schlussstrich den hab ich gezogen!!“ Prompt ließ sie sich auf das Sofa fallen. Langsam beruhigte sie sich und trank ihre Tasse leer. „Möchten Sie noch eine Tasse Tee?“ „Nein danke.“ Li seufzte. „Ich fühle mich schon viel besser. Aber nachdem ich Ihnen schon fast mein ganzes Leben erzählt habe, können wir doch endlich zum Du übergehen.“ „Es ist mir ein Vergnügen.“ Georg stockte für einen Moment. „Li.“ Sie schenkte ihm ein umwerfendes Lächeln. „Mir auch Georg.“ „Georg ich habe die ganze Zeit über mich gesprochen, aber was ist mit dir? Was arbeitest du?“ Georg war alles andere als begeistert. Was sollte er ihr auch sagen? Na ja, am besten die Wahrheit. Wenn sie hier wohnte wäre es sowieso zu anstrengend sie anzulügen. Ob sie ihm jedoch glaubte war eine andere Sache. „Ich arbeite bei der Polizei.“ Li klappe der Mund hinunter. Er wollte sie wohl für dumm verkaufen. Für einen Polizisten wirkte er viel zu kränklich. „Um genau zu sein: Bei der Nachtfahndung.“ Georg blickte sie gespannt an. „Ähm…“ Li sah aus als ob sie sich die größte Mühe gab den Satz nicht mit „… du kannst mir ruhig deinen richtige Job nennen“ beenden. Sie glaubte ihm also nicht. Nun ja, so hatte er sie irgendwie eingeschätzt. „…dann arbeitest du als Nachts?“ beendete sie vorsichtig ihren Satz. Er bejahte. „Oh dann hast du es wohl oft mit Nachtmenschen zu tun?“ Er stimmte ihr wieder zu. Langsam tastete sie sich weiter vor. „Musst du dich dann auch manchmal … verteidigen.“ Lächelnd nicke Georg. Ahh, jetzt hatte er es verstanden. Sie schien wohl ihrem ersten Eindruck zu vertrauen und er war dabei irgendwie in das Raster Tagmensch und Schwächling gerutscht. „Ich habe eine Nahkampfausbildung absolviert. Ich kann mich als verteidigen.“ Trotzdem, sie war sich sicher, dass er dort nicht arbeitete. Nicht arbeiten konnte. Nur die härtesten Kerle schafften es in diese Abteilung. Dort wurden echte Leute getötet! „Na ja…“, begann Li von neuem. „Ist ja auch egal. Pass aber nachts auf dich auf. Nachtmenschen sind wirklich gefährlich und … Oh!“ Überrascht schaute sie aus dem Panoramafenster. Global City, weit unter ihnen, glitzerte geheimnisvoll im Dunkeln. „Oh Nein!“ sie sprang auf. „Ist es schon so spät?“ „Es ist kurz vor halb zehn.“, meldete sich Georg und streckte sich betont langsam. „Etwas zu spät um sich auf die Straßen zu trauen. Oder hast du ein Auto dabei?“ Li lachte verbittert. „Nein, ich kann mir zurzeit keines leisten.“ „Dann wirst du wohl bei mir übernachten müssen“ Blitzschnell drehte sich Li zu ihm hin. „Darf ich wirklich?“ Er grinste verschmitzt. Li war wirklich frech. „Ich kann dich doch jetzt nicht wegschicken.“ „Vielen Dank!!“ Li jubelte innerlich. „Schon gut, schon gut. Du hast sowieso gewonnen.“ Seine Entscheidung war schon vor einer Weile gefallen. Als sie sich wieder beruhigt hatte reichte ihr Georg den Mietvertrag. Verblüfft nahm sie ihn entgegen. Tränen des Glücks standen Li in den Augen. „Na, na“ Ihr Gastgeber nahm sie vorsichtig in den Arm „Du wirst doch nicht wieder weinen.“ Mit Mühe hielt Li die Tränen zurück, aber das Glücksgefühl ließ sie durch ihren ganzen Körper fließen. Zusammen mit einem zweiten Gefühl, dass sie jetzt aber noch nicht genauer benennen wollte. Galant brachte Georg sie in ihr Zimmer. Mit einem Mal war Li so müde das sie kaum noch die Räume um sie herum wahrnahm. Nur das große Bett konnte ihre Aufmerksamkeit erwecken. Das blaue Bettzeug sah verführerisch aus. Mit einem genüsslichen Seufzer ließ sie sich hineinfallen. Es war ein anstrengender Tag gewesen, aber auch ein schöner. Georg schloss leise die Tür.Auch er war langsam erschöpft. Müde schlurfte er in sein Zimmer. Eigentlich hatte er keinen Untermieter haben wollen und erst recht keinen weiblichen. Er wollte sein neues Leben ruhig angehen lassen, aber was hätte er tun sollen? Zudem hatte er ja genügen Platz und um sein Gehalt brauchte er sich auch keine Sorgen mehr zu machen. Wenigstens wurden Tote gut bezahlt… Grimmig öffnete er die Tür zu seinem Schlafzimmer. Ein kalter Luftstrom wehte ihm entgegen. Der Raum war komplett mit Metall ausgekleidet. Aber an einer Wand hing sein größtes Hobby: Ein übergroßes Poster eines dunkelblauen Cabrios. Es gab sonst nur ein Möbelstück im Raum: Ein großes metallenes Bett. Überhaupt wie konnte jemand nur eine so wunderbare Frau verletzen? Li war hübsch, clever, hatte ein Herz und besaß zudem noch genügend Temperament um dem Leben die gewisse Würze zu geben. Die Tür fiel ins Schloss. Noch immer leicht verstimmt warf Georg seine gesamten Kleider auf den Boden. Hoffentlich fand Li bald einen richtigen Mann. Er fühle ein nicht unangenehmes ziehen auf Höhe seines Herzens. Dann ließ er sich auf das kalte Bett fallen und schnappte sich sein Kissen. Bis dahin aber würde er sich um sie kümmern. Langsam zog er eine dünne Metallfolie, wie eine Decke, über seinen Kopf. Er würde schon auf sie aufpassen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)