Glaube von Noel_Kreiss (...) ================================================================================ Kapitel 1: Regen ---------------- „Roxas... tu mir bitte... einen Gefallen. All diese Herzen, die ich gesammelt habe... Kingdom Hearts... lass sie frei...“ „Kingdom Hearts... freilassen?“ „Du darfst... nicht zulassen... dass Xemnas Kingdom Hearts bekommt... da ich das nun nicht mehr kann.. musst du es tun...“ Tag 358 – Glaube Dunkle Wolken hingen über dem ewig schwarzen Himmel der Welt, die niemals war. Aus den paar Regentropfen, die zuerst vereinzelt auf die Häuser gefallen waren, entwickelte sich ein prasselnder Regen. In einer Seitengasse öffnete sich ein dunkles Portal, eine Gestalt kam aus der wabernden Dunkelheit geschritten, die Kapuze seines schwarzen Mantels tief ins Gesicht gezogen. Als das Portal hinter ihm verschwand sah Roxas auf, er erblickte Kingdom Hearts am Himmel, Blitze zuckten und es donnerte, der Regen wurde stärker. Roxas senkte den Blick und ging los. Er konnte sie spüren. Herzlose, die langsam näher kamen, von seiner Aura und seiner Waffe angelockt, die er nun rief. Mit einer ausholenden Bewegung erschien in seiner rechten Hand ein Schlüsselschwert, sein eigenes. Kurz darauf erschien in der linken Hand ein anderes, das von Xion. Beide waren der Königsanhänger, absolut gleich für andere Augen, doch Roxas spürte den Unterschied in den beiden Waffen. Das von Xion fühlte sich nicht so vertraut an, wie sein Eigenes... Vor ihm erhoben sich vier Schattenschalke aus dunklen Löchern im Boden. Sie würden ihn nicht aufhalten, keiner würde ihn aufhalten. Wie von selbst hob Roxas die Waffen, überkreuzte sie und plötzlich verwandelten sie sich. Sein Eigenes in der rechten Hand in eines, so schwarz wie die Dunkelheit, das von Xion in der linken Hand in eines, so hell wie das Licht. Roxas fragte sich nicht, warum sich seine Schwerter verwandelten, fragte sich nicht, woher er plötzlich die Namen dieser Waffen wusste, Memoire und Sternentreue, und sie ihm sogar bekannt vorkamen, oder warum er seit Xions Tod ihr Schwert besaß und genau zu wissen schien, wie man mit zwei Waffen gleichzeitig umzugehen hatte. Es war ihm egal, es gab vieles, was er nicht verstand. Antworten hatte er vorläufig ohnehin nicht zu erwarten und sie würden ihn nur ablenken. Für den Moment, für die nächste Zeit gab es nur ein Ziel für ihn – Kingdom Hearts freilassen und diesen Sora finden, damit er Xion zurückholen konnte. Denn dann würde alles wieder normal werden, er würde sein Leben zurückbekommen und wieder mit Xion und vielleicht auch Axel Eis essen können... daran glaubte er, dieser Glaube hatte sich wenige Stunden nachdem Xion in seinen Armen veschwunden war in seinem Gehirn eingenistet, keiner würde ihn davon abhalten, weder die Kreaturen vor ihm, noch die Organisation später im Schloss. Der Niemand rannte auf die Herzlosen zu, zog die Schwerter durch die Luft und vernichtete die vier Gegner in weniger als einem Augenblick. Ohne zu zögern lief er weiter die Gasse zum Dazwischen entlang, erledigte zwei weitere Schattenschalke, die ihm auflauerten, mit einem Hieb seiner Waffen. Roxas spürte seine Kraft, die sich mit dem Erhalt des zweiten Schlüsselschwertes von Xion verdoppelt zu haben schien. Sie würde ihm helfen, sein Ziel zu erreichen. Vor ihm erhoben sich wieder zwei Herzlose aus dem Boden, sprangen auf ihn zu, starben einen Moment später durch Memoire und Sternentreue. Kurz hielt der Niemand inne, ließ seine Waffen verschwinden, es waren keine Herzlosen mehr in unmittelbarer Nähe. Dann ging er weiter. Was er nicht wusste war, dass er beobachtet wurde, wie er da durch die dunklen Gassen der ebenso dunklen Stadt ging. Hoch auf den Dächern stand ein weißhaariger Junge mit einer Augenbinde, er trug ebenfalls den Organisationsmantel. Er war der Organisationshochstapler, besser bekannt als Riku, und auch er war an diesem Tag mit einer festen Absicht in diese Welt gekommen. Um Soras Erinnerungen vollständig zu reparieren, brauchte Naminé die Erinnerungen, die in Roxas waren. Es gab keinen anderen Weg, jetzt, wo Xion nicht mehr war, war Soras wichtigste Erinnerung, die an Kairi, in seinem Niemand gefangen. Da er aber bestimmt nicht durch eine bloße Bitte mit zu Sora kommen würde, musste Riku erst gegen ihn kämpfen, das Bewusstsein rauben und dann zu Sora bringen. Vielleicht würde Riku selbst dabei sterben... aber er hatte keine Wahl. Der Weißhaarige spürte, wie eine große Menge Herzloser näher kam. Er würde Roxas am Wolkenkratzer der Erinnerung erwarten. So verschwand er in einem dunklen Portal. Langsam schritt er dahin, der Regen prasselte auf seine Schultern, ein paar der Neonlichter an den Gebäuden flackerten und wieder donnerte und blitzte es am Nachthimmel. Als Roxas um die nächste Ecke bog sah er den hohen Wolkenkratzer und daneben noch in einige Entfernung das Schloss der Organisation, über dem der herzförmige Mond schwebte. Kingdom Hearts, das die Organisation nur mit Roxas‘ und Xions Hilfe gebildet hatte. Sie hatten ihn und Xion benutzt, weil nur sie mit dem Schlüsselschwert die Herzen aus den Herzlosen extrahieren konnten. Am Ende wollten sie sogar einen von ihnen aus dem Weg räumen, hatten Xion auf Roxas gehetzt, weil dieser ihrer Meinung nach der schwächere gewesen war und Xion ihn zusammen mit seiner restlichen Kraft vollständig absorbieren sollte, und wie das gestern geendet war, wussten sie mittlerweile bestimmt. Aber jetzt war es genug, nun würden SIE aus dem Weg geräumt werden. Die ehemalige Nummer XIII hatte endgültig genug. Roxas war so in Gedanken gewesen, dass er gar nicht bemerkt hatte, wie um ihn herum dutzende von Schattenschalke aus dem Boden gekrochen kamen. Zwanzig, Dreißig, Vierzig und es wurden immer mehr. Nun stand der Niemand inmitten einer Armee von reinblütigen Herzlosen auf dem Platz vor dem Wolkenkratzer der Erinnerung. Mit Bewegungen, als würde er Schwerter ziehen, deren Scheiden an seiner Hüfte hingen, ließ er zuerst Sternentreue in der linken Hand erscheinen und dann Memoire in der Rechten, wirbelte die Schwerter vor sich herum und nahm seine Kampfstellung ein. Einer der Herzlosen sprang auf ihn zu, wurde noch in der Luft von Roxas‘ weißem Schlüsselschwert zerfetzt und der Nächste folgte sogleich. Die Schwerter blitzten auf, als Roxas sie herumfahren ließ, fast schon tänzelnd den Angriffen seiner zahlenmäßig überlegenen Gegner auswich und einen Schattenschalk nach dem anderen erledigte. An sich waren diese Kreaturen für Roxas keine Herausforderung mehr, er brauchte pro Gegner nur einen Hieb um sie zu vernichten, aber das Meer aus Herzlosen schien nicht kleiner zu werden, egal wie viele er besiegte. Mit einem Sprung versuchte Roxas aus der Mitte seiner Gegner zu entkommen, aber sie sprangen ihm hinterher. In der Luft schlug der Niemand zu, drehte sich um sich selbst und warf Sternentreue seinen Gegnern entgegen, das sie durchpflügte und zu ihm zurückkehrte bevor er auf dem Boden landete, sich erneut mit einem Satz durch die Luft beförderte und jetzt direkt vor dem Wolkenkratzer stand. Mit leichtem Schreck sah er, dass sich auf jedem Zentimeter des Platzes Herzlose tummelten und aus gelben Augen zu ihm emporstarrten. Die zwei Schlüsselschwerter hatten wohl auch ihre Nachteile, da sie offenbar auch doppelt so viele Herzlose anlockten. Mit so vielen würde er trotz seiner Stärke allein niemals fertig werden... Aus heiterem Himmel nahm er plötzlich eine Aura wahr, eine Starke, direkt über ihm und er sah auf. Da oben auf dem Wolkenkratzer war jemand. Aus den Augenwinkeln bemerkte Roxas, wie sich wieder zwei Schattenschalke auf ihn stürzen wollten und er schnellte hoch, rannte an der Wand des Hochhauses empor, an der nun auch Herzlose herausgekrochen kamen, allerdings sofort den Schlüsselschwertern zum Opfer fielen, die Roxas beim Laufen vor sich herwirbelte. Als die Herzlosen nicht mehr nachkamen und der Niemand ungefähr die Hälfte des Weges zum Dach hinter sich hatte, warf er, einem unerklärlichen plötzlichen Reflex zufolge, dem Unbekannten mit der starken Aura Memoire entgegen. Der Junge, Roxas sah, das es einer war, stürzte sich nun von dem Wolkenkratzer, fing Memoire im Fallen und sah kurz erstaunt und erschrocken auf die Waffe. Als er näher kam, erkannte ihn Roxas. Das war der Organisationshochstapler der kurzzeitig mit Xion zusammengearbeitet hatte, da war er sich sicher. Aber was spielte das schon noch für eine Rolle... Ihre Wege kreuzten sich auf einem hell leuchtenden Bildschirm fast am oberen Ende des Hochhauses. Roxas bemerkte, dass der Unbekannte eine Augenbinde trug, aber trotzdem wohl noch sehen konnte, denn sein Gesicht wandte sich ihm zu, als würde er ihn durch den Stoff hindurch ansehen.. Ihre Blicke trafen sich als der Niemand an ihm vorbeirannte und der Andere an dem Niemand vorbeistürzte. Mit der Hand stützte Roxas sich an der Kante des Daches ab und landete auf dem Wolkenkratzer, wechselte Sternentreue in die rechte Hand, drehte sich um und sah nach unten zu dem Weißhaarigen. Dieser landete mitten in der Herzlosenschaar und griff sich kurz an die Stirn, als hätte er Kopfschmerzen, doch als einer der Herzlosen den Mumm besaß, sich auf den Jungen zu stürzen, schwang der Memoire so schnell, dass es Roxas fast nicht gesehen hätte, hätte er geblinzelt. Der Unbekannte begann, die Armee Schattenschalke mit schnellen Aktionen zu dezimieren und nun stürzte sich auch Roxas wieder ins Getümmel. Seine Kapuze flog ihm fast nach hinten, als er vom Wolkenkratzer durch den nach wie vor strömenden Regen hinuntersprang und mit einem Schwung mit Sternentreue kurz vor seinem Aufprall auf dem Boden eine Schockwelle verursachte, die die Herzlosen zurückwarf. Zusammen mit dem Unbekannten begann die ehemalige Nummer XIII die finsteren Kreaturen auszulöschen und diesmal schien es zu funktionieren, es wurden immer weniger Herzlose. Mit einem mächtigen Hieb von beiden Kämpfern verging das letzte Grüppchen Schattenschalke und sie landeten Rücken an Rücken. Dann wandten sie sich fast gleichzeitig einander zu und begaben sich mit einem Sprung auf Abstand. Roxas war sofort klar, dass der Typ nicht gekommen war um ihm zu helfen, sondern um mit ihm zu kämpfen. Um ihn aufzuhalten... „Wer bist du?“, fragte Roxas, die Kapuze immer noch tief ins Gesicht gezogen, Sternentreue fest in der rechten Hand. „Ist doch egal. Ich bin deinetwegen hier.“, kam die Antwort seines Gegenübers. „Warum versuchst du mich aufzuhalten?“ „Weil ich den Rest von Soras Erinnerungen zurückhaben will.“ Schon wieder... dieser Sora? Warum war er so wichtig? Drehte sich jetzt alles nur noch um ihn? Nur weil er die ‚Verbindung‘ war, wie Xemnas einst gesagt hatte? Selbst Xion sagte gestern bevor sie verschwand, sie wäre ein Teil von ihm, würde zu ihm gehören und zurückkehren... „Sora, Sora, Sora! Genug von diesem Sora! Bis ich ihn finde, will ich nichts mehr von ihm hören!“, rief Roxas wütend und trat einen Schritt vor. „Lass mich vorbei!“ „Hast du etwa einen Plan?“ Der Unbekannte ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. „Ja, ich werde Kingdom Hearts freilassen. Dann wird alles so, wie es war.“ Roxas senkte den Blick, seine Stimme klang nun traurig. „Axel, ich und... und sie werden wieder miteinander Eis essen können...“ Der Weißhaarige lachte leise und sah auf Memoire in seiner Hand. „Sie? Meinst du Xion? Es fällt schon schwer, sich nur an den Namen zu erinnern, nicht?“ Auch wenn er es nicht zugeben wollte, es stimmte. Irgendwie entglitten Roxas seine Erinnerungen an Xion, er wusste nicht wieso, aber sie verblassten langsam. Wo... wann hatte sie nochmal das erste Mal mit ihm gesprochen...? Was hatte sie gesagt? Er wusste es nicht mehr... obwohl er glaubte es zu wissen, wie bei einer Frage, deren Antwort er eigentlich kennen müsste, ihm aber nicht einfallen wollte... „Wie dem auch sei, jedenfalls kann ich nicht zulassen, dass du so etwas Verrücktes tust.“, durchschnitt die ruhige Stimme des Unbekannten Roxas‘ Gedanken. Langsam sah Roxas auf. Etwas Verrücktes? Vielleicht, aber das war schließlich immer noch seine Sache. Zudem hatte er vor einigen Tagen schon einen Sieg über Saix erringen können, und jetzt war er noch stärker als zu dem Zeitpunkt. Er würde sie alle auslöschen, wenn sie sich ihm in den Weg stellten! „Ich muss diesen Sora finden und ich werde Kingdom Hearts freilassen nachdem ich die Organisation besiegt habe! Und dann wird alles so wie es war!“ Er sagte es so bestimmt und entschlossen wie möglich, um seinen eigenen Glauben daran zu festigen. „Und ich will Xion zurück, ich will mein Leben zurück! Also geh mir aus dem Weg oder ich mach dich fertig!“ „Wenn du mit Kingdom Hearts Kontakt aufnimmst bekommst du dein Leben auch nicht wieder zurück. Und Xion erst recht nicht, auch wenn du Sora findest.“, sagte der Weißhaarige schlicht und mit einem Ton, der Roxas‘ Geduldsfaden langsam reißen ließ. „Die Organisation wird dich vernichten, wenn du weitermachst.“ Was bildete der Kerl sich ein?! SIE würden IHN vernichten? Falsch, ER würde SIE vernichten! Und Xion würde er durch Sora auch irgendwie zurückbringen und mit ihr Eis essen! Und dann würde alles wieder gut werden! Der Kerl wagte es, Roxas‘ Glauben daran in Frage zu stellen?! Dafür würde er bezahlen! „HALT DIE KLAPPE!“, brüllte Roxas zornig, ein Blitz zerschnitt den Nachthimmel, und der Niemand stürmte auf seinen Gegner zu... Kapitel 2: Schlacht ------------------- Gerade noch rechtzeitig riss der Weißhaarige Memoire empor, als auch schon Sternentreue auf das schwarze Schwert krachte und es erbeben ließ. Die Schlüsselschwerter blitzten, als sie erneut kollidierten und der Junge mit der Augenbinde einen Schritt zurückwich, während Roxas nachrückte und erneut zuschlug. Hart und schnell. Sein Gegner wich weiter zurück, ließ sein Schwert leicht sinken. Eine Lücke! Roxas stieß zu, aber wurde mit ungeheurer Geschwindigkeit wieder abgeblockt und er kam durch die harte Abwehrbewegung seines Gegners aus dem Gleichgewicht, taumelte einen Schritt zurück und hob seine Waffe nicht rechtzeitig genug. Nun nutzte der Unbekannte seine Chance und stieß zu – so schnell, dass Roxas nichts anderes übrig blieb als zur Seite zu hechten. Gerade als er aufstehen wollte sammelte sein Gegner Energie in seiner freien Hand und schoss einen dunklen Feuerball auf ihn ab. Mit einem Hieb seines Schwerters zerteilte die ehemalige Nummer XIII noch am Boden knieend das Geschoss ohne viel Mühe. Für einen Moment kehrte Ruhe ein, die beiden Kontrahenten sahen sich an, der Regen prasselte auf den Boden, es blitzte und donnerte erneut. Roxas‘ freie Hand zuckte kurz, als wolle sie etwas packen. „Warum kommt es nicht zurück...?“, fragte er sich in Gedanken. Er versuchte es nochmal, Memoire kam nicht zu ihm zurück, befand sich immer noch im Griff des Weißhaarigen, der es wieder bereit zum Angriff hob. Jetzt bereute Roxas es, ihm die Waffe überhaupt erst zugeworfen zu haben. Aber deswegen würde er nicht verlieren. Der Niemand erhob sich, hielt Sternentreue bereit und wartete auf einen Angriff, der kurz darauf auch kam. Mit einem Satz schnellte der Weißhaarige auf Roxas zu und dieser musste nun abwehren, war jetzt selbst in der Defensive, aber blieb es nicht lange. Er hatte schließlich nicht umsonst so viele Kämpfe überstanden, und wenn man in die Abwehr gedrängt wurde hatte sich der Block-Konter oder auch Ausweichkonter immer bezahlt gemacht, um den Gegner zu überrumpeln. Als Memoire wieder von oben herab heransauste machte Roxas einen einfachen Schritt zur Seite, das Schwert schoss haarscharf an ihm vorbei, und nun nutzte der Niemand die Blöße seines Gegners und schlug zu. Von dem Schlag mit Sternentreue gegen die Brust kalt erwischt taumelte der Unbekannte erschrocken und mit einem kleinen Laut des Schmerzes zurück. Gerade als Roxas wieder zuschlagen wollte begab sich der Weißhaarige mit einem kurzen Sprung aus seiner Reichweite, presste seine freie Hand auf die Stelle, an der Roxas ihn getroffen hatte. „Es ist echt... nicht so wie bei... ihr...“, murmelte er und warf wieder einen kurzen Blick auf Memoire. „Wie kann das sein...?“ „Warum sollte es nicht echt sein?!“, knurrte Roxas, der plötzlich wieder vor ihm stand. Ein Blitz erhellte erneut die Stätte des Kampfes und der Niemand war sich sicher, dass sein Gegenüber durch das kurze aufblitzende Licht seine zornigen blauen Augen in dem Schatten seiner Kapuze erblicken konnte. „Ich bin echt, ich existiere!“ „Tse!“ Erneut beharkten sich die beiden mit den Schlüsselschwertern, diesmal bekam Roxas einen Treffer zu spüren und stolperte kurz zurück, biss sich auf die Zähne. Er hätte nicht gedacht, dass ein Treffer eines Schlüsselschwerts so verheerende Auswirkungen auf ihn haben würde, Schmerz schien sich von der Stelle, an der er getroffen wurde, langsam in seinem ganzen Körper auszubreiten. Nicht umsonst war ein Schlüsselschwert von Niemanden und Herzlosen gefürchtet. Dennoch verblasste der Schmerz nach kurzer Zeit fast vollständig, allerdings war dieser kleine Moment des Zögerns fast ins Auge gegangen, da der Weißhaarige schon wieder zuschlug. Memoire krachte erneut auf Sternentreue, die beiden Kämpfer drückten gegeneinander, standen praktisch Nase an Nase. „Du existierst? Niemande können nicht existieren.“, sagte der Unbekannte. „Sei still!“, rief Roxas, drängte seinen Gegner zurück und schlug zu, doch traf nur Luft. „Euch dürfte es gar nicht geben, sicher weißt du das?“, sprach der Weißhaarige weiter. Wollte er die ehemalige Nummer XIII provozieren? Damit hatte er auch Erfolg, denn Roxas wollte das nicht hören! „Ich sagte SEI STILL!“ Roxas‘ Stimme hallte über den Platz, wurde vom prasselnden Regen verschluckt und der Niemand hob das Schwert, richtete die Spitze der Klinge auf seinen Gegner. „Feuga!“ Ein großer Feuerball schoss auf den Jungen zu, der offenbar nicht mehr rechtzeitig reagieren konnte, da er direkt getroffen wurde. Eine Explosion tauchte den Platz vor dem Wolkenkratzer der Erinnerung kurz in rötliches Licht. Schwer atmend stand Roxas da, seine Augen weiteten sich, als der Unbekannte, nachdem sich der Rauch verzogen hatte, scheinbar unverletzt wieder in sein Blickfeld kam. Dieser Kerl... war stark... „Versuch, jetzt mal mitzuhalten.“, sagte der Weißhaarige, seine freie Hand wurde von einem Licht umgeben und er hielt sie an Memoire, das plötzlich hell glühte und nun zu einer leuchtenden Klinge wurde. Roxas erschrak leicht, als er merkte wie die Aura seines Gegners plötzlich voller Stärke zu pulsieren begann. Er machte ernst. Das könnte doch schwerer werden, als gedacht... Und auf einmal war er weg, einfach verschwunden. „Was zur Hölle...?“, fing Roxas an, spürte plötzlich hinter sich etwas herankommen und sprang nach oben. Er sah gerade noch, wie der Weißhaarige mit von sich gestreckter Klinge unter ihm weiterflog und wieder einfach verschwand, nur um jetzt Rechts von Roxas in der Luft zu zu erscheinen und erneut mit hoher Geschwindigkeit auf ihn zuzurasen. Erschrocken riss Roxas Sternentreue vor sich, parierte den sehr harten Hieb und stürzte zu Boden, während der Andere unbeirrt weiterschoss, wieder verschwand und gleich darauf Links von Roxas aus dem Nichts heranflog. Und jetzt wurde er getroffen. Wieder zuckte ein enormer Schmerz durch den ganzen Körper des Niemands, kurz darauf verstärkte er sich und dann wieder und wieder. Roxas war den Angriffen, die einfach zu schnell waren, schutzlos ausgeliefert. Vier weitere schmerzvolle Treffer musste der Niemand noch erdulden, bis der Weißhaarige über ihm erschien und ihm offenbar den Rest geben wollte. „Nicht... mit mir!“, presste Roxas hervor und riss Sternentreue empor, parierte den Schlag seines Gegners mit ungeheurer Mühe, was ein lautes Knallen verursachte und Risse im Boden um Roxas entstehen ließ. „Wie konntest du...?“, gab der Unbekannte erstaunt von sich, noch in der Luft schwebend. „Weil ich... mich nicht von einem wie dir besiegen lasse!“ Roxas keuchte und schlug seinen Gegner von sich weg, der ein Stück entfernt landete. Nun war Roxas an der Reihe, nun würde dieser Mistkerl sein Limit spüren. Mit einem kurzen Aufschrei setzte der Niemand seine Kraft frei, sein Schwert wurde von einem hellen Licht umgeben und er stürzte sich auf seinen Gegern, ließ die Hiebe seines Schlüsselschwertes wie einen Kugelhagel auf den Weißhaarigen niederprasseln, der nur die ersten paar Angriffe blocken konnte und dann, wie Roxas zuvor, dem Limit hilflos ausgeliefert war. Der letzte Hieb riss seinen Gegner von den Füßen und er krachte auf den Asphalt, Memoire fiel wieder normal neben ihm zu Boden. Roxas atmete ein paar Mal tief durch, zuckte kurz vor Schmerzen zusammen, und ging dann auf seinen am Boden liegenden Kontrahenten zu. Dieser setzte sich gerade wieder stöhnend auf. Halblaut fluchte der Niemand. Wann hatte der Typ genug? „Warum? Warum hast du das Schlüsselschwert?“, fragte der Weißhaarige ihn plötzlich, als er vor ihm stand. Etwas irritiert sah Roxas auf Sternentreue in seiner Hand und starrte dann den Jungen vor sich an. „Was weiß ich!“ Und er schlug zu. Doch der Weißhaarige bewegte sich so schnell, dass der Niemand es nicht kommen sah. Sein Gegner packte Memoire, das neben ihm am Boden lag, und schon flog Roxas getroffen durch die Luft, krachte seinerseits nun auf den Boden und verlor seine Waffe, die verschwand. Benommen hob Roxas leicht den Kopf und sah den Jungen auf sich zukommen, dann schwanden ihm die Sinne... Sie saßen zusammen auf dem Uhrenturm in Twilight Town, er, Axel und Xion, und unterhielten sich wie immer nach der Arbeit über Unsinn und alberten herum. Sie lachten gemeinsam und aßen wie immer Meersalz-Eis. Ja, sie waren seine besten Freunde, Axel und Xion. Egal was passieren würde... sie wären immer seine Freunde... „Roxas... tu mir bitte... einen Gefallen. All diese Herzen, die ich gesammelt habe... Kingdom Hearts... lass sie frei...“ „Kingdom Hearts... freilassen?“ „Du darfst... nicht zulassen... dass Xemnas Kingdom Hearts bekommt... da ich das nun nicht mehr kann.. musst du es tun...“ Mit wem hatte er da gesprochen? Ach ja, Xion... wie konnte er es nur vergessen... er musste... er hatte ihr versprochen... Kingdom Hearts... freilassen... er musste... Sora finden... und Xion zurückholen... dann würde alles... wieder gut sein... daran glaubte er... da konnte er nicht... warum... warum lag er am Boden? Roxas schlug die Augen auf, der Unbekannte stand vor ihm, Memoire steckte nicht weit neben dem Kopf des Blonden im Boden. Der Typ hatte ihm nicht den Rest gegeben? Sein Pech! Der Niemand hatte noch was vor! Stöhnend setzte Roxas sich auf, griff mit der rechten Hand nach Memoire und schlug noch im Aufstehen nach seinem Feind, der mit einem Sprung nach hinten auswich. Wieder auf den Beinen rannte Roxas auf den Weißhaarigen zu, der erneut einen dunklen Feuerball auf den Niemand feuerte, welcher auch diesen jedoch ohne Probleme abwehrte und wieder zuschlug, aber verfehlte. Roxas merkte am Regen der ihm auf die Haare prasselte, dass ihm seine Kapuze vom Kopf gerutscht war, doch er fixierte nur seinen nun in einiger Entfernung stehenden Gegner mit einem bösen Blick. „Warum gibst du nicht auf?“, fragte Roxas mit einer wegwerfenden Handbewegung laut. Der Junge senkte kurz den Blick, doch anstatt zu antworten sagte er dann mit angeberischer Stimme und Geste: „Komm schon, Sora, ich dachte du wärst ein bisschen stärker.“ „Bitte? Guck doch mal, wer hier am gewinnen ist! ...Huh?“ Verwundert hielt Roxas inne. Warum hatte er das gesagt? Es hatte nicht nach ihm geklungen... als hätte es ein anderer gesagt... „Also ist es wahr. Du bist wirklich sein Niemand. DiZ hatte wohl doch Recht...“, murmelte der Unbekannte, als hätte er eine Bestätigung für etwas erhalten. Genau das ließ Roxas wieder wütend werden. „Was redest du da? Ich bin ICH!“ Er ließ Sternentreue in seiner linken Hand erscheinen. „Niemand sonst!“ Mit beiden Schlüsselschwertern in den Händen rannte er auf den Unbekannten zu und stürzte sich aus der Luft auf ihn, er wich zur Seite aus, doch damit hatte Roxas gerechnet und schwang am Boden seine Waffen schnell herum. Mit einem Schmerzensschrei rutschte der Weißhaarige schwer getroffen über den Boden und ging in die Knie. „Wie lang muss ich noch weitermachen, bis du dich geschlagen gibst? Du bist doch schon am Ende!“, rief Roxas, ungeachtet der Tatsache, dass er selbst schon einiges eingesteckt hatte. Aber im Moment dominierte er klar die Situation. Eigentlich wollte er diesen Typ nicht umbringen, aber wenn es nicht anders ging... „Okay... du lässt mir keine andere Wahl...“, presste sein Gegner hervor und stand wieder auf. „Was?“ „Ich muss die finstere Kraft in meinem Herzen freisetzen...“ Der Weißhaarige hob die Hand und nahm sich die Augenbinde ab, ließ sie zu Boden fallen. „Die Kraft, die ich bisher zurückgehalten habe... Selbst... wenn es mich für immer verändert!“ Entsetzt sah Roxas, wie sich in den türkisenen Augen seines Gegners plötzlich Schwärze ausbreitete, auch seine Aura wurde dunkler und bedrohlicher... und stärker ... ZU stark für Roxas! „Das wirst du nicht tun!“, schrie der Blonde und stürmte los, gerade als der Junge ein wenig vom Boden abhob und von einer dunklen Wolke umgeben wurde. Roxas ließ mit einem Schrei Memoire und Sternentreue durch die Luft blitzen, sprang direkt durch die Wolke, es gab ein lautes Klirren, einen Lichtblitz und Roxas stand mit von sich gestreckten Schwertern hinter dem Weißhaarigen, um den sich die schwarze Wolke verzogen hatte. Stille. Der Junge hob den Blick und sah in den Himmel empor, der Regen hatte aufgehört. „Sora... tut mir Leid...“, flüsterte er traurig ins Leere. Dann er fiel zu Boden. Hinter ihm ließ Roxas seine Schwerter fallen und ging erschöpft und schwer atmend in die Knie. Es hatte ihn seine ganze restliche Kraft gekostet, den Kerl durch diese Dunkelheit hindurch zu treffen. Wenn er zu Ende gebracht hätte, was immer er vorgehabt hatte, dann wäre Roxas besiegt worden, das wusste der Blonde selbst. Aber nun war er selbst am Ende, so würde er gar nicht weit ins Schloss der Organisation hineinkommen. „Scheiße...“, fluchte Roxas, ihm tanzten Sternchen vor den Augen herum, aber für einen Moment musste er sich noch konzentrieren. Wenn er hier zusammenklappen würde, wäre er bald Herzlosenfutter oder die Organisation würde ihn bemerken. Etwas schwerfällig streckte Roxas den Arm aus und erschuf ein dunkles Portal, das ihn von hier wegbringen würde. Als er aufstand warf er noch einen Blick auf den weißhaarigen Jungen, der reglos am Boden lag, aber noch lebte, was Roxas an seiner schwachen, aber noch vorhandenen Aura erkennen konnte. Ein seltsames Gefühl - war es ein Gefühl? – überkam ihn... war er... traurig? Aber warum...? Der Typ hatte ihn herausgefordert, seine Motive in Frage gestellt und überhaupt... Aber... aber Roxas hatte nichts gegen ihn... jetzt, da der Kampf vorbei war, war er nicht länger zornig auf diesen Jungen, obwohl er es vorher war... er konnte ihn nicht hier liegen lassen, er musste ihn fortschaffen. Aber gerade als er ihn packen wollte, um ihn hochzunehmen, wurde der Körper des Weißhaarigen plötzlich von einem Wirbel aus Finsternis umgeben. Roxas wich zurück, irgendwas stimmte da nicht. Die Dunkelheit breitete sich weiter aus, umhüllte den ganzen Körper des am Boden Liegenden. Auf diese kurze Distanz konnte Roxas genau spüren, dass es dieselbe finstere Kraft war, die der Unbekannte gerade hatte freisetzen wollen. Es schien, als würde der Junge von seiner eigenen Finsternis übernommen werden, jetzt, da er fast das zeitliche segnete... Roxas fühlte, wie die Aura des Unbekannten wieder neu erstarkte, enorm schnell in neue Höhen der Macht kletterte, doch nun dunkler und viel bedrohlicher war. Der Niemand wollte nicht sehen, was passierte sobald die Finsternis um den Jungen herum verschwand. Einen weiteren Kampf würde er in seinem Zustand nicht gewinnen, erst Recht nicht gegen diese unbändige Finsternis, und so taumelte er mit einem letzten Blick auf den von Dunkelheit durchdrungenen Körper am Boden durch das dunkle Portal und verschwand... In einem schneeweißen Raum, in dem sich nichts außer einer großen weißen Kapsel befand, ertönte der erschrockene Schrei eines Mädchens. „Was ist geschehen, Naminé?“, fragte ein Mann, dessen Gesicht mit Bandagen verhüllt war und der gerade den Raum durch eine Tür betrat und zu dem blonden Mädchen schritt, das vor der Kapsel stand. Naminé starrte ins Leere, die Augen vor Schreck geweitet, bewegte den Mund, aber ohne einen Ton herauszubringen. Das durfte doch nicht sein... Riku hatte... Riku hatte ...versagt...? „Naminé, sprich. Was ist geschehen?“, fragte DiZ. Das Mädchen schluckte und schüttelte den Kopf, den Blick immer noch starr ins Leere gerichtet. „Riku wurde... Riku wurde von Soras Niemand besiegt...“ Für einen Moment schien DiZ erschrocken, aber er fing sich sofort wieder und sah zu der Kapsel. „Das ist nicht gut.“ Naminé nickte, offenbar bemüht, ihre Fassung wiederzugewinnen. „Ich kann nicht mehr weitermachen... ohne die Erinnerung an Kairi wird Sora niemals mehr erwachen... und diese Erinnerung ist in Roxas gefangen...“ DiZ sah von oben aus auf sie herab. „Und du kannst nichts tun?“ Wieder schüttelte Naminé den Kopf. „Solange Roxas nicht wenigstens hier ist kann ich nichts tun... Ich bin völlig nutzlos...“, sagte sie traurig „Pff... versuch nicht, dir mein Mitleid zu erschleichen... Niemande können nichts fühlen. Ich werde mich um eine Lösung für das Problem kümmern und du wartest hier. Riku war trotz allem unfähig...“, sagte DiZ mit kalter Stimme und verschwand. „Riku war nicht unfähig!“, schrie Naminé, doch DiZ hörte das nicht mehr. Sie mochte diesen Mann mit jeder Minute weniger. Er hatte sich nicht einmal nach Rikus Zustand erkundigt, und dieser war alles andere als gut, das konnte Naminé spüren, jedoch nicht seinen Aufenthaltsort und Roxas spürte sie ebenfalls nicht, sie hatte Beide aus ihrer Wahrnehmung, die nicht von den Organisationsmänteln beeinflusst wurde, verloren... Aber Niemande konnten nichts fühlen... warum verspürte sie dann diese Abneigung gegen DiZ, diese Besorgnis um Riku und ihre Angst, Sora vielleicht nicht mehr helfen zu können...? Sie wusste es nicht... vermutlich waren es nur Scheingefühle... denn wie DiZ sagte... Niemande konnten nicht fühlen... Naminé sah zu der Kapsel auf, zu dem braunhaarigen Jungen hinein, der dort schlief. Etwas musste sie doch unternehmen... sie könnte Roxas doch bestimmt finden. Aber DiZ ließ sie nicht aus dem Haus heraus... „Ich muss doch... irgendwas tun können...?“, murmelte das Mädchen und legte eine Hand an die Kapsel. Als er das dunkle Portal wieder verließ befand er sich in der Seitengasse von Twilight Town wieder, es war Nacht. Eine Schlafmöglichkeit... irgendwas... da hinter dem Zaun war doch dieser Treffpunkt von diesen drei Jugendlichen hier... da war doch ein Sofa... Müde schleppte Roxas sich zu dem Zaun, merkte, dass die Tür in dem Zaum mit einem Vorhängeschloss versehen war und ließ mit einer schwachen Bewegung sein Schlüsselschwert erscheinen, um das Schloss aufzuschließen. Nachdem das getan war taumelte Roxas durch den Gang dahinter, stürzte fast durch den Vorhang und fiel dann in dem Raum dahinter bäuchlings auf das leicht stinkende Sofa und schlief sofort ein... Sie saßen zusammen auf dem Uhrenturm in Twilight Town, er und Axel, und unterhielten sich wie immer nach der Arbeit über Unsinn und alberten herum. Sie lachten gemeinsam und aßen wie immer Meersalz-Eis. Ja, Axel war sein bester Freund. Egal was passieren würde... er wäre immer sein bester Freund... „Roxas... All diese Herzen... Kingdom Hearts... lass sie frei...“ „Kingdom Hearts... freilassen?“ „Du darfst... nicht zulassen... dass Xemnas Kingdom Hearts bekommt...“ Mit wem hatte er da gesprochen? Er hatte es vergessen... wer war dieses Mädchen...? Wem gehörte diese Stimme? Er kannte sie doch... sie war ihm vertraut... wie war ihr Name? Wer war sie...? Xi... Xi.... ........................... War da überhaupt Jemand gewesen? ............................. ............................. ............................. Da war Niemand gewesen...... Kapitel 3: Gefunden ------------------- „All diese Herzen... Kingdom Hearts... lass sie frei...“ „Kingdom Hearts... freilassen?“ „...“ „Wer ist da?“ „...“ „...Ich träume nur...“ „...“ „Da ist Niemand...“ Im Schloss, das niemals war, gab es einen Raum, der von den Organisationsmitgliedern einfach als Runder Raum bezeichnet wurde. In diesem Raum standen dreizehn hohe Throne. Je höher der Thron war, desto höher war die Stellung des daraufsitzenden Mitgliedes in der Organisation. Auf dem höchsten Thron saß der Anführer der Organisation, Xemnas, und schien mit geschlossenen Augen auf jemanden zu warten. Aus einem dunklen Portal erschien ein paar Throne weiter links von Xemnas ein blauhaariger Mann mit einer x-förmigen Narbe auf der Stirn. Xemnas öffnete die Augen. „Was gibt es? Hast du Roxas zurückgebracht?“, hallte seine tiefe Stimme durch den Raum. „Noch nicht, Sir. Aber er war vor kurzer Zeit offensichtlich wieder hier in unserer Welt.“, antwortete Saix. „Offensichtlich? Heißt das, du weißt es nicht?“ Der Anführer sah zu dem (eigentlich) stärksten Mitglied unter seinem Befehl, das gleichzeitig auch für die anderen Mitglieder Missionen erteilte und seinen Willen ausführte. Jedoch war er momentan nicht besonders gut auf den Blauhaarigen zu sprechen, da dieser Roxas nicht aufhalten konnte, als er das Schloss verließ. „Nun, es ist wahrscheinlich. Er hat vor dem Wolkenkratzer der Erinnerung mit jemandem gekämpft. Da wir seine Aura nicht gespürt haben war es mit Sicherheit jemand, der unseren Mantel trägt und nicht zu uns gehört.“, sagte Saix. „Dann war es wohl Riku...“ Saix nickte. „Wir können auch nicht genau sagen, ob es wirklich Roxas war, durch den Organisationsmantel kann man die Aura des Trägers nicht auf große Entfernungen wahrnehmen. Aber an der Stätte des Kampfes hing sein Geruch noch in der Luft, auch wenn der Regen ihn fast aufgelöst hatte“ „Ich bin sicher, er war es.“, sagte Xemnas und lächelte kurz finster. „Er will bestimmt zurückkommen und uns erledigen. Sag, Saix, weißt du, wer zwischen dem Kampf von Roxas und Riku als Sieger hervorging?“ „Das untersuchen wir noch, Sir. Wir fanden noch Anzeichen einer enorm mächtigen Aura der Finsternis, aber diese hat unsere Welt bereits verlassen. Ich sage Euch bescheid, wenn wir näheres wissen.“ „Nun gut, du kannst gehen.“ Doch Saix schien noch etwas sagen zu wollen, da er nicht verschwand. „Verzeiht, Lord Xemnas, aber wie habt Ihr vor, Roxas wieder auf unsere Seite zu ziehen? Selbst wenn wir ihn zurückbringen wird er uns nicht mehr gehorchen und seine Stärke könnte zu einem Problem werden.“ Mit einem leisen Lachen schloss der Superior erneut die Augen. „Ich habe mir da schon etwas überlegt. Da ich das Kopierprogramm nicht erneut starten will, nur um ein Schlüsselschwert zu kopieren, müssen wir einfach Roxas manipulieren, am besten sein Gedächtnis ein wenig auseinanderpflücken und ihn zu unserem willenlosen Diener machen. Aber dazu fehlt uns ja eine gewisse kleine Hexe...“ Wieder nickte der Blauhaarige. „Naminé... aber sie ist seit der Sache im Schloss des Entfallens verschwunden. Außerdem scheint sie ihre Aura löschen zu können, sonst hätten wir sie bei unseren Missionen in den Welten schon längst gefunden.“ „Dann werden wir sie nun konzentrierter suchen. Ohne sie müssten wir Roxas, sobald wir ihn haben, einsperren und so nützt er uns nicht. Und Sora ist immer noch nicht erwacht, vielleicht wird er es auch nicht, da seine Erinnerungen nun in Roxas gefangen sind, auf ihn brauchen wir also nicht zu warten, damit er Herzlose vernichtet.“ Xemnas öffnete die Augen wieder und sah Saix wieder an. „Saix, geh zu Axel und sag ihm, er soll Naminé finden, herbringen und erst zurückkommen, wenn er sie hat. Falls er ihn findet soll er auch Roxas fangen, und zwar mit allen Mitteln. Ich werde keine weiteren Fehlschläge mehr erdulden.“ „Jawohl, Lord Xemnas.“, sagte Saix, neigte den Kopf und verschwand. Der Superior lehnte sich in seinem Thron zurück, wieder mit geschlossenen Augen. „Wie lange noch... Kingdom Hearts? Wann kann ich endlich Eins mit dir werden...?“ Mit hinter dem Kopf verschränkten Armen lag Axel in seinem Zimmer auf dem Bett, starrte die Decke an. Roxas war jetzt schon vier Tage weg. Der Rotschopf seufzte. Ohne das gemeinsame Eisessen mit dem blonden Jungen nach der Arbeit fehlte ihm etwas... und alleine da auf diesem Turm zu sitzen und Eis zu essen machte keinen Spaß. Wo Roxas jetzt wohl steckte? Bestimmt würde es nicht mehr lange dauern bis die Organisation ihn wieder zurückgebracht hätte. Mit einem genervten Stöhnen setzte Axel sich auf, als er hörte wie jemand die Tür aufstieß und in sein Zimmer geschritten kam. Er wusste, wer es war, auf die Weise kam nur einer rein. „Kannst du dir nicht endlich merken, dass du anklopfen sollst?“, fragte der Rotschopf seinen Besucher und sah mit leicht verengten Augen zu ihm hinüber. „Ich habe einen Auftrag von Lord Xemnas für dich.“, sagte Saix, Axels Beschwerde ignorierend. Leise fluchend schwang Axel die Beine über die Bettkante und sah etwas mürrisch auf. „Ach, von Lord Xemnas persönlich? Lass hören.“ „Du sollst Naminé finden und herbringen.“ Nun lachte die Nummer VIII ungläubig auf. „Ich soll das Vögelchen suchen, dass keiner finden kann? Wir halten schon seit der S.d.E.-Sache Ausschau nach ihr und jetzt plötzlich soll ich sie suchen gehen, wo sie doch überall stecken könnte? Das ist doch ein Witz, Alter.“ „Nein, ist es nicht, und du sollst erst zurückkommen, wenn du sie gefunden hast.“ Kopfschüttelnd stand Axel auf und gestikulierte kurz genervt mit der Hand. „Toll, das heißt also, ich kann heute nicht in meinem Bett pennen. Ich hasse solche Dauermissionen.“ „Und diesmal lässt du sie nicht entkommen.“, sagte Saix mit finsterem Blick, den Axel dann sofort mit einem Ähnlichen erwiderte, und ernst wurde. „Willst du mir etwa vorwerfen, ich hätte Naminé damals entkommen lassen oder wie darf ich das verstehen, hm?“, sagte der Rotschopf und verschränkte die Arme. „Ich wüsste nicht, dass ich diese Worte benutzt habe.“ „Aber bestimmt hast du sie gedacht, nicht wahr?“ Erneut schüttelte die Nummer VIII den Kopf und ging nun an der Nummer VII vorbei. „Ich breche dann mal auf.“ „Einen Moment noch.“ „Was denn noch?“, knurrte Axel und wand sich Saix erneut zu, der ihn ausdrucklos musterte. „Wenn du ihm über den Weg läufst, dann fange Roxas. Selbst, wenn du Gewalt anwenden musst, hast du verstanden?“, sagte der Blauhaarige leise. Für eine Nanosekunde entglitten Axel fast alle Gesichtszüge, aber er ließ sich nichts anmerken. Er sollte Roxas fangen? Mann, warum bekam immer er die Scheiß-Jobs? Wollte die Organisation so seine Treue prüfen, indem er seinen Freund bekämpfte und zurückbrachte, nur weil er bei dem Kleinen ein wenig parteiisch war? ...Vermutlich... Wortlos ging Axel weiter, doch Saix hielt ihn plötzlich am Arm fest. „Hast du verstanden, Lea...?“, fragte er wieder, diesmal jedoch leicht drohend. Stille, in der die Nummer VIII stumm auf die Hand des Anderen starrte. Dann ließ Saix Axel so unvermittelt los, als hätte er sich verbrannt. Der Rotschopf fixierte die Nummer VII mit kalten, grünen Augen. „Nenn mich nicht mehr bei diesem Namen... du hast dich zu sehr verändert, als dass du das noch dürftest..." Und mit diesen Worten schritt er weiter, verschwand kurz darauf in einem dunklen Portal. Saix sah auf die Stelle, an der Axel verschwunden war, schüttelte leicht seine durch den Handschuh verbrannte Hand. „Nicht nur ich habe mich verändert, sondern auch du... unser Plan ist jetzt nur noch ein schöne Vorstellung... wenn dir die Vergangenheit nichts mehr bedeutet, dann soll es wohl so sein...“ „Hey! Was treibst du hier?!“ Von der lauten Stimme aufgeweckt, schreckte Roxas von seinem Schlafplatz hoch und stürzte gleich darauf zu Boden. Was? Wer? Und wo? Roxas brauchte ein paar Minuten, um zu begreifen wo er war. Natürlich... in Twilight Town... an einem Ort, der eigentlich der Treffpunkt von drei Jugendlichen war... Und eben diese Drei standen jetzt vor ihm und Roxas sah noch etwas schlaftrunken zu ihnen auf. „Ich frag dich nochmal: Was treibst du hier? Wer hat dir erlaubt in unseren Treffpunkt einzudringen?!“, sagte einer der zwei Jungs, dessen Haare vom Kopf abstanden und der Roxas bekannt vorkam, was aber offensichtlich bei dem Jungen nicht der Fall war. „Rede, oder...!“ „Hayner, jetzt komm mal wieder runter.“, sagte das braunhaarige Mädchen neben ihm und verdrehte die Augen. „Aber der Typ ist hier eingedrungen, das Schloss war aufgebrochen!“, brüllte Hayner und gestikulierte wild mit den Armen. „Eigentlich ist das nicht der Fall...“, sagte der Dritte, ein etwas rundlicherer Junge, der Roxas ebenfalls bekannt vorkam, und kam zu ihnen gelaufen, hielt das Vorhängeschloss in der Hand, welches Roxas gestern einfach mit dem Schlüsselschwert geöffnet hatte. „Keine Anzeichen von Gewaltanwendung...“ „Was? Dann hast du nicht richtig abgeschlossen, Pence!“, schrie Hayner weiter und machte Anstalten, sich auf den anderen Jungen zu stürzen. „Hab ich nicht, ich schwörs – ARGH!“ Etwas verdutzt und immer noch nicht ganz auf der Höhe sah Roxas, wie sich die beiden nun eine Art Prügelei lieferten. Jedoch wirkte es... lächerlich... „Beachte die Beiden gar nicht.“, sagte das Mädchen und lächelte den Niemand an. Dann veränderte sich ihr Blick und sie schien erstaunt. „Oh, hey, kennen wir uns nicht?“ „Öh, irgendwie schon...“, meinte Roxas und stand vom Boden auf. „Ich hab mal dieses komische Ballspiel von euch mitgemacht...“ Die Braunhaarige legte kurz den Finger an die Lippen, als würde sie nachdenken, und dann stieß sie einen kurzen Schrei aus, der Hayner und Pence hinter ihr in ihrer ‚Prügelei‘ inne halten ließ. „Aber ja, du bist doch derjenige, der 300 Punkte beim Balljonglieren erreicht hat und damit Hayners und Cifers Rekord beide überboten hat und das beim ersten Versuch! Mann, das war eine Leistung. Wir haben uns ja sehr lange nicht mehr gesehen. Weißt du meinen Namen noch? Ich heiße Olette, freut mich, dich wiederzusehen. Wie heißt du denn nochmal?“, sagte das Mädchen und lächelte Roxas wieder an, der gerade etwas Mühe hatte mitzuhalten. „Öh, ja, freut mich auch... Ich bin Roxas.“, brachte er nur heraus und nickte kurz. „Was? Das ist der Kerl von damals? Rucksack oder wie der hieß?“, fragte Hayner und trat, Pence im Schwitzkasten, neben Olette und musterte den Niemand von oben bis unten kritisch. „Ach ja, jetzt erkenn ich dich an deiner komischen Kluft wieder. Alles fit?“ „Hayner...du... erwürgst mich...!“, keuchte Pence. „Geschieht dir Recht, wenn du nicht abschließt!“ „Es ist nicht seine Schuld.“, sagte Roxas hastig. „Ich hab das Schloss aufgemacht, er kann nichts dafür, wirklich.“ Etwas verdutzt sah Hayner den Blonden noch einige Sekunden an und ließ Pence dann los, der keuchend auf die Knie sank. Dann verschränkte der Junge die Arme. „Dann erklär uns jetzt mal, warum du hier eingebrochen bist.“, wollte er wissen. „Naja... ich wollte mich hier ausruhen... tut mir Leid...“, murmelte Roxas und senkte den Blick. „Ausgerechnet hier? Hast du keine Zuhause oder so?“ „Hayner!“, empörte sich Olette und sah ihren Freund böse an. „Stimmt doch, warum pennt er hier?“, fragte Hayner trotzig. „Tut mir Leid... es kommt nicht wieder vor...“, sagte Roxas, der nun am liebsten Verschwinden wollte. Er hatte noch was vor... er konnte sich nicht hier aufhalten lassen. „Ich geh mal besser.“ Die anderen Drei sahen ihn verwirrt an, als er sich in Bewegung setzte und an ihnen vorbeimarschieren wollte, doch nach nur einem Schritt durchzuckte Roxas ein plötzlicher Schmerz im ganzen Körper und ihm wurde schwindlig. „Was...?“, stöhnte er und fiel auf die Knie, presste seine Hand an seine Seite. „Hey! Was hast du?“, fragte Olette besorgt und kniete sich neben ihn. Roxas hörte sie nicht, sein Atem ging stoßweise, er fühlte sich sehr erschöpft. Waren seine Verletzungen von dem Kampf mit diesem Typ gestern etwa noch nicht geheilt? Aber sonst waren Wunden bei ihm doch immer über Nacht verheilt, egal wie schwer sie gewesen waren. Das war doch bei allen Niemanden so. Natürlich... der Kerl hatte ihn hauptsächlich mit dem Schlüsselschwert getroffen... das war enorm effektiv bei ihm als Niemand... kein Wunder, dass er jetzt immer noch so am Ende war. Roxas merkte gar nicht, wie das Mädchen, welches neben ihm am Boden kniete, vorsichtig unter seinen Mantel griff und die Hand zu der Stelle führte, auf die Roxas seine Eigene gepresst hatte. Aber als sie die Stelle berührte, zuckte er vor Schmerz kurz zusammen und starrte sie an. Olette betrachtete erschrocken ihre Hand, an der etwas Rotes klebte. „Du blutest ja, du bist verletzt!“, rief sie entsetzt. „Das ist nichts, es ist nur ein Kratzer...“, meinte Roxas und wollte sich erheben, scheiterte jedoch kläglich, da Hayner ihn nicht ließ und ihn stattdessen wieder auf das Sofa bugsierte. Verwirrt blinzelte Roxas zu ihm hoch. „Wow, schön hiergeblieben. Du kippst doch sowieso gleich wieder um. Pence, hol den Erste-Hilfe-Kasten.“, sagte Hayner. Roxas verstand nicht... sie wollten ihm helfen? Warum? Eigentlich kannten sie ihn doch gar nicht, eigentlich konnte er ihnen doch gestohlen bleiben... er verstand nicht... „Warum...?“; fragte Roxas einfach nur, als Pence, der sich mittlerweile wieder aufgerappelt hatte, mit einem weißen Kasten, auf dem ein rotes Kreuz war, angelaufen kam. „Wie ‚warum‘? Wenn jemand verletzt ist, dann hilft man ihm doch. Das versteht sich von selbst.“, sagte Olette etwas verwundert. „Los, wir müssen dir diesen Mantel ausziehen, damit wir uns das mal ansehen können, hilf mit.“ Der Niemand nickte einfach nur, beachtete gar nicht, was die anderen Drei taten... er versuchte es zu begreifen... aber es ging nicht... schließlich hatte er kein Herz... aber er benötigte auch keines. Er würde Kingdom Hearts freilassen und Sora finden, damit wieder alles wie früher werden könnte. Sobald seine Wunden verheilt waren, war er hier weg... Ruckartig hob Naminé den Kopf. Roxas war hier! In Twilight Town, seine Aura war aus dem Nichts plötzlich aufgetaucht, einfach so. Hatte er den Organisationsmantel abgelegt? Warum sollte er so etwas dummes tun? Nervös und erregt verschlang Naminé ihre Finger ineinander, sah mit großen Augen auf die weiße Kapsel vor ihr. DiZ war gerade nicht hier, aber Roxas war so nahe, konnte jedoch jederzeit wieder verschwinden. Ob sie vielleicht... Sie musste es versuchen, hier unten in dem Kapselraum, in dem Sora schlief, konnte sie momentan sowieso nichts tun. Ihre Schritte hallten durch den Raum, als sie zügig Richtung Tür lief. Vielleicht könnte sie Roxas herbringen... dann könnte sie Soras Erinnerungen in ihm einfach zu Sora hinüberbringen und sie endlich vervollständigen... Lustlos und mit einem leicht genervtem Gesichtsausdruck stiefelte ein gewisser rothaariger Niemand durch die staubigen Straßen der Wüstenstadt Agrabah, er hielt einen Becher mit Wasser in der Hand, aus dem ein Röhrchen ragte, welches er im Mund hängen hatte. „Mann, ich mag zwar mit Feuer und Hitze um mich schleudern, aber das hier ist ja ein einziger Glutofen.“, grummelte die Nummer VIII der Organisation. „Wenn Naminé freiwillig hier stecken und sich rösten lassen würde, wäre sie ja schön bescheuert. Obwohl, ein bisschen Bräune wäre doch eigentlich nicht falsch...“ Kurz von der Idee befallen, sich mit einem Handtuch und Badehose auf eines der Dächer zu legen und sich bräunen zu lassen, hielt Axel inne und starrte nachdenklich ins Leere. Allerdings war das nicht machbar, er hatte ja einen Auftrag und so ging er seufzend weiter. Als er die letzten Tropfen Wasser aus dem Becher saugte und ihn dann einfach nach hinten warf, beschloss er, diesen Glutofen vorerst zu verlassen und anderswo nach Naminé – und vielleicht auch nach Roxas – Ausschau zu halten. „Roxas ist nur Sekundärziel... ich sag einfach, ich hätte ihn nicht gefunden, wenn ich Naminé gefangen habe, Punkt.“, meinte Axel, als er ein dunkles Portal öffnete und hindurchtrat. Kurz darauf stand er auf dem Bahnhofsturm von Twilight Town. Gerade wollte er einen tiefen Atemzug der angenehmen und viel kühleren Luft nehmen, als er mitten im Luftholen erstarrte. Das war doch die Aura von Roxas, die er da spürte... die würde er unter Tausenden erkennen. Mit einem leisen Pfiff stieß er die eingeholte Luft wieder aus. Hatte der Depp etwa seinen Mantel abgelegt? Keine besonders gute Entscheidung... am Ende wusste der Kleine nicht einmal, dass man seine doch recht starke Aura auf größere Entfernung wahrnehmen konnte, wenn er den Mantel auszog... Axel biss sich auf die Lippe. Jetzt, da er ihn schon spürte, musste er ihn aufsuchen... er musste ihn zurück in die Welt, die niemals war, bringen... es war sein Job, Xemnas‘ Befehle zu erfüllen... so wenig es ihm auch passte... „Meine Güte, was hast du bloß getrieben?“, fragte Olette kopfschüttelnd, als sie Roxas provisorisch verarztet hatten, und ließ sich neben ihm auf dem Sofa nieder. Jetzt war ein Großteil seines Oberkörpers bandagiert, die Blutung war gestoppt, aber erschöpft war der Blonde immer noch. Er hatte sich nicht geschämt, als sie seinen entblößten Oberkörper gesehen hatten. Aber wie denn auch? Scham war ein Gefühl. „Ich hab, ähm, trainiert.. Ja, trainiert.“, log Roxas einfach. „Machst du etwa auch beim Struggle-Turnier mit oder wie?“, fragte Hayner, plötzlich schwer interessiert. Schtraggel-Turnier? Was zur Hölle war das denn? Roxas entschied sich, einfach mal zuzustimmen. „Wow, cool. Bist du gut? Los, lass uns mal kämpfen!“, meinte Hayner begeistert, aber Olette verpasste ihm empört eine Kopfnuss. „Spinnst du? Er ist schon angeschlagen genug, er darf nicht kämpfen, sonst geht die Wunde wieder auf!“ „Argh, schlag mich nicht...!“, jammerte Hayner und rieb sich den Kopf. „Aber das steigert das Denkvermögen, hehe.“, meinte Pence, worauf er und Olette zu Lachen anfingen und Hayner sich grummelnd mit verschränkten Armen einfach auf den Boden setzte und eine Schmolllippe zog. Roxas sah einfach nur verwirrt drein, was Olette und Pence bemerkten, als sie zu Lachen aufhörten. „Was ist?“, fragte der rundliche Junge. „Du guckst so komisch.“ „Ach, nichts... danke jedenfalls, für das hier...“, meinte der Niemand und deutete kurz auf seine Bandagen. „Kein Ding, aber vielleicht solltest du dich wieder anziehen.“, lächelte das braunhaarige Mädchen und reichte ihm das schwarze T-Shirt, welches er immer unter dem Mantel trug, und er schlüpfte mit etwas Mühe hinein, da ihn beim Heben seiner Arme wieder der Schmerz an der Seite durchzuckte. Dann hielt ihm Hayner, der offensichtlich nun aufgehört hatte zu schmollen, seinen Mantel hin. „Ich frag mich echt, wo man sowas trägt. Von hier scheinst du ja nicht zu sein.“, meinte er. „Danke.“, sagte Roxas, stand auf und zog sich mit etwas Hilfe von Olette den Mantel an. „Danke“, wiederholte der Blonde an das Mädchen gewand. Olette kicherte. „Du bist echt nett.“ Warum sie dabei leicht rot anlief, begriff der Niemand wieder nicht. Aber was solls... Was ihn aber verwunderte war, dass ihm diese lockere Atmosphäre sehr bekannt vorkam... es war ähnlich, wie bei den Momenten, an denen er mit Axel Eis gegessen hatte... was bedeutete das...? Mitten auf dem Turnierplatz stoppte Naminé abprubt. Roxas‘ Aura war wieder verschwunden. Verdammt, dabei war er doch ganz in der Nähe gewesen. Naminé zögerte. Sollte sie zurück zum Herrenhaus gehen oder zu dem Ort, an dem sie seine Aura zuletzt wahrgenommen hatte? ... Nun, es war ja nicht mehr sehr weit von hier und so setzte sie sich eilenden Schrittes wieder in Bewegung, ihre Wahrnehmung nur auf den Punkt konzentriert, wo sie ihn zuletzt gespürt hatte... so entging ihr auch, dass ein weiterer Niemand in diese Richtung lief... „Oh, du willst schon gehen? Bleib doch noch.“, sagte Olette enttäuscht, als Roxas Anstalten machte den Treffpunkt zu verlassen. „Ja, wir hatten gehofft, du würdest noch ein paar Spiele mit uns machen.“, sagte Pence. „Oder mit mir ein Struggle-Match austragen.“, warf Hayner ein. Roxas zögerte, er hatte eine Aufgabe und die musste er doch erfüllen... er musste alles wieder hinbiegen, das konnte nicht warten... aber in seinem momentanen Zustand... „Lass uns doch noch wenigstens ein Eis essen.“, schlug Olette vor. „Naja, ich weiß nicht...“, murmelte Roxas, er hatte bis jetzt nur mit Axel Eis gegessen, und der war schließlich sein Freund... „Ja, du schuldest uns allen ein Eis, weil wir dich verarztet haben und du hier unerlaubterweise eingedrungen bist und gepennt hast, hehe.“, grinste Hayner breit. „Komm schon.“, drängten Olette und Pence und glotzten den leicht überforderten Niemand mit großen, bittenden Augen an. „...Na gut, essen wir ein Eis.“, stimmte Roxas schließlich zu und lächelte leicht. War er hier etwa gerade dabei, neue Freunde zu bekommen? Er sah gemeinsames Eisessen immer noch als ein Zeichen für Freundschaft an... nur Freunde aßen zusammen ein Eis, wie er dachte. „Cool!“ Roxas folgte den drei Erfreuten aus dem Treffpunkt hinaus in die Seitengasse... sofort verschwand sein Lächeln und das vertraute Gefühl von der unbeschwerten Atmosphäre, als er die bekannte Stimme vernahm. „Yo, Roxas, altes Haus.“ Der Niemand fror regelrecht ein und wandte sich langsam nach Links. Dort stand in der Gasse niemand geringeres als Axel und grinste ihn an. Hayner, Pence und Olette, die schon Richtung Turnierplatz abgebogen waren, stoppten und drehten sich um. „Hey... ist das nicht ein Freund von dir...?“, fragte Pence langsam. Roxas gab keine Antwort. „Was willst du...?“, fragte der Blonde mit leiser Stimme an Axel gerichtet, stand völlig steif da. „Nunja, ich bin mehr durch Zufall hier, um mal Hallo zu sagen, kannst du mir folgen?“, grinste der Rotschopf. Dann kratzte er sich am Kopf. „Aber im Ernst, mir wurde der lästige Auftrag erteilt, dich zurück in die Organisation zu bringen, falls ich dir über den Weg laufe.“ „Ich komme nicht zurück, ich habe davon genug, dass ich benutzt und im Ungewissen über bestimmte Dinge gelassen werde.“ „Zum Beispiel?“ „Sora!“ Roxas schrie es fast, ganz ähnlich wie er Axel vor einigen Tagen angeschrien hatte, er solle ihm die Wahrheit über seine Herkunft verraten. „Sora, zum Beispiel! Oder ich! Wer ich bin!“ „Nun.. also, ich-“ Axel hielt inne, starrte an Roxas vorbei und dann, ohne Vorwarnung und blitzschnell, ließ der Rotschopf eines seiner Chakrams erscheinen und warf es. Abwehrend hob Roxas die Arme, doch das Geschoss flog an ihm vorbei und der Blonde sah sich um. Das Chakram surrte über Hayner, Pence und Olette, die sich erschrocken aufschreiend zu Boden warfen, hinweg und krachte direkt neben einem blonden Mädchen, das gerade die Treppe zum Turnierplatz hochgerannt kam, in eine Häuserwand. „Da bist du ja, Naminé. War ja irgendwie leichter, als ich dachte...“, murmelte Axel mit einem zufriedenen Grinsen, das geworfene Chakram erschien wieder in seiner Hand. Erschrocken sah das Mädchen, das nur ein weißes Kleidchen und blaue Sandalen trug, erst zu Roxas und dann zu Axel und wieder zurück. Dann lief sie davon, die Treppe hinunter, die sie gerade hinaufgekommen war. „Bleib gefälligst hier!“, schrie Axel und stürmte an Roxas und den anderen Dreien vorbei dem Mädchen hinterher. Irritiert sah der Blonde ihm nach. Zitternd kamen Hayner, Pence und Olette wieder auf die Beine. „Roxas...? Was...?“, fing Olette an, doch der Angesprochene ging an ihnen vorbei. „Tut mir Leid, ich spendiere euch später ein Eis. Ich muss was erledigen... nicht euer Problem, also fragt nicht... und folgt mir nicht... bis dann.“, sagte er und rannte dann ebenfalls los, biss die Zähne zusammen, als seine Wunden wieder zu schmerzen begannen. Wer war dieses Mädchen und warum war sie offenbar in Axels Priorität höher gestellt, als Roxas? Schließlich war er einfach an ihm vorbeigerannt. Wie dem auch sei, dieses Mädchen war unbewaffnet. Zwar kannte Roxas es nicht, wenn es aber für die Organisation momentan wichtiger war als die geflüchtete Nummer XIII, dann durfte Roxas nicht zulassen, dass sie es bekommen würden. „Du hast dich ja ganz schön lange versteckt, bist wohl letztendlich aber doch leichtsinnig geworden, hm?“, sagte Axel, der mit einem Chakram vor Naminé stand, die mit dem Rücken zu einer Hauswand am Turnierplatz gedrängt war und zitternd zu ihm aufsah. Axel seufzte und kratzte sich wieder am Kopf, als er in Naminés Augen sah, und wandte den Blick Richtung Boden. „Bitte nicht dieser Blick, Kleine. Keine Angst, ich werde dich nicht töten. Die Organisation hat noch Verwendung für dich, ich soll dich nur gefangennehmen. Also...“ Er hielt Naminé seine freie Hand hin. „Du hast die Wahl, entweder du kommst freiwillig oder ich zwinge dich, und das könnte dann wehtun, kannst du mir folgen?“ Naminé gab keine Anwort. Jetzt hatte sie den Salat, kaum unternahm sie was auf eigene Faust ging es schief. Roxas hatte sie jetzt zwar gefunden, aber nicht bemerkt, dass Axel kurz vor ihrer Ankunft ihn ebenfalls gefunden hatte. Wäre sie doch nur im Herrenhaus geblieben... sie wollte sich nicht nochmals in der Gefangenschaft der Organisation befinden... „Tja, da du nichts sagst, interpretiere ich es so, dass ich dich zwingen muss... komm her!“, befahl Axel und wollte nach ihr greifen, als er spürte, wie etwas von hinten auf ihn zuschnellte und er teleportierte sich zur Seite. Knapp über Naminés Kopf, die sich gerade noch rechtzeitig geduckt hatte, schlug ein Schlüsselschwert in die Mauer, ließ Naminé furchtbar zusammenzucken und ihre Augen weiteten sich erstaunt, als plötzlich Roxas vor ihr stand, sein Schlüsselschwert Königsanhänger aus der Mauer zog und sie dann ansah. „Bist du okay?“, fragte Roxas und beugte sich zu ihr hinunter. „J-Ja...“, flüsterte das Mädchen. „Aber warum...?“ Der Blonde gab keine Antwort...so aus der Nähe betrachtet... kam ihr Gesicht ihm... bekannt vor? Irgendwie... vertraut... „Hey, Roxas, das ist Arbeitsbehinderung!“, rief Axel nicht gerade amüsiert herüber, ließ sein zweites Chakram erscheinen, schien dazu entschlossen, Roxas zu bekämpfen wenn nötig. „Axel...“, fing der Blonde an, stand wieder auf, sah zu seinem besten Freund, umfasste sein Schwert fester, ignorierte seine pochenden Schmerzen in der Seite. „Ich möchte nicht mit dir kämpfen... ich bitte dich... geh einfach...“ „Kann ich nicht, die verwandeln mich in einen Dämmerling, wenn ich nicht mit der Kleinen antanze. Und dann schicken sie mich sowieso los, um dich zu jagen, wenn ich dich nicht jetzt schon fange, also bringen wir es gleich hinter uns.“ „Ich dachte wir wären Freunde!“, rief Roxas wütend. „Darum geht es nicht, wann begreifst du das endlich!“, entgegnete Axel unwirsch und machte eine wegwerfende Handbewegung. „Darum geht es sehr wohl! Ich würde dich niemals jagen und gegen deinen Willen zu einem Ort zurückbringen, an dem du nicht sein willst!“, gab der Blonde aufgebracht zurück. „Du gehörst zu der Organisation! Du bist ein Niemand! Du kannst nirgendwohin gehen! Was glaubst du denn, was du tun kannst, hm?“ „Ich werde Kingdom Hearts freilassen und Sora finden! Und dann wird alles wieder normal sein!“ „Du wirst....“ Und plötzlich brach Axel in Gelächter aus. Roxas zitterte schon vor dem Wut genannten Gefühl, das er sich nun so intensiv einbildete – tat er das überhaupt? -, dass er die Beherrschung zu verlieren drohte. Auch er... sein bester Freund... stellte seinen Glauben in Frage und lachte ihn sogar aus? „Du spinnst, echt, Alter...Kingdom Hearts freilassen... dadurch ändert sich gar nichts, Roxas...“, sagte Axel, nachdem er sich beruhigt hatte, und sah den Blonden ernst an. „Glaub mir, es ist zu deinem eigenen Besten, wenn du zu uns zurückkommst.“ Roxas schüttelte den Kopf. Er wollte nie, dass es so weit kommen würde, aber es ging wohl nicht anders. Von seinem Vorhaben abzulassen, kam für ihn nicht infrage. Wenn Axel, der doch eigentlich sein Freund war, sich ihm in den Weg stellte, dann musste es sein. Langsam nahm Roxas seine Kampfstellung ein, hielt das Schlüsselschwert mit beiden Händen. Er wollte sich in seinem Zustand nicht überanstrengen, er musste es ohne die zwei starken Schwerter schaffen... der Königsanhänger musste genügen. Allerdings hatte er die dunkle Ahnung, dass er Axel in seinem Zustand damit nicht besiegen können würde. Er musste sich etwas einfallen lassen... Axel hob eine Augenbraue, dann seufzte er resigniert und hob seine Waffen, Flammen umzüngelten die Chakrams. „Offenbar soll es so sein, wenn du nicht hören willst. Glaub nicht, du kannst länger einfach das tun, was du willst! Du kommst mit, meinetwegen auch bewusstlos!“ „Ich tue was ich will, ich bin der Organisation nichts mehr schuldig!“ Er blickte kurz zu dem Mädchen hinter ihm, welches immer noch am Boden saß und den Streit der beiden Niemande wortlos mitangehört hatte, und zischte leise. „Bleib hier und rühr dich nicht, bevor ich wiederkomme, okay?“ „Ich... okay...“, sagte die Blonde leise. Sie wirkte verunsichert und verwirrt, was der ehemaligen Nummer XIII aber nicht auffiel. Roxas wandte sich mit grimmigen Gesicht erneut der Nummer VIII vor ihm zu und hob sein Schlüsselschwert... Kapitel 4: Wahrheit ------------------- Für einen kurzen Moment lag Stille über dem Turnierplatz, leichter Wind wehte und die angespannte Atmosphäre eines bevorstehenden Kampfes lag in der Luft. Die Drei Niemande schwiegen. Roxas blickte Axel entschlossen an, der Rotschopf sah mit undefinierbarem Gesichtsausdruck zurück, ließ sein Chakram in der linken Hand leicht hin und her baumeln. Naminé saß nach wie vor an der Hauswand und ihre Augen sahen vor allem Roxas an, sie wirkte verwirrt. Dann setzte der Wind plötzlich aus und Roxas richtete sein Schlüsselschwert auf Axel. „Eisra!“ Mit einem Klirren brachen drei große Eiskristalle aus der Spitze des Königsanhängers und schossen auf den Rotschopf zu. Jedoch schmolzen die Geschosse mitten im Flug, als Axel mit einer fast lässigen Bewegung eine Feuersäule aus dem Boden schießen ließ, die das Eis einfach verschluckte. Durch die Flamme hindurch flog etwas auf Roxas zu, der das ansausende Chakram mit dem Schlüsselschwert abblockte. Als die Waffen aufeinanderprallten durchzuckte Roxas wieder der Schmerz an der Seite, doch er konnte ihn noch ignorieren. Axels geworfene Waffe flog zu ihm zurück, das Feuer verschwand und der Rotschopf stürzte auf den Blonden zu, ließ die Chakrams flammend in seinen Händen rotieren und schlug zu. Gerade noch rechtzeitig wich die ehemalige Nummer XIII mit einem Satz nach hinten aus, die Hitze der Waffe, die ihn um ein Haar verfehlt hatte, schlug ihm ins Gesicht, und wieder griff Axel an. Kaum ehe Roxas es sah, flog ihm wieder ein Chakram entgegen, während Axel schon mit dem Anderen hinterherkam. Der Blonde duckte sich unter dem Geschoss weg und schlug nach Axel, der den Hieb jedoch parierte. Beide standen einen Moment ganz nah beieinander und sahen sich an, aufgebrachte blaue Augen in unergründliche Grüne, dann erschien in Axels freier Hand das zuvor geworfene Chakram und er holte aus – und Roxas, der immer noch in die Augen seines Freundes starrte, zögerte einen kurzen Moment zu viel. Mit einem schmerzvollen Stöhnen ging Roxas auf die Knie, Axel hatte genau seine ohnehin schon verletzte Stelle an der Seite getroffen. Schwer atmend kniete der Blonde nun vor dem Rotschopf, auf sein Schwert gestützt und presste seine freie Hand auf die Verletzung. Bestimmt war sie jetzt wieder aufgegangen, wenn er nicht schnell was unternahm, würde er verlieren... er würde... „Was wird das denn?“, fragte Axel mit verwirrter Stimme von oben. „Du pfeifst nach so einem kleinen Treffer schon aus dem letzten Loch? Was ist los? Das kannst du doch besser.“ Roxas biss die Zähne zusammen und schwang mit ungewohnter Mühe, aber dennoch nicht gerade langsam, sein Schlüsselschwert nach Axels Beinen. Im wahrsten Sinne des Wortes auf dem falschen Fuß erwischt knickte der Rotschopf überrascht ein und bemerkte mit einem etwas verwirrten Blick, wie die Spitze des Königsanhängers plötzlich genau vor seiner Nase hing und sich kalte blaue Energie in dem Schwert sammelte. „Eisra...!“, presste Roxas zwischen den Zähnen hervor, es gab ein erneutes Klirren und Axel wurde weggeschleudert, rutschte über den Boden und landete ein paar Meter weiter weg in einer der Bänke, die um den Platz herumstanden. Belämmert hockte er da und schüttelte den Kopf, stand dann nach kurzer Zeit wieder auf, eine Hand auf die Nase gepresst. „Urgh, das war nicht übel. Ich dachte schon, du wärst am Ende.“, sagte er und sah zu Roxas, hob eine Augenbraue. „Hm...? Alter, du siehst irgendwie echt nicht gut aus...“ Roxas gab keine Antwort, er stützte sich nun wieder stehend auf sein Schlüsselschwert und atmete schwer, sein Gesicht war unnatürlich blass. Er spürte Schweiß auf seiner Stirn, sein Körper schmerzte stark und fühlte sich schwer an. Die Wunde war aufgegangen, Roxas spürte es deutlich. Als Niemand war sein Empfinden von Schmerzen zwar nicht so extrem, aber selbst für diese Verhältnisse kam es Roxas momentan so vor, als hätte er nie so eine schlimme Verletzung erlitten. Dieser verdammte weißhaarige Mistkerl von gestern... hätte er ihm bloß nicht Memoire zugeworfen, warum war er überhaupt so blöd gewesen? Welch Ironie, dass gerade die Waffe, die der Blonde selbst führte, ihn theoretisch ganz schnell vernichten könnte... und durch die Wunde vielleicht wirklich sein Ende bedeutete, wenn er weitermachte... „Roxas, das wird nichts.“, meinte Axel kopfschüttelnd, als Roxas mit zittrigen Beinen wieder seine Kampfstellung einnahm, und ließ seine Chakrams sinken. „Ich weiß nicht, was du getrieben hast, aber so brauch ich eigentlich gar nicht weiter mit dir zu kämpfen.“ Roxas schwieg, für einen Moment keimte die leise in ihm Hoffnung auf, Axel würde nun einfach unverrichteter Dinge wieder abziehen. Auch dem Rotschopf schien der Gedanke gekommen zu sein, er sah kurz zu seinem Gegenüber, dann zu Naminé, die sich immer noch nicht gerührt hatte, und dann zur Seite. „Geh einfach... geh einfach...“, flehte Roxas in Gedanken, sein Zögern bei dem Angriff von vorhin hatte ihm gezeigt, dass er nicht mit Axel kämpfen wollte, egal ob der ihn vorhin ausgelacht und provoziert hatte. „Bitte geh...!“ Dann stieß der Rotschopf einen tiefen Seufzer aus und sah Roxas leicht traurig, ja fast mitleidig an. „Sorry, es ist mein Job...“ Seine Chakrams drehten sich von Feuer umgeben in seinen Händen und flogen dann beide auf Roxas zu. Roxas sah die Geschosse auf sich zukommen. Er rührte sich kein bisschen, etwas zerbrach gerade in ihm... es tat weh... seine ohnehin schon angeschlagene Freundschaft mit Axel zerbröckelte weiter in binnen dieses Moments, während die Chakrams auf den Blonden zuflogen. Es kam ihm vor, als würde jemand die Zeit verlangsamen, die Waffen flogen langsam, aber stetig weiter auf ihn zu... es tat weh... obwohl sie ihn noch gar nicht getroffen hatten... es tat weh... Roxas sah Axels Blick, er war wieder unergründlich... es tat weh... er schloss die Augen, bereit den Treffer einzustecken und zu verlieren... Er hörte schnelle Schritte und dann spürte er, wie etwas gegen ihn stieß - Aber nicht von vorne, sondern von der Seite - und die brennenden Chakrams flogen ins Leere. Von den Füßen gerissen stürzte Roxas, ließ sein Schwert fallen, drehte sich fast automatisch leicht im Fallen, um nicht auf der Seite seiner Wunde zu landen, und kam hart mit dem Rücken auf dem Boden auf und ein Schmerzenslaut entwich ihm, als nun auch noch ein zusätzliches Gewicht auf ihn fiel, sich aber sofort wieder erhob. Benommen blinzelnd öffnete Roxas die Augen und erblickte lange blonde Haare, ein schönes, irgendwie vertrautes Gesicht und blaue Augen. War das nicht... das Mädchen...? Es kam ihm so bekannt vor... warum...? Sein Blick trübte sich wieder und sein Bewusstsein schwirrte davon... er sah Schwärze... dann blaues Meer... eine Insel... am Strand stand ein Mädchen mit roten Haaren... er kannte sie... oder...? Axel stand wie vom Donner gerührt da und starrte mit leicht geöffnetem Mund auf Naminé, die Roxas einfach zur Seite gerissen hatte, kurz bevor die Chakrams ihn getroffen hatten. Die Kleine hatte schnell reagiert, Axel hätte es ihr gar nicht zugetraut und erwartet schon gar nicht. Nun saß sie da neben Roxas am Boden, der offenbar gerade das Bewusstsein verloren hatte, und sah ihn an. „Netter Auftritt.“, meinte Axel zu dem Mädchen, seine Fassung wiedergewinnend und den Gedanken an Roxas‘ Blick, mit dem er ihn angesehen hatte als die Chakrams auf ihn zuflogen, so gut es ging verdrängend. „Jedoch war das ziemlich unklug, Naminé. Anstatt ihm zu helfen hättest du in der Zeit auch einfach verschwinden können, also warum bist du nicht einfach davongeflogen wie ein Vögelchen und hättest dich wieder versteckt?“ Naminé hob den Kopf und sah Axel an. „Er wollte mir helfen, obwohl er mich nicht kannte.“, antwortete sie mit einem sehr schwachen Lächeln. „Genau wie er, obwohl er zuvor herausgefunden hatte, dass seine Erinnerungen an mich nur Lügen waren. Du weißt schon, wen ich meine.“ Kopfschüttelnd und mit geschlossenen Augen hob Axel die Arme. „Jaja, Sora ist ein echt selbstloser Kerl, das weiß ich auch. Vielleicht übt er ja auch Einfluss auf Roxas aus, aber das ist jetzt echt Banane. Fakt ist, Roxas ist kampfunfähig und du bist mir nicht gewachsen. Also nochmal: Entweder du kommst freiwillig oder-“ Als Axel die Augen öffnete, stockte er mitten im Satz. Oh, verdammt, das durfte doch jetzt nicht wahr sein! Ein dunkles Portal war neben Naminé erschienen und sie schleifte Roxas mit etwas Anstrengung unter den Armen gepackt hindurch. Seit wann konnte sie die Portale öffnen? Wann hatte sie das gelernt? „Nein!“, rief Axel und stürzte auf das Portal zu, doch bevor er es erreichte verschwanden die beiden Niemande darin und es löste sich auf. Für einen Moment starrte die Nummer VIII auf die Stelle, wo die Beiden verschwunden waren. Dann... „VERDAMMTER DRECK!“, schrie er und trat wütend gegen die nächstbeste Wand, was er sogleich bereute und nun zornig fluchend, seinen Fuß umklammert, ein paar Mal auf der Stelle hüpfte. „Diese miese kleine Hexe hat mich ausgetrickst! Am liebsten würd ich sie-“ Urplötzlich hielt er inne. Was zur Hölle tat er hier? Er war wütend? Warum führte er sich wie ein Mensch mit Gefühlen auf, obwohl er ein Niemand war? „Hah, wenn etwas mit diesem Jungen zu tun hat komm ich mir echt menschlich vor...“, murmelte Axel und hielt sich kurz resigniert Lachend die Hand an die Stirn. Dann seufzte er erneut. „Ich habs versaut, Xemnas wird mich umbringen, wenn er erfährt, dass ich Beide fast hatte und dann doch wieder verloren habe. Dabei bin ich doch Profi... sogar so professionell, dass ich einen Freund bekämpfe...“, schloss er niedergeschlagen. „Das wird Roxas mir nicht verzeihen...“ Dann hob Axel den Kopf. „Aber ich würde es mir nicht verzeihen, dass er zu Sora zurückkehrt und dann für immer weg ist, ohne dass ich etwas dagegen tue. Egal ob er will oder nicht, ich lasse das nicht zu. Am besten, ich nehme die Suche wieder auf... aber auf so einen Glückstreffer wie gerade kann ich mich wohl nicht verlassen, es sei denn Roxas legt seinen Mantel wieder ab...“ Erneut seufzte er - ihm fiel gerade auf, dass er in letzter Zeit recht viel seufzte -, hob den Arm und schuf ein anderes dunkles Portal. Zwar wusste er nicht, wo er jetzt weitersuchen sollte, aber wenns schlimm kam, könnte er ja ein paar Dämmerlinge auf Erkundungstour schicken... „Sag es mir, Axel, wer bin ich?!“ „...“ „Wo komme ich her?! Wo hab ich gelernt, mit dem Schlüsselschwert umzugehen?!“ „...“ „Und was hat dieser Sora mit mir zu tun?! Wer ist das überhaupt?! Du weißt es, sag es mir!“ „...“ „Ich habe Antworten auf diese Fragen verdient!“ „Glaubst du, es geht dir besser, wenn du die Antwort kennst? Ich nicht...“ „Das ist nicht dein Problem!“ „...“ „Sagst du es mir jetzt oder nicht? Axel, wer bin ich?“ „...Du musst mir vertrauen, Roxas“ „Das tue ich aber nicht...“ „Hey, jetzt warte mal-“ „Wenn ich hier keine Antworten bekomme, dann hole ich sie mir woanders. Irgendwo wird es jemanden geben, der es mir sagen kann. Und dieser Person werde ich dann auch vertrauen...“ „Warum tust du das, Riku?“ „Weil -ri dich offenbar nicht kümmert.“ „Du kannst den Herzlosen nicht trauen, sie werden dich vernichten!“ „Falsch, denn ich kontrolliere sie.“ „Du hast dich entschieden?“ „Warum mich das Schlüsselschwert auserkoren hat... ich muss es wissen.“ „Stell dich nicht gegen die Organisation! Kehrst du ihnen den Rücken ist das dein Untergang!“ „Mich würde keiner vermissen...“ „Ka- weißt du noch was du gesagt hast? Ich bin immer bei dir! Ich komm zu dir zurück, versprochen!“ „Das weiß ich, Sora!“ Sora....Sora....schon wieder... Sora? Leicht öffnete Roxas seine Augenlider, alles war verschwommen. Er sah Weiß... nur Weiß... er lag auf etwas weichem... da war jemand neben ihm... er spürte eine kühle Hand sanft auf seiner Stirn ruhen... sein Blick schärfte sich kurz... er kannte dieses Gesicht... das war... das war... ... Wieder Schwärze... „Du bist aber früh dran.“ „Nein, du bist nur zu spät.“ „Heh“ „Jetzt sind es schon 255...“ „Was?“ „Seit so vielen Tagen bin ich bei der Organisation. Wie die Zeit vergeht...“ „Du hast jeden Tag gezählt?“ „Ja, ich schreibe ja auch Tagebuch, an irgendwas muss man sich ja halten, nicht?“ „Uuuh, Tagebuch? Da muss ich mal reinschauen, hehe.“ „Von wegen!“ „Haha, nimm das doch nicht so ernst, Kleiner.“ „Und nenn mich nicht Kleiner!“ „Dann vielleicht Zombie?“ „Das war ich nur am Anfang...“ „Ach komm, du bist immer noch ein Zombie, hehe.“ „Na vielen Dank auch, haha.“ „Hey Roxas, weißt du warum der Sonnenuntergang rot ist? Licht besteht aus vielen Farben und von diesen Farben ist Rot die, die am weitesten reicht.“ „Als ob ich dich danach gefragt hätte, Besserwisser.“ „Tja, haha“ Diese Zeit... er wünschte sie sich so sehr zurück... aber Axel... Axel hatte sich gegen ihn gestellt... er würde vielleicht nie mehr... wieder... mit ihm.... Eis... essen... „Woah! Mann, hast du mich erschreckt, Ka-“ „Sora, du Faultier, war doch klar, dass ich dich hier unten bei deinem Nickerchen finde.“ „Wie erwartet...“ Naminé stand mit geschlossenen Augen neben dem schlafenden und immer noch sehr blassen Roxas und sah in seine Erinnerungen, die Hand auf seiner Stirn. „Seine Erinnerungen beginnen sich mit denen von Sora an Kairi zu vermischen. Er träumt sie gleichzeitig und zugleich abwechselnd... aber wieso ist Kairi in seinen Träumen so verschwommen...?“ Langsam hob Naminé ihre Hand von Roxas‘ Stirn und sah ihn an. Sie hatte ihn nicht ins Herrenhaus gebracht, sondern zu dem einzigen Ort, an dem sie sich sonst noch auskannte – Das Schloss des Entfallens. Sie befanden sich in einem der unzähligen Zimmer in einem der oberen Stockwerke, die Einrichtung bestand lediglich aus einem weißen Tisch, zwei weißen Stühlen und einem weißen Bett, auf dem der Blonde nun lag. Naminé wusste nicht genau, warum sie ihn nicht einfach zurück ins Herrenhaus gebracht hatte, zu Sora, damit sie endlich dessen Erinnerungen komplettieren konnte. Sie fühlte sich schuldig Roxas gegenüber, weil er wegen ihr von Axel so zugerichtet wurde. Er hätte ihr nicht helfen müssen, dennoch hatte er es getan. Und jetzt, wo sie einen Teil seiner Erinnerungen gesehen hatte, war es doch das mindeste, ihm alles zu erklären... was DiZ garantiert nicht zulassen würde. Ihr war klar, dass das den Plan zerstören konnte... Riku war irgendwo verschollen, gescheitert, Roxas zu fangen, und sie, Naminé, half dem Niemand, der Soras andere Hälfte war, und wollte ihm alles erklären, was er wissen wollte. Sobald Roxas die Wahrheit kannte, würde er bestimmt nicht freiwillig mitkommen, selbst wenn er Sora spüren konnte. Naminé bezweifelte leicht, dass Roxas irgendwann einsehen würde, dass er zu Sora gehörte. Dazu kämpfte der Blonde viel zu sehr darum, eigenständig zu existieren. Um Roxas‘ Verletzung machte Naminé sich nicht besonders Sorgen, er mag zwar angeschlagen sein, dennoch sollte er nach einem tiefen Schlaf zumindest wieder so fit sein, dass er aufstehen konnte. Sie wollte es nicht riskieren, ihm den Mantel auszuziehen, falls einer von der Organisation im Schloss auftauchen würde, wobei das jedoch ziemlich unwahrscheinlich war. Momentan blieb ihr nichts anderes übrig als zu warten. Und so setzte sie sich auf einen der Stühle an dem Tisch. Da sie nichts zum malen dabei hatte, verschlang sie ihre Finger ineinander und sah zu Roxas, der sich leicht im Schlaf regte... Langsam kehrte sein Bewusstsein zurück und er stöhnte leise auf, als ein kurzer Schmerz ihn durchzuckte. Roxas öffnete die Augen, starrte gegen eine weiße Decke. War er... wieder im Schloss der Organisation? „Nein...“ Mit einem Ruck setzte der Blonde sich auf und sah sich hektisch in dem Raum um. Nein, das war keines der Zimmer im Schloss, das niemals war. Die Wände hier waren komplett schneeweiß, er sah einen weißen Tisch, einen weißen Stuhl und noch einen Stuhl... und auf dem Stuhl saß jemand. Das blonde Mädchen, welches Axel gejagt hatte, lächelte ihn an. „Du bist wach.“, sagte es freundlich. „Wo bin ich? Was ist passiert?“, fragte Roxas benommen, sein Kopf dröhnte ein wenig. „Du bist im Schloss des Entfallens. Ich hab dich hier hergebracht.“ Roxas starrte sie an. „Das Schloss des Entfallens? Aber das gehört doch der Organisation, gehörst du etwa zu ihnen?“ „Nein, beruhige dich. Die Organisation hat das Schloss schon vor einiger Zeit ausgeräumt, sie werden uns hier nicht finden, keine Sorge.“ Ein wenig skeptisch musterte Roxas das Mädchen und wieder kam dieses seltsame Gefühl der Vertrautheit in ihm hoch... „Wer bist du und was will die Organisation von dir?“, fragte er dann. „Mein Name ist Naminé. Und die Organisation möchte wohl wieder meine Fähigkeiten in ihre Gewalt bekommen, ich war schon einmal ihre Gefangene und musste für sie Dinge tun, hier in diesem Schloss. Vermutlich wollen sie mich, damit sie dich wieder unter ihre Kontrolle bringen können.“, antwortete die Blonde. „Wie das?“, fragte die ehemalige Nummer XIII verwirrt. „Wie können sie durch dich dafür sorgen, dass ich mich ihnen wieder anschließe?“ Naminé lächelte jetzt nicht mehr, sie sah ernst aus. „Du hast viele Fragen, Roxas, nicht wahr?“ „Woher kennst du meinen Namen?“ Der Niemand starrte das Mädchen nun noch verwirrter an, ja fast schon misstrauisch. Wer war sie und was wollte sie überhaupt von ihm? „Ich weiß, wer du bist, Roxas. Ich werde dir alles sagen, was du wissen möchtest. Über dich... und über Sora.“, sagte Naminé. Roxas zögerte, eine plötzliche Erregung erfasste ihn. Sie... wusste etwas? Hatte sie die Antworten, die er suchte...? Auch sie kannte Sora? Oder wollte sie ihm vielleicht nur etwas weißmachen, was gar nicht stimmte...? „Wer... bist du...?“, fragte Roxas sie wieder. „Eine Hexe mit der Macht die Erinnerungen von Sora und derer, die mit ihm verbunden sind, zu manipulieren.“, antwortete Naminé leise. „Eine Hexe?“ Das Mädchen lächelte leicht gequält. „Nun, so wurde ich von der Organisation bezeichnet.“ „Was meinst du damit, dass du Erinnerungen manipulieren kannst?“, fragte Roxas mit geweiteten Augen, von so einer Fähigkeit hatte er noch nie etwas gehört. „Ich kann Erinnerungen verändern... die betreffende Person Dinge vergessen lassen, neue, falsche Erinnerungen entstehen lassen, Erinnerungen auseinanderreißen, was das Herz der Person kollabieren lassen würde. Die Organisation hat das ausgenutzt...“ „Inwiefern?“ „Vor knapp einem Jahr tauchte Sora hier im Schloss des Entfallens auf, wo die Hälfte der Organisation vor kurzer Zeit stationiert wurde. Ich wurde gezwungen, seine Erinnerungen zu verändern. Ich nahm seine Erinnerungen, die wie die Glieder einer Kette miteinander verbunden waren, Stück für Stück auseinander und ersetzte sie durch falsche Erinnerungen an mich. Aber jetzt setzte ich sie wieder zusammen, so wie sie waren.“ Roxas‘ Auge zuckte etwas aufgebracht. „Sora... kannst du mir erklären, wer das überhaupt ist? Ich höre den Namen in letzter Zeit irgendwie dauernd und ich frage mich, wieso ich eine Verbindung zu ihm habe, die ich nicht mal kenne.“ „Sora ist der Meister des Schlüsselschwertes, der Held des Lichts, der gegen die Herzlosen kämpft.“, sagte Naminé langsam und sah Roxas in die geweiteten Augen. „Der Meister... des Schlüsselschwertes? Er hat auch ein Schlüsselschwert wie ich? Ist das die ‚Verbindung‘ zwischen ihm und mir?“ „Nein... Roxas, hör zu...“ Naminé stockte ein wenig, als müsse sie etwas aussprechen, was ihr schwer fiel. „Du kannst das Schlüsselschwert einsetzen, weil er es kann. Du... du bist sein Schatten... du bist sein Niemand...“ Da war sie... die Wahrheit, Roxas zweifelte nicht eine Sekunde daran, dass dieses Mädchen die Wahrheit sagte, er sah es an ihren Augen. Er war unfähig, ein Wort herauszubringen, schaute Naminé einfach nur an. „Hör zu...“, sagte sie wieder. „Einige Tage bevor Sora damals dieses Schloss hier erreichte richtete er das Schlüsselschwert gegen sich selbst um das Herz der Person, die ihm am wichtigsten war und deren Herz in ihm Zuflucht vor der Finsternis gesucht hatte, freizusetzen. Dabei gab er sein eigenes Herz ungeschützt der Finsternis preis und er stürzte in die Dunkelheit, wurde zu einem Herzlosen. Zu diesem Zeitpunkt wurdest du geboren, die leere Hülle, die er zurückgelassen hatte, sein Niemand. Aber Sora behielt seinen Willen auch als Herzloser und kehrte mit Hilfe der Person, die ihm am Wichtigsten war, zurück und war als Mensch wieder da. Deswegen hast du keine Erinnerungen an dein Leben als Jemand, weil Sora nicht in der Finsternis blieb. Verstehst du...?“ Roxas nickte langsam, sein Blick ging ins Leere. „Diese Person, die ihm am wichtigsten ist... ist dieses rothaarige Mädchen, nicht wahr...? Die, die so aussieht wie du und von der ich geträumt habe...“, sagte er langsam und mit einer monotonen Stimme, die ihm nicht zu gehören schien. „Ja, Kairi heißt sie. Und hier haben wir auch das Problem. Sora schläft momentan um seine Erinnerungen wiederzubekommen, aber ich kann den Vorgang der Wiederherstellung eben dieser nicht mehr fortsetzen... wegen dir geht das jetzt nicht mehr...“, sagte Naminé leise und sah Roxas besorgt an, da dieser mittlerweile den Kopf gesenkt hatte und zu Boden starrte. Als er nicht reagierte, sprach sie weiter: „Ein paar von Soras Erinnerungen sind in dich eingedrungen... darunter auch seine Wichtigste, nämlich die an Kairi. Ohne diese Erinnerung wird er wohl niemals wieder aufwachen. Du... du musst sie ihm zurückgeben...“ Nun hob der Niemand den Blick, sah das Mädchen trübe an. „Was passiert dann mit mir...?“ „Normalerweise lösen sich Niemande irgendwann in Dunkelheit auf... aber ich denke du würdest einfach zu Sora zurückkehren, wieder Eins mit ihm sein...“ „Ich würde... verschwinden...?“ Roxas senkte den Blick auf seine Hände und glaubte schon fast, sie würden sich auflösen. „Ich wäre... einfach weg...?“ „Du wärst wieder in Soras Herzen, da, wo du ursprünglich herkamst...“ „Nein...“, flüsterte Roxas und ballte die Fäuste, stand auf und seine Stimme wurde lauter. „Nein! Ich kann nicht verschwinden! Ich muss eine Aufgabe erfüllen, ich muss Kingdom Hearts freilassen! Ich will mein Leben zurück und es nicht wegen diesem Sora aufgeben!“ „Welches Leben, Roxas? Welches Leben?“, fragte Naminé leise. „Ich... ich...“ Er stockte. Warum? Warum wusste er die Antwort darauf nicht? Es war doch eine einfache Frage! Welches Leben? Sein Leben! ...Oder? Woraus bestand sein Leben bis jetzt überhaupt... aus der Organisation und aus den gemeinsamen Eisessen mit Axel... er konnte beides nicht mehr haben, Axel hatte sich gegen ihn gestellt. Etwas brannte in seinen Augen und eine Träne lief seine Wange hinab, er senkte zitternd den Kopf. Warum? Warum nur? Warum kam ihm die Aussicht, Kingdom Hearts freizulassen um sein Leben zurückzubekommen, alles so wie vorher werden zu lassen, jetzt plötzlich so unsinnig vor? „Roxas...“, sagte Naminé leise, stand von ihrem Stuhl auf und ging zu ihm hinüber. „Komm mit mir zu Sora, lass ihn gegen die Organisation kämpfen und ihre Pläne vereiteln, es ist das Beste für alle...“ „Nein...“, sagte Roxas mit gebrochener Stimme. „Ich werde nicht... nein... ich will nicht... verschwinden...“ Er sah Naminé flehend an, eine Träne lief wieder über seine Wange. „Nimm diese Erinnerung an das Mädchen, das er mag, damit er aufwacht... aber ich werde nicht zu ihm zurückkehren... ich habe... eine Aufgabe...“ „Warum bist du so bessessen von diesem Vorhaben...? Hast du es jemandem versprochen...?“ „Ich... ich weiß nicht... aber ich muss... ich muss einfach... bitte, nimm diese Erinnerung... und lass mich gehen...“, flüsterte Roxas eindringlich und packte Naminés Hände. „Bitte, ich kann noch nicht verschwinden! Ich will nicht verschwinden!“ „Ich... ich kann die Erinnerung nicht einfach aus deinem Kopf ziehen und mitnehmen... du musst mitkommen...“, erwiderte Naminé und es bestürzte sie, Roxas so zu sehen, einen Niemand zu sehen, der Tränen vergießen konnte, obwohl sie selbst schon einmal geweint hatte, hier in diesem Schloss. Sie hatte Recht gehabt, Soras Niemand kämpfte erbittert darum, eigenständig zu sein, er würde von sich aus nie zu ihm zurückkehren wollen, es sei denn, er hätte keine andere Wahl. „Wenn ich mitkomme, verschwinde ich!“, entgegnete Roxas etwas lauter als beabsichtigt. „Wenn du... wenn du bei deinem Vorhaben stirbst, dann ist diese Erinnerung für immer verloren und Sora würde dann wohl nie mehr aufwachen und wenn doch, würde sich keiner an ihn erinnern... Du musst nicht direkt zu ihm, es reicht, wenn du in seiner Nähe bist... ich kann dann versuchen, die Erinnerung an Kairi über dich an Sora zurückzugeben und sein Gedächtnis dann endlich komplett zusammensetzen... aber ich bin mir nicht sicher, ob es funktioniert...“ Roxas packte Naminés Hände ein wenig fester. „Bitte, du musst es so machen, du musst es hinbekommen. Versprich es mir!“ „Ich... ich verspreche es, ich werde Soras Erinnerung an Kairi zu ihm zurückbringen, ohne dass du dafür wieder Eins mit ihm werden musst...“, flüsterte das Mädchen. „Obwohl es das Beste wäre...“ Die ehemalige Nummer XIII überhörte ihre letzten Worte, er war zu erleichtert und fuhr sich über die Augen. Er würde nicht verschwinden... er konnte nicht verschwinden, er musste Kingdom Hearts freilassen... vielleicht würde dann ja doch wieder alles gut werden... vielleicht... „Roxas... du zerdrückst meine Hände...“, stöhnte Naminé und Roxas ließ sie sofort los. „Tut mir Leid...“ „Ist schon gut... wir sollten dann aber gehen.“ „Zu Sora...?“ „Zu dem Ort, wo Sora sich aufhält, aber nicht direkt zu ihm, wie abgemacht.“ Naminé streckte die Hand aus und ein dunkles Portal öffnete sich. „Oh, und danke noch für vorhin.“, sagte Roxas plötzlich. „Du hast mich ja vor Axel gerettet.“ „Du hast mir ja schließlich auch geholfen.“, sagte Naminé mit leichtem Lächeln. Beide traten in das Portal. Roxas wandte sich nochmals zu dem Mädchen um und sah ihr in die Augen „Und danke... für die Wahrheit...“ Kapitel 5: Versuch ------------------ Als er das Portal verließ, fand sich Roxas in einer ziemlich heruntergekommenen und dunklen Eingangshalle eines Hauses wieder, das früher bestimmt einmal sehr prachtvoll gewesen sein musste. Der Boden war dreckig und staubig, hier und da lagen ein paar Glassplitter herum und die Tür an der rechten Seite der Halle war zertrümmert und offenbar nicht mehr durchquerbar. Roxas gegenüber und in der Mitte des Raumes befand sich eine kleine Vitrine, in der das Modell eines kleinen, in den Augen des Niemands etwas abstrakten Gebäudes stand, ein wenig dahinter führten links und rechts Treppen nach oben, wahrscheinlich zu anderen Räumen. Zwischen den Treppen befand sich ein Durchgang mit einer Glasscheibe am Ende, die den Blick in eine Art Garten gewährte. An der linken Seite der Halle befand sich eine Tür. Roxas sah sich um, diesen Ort kannte er nicht, auch wenn ihm das leichte Dämmerlicht, das vor der Glasscheibe in den Garten schien, irgendwie bekannt vorkam. Hinter ihm trat Naminé aus dem dunklen Portal, welches dann verschwand. „Wo sind wir hier?“, fragte Roxas. „Im alten Herrenhaus von Twilight Town, du müsstest es kennen.“, antwortete das Mädchen. „Naja, von außen, ich war noch nie hier drin...“ Er sah sich erneut um, in ihm regte sich plötzlich leichtes Unbehagen, obwohl er nicht wusste warum. „Und Sora ist hier?“ „Ja, ist er.“ „Und die Organisation war niemals hier drinnen?“ „Nicht dass ich wüsste. Offenbar kommen sie nicht auf die Idee, dass in dieser Ruine ihr größter Wiedersacher schläft. An einem Ort, der eigentlich nicht schwer zu erreichen ist.“ „Zweitgrößter, momentan sollten sie eher mich fürchten...“, meinte Roxas leise und wandte sich wieder Naminé zu. „Was tun wir jetzt?“ Doch bevor die Blonde den Mund aufmachen konnte, erschien plötzlich ein anderes dunkles Portal vor ihnen und Roxas reagierte so schnell es seine Verletzung zuließ. In einem Lichtschein erschien sein Schlüsselschwert und er hielt es mit verengten Augen dem in rot gekleideten Mann mit bandagiertem Gesicht, von dem nur das rechte Auge und der Mund frei von den roten Bändern waren, entgegen, der gerade aus dem Portal trat und nun abprubt innehielt, als die Spitze des Königsanhängers knapp vor seiner Nase hing. Sein sichtbares, stechend gelbes Auge blickte über das Schlüsselschwert zu Roxas, absolut ruhig. Der Niemand starrte misstrauisch zurück, ihm gefiel die Aura dieses Mannes nicht... es war weder Finsternis, noch Licht, die Aura fühlte sich für Roxas ein wenig... merkwürdig an, unerkennbar verschwommen... „Und wer ist das?“, fragte Roxas an Naminé gerichtet, ließ den Mann aber nicht aus den Augen, der ihn auch nach wie vor offenbar völlig gelassen, die Arme hinter dem Rücken unter dem roten Umhang verschränkt, ansah. „DiZ... er hilft dabei, Soras Erinnerungen wiederherzustellen.“, sagte Naminé, sah den Mann mit leicht bangem Blick an, als sein gelbes Auge nun auf ihr ruhte, jedoch immer noch keine gefühlsmäßige Regung zeigte. „Also ein Freund von dir?“, fragte Roxas, der sein Schwert jedoch nicht sinken ließ. „Das denke ich nicht. Man könnte uns wohl eher als Verbündete zum Zweck bezeichnen.“, kam die Antwort jedoch von dem Mann, er fixierte Naminé und seine Mundwinkel zuckten. „Aber ich bin beeindruckt, du hast ihn ganz alleine hergebracht, was Riku nicht konnte.“ „Er kam freiwillig mit, ich habe ihm alles erzählt.“, entgegnete Naminé und hielt DiZ‘ Blick stand, dessen Auge sich nun leicht verengte. „So, so... das hast du?“ Jetzt sah der Mann wieder zu Roxas, der ihm unbeirrt weiter sein Schlüsselschwert entgegen hielt. Eine Erkenntnis traf den Blonden nun. „Dieser Riku... war das der weißhaarige Kerl, der mich angegriffen hat?“, fragte er mit bebender Stimme. „Kam er etwa auf deinen Befehl?“ „Ja, das tat er.“, antwortete DiZ. „Schließlich bist du essenziell für unser Ziel, Sora erwachen zu lassen.“ Ein leicht gehässiges Grinsen zog sich für eine Sekunde über Roxas‘ Lippen. „Ich habe ihn besiegt, er wurde von seiner Finsternis verschlungen, ich hab es gesehen. Er hätte mir lieber so freundlich begegnen sollen wie Naminé hier, dann wäre das nicht passiert. Ich weiß jetzt die Wahrheit, aber glaube nicht, ich gehe deswegen freiwillig zurück zu Sora.“ DiZ lachte leise auf, es war ein freudloses Lachen, was dem Niemand überhaupt nicht gefiel. „Das war mir auch klar.“, sagte der Mann. „Dafür hatte ich mir bereits einen Plan zurechtgelegt, aber in Anbetracht der momentanen Situation kann ich diesen wohl nicht mehr durchführen. Aber lass mich dir eine Frage stellen: Wenn du nicht hier bist, um freiwillig zu Sora zurückzukehren, warum bist du dann hier?“ „Naminé sagte, Sora braucht nur die fehlenden Erinnerungen von ihm, die in mir sind, damit er wieder aufwacht. Sie hat mir versprochen, diese Erinnerungen, sobald ich hier bin, an Sora zurückzugeben. Denn ich will nicht verschwinden, ich habe noch etwas zu tun.“, antwortete Roxas und packte sein Schlüsselschwert ein wenig fester. „Also versuch nicht, mich irgendwie auszutricksen, denn ich traue dir nicht, deine Aura ist so... merkwürdig...“ „Naminé.“, sagte DiZ plötzlich und der Niemand spürte das Mädchen leicht hinter sich zusammenzucken. „Ich will mit dir reden, unter vier Augen.“ Und nach wie vor das Schlüsselschwert vor seiner Nase ignorierend, drehte der Mann sich um und ging auf die Tür auf der linken Seite der Halle zu. Roxas ließ den Arm sinken und sah zu Naminé zurück, sie wirkte ein wenig beunruhigt und hatte die Finger ineinander verschlungen. „Wartest du hier...?“, fragte sie den Blonden. Er zögerte mit der Antwort, sah zu DiZ, der wartend an der Tür stand und dann wieder zu dem Mädchen. Offenbar hatte sie mit ihren ganzen Erklärungen vorhin etwas getan, was diesem Mann dort nicht besonders zu gefallen schien. Zwar gab er sich gelassen, doch Roxas konnte eine sanfte Welle des Zorns wahrnehmen, für die man nicht erst die Aura erspüren musste... „Was habt ihr zu bereden?“, stellte Roxas dann eine Gegenfrage. „Vermutlich muss ich meine Entscheidung rechtfertigen, dir so viel verraten zu haben. Das alles läuft nämlich nicht so, wie DiZ es sich vorgestellt hat, aber das hat er ja schon erwähnt. Aber keine Sorge.“, sagte sie und lächelte leicht. „Wegen mir hat das alles angefangen und ich werde es auch beenden, auch, wenn ich dabei andere Wege gehe, die von DiZ‘ Plan abweichen. Ich habe es dir versprochen, niemand wird dich dazu zwingen, zu Sora zurückzukehren.“ „Okay.“, sagte Roxas schließlich und ließ sein Schlüsselschwert verschwinden. Das Mädchen nickte kurz und ging dann zu DiZ hinüber und beide verschwanden in dem Raum hinter der Tür. Jetzt war er allein. Und wieder... wieder überkam den Niemand leichtes Unbehagen. Sora war hier... seine andere Hälfte war hier. Es kam ihm seltsam vor... irgendwo hier schlief der Ursprung seiner Existenz, der Grund, warum er so war, wie er war, ein Niemand, der Schatten einer Person mit Herz... Viele Fragen kamen Roxas plötzlich in den Sinn. Was wäre geschehen, wenn er die Erinnerungen an sein Leben als Jemand gehabt hätte? Wenn Sora gar nicht zurück aus der Finsternis gekommen wäre? Wäre Axel dann auch sein Freund gewesen? Hätte er für die Organisation gearbeitet oder sich sofort gegen sie gestellt? Wäre er, Roxas, dann immer noch Roxas gewesen? Solcherlei Fragen schossen ihm durch den Kopf... sein Blick ging ins Leere... die Leere, die in diesem Moment in ihm zu herrschen schien... sein Ursprung war hier... er war hier... Ohne, dass er es überhaupt bemerkte, setzte Roxas sich Richtung Treppe in Bewegung... „Du hast den Plan zerstört.“, sagte DiZ kalt. „Der Plan ging schon zu dem Zeitpunkt schief, als Riku von Roxas geschlagen wurde. Das haben weder du noch ich erwartet, das hätte niemand erwartet, so stark wie Riku mittlerweile geworden war.“, entgegnete Naminé. Beide befanden sich im Speisesaal, der wie auch die Eingangshalle verstaubt und teilweise zerstört war, es standen noch vier Stühle um einen eigestürzten Tisch in der Mitte des Raumes herum, die Einrichtungen an den Wänden waren teilweise zertrümmert und hier und da hatte eine Spinne ihr Nest unter der Decke gebaut. Naminé saß auf einem der Stühle und DiZ ihr gegenüber, er wirkte aufgebracht, wohingegen Naminé versuchte, sich nicht von der kalten Stimme des Mannes einschüchtern zu lassen. „Anstatt auf eigene Faust zu handeln hättest du lieber warten sollen, bis ich wieder zurückgekommen wäre.“, sprach DiZ weiter. „Wenn die Organisation dich gefangen hätte, wäre alles zu Ende gewesen.“ „Warum hätte ich warten sollen? Hast du etwa einen Ersatzmann in Reserve, der Rikus Platz einnehmen kann, jetzt, wo er für dich nutzlos ist?“, fragte Naminé mit etwas lauterer Stimme, als sie es beabsichtigt hatte. „Ich habe versucht, den König zu finden. Er wäre der Einzige, der uns jetzt noch hätte helfen können, indem er Roxas besiegen und herbringen würde. Aber ich habe ihn nicht finden können.“ „Ja, damit wir Roxas bewusstlos in diese Computerwelt schicken können, nachdem ich sein Gedächnis manipuliert hätte. Ich kenne den Plan, und er gefiel mir von Anfang an nicht...“ „Haha... weil du Mitleid für Soras Niemand entwickelt hast... Scheingefühle, die in dir aufwallen, weil du der Schatten des Mädchens bist, welches Sora so gerne hat. Du hast Mitleid mit Roxas, weil er Soras Niemand ist. Lächerlich... Niemande können nicht fühlen...“ „Das reicht...“, zischte Naminé und sah DiZ mit verengten Augen an. „Du magst die Niemande studiert haben, genau wie die Herzlosen. Aber du hasst die Niemande, weil deine eigenen Schüler zu ihnen gehören, die dich hintergangen haben. Ich kenne dein Motiv, weswegen du Sora wieder aktiv machen willst, Ansem der Weise. Du willst Rache, ich jedoch will ihm helfen, weil ich ihn gerne hab, das ist ein Unterschied. Und das Mitleid für Roxas ist kein Scheingefühl, das ist echt!“ Naminé sprang auf, sie zitterte leicht, als sie DiZ‘ gelbes Auge fixierte. „Ich will nicht mehr in anderer Leute Erinnerungen herumpfuschen, sie Dinge glauben zu lassen, die nicht wahr sind. Das habe ich mit Sora gemacht, weil ich einsam war, ich war EINSAM! Das ist ein Gefühl, wenn ich als Niemand so gefühllos wäre, wie du immer predigst, dann hätte ich das niemals getan. Ich will Sora helfen, aber ich will auch Roxas helfen, ich habe in seine Erinnerungen gesehen, ich weiß, was er durchgemacht hat. Du glaubst, kein Niemand hat das Recht auf irgendwas... du irrst! Roxas hat das Recht darauf, zu wissen, wer er ist. Ich mag vielleicht bald vergehen, mein Körper ist instabiler als der anderer Niemande, weil ich unter besonderen Umständen geboren wurde, aber wenn ich sterbe, will ich nichts mehr bereuen.“ DiZ schwieg, als Naminé stoppte und schwer atmend vor ihm stand. Jetzt hatte sie ihm endlich ihre Meinung gesagt, sie hatte das schon lange vor gehabt, aber sich nie getraut, vor allem weil sie in der Regel ja eher zurückhaltend war. Der Kerl jedoch wollte Roxas offenbar trotz allem in diesen Computer schicken, damit Naminé ganz leicht an Soras Erinnerungen weiterarbeiten konnte...da würde sie nicht mitmachen, sie hatte ihre Entscheidung getroffen. „Und was tust du, wenn du es nicht schaffst, die Erinnerungen an Kairi an Sora zurückzugeben, solange Roxas nicht als Daten in der Computerwelt ist?“, fragte DiZ schließlich leise. Mit geballten Fäusten schaute Naminé zu Boden. „Dann... muss ich mich entscheiden, welches Versprechen mir wichtiger ist... aber ich werde es schaffen...“ Sie fuhr sich kurz über die Augen und verließ dann den Raum, ließ DiZ nachdenklich im Speisesaal zurück. Zurück in der Eingangshalle atmete das Mädchen tief durch und hielt dann nach Roxas Ausschau – doch er war nicht da. „Roxas?“, rief sie argwöhnisch. Er war doch nicht etwa wieder verschwunden... nein, das würde er nicht machen. Aber wo... „Oh nein... nein!“ Hastig rannte Naminé los, stolperte die Treppe hoch, wenn der geheime Weg in der Bibliothek zum Computerraum und Kapselraum unter dem Haus offen war... und Roxas zu Sora hineinging... sie musste das verhindern! Mit langsamen Schritten ging Roxas durch den Kellergang, die Augen ins Leere gerichtet. Er bemerkte die Kapseln an der linken Seite des Ganges gar nicht, genausowenig wie die beiden Gestalten, die in zwei von den Kapseln schliefen. Irgendetwas zog ihn an... da, hinter der Tür, als der Gang nach rechts abbog. Roxas dachte gar nicht daran, sich gegen diesen Drang zu wehren, er dachte an gar nichts, ging auf die Tür zu und stoppte davor. Dahinter... etwas war dahinter... oder Jemand... irgendwas, das ihn anzog. Langsam und wie in Trance hob der Blonde einen Arm, wollte schon weitergehen... als er plötzlich ganz am Rande seiner Wahrnehmung eine Stimme vernahm und jemand von hinten seine dünnen Arme um ihn schlang und festhielt. „Nicht da rein, Roxas! Komm zurück, los.“, hörte er die Mädchenstimme wie aus weiter ferne. Er kam nicht weiter vorwärts, die dünnen Arme hielten ihn zurück, er kam nicht vorwärts... zu dem Ding, das ihn anzog... „Da drin ist Sora! Du willst doch nicht verschwinden, oder? Das hast du selbst gesagt, also komm mit zurück!“, sagte die vertraute Stimme, die langsam näher zu kommen schien und lauter wurde. „Wenn du da reingehst, wirst du zu Sora zurückkehren, du wirst verschwinden!“ Jetzt hörte er Naminés Stimme deutlich und begriff auch, was sie ihm sagte. Roxas blinzelte verwirrt und hörte mit dem Versuch auf, durch die Tür zu kommen und stand still da. Langsam zog Naminé, die ihn immer noch von hinten quasi umarmte, zurück den Gang entlang, und Roxas schritt fast schon willenlos mit. Verschwinden... nein, er wollte nicht verschwinden... was hatte er sich dabei gedacht, hierherzukommen... er hatte eine Aufgabe... er konnte, er wollte nicht veschwinden... Am Rande nahm er wahr, wie Naminé ihn losließ und stattdessen nun seine Hand nahm und ihn daran sanft weiterzog. Er ließ sie machen, ging einfach mit, den seltsamen Drang diesen Raum zu betreten jedoch immer noch in sich fühlend. Es kostete ihn einiges an Willenskraft, um nicht wieder zurückzustapfen und Naminé dabei mit sich zu ziehen, wenn er musste... Kurz darauf, aber ihm kamen es wie Stunden vor, bugsierte Naminé ihn auf einen Stuhl und als Roxas etwas benommen aufsah, sah er Weiß. Einen weißen Tisch, auf dessen Mitte eine weiße Vase mit weißen Blumen standen, weiße Wände und weiße Vorhänge, durch die sanftes Licht hineinschien. Ein paar gemalte Bilder hingen an den Wänden und auf der anderen Seite des Tisches lagen ein Zeichenblock und ein paar bunte Stifte. „Sind wir wieder im Schloss des Entfallens...?“, fragte Roxas müde, mit einer Stimme, die ihm wieder so vorkam, als wäre es nicht seine eigene. „Nein, wir sind noch im Herrenhaus, das ist quasi mein Zimmer.“, antwortete Naminé, beugte sich ein wenig vor und sah Roxas besorgt an. „Bist du in Ordnung?“ „Ich... ich weiß nicht, ich komm mir so vor, als wäre ich gerade aus einem Traum erwacht...“, sagte die ehemalige Nummer XIII und schüttelte leicht den Kopf. „Was ist passiert..?“ „Du wärst um ein Haar in den Raum gegangen, in dem Sora schläft. Offenbar hat sein Herz dich angezogen und du konntest nichts dagegen tun. Ich bin gerade noch rechtzeitig gekommen, sonst wärst du wohl... weg gewesen...“, sagte das Mädchen leise. Roxas sah sie an, in ihre schönen blauen Augen... ja, sie kam ihm bekannt vor... sie sah wie Kairi aus... aber das waren Erinnerungen, die ihm nicht gehörten. Kurz schloss er die Augen, um die Erinnerung an dieses rothaarige Mädchen, das gerade vor seinem geistigen Auge erschien, wegzuschlagen und sich auf das Mädchen vor ihm zu konzentrieren. „Danke, du hast mich schon wieder gerettet.“, sagte er und lächelte die Blonde schwach an. „Ist schon gut, ich habe es dir ja versprochen... aber ich sollte langsam anfangen.“, meinte Naminé. „Was ist mit diesem Kerl, diesem DiZ?“ „Ich denke, ich habe ihn überzeugt. Er lässt mich es versuchen.“ „Oh... gut.“ Roxas senkte kurz den Kopf. Dann fragte er: „Muss ich irgendetwas tun?“ „Nein, du musst gar nichts tun.“, sagte Naminé freundlich und ging um den Tisch herum, um sich auf den Stuhl gegenüber zu setzen. Dann nahm sie den Zeichenblock, der dort auf dem Tisch lag – und fing zu Roxas‘ Überraschung einfach an zu malen. Sie malte? Jetzt? Sollte sie nicht eigentlich...? „Ähm, hast du nicht gesagt, du wolltest langsam anfangen?“, fragte der Blonde ein wenig verwirrt. Eigentlich hatte er gedacht, sie wollte mit Soras Erinnerungen anfangen, und nicht mit zeichnen... „Ich bin bereits dabei.“, sagte Naminé, sah auf und lächelte bei Roxas‘ verständnislosem Blick. „Ich mache das immer so, hab ich das ganze Jahr über gemacht. Während ich an Soras Erinnerungen weiterarbeite, male ich nebenher Bilder, die meistens auf seinen Erinnerungen beruhen. Das hilft mir, mich zu konzentrieren.“ „Verstehe... aber ich dachte, du müsstest dazu bei Sora sein... also in diesem Raum, in den ich vorhin fast reingegangen wäre.“ „Nicht unbedingt, als Sora im Schloss des Entfallens war habe seine Erinnerungen fast quer durch das Schloss manipuliert... Die Entfernung von hier zu dem Raum ist nicht so groß.“ Dann senkte das Mädchen den Blick wieder auf ihren Block. Roxas sah sie ein wenig unsicher an, ob er sie störte, wenn er jetzt noch weitere Fragen stellte? Am besten, er ließ es erst mal sein. Sein Blick ging wieder durch das Zimmer. Hinter dem Stuhl, auf dem Naminé saß, stand an der Wand eine Art weißer Schrank, hinter Roxas war eine weiße Kommode. Er sah in dem Zimmer jedoch kein Bett... wo schlief Naminé dann? Ein wenig seltsam fand er es schon, vor allem weil sie ja gesagt hätte, das hier wäre quasi ihr Zimmer. Roxas‘ Aufmerksamkeit zog sich nun auf die Bilder, die hier und da an der Wand hingen, einige waren auch einfach auf dem Boden verstreut. Ewtas neugierig stand Roxas auf und hob das Bild auf, welches in der Nähe seines Stuhles lag. Zwar hatte er keine Ahnung von solchem Zeug, aber er fand es eigentlich nicht schlecht gezeichnet. Er sah eine Art Insel mit einem Strand... es wirkte vertraut. Natürlich, das war die Insel, wo er in seinen Träumen diese Kairi gesehen hatte. Nachdem er das Bild noch einige Sekunden angesehen hatte, legte er es auf den Tisch und trat vor eines, das links von dem großen Fenster hing, und stutzte. Darauf erkannte Roxas eine Gestalt mit schwarzer Kleidung und blonden, stacheligen Haaren. Neben ihm stand ein etwas größere Gestalt, ebenfalls mit schwarzen Klamotten aber stacheligen roten Haaren. Etwas im Hintergrund standen zwei andere Figuren, die man jedoch nicht erkennen konnte. „Bin das... ich? Und Axel?“, murmelte der Blonde. Offenbar war es so, wer sollte denn sonst noch solche Haare haben? Axel... nein, er wollte jetzt nicht an ihn und das was er getan hatte denken. Als der Niemand sich wieder in Bewegung setzen wollen, zuckte er kurz zusammen, seine Verletzung schmerzte wieder. Eigentlich wäre es gut, wenn er sie sich nochmal ansehen würde. Langsam hob er die Hand zu dem Reißverschluss seines Mantels... „Nicht!“, rief Naminé plötzlich, Roxas fuhr höllisch zusammen und sah sie verdattert an. „Was?“, brachte er heraus. „Zieh den Mantel nicht aus!“, sagte sie ernst. „Erst dadurch hat Axel dich vorhin überhaupt gefunden, genauso wie ich. Der Mantel sorgt dafür, dass deine Aura nicht auf größere Entfernung erspürt werden kann. Das ist kein normaler Mantel, er ist besonders.“ „Deswegen hat er mich gefunden? Mann, ich bin so dämlich...“, murmelte Roxas und ließ die Hand wieder sinken. „Aber was meinst du mit besonders? Ich dachte bis jetzt, das wäre nichts weiter als ein stinknormaler Mantel...“ „Du hast doch schon viele Kämpfe überstanden und bestimmt auch viele Treffer eingesteckt. Ist dir nie aufgefallen, dass der Mantel dabei nie zerfetzt oder beschädigt wurde?“, antwortete Naminé, die Augen nun jedoch wieder auf ihren Block gerichtet „Öhm... nicht wirklich...“, meinte Roxas und kratzte sich etwas verlegen am Kopf. „Der Mantel ist zudem auch noch jeden Umweltbedingungen gewachsen, egal ob stürmender Regen oder glühende Hitze. Er beschützt den Träger auch noch vor der Dunkelheit in den dunklen Portalen und, wie schon gesagt, unterdrückt er die Aura des Trägers, damit er nicht so leicht gefunden werden kann.“, erklärte das Mädchen und nahm einen anderen Stift in die Hand. „Das weiß ich von DiZ, weil ich ihn mal gefragt habe, warum Riku unbedingt so einen Mantel tragen sollte.“ „Verstehe...“ Schon wieder hatte sie ihn vor einer Dummheit bewahrt, sie wusste wirklich viel, und Roxas kam sich plötzlich ziemlich dumm vor. Er hatte selten Antworten auf seine Fragen bekommen... aber Naminé schien ihm nichts vorenthalten zu wollen, sie würde ihm sicher alle seine Fragen beantworten. „Ähm, Naminé?“, fing er langsam und etwas zögernd an. „Ja?“ „Störe ich dich, wenn ich dir noch ein paar Fragen stellen würde?“ „Nein, frag ruhig, ich werde versuchen, dir darauf auch Antworten zu geben, sofern ich sie kenne.“, sagte sie und sah kurz lächelnd zu ihm auf. „Oh, danke.“, sagte Roxas erleichtert, zögerte dann aber kurz. Jetzt, wo er die Möglichkeit hatte, auf alles was ihn beschäftigte, oder beschäftigt hatte, Antworten zu erhalten, wusste er im ersten Moment gar nicht, mit welcher Frage er anfangen sollte. Schließlich fragte er dann: „War dieser Riku... ein Freund von dir?“ „Nunja, sozusagen war er das.“, antwortete Naminé etwas zögerlich. „Ich habe ihm vertraut und ihm vesprochen, mich um Sora zu kümmern.“ „Bist du traurig, weil ich ihn besiegt habe? Müsstest du mich eigentlich nicht deswegen... hassen?“ „Ich bin traurig, ja, aber er war bereit, für unser Vorhaben sein Leben zu geben, wenn er musste. Er würde nicht wollen, dass ich mich durch sein Scheitern von unserer Sache ablenken lassen würde. Aber er ist nicht tot... auch wenn sein momentaner Zustand wohl kaum als besser zu bezeichnen wäre.“ „Seine Finsternis hat ihn verschluckt, ich habe es gesehen, bevor ich gegangen bin.“ „Bevor ich ihn aus meiner Wahrnehmung verloren habe, erkannte ich das auch. Jetzt streift er irgendwo umher, aber ich weiß nicht, ob...“ Sie hielt kurz inne, dachte offenbar an etwas Bestimmtes, sprach dann nicht weiter. „Okay... ähm...“ Roxas zögerte, er wollte was diesen Riku betraf jetzt nicht weiter auf sie eindringen, also stellte er eine andere Frage: „Wieso hat die Organisation dich eigentlich bis jetzt nicht gefunden?“ Jetzt kicherte Naminé leise. „Spürst du es nicht?“ „Was soll ich spüren?“ Sie sah zu ihm auf, lächelte. „Wirklich nicht?“ „Was soll ich spüren?“, wiederholte Roxas verwirrt. „Ich spüre nichts, was hat das mit der- oh.“ Jetzt hatte er es begriffen, warum fiel ihm auch das erst jetzt auf? Er konnte Naminés Aura nicht wahrnehmen, obwohl sie kaum einen Meter von ihm entfernt war. „Ich kann meine Aura unterdrücken... nicht, dass das der Rede wert wäre, sie ist zwar etwas absonderlich, aber nicht besonders stark und ausgeprägt.“, sagte Naminé und wandte sich wieder ihrer Zeichnung zu. „Deswegen haben sie mich in dem letzten Jahr nicht gefunden, zum Glück.“ Roxas nickte, eigentlich wollte er noch etwas fragen... wenn ihm etwas einfallen würde, für den Moment war das jedoch nicht der Fall. Also ging er mit langsamen Schritten neben Naminés Stuhl und schaute ihr beim Malen zu. „Hey, das ist doch...“, fing der Niemand an, als er die zwei Figuren auf dem Bild sah. Die Rechte war er selbst, er hielt offenbar die Hand eines braunhaarigen Jungen mit roten Hosen. „Sora und du.“, sagte Naminé und nahm einen schwarzen Stift in die Hand, hielt ihn kurz an ihre Lippen. „Weißt du, ich habe eigentlich geglaubt, letztendlich müsstest du doch zu ihm zurückkehren, ob nun freiwillig oder unfreiwillig. Aber...“ Sie setzte den Stift auf das Papier und zog eine gezackte Linie quer von oben über das Bild, sodass der Schnittpunkt der kleinen Hände von den beiden Sora- und Roxas-Zeichnungen zerschnitten wurde, wie eine Trennwand nun zwischen den Figuren schwebte. Naminé lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück und sah zu Roxas auf, lächelte wieder. „Der Versuch gelingt, ich kann die Erinnerungen von Sora zu ihm zurückbringen, ich habe gerade das Glied der Kette mit den Erinnerungen an Kairi in dir gelöst. Du musst nicht verschwinden, Roxas.“ Kapitel 6: Ruhepause -------------------- Dunkelheit... Dunkelheit... um ihn herum war nichts als Dunkelheit, finstere Schwärze. Er stand in ihr, er fiel durch sie, sie verschlang ihn... was war passiert...? Ach ja... er hatte gegen Soras Niemand verloren... und dann... hatte er wieder verloren, gegen die Finsternis in sich, die Ihm gehörte und er geglaubt hatte, zu beherrschen. Er schloss die Augen, es machte keinen Unterschied, alles war finster, er war allein in der Dunkelheit... nein... er war nicht allein... „Nun, Riku? Wie fühlt es sich an?“, hallte eine dunkle Stimme an sein Ohr, eine verhasste Stimme, der er sich damals hingegeben hatte. „Ist sie nicht wunderbar, diese großartige Finsternis?“ „Sei still...“ „Hahaha, du solltest froh sein, ohne mich wärst du gestorben. Ein bisschen mehr Dankbarkeit wäre doch angebracht, Riku“ „Der Tod wäre mir lieber, als wieder von dir kontrolliert zu werden, Ansem.“ Riku lachte leise. „Ansem... du nennst dich nur so, du hast keinen Namen... du bist nur der Herzlose eines Mannes, der Ansems Schüler gewesen war...“ „Das spielt keine Rolle, denn ich bin jetzt wieder frei, dein Körper, deine Fähigkeiten sind wieder mein. Ich werde zu Ende bringen, was ich begonnen habe. Alles Licht soll erlöschen, die ewige Dunkelheit soll herrschen!“ Wahnsinniges Lachen erschallte in dem dunklen, unbegrenzten Raum. „Und diesmal wird Sora mir nicht mehr in die Quere kommen, und du kannst mir nichts mehr anhaben, deine Macht ist gebrochen, Riku.“ Ansem hatte Recht... er konnte nichts mehr tun... es war vorbei... er fühlte sich schläfrig... „Sora...“, flüsterte Riku noch einmal mit schwacher Stimme... dann schwanden ihm wieder die Sinne... Nach wie vor schien Kingdom Hearts über der Welt, die niemals war, und tauchte die dunkle Stadt in sanftes Mondlicht, das Schloss der Niemande schwebte drohend und gewaltig mitten in der Stadt, fast alle Insassen waren unterwegs, nur einer war noch da, stand auf dem höchsten Turm, dem Altar des Nichts, und schaute zu dem herzförmigen Mond hinauf. „Auf ein Problem folgt das nächste...“, murmelte Xemnas. Er konnte ihn spüren, er war wieder da, dieses dumme Wesen, das zusammen mit ihm selbst aus seinem Jemand geboren wurde und sich ‚Ansem, jener der die Dunkelheit sucht‘, nannte. Und er war stärker denn je. Aber trotz allem nicht so stark wie die Nummer I der Organisation. Dennoch könnte dieser Herzlose ein Problem werden, in seiner unersättlichen Gier nach absoluter Zerstörung. Xemnas gab einen kleinen Laut des Missfallens von sich. Während er selbst alle Erinnerungen an seinen Jemand, Xehanort, behalten hatte, war dem Herzlosen, wenngleich er eine menschliche Gestalt behielt, nichts weiter als als das Verlangen nach ewiger Dunkelheit geblieben. Offenbar eine Nachwirkung seiner Anziehung an die Dunkelheit, die er schon als Mensch gehabt hatte. Zwar war dieser falsche Ansem ein Problem, weil er, wie Xemnas kurz zuvor von einem Bericht seiner Untergebenen erfahren hatte, nun wieder damit begann, ganze Welten zu zerstören, aber dadurch ergab sich womöglich auch ein nicht ganz unerheblicher Vorteil. In der Organisation herrschte Personalmangel, wenn durch die Zerstörungswut des Herzlosen also wieder Menschen mit starken Herzen in die Finsternis gezogen wurden könnte es gut möglich sein, dass die Organisation wieder neue Rekruten erhalten würde... vielleicht. „Hmhm... was ist dein Wille, Kingdom Hearts? Was wird die nicht zu ferne Zukunft bringen?“, flüsterte Xemnas und lächelte düster. „Wird das Schlüsselschwert unseres Verräters uns richten oder das des wahren, schlafenden Meisters? Oder werden wir ihn niederschlagen und unterwerfen? Es sind bereits drei Tage vergangen, seit Roxas wieder hier war. Bestimmt wird er bald erneut auftauchen. Oh, Kingdom Hearts, beobachte, wie wir ihn richten. Schon bald wirst du wieder Herzen bekommen, die du so sehr begehrst.“ Der Mond nahm seine Worte mit Schweigen auf, hing ungerührt und mit großer Macht am dunklen Himmel, und Xemnas lachte finster. „Ha-Hatschi!“ Roxas nieste und rieb sich die Nase. Redete da gerade jemand über ihn? Etwas steif stand er von der Wand des weißen Zimmers auf, an der er gedöst hatte und streckte sich. Er sah sich nach Naminé um, sie war nicht da. Leise seufzte Roxas, jetzt war er schon fast zwei Tage hier. Sicher war er glücklich gewesen, als Naminé ihm von ihrem Erfolg berichtet hatte, aber nun befiel ihn doch eine leichte Ungeduld. Er war wieder vollständig genesen, eigentlich könnte er sofort aufbrechen und zum letzten Kampf mit der Organisation anreten, zu sehen, ob sein Glaube sich als wahr erweisen würde, sobald er Kingdom Hearts freigelassen hätte. Aber offenbar war das zurückschicken der Erinnerungen an Kairi in dem Blonden nicht so leicht, wie das betreffende Kettenglied zu lösen. Naminé lief immer wieder zwischen Sora unten im Keller und Roxas hier oben im Zimmer hin und her, blieb abwechselnd bei jedem ein paar Stunden. Als Roxas sie danach gefragt hatte, was das denn bringen sollte, antwortete sie: „Es erleichtert mir den Vorgang ein wenig, wenn ich abwechselnd bei euch beiden bin. Es ist etwas schwieriger als ich gedacht hatte, die Erinnerung zurückzugeben. Sie hat sich in deinem Gedächnis eingenistet, nur weil ich sie gelockert habe, will sie offenbar nicht so leicht zurück zu ihrem wahren Besitzer, dazu hat sie sich etwas zu fest an dich geklammert. Aber keine Sorge, gib mir ein paar Stunden und ich schaffe das.“ Aus den paar Stunden war schließlich etwas mehr als ein Tag geworden, in dem der Blonde nur in dem weißen Zimmer gehockt war. Es war zu gefährlich, den Raum zu verlassen, falls er wieder von Soras Herzen angezogen wurde. Zwar spürte er den Drang auch hier, allerdings nur am Rande, stattdessen hatte er ab und an kurze, aber heftige, Kopfschmerzen gehabt. Das Herrenhaus verlassen konnte er auch nicht, weil er dann zu weit von Sora entfernt wäre, als dass Naminé dann noch weitermachen könnte. Also war er die meiste Zeit damit beschäftigt gewesen, nachzudenken. Über sich, über sein Vorhaben... vor allem aber über das, was danach kam. Sein ganzes Leben hatte er etwas gehabt, nach dem er sich richten konnte, zuerst die Organisation und jetzt seinen Glauben. Aber wenn dieser sich erfüllte – oder nicht erfüllte – was dann? Was kam danach? Er erinnerte sich noch gut daran, wie unentschlossen er sich gefühlt hatte, kaum dass er die Welt, die niemals war, verlassen hatte. Aber dann setzte seine Erinnerung aus und erst wieder ein, als er mit seiner festen Entschlossenheit, Kingdom Hearts zu befreien, zurück die diese dunkle Welt gekommen war – was dazwischen war, wusste er nicht, da war nur Leere. Es gab ihm ein Rätsel auf, wenn er so darüber nachdachte, aber es war ihm nicht so wichtig, als dass er sich darüber groß Gedanken machte. Er würde jetzt, so kurz vor der Entscheidung, garantiert nicht zweifeln oder über Dinge nachdenken, die unwichtig waren. Dazu hatte er Zeit, wenn alles vorbei war. Roxas stieß einen leichten Seufzer aus. Wenn Naminé hier wäre, könnte er jetzt wenigstens mit ihr reden, aber sie war wohl noch unten bei Sora. Ausgeruht hatte er sich schon genug, mit was konnte er die Zeit totschlagen? Die Bilder an den Wänden hatte er schon alle begutachtet, vor dem Fenster passierte absolut nichts interessantes. Sein Blick fiel auf Naminés Zeichenblock, der zurückgelassen neben ein paar Stiften auf dem Tisch lag. Roxas hatte ihn noch nicht durchgeschaut, ob darin auch Bilder waren? Denn die paar Bilder, die an den Wänden hingen, konnten doch nicht alle sein, wenn Naminé schon fast ein Jahr hier war. Kurz kam ihm der Gedanke, dass Naminé vielleicht böse auf ihn sein würde, wenn er ihren Block durchstöberte... aber das war ja kein Tagebuch oder so... also war es okay, nicht? Also nahm Roxas den Zeichenblock in die Hand blätterte ihn durch. Tatsächlich waren da noch einige Bilder drinnen, manche allerdings unvollständig, als hätte Naminé mittendrin zu malen aufgehört und später nicht mehr daran weitergemacht. Aber kaum eines der Bilder kam ihm bekannt vor. Bei einem Bild jedoch, fast ganz unten im Block, stutzte er. Da waren er und Axel, offenbar auf dem Bahnhofsturm in Twilight Town... und da war noch eine Person neben ihnen... sie hatte schwarze Haare. Plötzlich ging die Tür des Zimmers auf und Roxas zuckte zusammen, als Naminé eintrat. „Normalerweise fragt man doch, bevor man sich die Sachen Anderer ansieht, nicht?“, fragte sie Roxas, lächelte aber dabei. „Tut mir Leid, mir war langweilig und-“, stammelte der Niemand und legte den Block schnell wieder auf den Tisch, das Bild war noch aufgeschlagen. Naminé trat zu ihm und warf einen kurzen Blick auf das Bild, sagte nichts. „Wer ist das...?“, fragte Roxas und zeigte darauf. „Ich kann mich nicht erinnern, dass jemals einer mit mir und Axel auf dem Bahnhofsturm war.“ „Ich weiß es nicht, ich weiß nicht einmal, wann und ob ich das Bild überhaupt gemalt habe...“, antwortete das Mädchen langsam. „Aber da ich eigentlich nur Dinge male, die dich oder Sora betreffen, müsste diese Person eigentlich in eurem Gedächtnis sein, bei Sora war da aber nichts...“ Sie sah zu Roxas auf. „Also müsstest du diese Person eigentlich kennen.“ Erneut sah Roxas auf die Zeichnung... nein, da war nichts, Axel und er hatten immer allein Eis gegessen, da war er sich sicher. Er schüttelte den Kopf. „Nein, ich kenne sie nicht. Und wenn doch, dann war sie sicher nicht wichtig, weil ich sie sonst nicht vergessen hätte. Ich will mich jetzt nicht ablenken lassen.“, meinte der Blonde entschieden und schaute dann wieder zu Naminé. „Wie läuft es mit Sora?“ Ein glückliches Lächeln zierte jetzt ihre Lippen. „Ich bin fertig, in ein paar Stunden wird er wohl aufwachen.“ Roxas erwiderte das Lächeln leicht. „Gut. Aber warum wacht er nicht sofort auf?“ „Nun, er muss erst seine Kräfte wieder sammeln, glaube ich. Die ganze Zeit befand er sich in einem besonderen, dauerhaften Schlaf, jetzt schläft er sozusagen ‚normal‘, also wird er von selbst aufwachen, sobald er ausgeruht ist.“ Sie dachte kurz nach. „Vermutlich muss er den Teil der Kraft in sich wiederherstellen, den du ausmachst.“ Roxas nickte, was jetzt kam, war ihm egal. Sora würde aufwachen, sein Job war hier erledigt. Da kümmerte es ihn jetzt nicht besonders, wenn Sora durch seine Schuld noch ein wenig länger schlafen musste. Mit leicht verwirrtem Blick merkte Roxas plötzlich, wie Naminé traurig zu Boden sah. „Was hast du? Bist du nicht glücklich, dass du dein Versprechen halten konntest?“, fragte Roxas. „Doch, sogar sehr. Aber jetzt, wo meine Aufgabe erledigt ist, weiß ich nicht, was ich tun soll.“, sagte sie leise. „Bleib doch bei Sora, wenn er aufwacht.“, meinte Roxas. „Nein, er hat beschlossen, seine alten Erinnerungen wiederzubekommen und mich zu vergessen. Ich gehöre nicht zu diesen Erinnerungen, er kennt mich nicht mehr. Ich kann nicht hier bleiben, ich vermute, dass DiZ mich nun loswerden will, weil ich immer noch ein Ziel für die Organisation bin. Und du wirst jetzt gehen, dein Vorhaben verwirklichen, oder dabei sterben.“ Naminé sah auf und lächelte schwach. „Vermutlich bleibt mir nichts anderes übrig, als zu meinem Jemand zurückzukehren, bevor ich von selbst verschwinde.“ Für den Augenblick sah Naminé für Roxas so hilflos und niedergeschlagen aus, dass er den Drang verspürte, sie irgendwie aufzumuntern. Einer plötzlichen Idee zufolge nahm er ihre Hand und grinste. „Komm mit.“ Und er zog sie aus dem Zimmer. „Wo willst du hin?“, fragte sie überrascht, als sie hinter Roxas die Treppe in der Eingangshalle des Herrenhauses hinunterstolperte. „Wirst du sehen.“, meinte die ehemalige Nummer XIII und verließ mit dem Mädchen das Haus. Kaum war die Tür zugeschlagen, sah DiZ, der unbemerkt von den beiden Niemanden in den Schatten des Raumes gestanden hatte, mit seltsamen Ausdruck im Auge auf. Es lief alles nicht so, wie er es sich gedacht hatte. Aber das Resultat würde das selbe sein, in wenigen Stunden würde Sora erwachen. Die Frage war nun nur, ob er ohne Roxas‘ Kraft die Organisation herausfordern konnte, trotz der Hilfe seiner Gefährten Donald und Goofy. Er bezweifelte es, dass Roxas ganz alleine die restlichen Mitglieder der Organisation vernichten konnte. Wenn doch, wäre das ebenfalls gut, gut für ihn und alle Welten. DiZ wollte Rache, Xehanort sollte bezahlen. Wenn er diese Kinder benutzen musste, sie opfern musste, dann sollte es so sein... für den Moment hoffte er nur, dass Naminé keinen Unsinn machte, denn sie würde jetzt bestimmt nicht mehr zurückkommen. Mit langsamen Schritten ging DiZ Richtung Computerraum, er wollte Soras Zustand und den seiner Gefährten bis zu ihrem Erwachen noch überwachen. Und dann würde er weiter beobachten, wie sich die Dinge entwickelten... Die untergehende Sonne tauchte die Stadt in das vetraute und schöne Dämmerlicht, als Roxas und Naminé auf dem Bahnhofsturm ankamen. Roxas hatte sie resolut hier heraufgezogen, auf dem Weg noch zwei Meersalz-Eis besorgt und setzte sich nun, wie schon so viele Male, auf die Balustrade und ließ die Beine baumeln. „Komm, setz dich.“, sagte er dann zu Naminé. Sie nickte und ließ sich dann neben dem Niemand nieder, bestaunte den Sonnenuntergang und die Aussicht über Twilight Town, die man von hier hatte. „Ich war noch nie hier oben.“, meinte die Blonde. „Nicht? Aber Meersalz-Eis hast du doch bestimmt schon mal gegessen, oder?“, fragte Roxas und hielt ihr Eines hin. „Doch, hab ich ab und zu. DiZ mag das Zeug...“, antwortete sie und nahm das Eis. „Danke.“ Für eine Weile schwiegen die beiden, knabberten an ihrem Eis und sahen der untergehenden Sonne zu. Während er hier saß, überkam Roxas ein schwaches Gefühl von Traurigkeit. Wie oft hatte er hier mit Axel, seinem besten Freund, Eis gegessen? Sehr oft, fast jeden Tag. Und wenn er allein hier oben gewesen war, hatte ihm das Eis nie geschmeckt, als würde er es nur aus Gewohnheit essen. „Du warst oft mit Axel hier, nicht?“, riss ihn Naminé aus seinen Gedanken. „Ja... es war sozusagen eine Art tägliches Ritual, dass wir uns nach unseren Missionen immer hier getroffen haben.“, meinte Roxas leise. „Aber die Zeiten sind wohl vorbei...“ „Weißt du, du solltest nicht so schnell aufgeben was Axel betrifft.“, sagte Naminé und Roxas schaute sie verwirrt an. „Er hat mich bekämpft, hätte mich fast besiegt, wenn du nicht gewesen wärst. Freunde würden so etwas nicht tun...“ „Selbst Freunde kämpfen manchmal.“, sprach das Mädchen und knabberte an ihrem Eis, schaute auf den Horizont. „Wenn sie unterschiedlicher Ansichten sind, zum Beispiel, was bei euch ja sozusagen der Fall ist. Aber hinterher versöhnen sie sich wieder, wenn sie wirklich Freunde sind. Ich bin sicher, wenn der Zeitpunkt gekommen ist, wird Axel da sein und dir helfen.“ „Naja, ich weiß nicht...“, murmelte Roxas, doch dann grinste er sie plötzlich schief an. „Eigentlich wollte ich dich aufmuntern, und nicht umgekehrt, deswegen hab ich dich ja hergebracht.“ „Lieb von dir, aber in Anbetracht dessen, was du in kurzer Zeit tun wirst, ist es doch eher besser, wenn du dich um dich selbst kümmerst. Und das meine ich nicht böse.“, schloss sie mit einem Lächeln, wurde dann aber wieder ernst. „Du willst wirklich die ganze restliche Organisation alleine bekämpfen? Auch wenn du stark bist, wenn sie sich alle gleichzeitig mit dir befassen, nützt dir auch dein Schlüsselschwert nichts. Und wenn du sie auch nacheinander bekämpfst, wirst du nicht so lange fit bleiben, bis du alle besiegt hast. Dann wirst du verlieren und sie werden dich gefangennehmen.“ „Vielleicht, aber ich lasse mich nicht von meinem Vorhaben abbringen. Ich werde Kingdom Hearts freilassen, das werde ich so oft sagen, bis es geschehen ist. Und solange du dich nicht fangen lässt, werde ich der Organisation, falls sie mich schlagen, nicht gehorchen.“, sagte Roxas und a´den letzten Rest seines Eises, betrachtete den Stiel in seiner Hand nachdenklich, ein Wort war darauf eingraviert. „Entweder ziehe ich das in einem Rutsch durch, oder ich sterbe dabei. Ich will, dass alles wieder so wird, wie es war. Daran glaube ich, es wird alles okay sein...“ „Ich hoffe für dich, dass es so sein wird...“, flüsterte das Mädchen. „Hier, ich habe etwas für dich.“ Verwundert sah Roxas, wie Naminé quasi aus dem Nichts eine kleines, goldenes Gefäß hervorzog ihm hin hielt. „Ein Elixier?“, staunte die ehemalige Nummer XIII und nahm das wirkungsvolle Heil-Item an. „Wo hast du das her?“ „Spielt keine Rolle, aber du wirst es bestimmt brauchen. Ich habe es ein wenig präpariert, es reicht für drei Anwendungen. Du solltest also sparsam damit umgehen.“, sagte Naminé. „Vielen Dank... ich bin dir sehr dankbar... für alles...“, flüsterte Roxas ein wenig stockend. Dieses Mädchen hatte in den letzten Tagen so viel für ihn getan, ihm die Wahrheit über seine Herkunft erzählt und überhaupt. Irgendwas... er musste doch zumindest eine kleine Gegenleistung bringen... „Hör mal, Naminé...“, fing er an und sah ihr in die Augen. „Ich möchte dir etwas versprechen. Ein Versprechen, dass wir uns wiedersehen, sobald ich zurückkehre. Dann haben wir wenigstens noch so etwas wie ein Ziel... oder?“ Sie sah ihn lange ausdruckslos an, als sie sprach klang es so, als wäre sie gedanklich ganz wo anders. „Ich glaube auch, dass wir uns wiedersehen... aber vielleicht erkennen wir dann einander nicht mehr...“ „Wie meinst du das?“ „Nichts... vergiss es.“, meinte das Mädchen und lächelte nun wieder. „Wir werden uns wiedersehen, wenn alles vorbei ist. Versprochen.“ „Versprochen.“ Roxas hielt ihr seinen Eisstiel hin, ‚WINNER‘ stand darauf. „Den hier gebe ich dir. Gib ihn mir wieder, wenn wir uns das nächste Mal sehen. Dann werden wir wieder zusammen Eis essen.“ „Okay, so machen wir es.“, lächelte Naminé. Es wurde Zeit... Zeit zu gehen, die Sonne war schon fast untergegangen. Langsam stand Roxas auf und Naminé tat es ihm gleicht, den WINNER-Eisstiel noch in der Hand. Beide sahen sich noch einige Sekunden an, dann zog Roxas die Kapuze seines Mantels über. „Wir sehen uns...“, sagte er und öffnete ein dunkles Portal. „Viel Glück, Roxas.“, flüsterte Naminé, als er in der Dunkelheit verschwand. Eine Weile stand sie noch alleine auf dem Bahnhofsturm, die Sonne versank hinter dem Horizont. Überlegend hielt das Mädchen sich einen Finger an die Lippen und sah den Eisstiel an. Roxas konnte alleine nicht gewinnen... nicht einmal Sora würde das im Vollbesitz seiner Kräfte können... Roxas würde verlieren, da würde selbst das Elixier nicht viel helfen, außer er hatte viel Glück. Er brauchte Hilfe... und da gab es nur einen, auch wenn es verrückt war, nach ihm zu suchen, wo sie doch selbst auf der Liste der Organisation stand. Aber vielleicht könnte sie ihn überzeugen, vorausgesetzt, er würde sie zu Wort kommen lassen. Naminé öffnete ein anderes dunkles Portal, sie musste ihn schnell finden und hoffentlich würde er sich diesmal für Roxas entscheiden und nicht für die Organisation... Lärm von großen Baugeräten dröhnte durch die Stadt, ein schwarzhaariges Mädchen brüllte den Arbeitern ein wenig überheblich Befehle zu. „Nein, der Stein muss dahin, das Holz muss hier rüber! Pass doch auf!“ Ein braunhaariger Mann stand in der Nähe und schüttelte den Kopf. „Yuffie, brüll nicht so rum...“ Ja, dafür wäre auch ein gewisser rothaariger Niemand, der auf der hohen Mauer rund um Hollow Bastion stand und sich nach seinen Zielen umsah. Dämmerlinge hatte er bereits auf die Suche geschickt, nicht nur hier, sondern auch in anderen Welten, aber bislang ohne Erfolg. Jetzt hatte er bestimmt zwei oder drei Tage nicht geschlafen, dementsprechend dröhnte ihm der Kopf bei dem Maschienenlärm und dem Geschrei des Mädchens Yuffie. Als sie gerade wieder zu schreien anfing, weil einer der Arbeiter in den Maschienen gerade wohl unabsichtlich die Ladung fallen hat lassen, brachte sich Axel mit einem dunklen Portal außer Hörweite und fand sich kurz darauf in einem anderen Teil der Stadt wieder. „Ah, diese Ruhe, himmlisch!“, sagte Axel und atmete tief durch. Dann trat er genervt einen Stein über den Boden und schritt zwischen den Häusern hindurch, es waren keine Bewohner in Sicht. „Das ist doch bescheuert, die Beiden zu finden... die reinste Nadelsuche im Heuhaufen, die könnten ja überall stecken.“, grummelte der Rotschopf. „Ha, es wäre ein Wunder, wenn sie einfach so jetzt aus dem Nichts auftauchen würden, haha.“ Das Lachen blieb ihm im Halse stecken, als aus den Schatten zwischen zwei Häusern plötzlich ein blondes Mädchen mit weißen Kleidchen hervortrat.... was bei Kingdom Hearts...? „Ja, ist heute Tag der erfüllten Wünsche oder wie?“ Axel brauchte einige Sekunden, um sich wieder zu fassen. Da stand Naminé, einfach so, völlig schutzlos vor ihm und sah ihn einfach an. Spielte ihm sein Bewusstsein wegen Übermüdung nun schlechte Scherze? „Bist du echt?“, rutschte es ihm heraus und er zeigte auf das Mädchen, als könne es sich im nächsten Moment in Luft auflösen. „Ja, ich bin hier.“, erwiderte Naminé schlicht. Langsam ratterte es in Axels Kopf ein... da war sie... sein Ziel... so leicht... schon wieder... wie dämlich war sie bloß... Ein Grinsen kam über seine Lippen. Er hob die Hand und aus dem Nichts schossen drei Dämmerlinge auf das Mädchen zu... Als Roxas aus dem dunklen Portal trat umfing ihn die albekannte Dunkelheit der Welt, die niemals war. Jedoch vor ihm ragte das gewaltige Schloss der Organisation hell und bedrohlich vor ihm empor, ein grüner, fast durchsichtiger Weg führte hinauf zum Ruf des Nichts, welches sozusagen der ‚offizielle‘ Eingang war. In wenigen Momenten würden sie ihn bemerken... in wenigen Momenten würde Roxas seinen Glauben auf die Probe stellen... Sein Blick hob sich zum Himmel, ein kühler Wind berührte sein Gesicht unter der Kapuze. „Ich komme...“ Kapitel 7: Konflikt ------------------- Zischend umringten die Dämmerlinge Naminé und packten sie mit ihren langen, dünnen Armen, einer der Niemande wickelte sich elastisch wie ein Seil um ihre Beine und sie knickte ein, während die anderen beiden ihre Arme auf den Rücken drückten. Sie wehrte sich nicht, was Axel ebenfalls auffiel. „Nanu? Warum so gefügig?“, fragte er das Mädchen. „Du sträubst dich ja gar nicht...“, fügte er mit hochgezogener Augenbraue hinzu. „Willst du dich einfach so fangen lassen?“ „Nein, eigentlich will ich das nicht.“, antwortete Naminé und sah zu der Nummer VIII auf. „Aber trotzdem kommst du her, einfach so.“, murmelte Axel, dann verengte er die Augen. „Was habt ihr mit Roxas gemacht?“ „Die Erinnerungen in ihm an Sora zurückgegeben.“, sagte die Blonde und verzog kurz das Gesicht, da die Dämmerlinge sie schon recht hart festhielten. „Soll heißen, er ist wieder zu Sora zurückgekehrt?!“ Axel machte eine wütende Handbewegung, woraufhin die Dämmerlinge Naminé nun ganz zu Boden drückten. „Antworte, oder ich lass dich von diesen Kerlchen hier und jetzt auseinandernehmen!“ Das Mädchen stöhnte kurz vor Schmerz auf und sagte dann leise: „Ist er nicht, was aber keinen Unterschied macht. Sora wacht bald auf und Roxas ist gerade auf dem Weg in sein Verderben...“ „Was meinst du?“ „Hast du ihm damals nicht zugehört...? Er will Kingdom Hearts freilassen, weil er daran glaubt, damit alles ins Reine bringen zu können, sein Leben wiederzubekommen. Es bedarf keiner großen Kombinationsgabe um zu wissen, was das bedeutet.“ Nun weiteten sich Axel’s Augen vor Entsetzen... der Kleine wäre doch nicht wirklich so blöd... er hielt das, was er gesagt hatte, für einen Scherz... Roxas hatte das ernst gemeint...? „Er wird doch nicht...“ „Doch, er ist gerade aufgebrochen.“, mühsam hob Naminé den Kopf, die Dämmerlinge auf ihr zischten, während sie versuchte, zu Axel hochzusehen. „Er wird allein gegen die Organisation kämpfen...“ Leise auflachend schloss Xemnas die Augen. Da war er ja, wie vermutet. Gerade betrat Roxas wieder das Schloss. Nun würde er also seine... ‚Rache‘ nehmen wollen. Was für ein dummer Niemand... „Hm, wer darf sich ihm wohl als Erster in den Weg stellen?“, fragte Xemnas und wandte sich Saix zu, der gerade aus einem dunklen Portal hinter ihm trat. „Was meinst du?“ Der Blauhaarige wirkte verwirrt. „Als Erster? Mein Lord, bei allem Respekt, aber wäre es nicht sinnvoller, wenn wir ihn alle zusammen mit einem Schlag besiegen? Dann würde er uns nicht mehr Probleme als nötig machen und sobald Axel mit Naminé zurückkommt-“ „Falls er zurückkommt, Saix, und falls er sie überhaupt findet. Ich habe ihn nur auf diese Mission geschickt weil ich ihn nicht hier haben wollte, wenn Roxas‘ zurückkäme. Er ist bei dem Jungen nicht ganz objektiv.“, sprach der Superior. „Axel hat-“, fing Saix an, doch Xemnas unterbrach ihn. „Hat bis jetzt immer jeden Auftrag zu meiner Zufriedenheit ausgeführt, aber du weißt genau so gut wie ich, dass er glaubt, den Jungen zu mögen. Wie hat er reagiert, als du ihm meinen Befehl übermittelt hast, bei Begegnung mit ihm auch Roxas zu fangen?“ „Er war... nicht erfreut.“, antwortete Saix und nickte. „Siehst du? Und das ist wahrlich nicht der einzige Beweis für seine ‚Freundschaft‘...“ Xemnas lachte bei diesem Wort abfällig „... mit Roxas. Ehrlich gesagt glaube ich, Axel würde uns nur im Weg stehen, wenn wir Roxas hier bekämpfen. Er mag zwar treu sein, aber auch egoistisch in manchen Punkten. Für dich sicher nichts Neues, Saix.“ Angesprochener nickte, was sollte er darauf auch erwidern? „Schick Demyx zuerst zu Roxas.“, befahl Xemnas dann kühl. „Er hat seine Missionen in letzter Zeit nicht zufriedenstellend erledigt, indem er Roxas für uns besiegt, soll er diese Vergehen wieder gut machen. Und schicke alle anderen in den Runden Raum, ich erwarte euch dort.“ Kurz darauf war die Nummer I in der Dunkelheit verschwunden, Saix stand noch einen Moment alleine am Altar des Nichts, sah zu Kingdom Hearts empor. „Würdest du uns verraten... Axel? Damit besiegelst du dir deinen eigenen Untergang. Ich hoffe, dass dem nicht so ist...“, murmelte er und verschwand dann ebenfalls, um Demyx Xemnas‘ Befehl zu übermitteln. Ruhe... Ruhe... noch mehr Ruhe... es war still... es war... viel zu ruhig... Roxas schritt vorsichtig voran, sah immer wieder nach links und rechts, ließ seine Wahrnehmung ausschweifen, fand keine feindliche Aura. Natürlich, wegen den Mänteln, Naminé hatte es ja erklärt. Aber trotzdem wunderte er sich. Eigentlich erwartete er, sofort angegriffen zu werden. Allerdings war da nichts. Nicht mal ein Dämmerling oder ein Kriecher hopste ihm entgegen, als den Weg durch den Bereich mit dem Namen ‚Ruf des Nichts‘ in Richtung Aufstieg und Fall ging, was eigentlich ja nur ein Aufzug war, bestehend aus einer großen Plattform. Roxas trat aus dem langen Gang und befand sich nun auf der Plattform. Als er ihre Mitte erreichte verschwand hinter ihm der Gang und die Plattform fuhr nach oben. Misstrauisch sah Roxas sich um... irgendwie war das zu leicht... Urplötzlich stoppte der Aufzug und der Niemand taumelte leicht, kein Ausgang öffnete sich ihm gegenüber zu den Stufen der Hoffnung. Stattdessen tauchte plötzlich ein dunkles Portal auf und Roxas sprang zurück, rief seine Schlüsselschwerter und machte sich bereit. Für einige Sekunden passierte überhaupt nichts, dann stürzte Jemand aus dem Portal, als wäre er von irgendwem dahinter hindurchgestoßen worden. „Das ist doch nicht euer Ernst!“, rief der Niemand im Organisationsmantel, als er aufsprang und das Portal verschwand, bevor er wieder hindurchrennen konnte. „Dafür bin ich doch echt der Falsche!“ „Demyx.“, stellte Roxas leise fest. Angesprochener zuckte zusammen und wandte sich langsam dem Blonden zu, setzte ein zittriges Grinsen auf. „Hey, Roxas, gut siehst du aus.“, meinte die Nummer IX. Roxas gab keine Antwort auf diese Aussage, weil er immer noch die Kapuze aufhatte und Demyx dementsprechend auch nicht beurteilen konnte, ob er gut aussah. „Hat man dich gezwungen, mich aufzuhalten?“, fragte die ehemalige Nummer XIII. „Ja, leider.“, stöhnte Demyx und schüttelte den Kopf. „So was liegt mir eigentlich nicht, vor allem weil das ziemlich mühsam werden könnte.“ „Dann geh mir einfach aus dem Weg und setz den Aufzug wieder in Gang.“, knurrte Roxas und trat einen Schritt vor, worauf Demyx ängstlich einen Schritt zurückwich. „Hey, hey, langsam. Warum äh... kommst du nicht einfach zurück, Roxas?“, versuchte er nervös, sich aus der Sache herauszureden. Die Nummer XIII schnaubte abfällig. „Netter Versuch, genauso gut könnte ich dir vorschlagen, dich mit mir zu verbünden.“ Erneut trat er einen Schritt vor. „Also, geh aus dem Weg!“ Diesmal wich Demyx nicht zurück, stattdessen senkte er kurz den Kopf. Dann blickte er Roxas mit einem kalten Blick an, alle falsche Angst fiel von ihm ab und er zeigte anklagend mit dem Finger auf den Blonden. „Schweig, Verräter.“, sagte die Nummer IX kühl. Demyx hob die Hand und Wasser sammelte sich aus dem Nichts in seiner Hand, kurz darauf erschiend seine Sitar darin und er nahm seine Kampfhaltung ein. Von der plötzlichen Wandlung Demyx‘ ein wenig überrascht hob Roxas Memoire und Sternentreue... „Was denkt er sich eigentlich... als ob alles wieder wie früher werden könnte, wenn er Kingdom Hearts freilässt? Wer hat ihm denn diese Flause in den Kopf gesetzt?“ Axel fasste sich resginiert an die Stirn, er konnte es nicht fassen, dass der Kleine wirklich so naiv war, daran zu glauben. Was sollte er jetzt tun? Wenn es stimmte, was Naminé sagte, war Roxas jetzt gerade im Begriff, sich gegen die gesamte restliche Organisation zu stellen – allein. Und er würde bestimmt eher sterben, als sich fangen zu lassen... „Was gedenkst du zu tun?“, fragte Naminé, die nach wie vor vor dem Rotschopf von den Dämmerlingen am Boden gehalten wurde. Axel schwieg, dachte angestrengt nach. Ja, was sollte er tun? Wenn er sich auf Roxas‘ Seite schlagen würde, dann wäre er auch ein Verräter und ihm würde es schlimmer ergehen als Roxas, weil er nicht so wichtig wäre. Wenn er nichts unternahm, würde Roxas vermutlich sterben. Verdammt... sein Pflichtgefühl gegenüber der Organisation stellte sich gegen das gegenüber seines besten Freundes... was war ihm wichtiger... was sollte er tun...? Er wollte Roxas nicht verlieren... aber er wollte auch nicht sein eigenes Todesurteil unterschreiben. Roxas wollte, dass alles so wie vorher war... Zögernd sah Axel auf... wie vorher... das Eisessen und alles... wie vorher... da gab es doch eine Möglichkeit... damit erfüllte er seine Mission und Roxas war dann wieder sein Freund... Langsam ging der Rotschopf vor Naminé in die Hocke, befahl mit einer kurzen Handbewegung den Dämmerlingen, sie vor ihm auf die Knie zu ziehen. Ihre blauen Augen sahen ausdrucklos in seine Grünen. „Du wirst Roxas‘ Gedächtnis so verändern, dass er diesen ganzen Quatsch, und vor allem seinen Groll gegen die Organisation, vergisst.“, sagte Axel leise. „Wasser, Marsch!“ Mit einer ausholenden Bewegung fing Demyx auf seiner Sitar zu klimpern an, aus dem Boden der Plattform schossen Gestalten aus Wasser empor und stürzten sich auf Roxas. Dieser riss Memoire und Sternentreue empor und zerteilte die Wasserlakaien, die zu kleinen Tropfen verpufften, und rannte dann frontal auf Demyx zu. Weit kam der Blonde aber nicht, da mit einem schrillen Klingen der Sitar unerwartet Säulen aus Wasser vor Roxas aus dem Boden schossen, in die er, unfähig noch rechtzeitig abzubremsen, hineinstürzte und sofort zurückgeschlagen wurde. Schlitternd kam Roxas auf dem Boden auf, bemerkte, wie Demyx auf ihn zugesprungen kam und dabei eine Reihe aus Wassersäulen hinter sich herzog. Mit einem Sprung zur Seite wich Roxas aus – allerdings hatte er dabei die geringe Größe der Plattform nicht berechnet und kam gefährlich schwankend knapp vor der Kante auf. „Na los, im Rhythmus bleiben!“, rief Demyx und schickte der ehemaligen Nummer XIII diesmal Wasserkugeln entgegen. Sein Gleichgewicht wiederfindend wirbelte Roxas seine Schwerter vor sich herum, blockte den Angriff und schnellte zurück in die Mitte der Plattform, während schon wieder einige Wasserlakaien auftauchten und angriffen. Aus den Augenwinkeln merkte der Blonde, dass einer der Lakaien wie eine Musiknote aussah. Einer plötzlichen Eingebung zufolge ließ er eines seiner Schlüsselschwerter verschwinden, packte den Noten-Lakai und wirbelte ihn herum. Er dehnte sich aus und erwischte viele seiner Artgenossen und, als Roxas ihn am Ende warf, auch Demyx, der daraufhin mit einem überraschten Aufschrei zurücktaumelte und kurz darauf fast selber von der Plattform in den Abgrund gestürzt wäre. „Hier hat man nicht viel Platz für Fehltritte...“, überlegte Roxas, während er sein zweites Schwert wieder erscheinen ließ. „Wenn er so etwas wie eine Welle losschicken kann, werde ich einfach weggeschwemmt...“ Seine Aufmerksamkeit wurde wieder auf Demyx gelenkt, als dieser erneut auf ihn zugesprungen kam und dabei Wassersäulen hinter sich herzog. Roxas begegnete ihm mit einem Gegenschlag seiner Schwerter. Die Kontrahenten krachten zusammen und für einen Moment schien keiner der beiden die Oberhand zu haben, aber dann wurde Roxas von dem Wasser zurückgeschleudert. Jedoch fing er sich mitten in der Luft, was von einigen auch als ‚Stehaufmännchen‘ bezeichnet wurde, und warf Demyx dann Memoire entgegen. Das Finsternis verkörpernde Schlüsselschwert wirbelte von einem Energiering umgeben auf die Nummer IX zu, die nicht rechtzeitig reagieren konnte. Ein Lichtblitz zuckte bei dem harten Treffer auf und Demyx stürzte hart auf den Boden, rutschte fast bis zum Rand der Plattform, während Roxas auf dem Boden landete und sein zurückkehrendes Schwert fing, bevor er auf seinen Gegner zurannte. Am Boden liegend fing Demyx wieder an zu klimpern und Wasser schoss rund um ihn empor, half ihm auf die Beine und trug ihn immer höher, er ritt praktisch darauf, als er sich dann wie ein Surfer auf seine Sitar stellte und lachte. „Na, wie ist das?“, rief die Nummer IX, spielte nun Luftgitarre, und ritt mit der Welle auf Roxas zu. „Dämlich.“, war das Einzigste, was dem Blonden dazu einfiel, als das Wasser ihn mitriss, von der Plattform fegte und er plötzlich ins Bodenlose stürzte. Im Fallen streckte Roxas, einer plötzlichen Idee zufolge, seine Hand aus und ein dunkles Portal öffnete sich mitten in der Luft unter ihm, in das er hineinstürzte und kurz darauf kam er über der Plattform wieder heraus, landete mit einem Salto hinter Demyx, der sich viel zu spät umdrehte, denn schon hatte Roxas ihm heftig die Schlüsselschwerter um die Ohren gehauen und die Nummer IX krachte mit einem schmerzvollen Stöhnen auf den Boden. Für einen Beobachter des Kampfes würde es nun so aussehen, als wäre der Blonde noch topfit, aber die Treffer von Demyx hatten ihn schon einiges gekostet, er atmete etwas mühsam und sein ganzer Körper schmerzte von den Wasserattacken. Demyx war stark, wenn er nur wollte, und das bekam Roxas nun zu spüren. Aber Roxas hatte einen nicht unerheblichen Vorteil - und den hielt er in seinen Händen und er zeigte auch Wirkung, denn sein Gegner erhob sich nicht besonders schnell. „Roxas, komm zu uns zurück...!“, sagte Demyx fast flehend, als er wieder stand. Leicht ließ Roxas seine Schwerter sinken und sah zur Seite. „Gegen dich habe ich eigentlich nichts. Aber wenn du nicht verschwindest, habe ich keine Wahl.“ Er sah wieder zu seinem Gegner und fixierte ihn entschlossen, in der Schwärze unter der Kapuze blitzte eines seiner Augen plötzlich kurz gelb auf. „Ich werde meine Aufgabe erfüllen, keiner hält mich davon ab!“ Und mit einem Satz war er in der Luft und stürzte sich auf seinen Gegner, der wieder auf seiner Sitar zu klimpern begann. „Wasser, Marsch!“ Im wahrsten Sinne des Wortes kalt erwischt wurde Roxas von über ihm erscheinenden Wasserkugeln getroffen und fiel Richtung Boden. Im Fallen merkte er, wie unter ihm schon eine Meute Lakaien warteten um ihn zu empfangen. Roxas drehte sich in der Luft, damit er mit den Beinen zuerst aufkommen würde, wirbelte seine Schlüsselschwerter herum und hielt sie dann überkreuzt vor sich. Sie fingen an zu leuchten. Kaum das er den Boden berührte, riss der Niemand die beiden Waffen zur Seite und eine Energiewelle fegte sämtliche Feinde davon. Demyx war einen Moment wie erstarrt und das nutzte Roxas aus. Schnell wie ein Blitz stürzte er auf seinen Gegner zu, holte mit beiden Schwertern gleichzeitig aus und schlug mit aller Kraft zu. Ein Lichtblitz, ein Knallen, ein qualvoller Aufschrei. Demyx flog getroffen von der Plattform, die Wucht von Roxas‘ Attacke schleuderte ihn bis an die weit entfernte Mauer des Schlosses. Einen Moment hing er da, eine schwarze Gestalt an der weißen Mauer, dann fiel er, griff sich mit den Händen an den Kopf und schrie ein lautes „NEIN!“. Und dann war er weg, einfach verschwunden, hatte sich aufgelöst... Einige Sekunden herrschte Stille, dann setzte sich der Aufzug plötzlich wieder in Bewegung. Roxas ließ seine Waffen verschwinden und stützte sich erschöpft auf die Knie. Gleichzeitig mit einem kleinen Anflug von Triumph überkam ihn ein bitterer Nachgeschmack. So war es also, wenn ein Niemand starb... er war einfach weg, keine Leiche, er ließ nichts zurück... als hätte es ihn nie gegeben... würde er selbst irgendwann auch einfach... weg sein? Tief durchatmend erhob sich Roxas, wusste nicht genau, was er jetzt denken sollte. Er hatte einen der Organisation besiegt, einen, mit dem er zusammengearbeitet hatte... und der war jetzt weg... nein, er wusste nicht, was er denken sollte... Langsam trat er durch den Gang zu den Stufen der Hoffnung, der nach dem Stoppen der Plattform erschienen war... Schweigen herrschte im Runden Raum. Die Organisation hatte mit Hilfe einer Bild- und Tonprojektion den ganzen Kampf verfolgt und bei allen, außer Xemnas und Xigbar, war ein erstauntes Raunen durch die Runde gegangen, als Roxas plötzlich zwei Schlüsselschwerter gerufen hatte. Als Demyx schließlich das Zeitliche segnete, verzog keiner der Niemande das Gesicht, einzig und allein Xigbar schüttelte kurz lachend den Kopf und sagte: „Junge, Junge, der Kleine ist ja stärker, als wir dachten.“ Mit einem gehässigen Grinsen sah er dann zu Saix. „Kein Wunder, dass du ihn nicht aufhalten konntest.“ „Damals hatte er das zweite Schwert noch nicht, wo hat er das her?“, sagte Saix, ohne sich von Xigbar provozieren zu lassen. „Ja, woher bloß, hm?“, meinte die Nummer II und lachte wieder leise. „So wie das klingt scheint es fast, als wüsstest du, woher er es hat?“, kam es mit erhobener Augenbraue von Xaldin. „Vielleicht tue ich das.“, erwiderte Xigbar rätselhaft. „Jedenfalls scheint das Spiel nun schwerer zu werden.“, sagte Luxord mit seiner üblichen Art und griff sich nachdenklich ans Kinn. „Unsere Trumpfkarte gegen den Abtrünnigen ist noch nicht gezogen und wir haben nur noch wenige Figuren.“ Mit Trumpfkarte meinte er Naminé und die Figuren waren natürlich die Organisation, das war jedem Anwesenden klar, da keiner nachfragte. „Nun, früher oder später wird Axel mit Naminé schon auftauchen. Wenn wir schon vorher Roxas haben, ist das von Vorteil.“, meinte Saix und sah auf dem Projektorbild Roxas zu, der gerade langsam die Stufen der Hoffnung emporschritt. „Aber wir können uns nicht darauf verlassen. Bis Axel wieder hier ist, könnte Roxas uns gewaltigen Ärger bereiten. Ein Mitglied haben wir schon verloren, wer sagt uns, dass das dem Nächsten, der sich ihm entgegenstellt, nicht auch passiert?“, warf Xaldin ein. „Was hat er vor...?“, kam es leise von Xemnas, doch gut hörbar für jeden. „Was für eine Aufgabe sollte er hier haben?“ „Na, uns die Radieschen von unten sehen lassen.“, meinte Xigbar. „Das mag ein Teil sein. Aber sagte er nicht ‚Ich werde meine Aufgabe erfüllen, keiner hält mich davon ab‘? Wenn er es nur auf uns angelegt hat, hätte er wohl etwas wie ‚Ich werde euch alle vernichten‘ gesagt.“, sagte der Superior. „Mir scheint es eher, als wären wir nur ein Hindernis auf dem Weg zu dem Ziel, welches er erreichen will...“ „Das mag sein, erklärt aber immer noch nicht, woher er das zweite Schlüsselschwert hat.“, entgegnete die Nummer III. „Es ist das, welches unser Püppchen kopiert hat.“, sagte Xigbar grinsend. „Welches Püppchen?“, fragten Xaldin und Luxord gleichzeitig, Saix hob fragend eine Augenbraue und Xemnas schloss verhalten lächelnd die Augen. „Habt sie wohl vergessen, unsere Kopie No. 1, die Vexen geschaffen hatte? Nunja, hatte ich auch, aber laut unseren Berichten in der Bibliothek hatten wir offenbar fast ein Jahr lang ein vierzehntes Mitglied, welches eine Kopie vom Meister des Schlüsselschwertes war.“, erklärte der Freischütz. Dann zog er ein Buch hervor und sein Grinsen wurde noch breiter. „Und offenbar war Püppchen sehr gut mit unserem kleinen Verräter und Axel befreundet und von unserem Mondheuler seeeehr verhasst.“ „Was ist das für ein Buch?“, fragte Saix, ignorierte die Anspielung, da er sie sowieso nicht verstand. „Roxas‘ Tagebuch, ich habs vor zwei Tagen auf dem Bahnhofsturm in Twilight Town gefunden, als ich von oben ein paar Herzlose umgepustet habe.“, antwortete Xigbar prompt und alle, außer Xemnas, blickten ihn nun staunend an. „Ich habs Xemnas schon gezeigt. Offenbar hat das Püppchen, dem wir den Namen Xion gegeben hatten, Roxas ziemlich beeinflusst. Laut einem Eintrag vor kurzer Zeit... moment...“ Er blätterte kurz in dem Tagebuch, bis er die Stelle fand. „Hier, als wir allen erklärt hatten, wer Xion wirklich war, hatte er kurz darauf offenbar genug von uns weil er... Sekunde... ah ja, weil wir ihm so viel vorenthalten im Bezug auf Sora, weil er glaubte, er wäre vielleicht selbst eine Kopie wie Xion und... ja, dann ging er. Aber der letzte Eintrag ist der Interessanteste. ‚Ich werde Kingdom Hearts befreien und den Weg zu Sora finden. Und ich werde Xion zurückholen. Vielleicht können wir dann wieder zusammen Eis essen‘.“ Xigbar klappte das Buch zu. „Da haben wir sein Ziel und sein Motiv. Unseren Berichten zufolge haben wir Xion an dem Tag dieses Eintrages auf ihn gehetzt, er hat sie geschlagen und sie ist verschwunden, dabei hat sie ihm offenbar ihr kopiertes Schlüsselschwert und ihre Kraft übertragen. Damit wäre auch das erklärt und warum Roxas Demyx so schnell schlagen konnte.“ Schweigen herrschte einige Sekunden nach diesen Ausführungen des Freischütz. Auf der Projektion erreichte Roxas gerade die Halle der leeren Melodien. „Er will Kingdom Hearts freilassen? Dieses Spiel kann er nicht gewinnen.“, kam es dann von Luxord. „Stattdessen wird er unseren Fortschritt zunichte machen und wir müssen die Partie neu beginnen.“ „Ich verstehe das zwar alles nicht ganz, vor allem nicht das mit dieser Kopie, aber die Gefahr besteht und kommt weiter voran, während wir hier sprechen.“, sagte Xaldin. „Xion ist Geschichte, wir müssen uns nicht weiter um sie Gedanken machen.“, sagte Xemnas bestimmt. „Aber das dieser Verräter unser Kingdom Hearts freisetzen will, können wir nicht dulden.“ Kurz schloss der Superior die Augen. „Wir gehen folgendermaßen vor...“ Und er erklärte ihnen seinen Plan. Naminés Augen weiteten sich erschrocken. „Das meinst du nicht ernst...“, flüsterte sie. „Doch, so sind wir alle zufrieden. Naja, abgesehen von dir, hm?“, sagte Axel und stand wieder auf. „Hör zu, ich will nicht, dass Roxas stirbt und mein Dasein will ich auch noch eine Weile fristen, also wirst du das mit Roxas machen. Und versteh mich recht, ich mag vielleicht zögern, dich mit Gewalt dazu zu bringen, aber Saix ist sicher nicht so nett. Also überlegs dir.“ Er hob den Arm und ein dunkles Portal öffnete sich. Die Dämmerlinge versuchten, Naminé durch das Portal hindurchzuschieben – doch diesmal wehrte sie sich, so gut sie konnte. Sie zog und zerrte, dass die Niemande sie kaum vom Fleck bekamen, und dabei schrie sie: „Das würdest du ihm antun?! Deinem besten Freund?! Ihm falsche Erinnerungen einpflanzen lassen, ihn alles vergessen lassen, was ihn zu dieser Tat antreibt?! Er tut es auch für dich, weil er wieder mit dir Eis essen will! Hörst du?! Du bist sein bester Freund! Stell dich nicht gegen ihn, so wie vor ein paar Tagen!“ „Was weißt du denn schon davon!“, fuhr Axel sie daraufhin an. „Du warst immer nur allein oder unter Feinden!“ „Aber im Gegensatz zu dir weiß ich eine Freundschaft zu schätzen, auch wenn Sora nie wirklich mein Freund war! Ich habe seine Entscheidung, mich zu vergessen, respektiert! Ich hätte ihm auch egoistisch weitere falsche Erinnerungen einpflanzen können, während er schlief!“ Die Dämmerlinge hoben Naminé nun über ihre Köpfe und schleppten sie zum Portal. „ER WIRD DICH DAFÜR HASSEN, ALLER FALSCHER ERINNERUNGEN ZUM TROTZ! DANN WIRD ER NICHT MEHR DEIN FREUND SEIN!“ Ihre letzten Worte klangen Axel schmerzvoll in den Ohren, er verzog das Gesicht und ballte die Fäuste. „Scheiße...!“, knurrte er und machte eine Bewegung mit der Hand. Das Portal schloss sich und die Dämmerlinge verschwanden, worauf Naminé zu Boden fiel. Schwer atmend sah sie zu dem Rotschopf auf, der ihr den Rücken zugewandt hatte. Einige Sekunden herrschte Stille, dann... „Verschwinde...“, zischte Axel kaum hörbar. Dann öffnete er ein anderes dunkles Portal und schritt, ohne sich noch einmal zu dem Mädchen umzudrehen, hindurch... Kapitel 8: Berserker -------------------- „Diese Blagen...!“ Irgendwie war es schon komisch... komisch und nervig. Erst griff ihn überhaupt niemand an und dann waren es fast schon zu viele. Kaum betrat er den Pfad der Nichtigkeit nach der Halle der leeren Melodien krochen die Dämmerlinge, Kriecher und Meuchler aus dem Nichts hervor und stürzten sich auf die ehemalige Nummer XIII. Roxas schwang Memoire und Sternentreue herum, während er durch das Dickicht aus weißen Gestalten hindurchrannte... oder es wenigstens versuchte. „Jetzt haut ab!“, rief Roxas, hob seine Waffen über den Kopf und schlug sie dann auf den Boden. Ein helle Energiewelle schoss auf die Niemande zu und fegte sie hinweg. Drei, genau Drei Sekunden Ruhe... und dann waren sie wieder da. „Also jetzt reichts aber langsam...“, murmelte Roxas, als er einen Kriecher davon abhielt, ihm die Kehle aufzuschlitzen. „Wollen sie mich so erledigen? Indem sie ihre Diener auf mich hetzen?“ Leider hatte er dafür gar keine Zeit. So machte er einen gewaltigen Satz über die Niemande, die den Pfad blockierten und rannte dann weiter hinauf, als ihm kurz vor der Tür in den nächsten Bereich fast drei Berserker auf den Kopf gefallen wären, da sie über ihm erschienen. Roxas fackelte nicht lange und schlug die drei Gegner einfach zur Seite, damit er weiterlaufen konnte. Letztendlich stieß er die Tür hinter sich zu und lehnte keuchend an der Wand dahinter. Er befand sich wieder in der Halle der leeren Melodien, allerdings einen Stock höher. Gleich war er im Zeugnis der Existenz. Von dort aus könnte er die Zimmer und die persönlichen Bereiche der Organisationsmitglieder, außer Xemnas, erreichen. Ob sie auf ihn warteten...? Würde... Axel auch da sein, um ihn erneut zu bekämpfen? Der Gedanke versetzte Roxas einen kleinen Stich... nein, er durfte sich nicht ablenken lassen... wenn es sein musste, dann musste es sein. Langsam setzte er sich wieder in Bewegung und trat durch die Tür zum Zeugnis der Existenz. Dort waren die Mitglieder Nr. II-XIII anhand von schimmernden Grabsteinen, so bezeichnet in Ermangelung eines passenderen Wortes, und der davor befindlichen Platte mit dem Titel und der Waffe des jeweiligen Mitgliedes. Roxas stand vor ihnen und blickte sich um. Ein Großteil der Grabsteine war zertrümmert und die Platten mit den Waffen leuchteten nicht blau, sondern rot. Ein Zeichen dafür, dass das jeweilige Mitglied gefallen war, sich aufgelöst hatte, für immer verschwunden war. Fast automatisch sah Roxas zu Demyx‘ Grabstein. Natürlich war er zertrümmert, er war weg, nur dieser Ort bewieß, dass er einst existiert hatte... als ein Wesen, was es gar nicht geben dürfte... Roxas‘ riss sich von dem Stein der Nummer IX los und überprüfte, wer noch übrig war. Eigentlich wusste er es ja... Xigbar, Xaldin, Saix, Axel und Luxord, Xemnas auch, obwohl er hier keinen Grabstein hatte... oh, und er selbst natürlich. Diese Grabsteine waren noch unberührt und die Waffenplatte, die gleichzeitig als Teleporter fungierte, leuchtete in sanftem Blau. Mit diesen Teleportern konnte man zum Zimmer des jeweiligen Mitgliedes kommen und alternativ auch zu einem bestimmten, von dem Mitglied gewählten Bereich des Schlosses. Roxas hatte so einen Bereich nicht... aber wen kümmerte das schon... Der Blick des Blonden richtete sich nun zum gegenüberliegenden Ende des Raumes. Der Weg war von einer Barriere versperrt. Vermutlich würde er sie nicht einfach so durchbrechen können. „Muss ich... etwa nacheinander gegen euch antreten...?“, fragte Roxas leise, auch wenn er nicht wusste, wen. Als hätte der Raum seine Frage gehört, blitzte rechts von ihm einer der Grabsteine hell auf. Roxas Blick verfinsterte sich. „Schon wieder... er?“ „Wow, mal sehen, ob er es jetzt auf die Reihe bekommt.“, meinte Xigbar, der gespannt auf seinem Thron im Runden Raum saß. „Nun, so kann er seinen Ruf wieder herstellen.“, sagte Xemnas. „Zwar hat Roxas zwei Schlüsselschwerter und ist stärker, aber auch Saix hat diesmal einen großen Vorteil den er zuletzt nicht hatte...“ „Wegen der Macht des Mondes. Kingdom Hearts scheint durch die großen Fenster im Abweg der Konfusion. Wenn es direkt auf ihn niederscheint, wird Saix als Berserker weitaus mächtiger. Damit hat er womöglich das bessere Blatt.“, murmelte Luxord. „Was nicht heißt, dass Roxas ihn trotzdem nicht schlagen könnte.“, warf Xaldin ein. „Wenn er sich nicht rechtzeitig zurückzieht, wird er als nächster fallen.“ „Jedenfalls beneide ich ihn nicht, dass er jetzt schon dran muss.“, sagte die Nummer II und wandte sich dann an den Superior. „Wenn dein toller Plan schief läuft haben wir noch mehr Probleme, das ist dir ja klar.“ Xemnas schwieg, dennoch schlich sich unbemerkbar ein böses Lächeln auf seine Lippen... Es herrschte wieder Stille, nur unterbrochen von den langsamen Schritten der ehemaligen Nummer XIII. Sein Blick schweifte aus dem großen Fenster hoch zu Kingdom Hearts und dann zu dem Niemand im schwarzen Mantel, der mit dem Rücken zu ihm gewandt da stand und ebenfalls den Mond betrachtete. „So sehen wir uns wieder.“, sagte Saix, als Roxas stehen blieb. „Es ist sehr mutig, allein hierher zurückzukehren.“ Langsam drehte sich die Nummer VII zu dem Blonden um. „Oder aber sehr töricht. Es so weit geschafft zu haben, hat jedoch nichts mit deiner Stärke zu tun.“ „Was willst du damit sagen?“, fragte Roxas argwöhnisch. Saix lachte leise. „Dass du dieses Mal unterliegen wirst.“ Er hob die Hand und seine Waffe Claymore erschien in einem hellen Licht, mit einem Hieb erzeugte er eine Windböe, die Roxas die Kapuze vom Kopf bließ und leicht zurückrutschen ließ. Mit ausholenden Bewegungen erschienen Memoire und Sternentreue und Roxas fixierte Saix mit grimmigem Ausdruck in den Augen. „Ich habe dich schon einmal geschlagen. Zwar habe ich dich nicht getötet, jedoch werde ich es diesmal tun, wenn ich muss.“, sagte er. „Fürwahr hatte ich dich damals unterschätzt. Doch nun... sieht es anders aus.“, meinte der Blauhaarige und hob die Arme. „Mond, scheine herab!“ Während er vom Boden abhob glühte sein Körper blau auf, badete im Schein vom Kingdom Hearts, und mit einem Schrei trat Saix in den Berserkermodus ein. Mit Schreck bemerkte Roxas, wie die Aura seines Gegners eine enorme Kraft ausstrahlte. Sie war weitaus mächtiger, als Roxas sie in Erinnerung hatte. Es würde wirklich nicht leicht werden... Schon rannte Saix auf ihn zu und hämmerte seine Waffe auf den Boden. Schockwellen schossen über den Boden und Roxas sprang zurück, während die Nummer VII weiter auf ihn zustürmte – bis der Blonde die Wand im Rücken spürte. „Hinfort!“ Saix sprang hoch und warf seine Claymore auf Roxas, der seine Waffe zum blocken hochriss. Ein lautes Knallen, ein mächtiger Druck und schon wurde Roxas in die Luft geschleudert. Schmerz schoss durch ihn hindurch. Blocken konnte er vergessen, das brachte nichts. Aus den Augenwinkeln bemerkte Roxas am Rande, wie Saix Waffe einen Moment im Boden stecken blieb, bevor sie verschwand und zu ihrem Besitzer zurückkehrte... In der Luft schlug Roxas einen Salto und landete auf den Füßen – und schon wütete Saix wieder heran, schlug dabei wie wild um sich und schoss eine Schockwelle nach der anderen ab, schlug dabei den halben Boden in Stücke. Wie sollte er diesen Berserker nur aufhalten? Oder wenigstens den Zustand beenden? Wie hatte er es das letzte Mal gemacht? Mit einem Satz wich Roxas aus, gleitete dann in der Luft an das anderen Ende des Raumes, während der Berserker ihm schon wieder folgte. Wie hatte er Saix damals besiegt? Er hatte mit Attacken den Berserkerzustand zerstört... aber wenn er jetzt versuchen würde, sich auf Saix zu stürzen um Treffer zu landen, würde er gleich kopfüber in der Wand stecken... Schon erwischte ihn wieder ein Schlag und schleuderte ihn halb durch den Raum. Roxas schrie auf, als er auf den Boden krachte. Er wollte aufspringen, merkte dann aber, dass sein Körper ihm nicht gehorchen wollte. Der Kampf mit Demyx hatte ihn wohl doch schwerer mitgenommen, als er gedacht hatte. Schon war Saix über ihm und holte aus... und plötzlich wurde alles Schwarz... „Autsch, autsch, autsch...“, sagte Xigbar und schüttelte seine Hand. „Saix übertreibt da aber ein wenig, am Ende macht er den Kleinen noch platt wie eine Flunder..“ Natürlich beobachtete die restliche Organisation auch diesen Kampf mithilfe einer Projektion, wo momentan allerdings nach Saix‘ letzter Attacke nur Rauch zu sehen war. „Besser zu viel, als zu wenig. Aber das ging ziemlich schnell.“, meinte Xaldin. „Offenbar hat Demyx ihn doch etwas schlimmer zugerichtet, als es den Anschein hatte.“ „Saix plötzliche Stärke hat ihn wohl überrascht.“, murmelte Luxord. „Aber die letzte Karte ist noch nicht gespielt.“ „Was soll das denn heißen?“, fragte Xigbar. „Roxas ist noch nicht besiegt...“, sagte Xemnas und zeigte auf die Projektion. „Seht!“ Hustend erhob sich Roxas schwerfällig aus dem Krater, den Saix letzter Treffer verursacht hatte. Mit trübem Blick sah er Saix vor sich stehen. Rauch hing noch immer in der Luft. „Du solltest aufgeben.“, sagte Saix kalt, noch immer im Berserkermodus, wie man unschwer an seinen stechend gelben Augen und der pulsierenden Aura erkennen konnte. Roxas hustete etwas Blut und er setzte ein gequältes Lächeln auf. „Vergiss es... ich weiß jetzt, wie ich dich schlagen kann...“ Während er das sagte kroch seine Hand langsam in die Tasche seines Mantels, umfasste den wertvollen Gegenstand darin. Kurz striff seine Hand dabei noch etwas anderes... kurz verwirrt, was das denn sein könnte, hielt er inne, und fast sah er zu spät, wie Saix zum nächsten Angriff ansetzte. „Du Narr!“, knurrte der Berserker und schlug zu. Roxas stürzte zur Seite und zog das Elixier hervor. Die Schockwelle des Angriffes schleuderte ihn wieder durch die Luft, doch genau jetzt verwendete er das heilsame Item und sofort breitete sich angenehme Wärme in ihm aus, sein Verletzungen und Erschöpfung waren wie weggeblasen und noch bevor er auf dem Boden ankam, war er vollständig geheilt. Grinsend richtete er sich auf und steckte das Elixier wieder in die Tasche zurück – es reichte noch für zwei Anwendungen. „Danke, Naminé.“, murmelte Roxas und sah mit Genugtuung, wie Saix ihn kurz ungläubig anstarrte, wie er da ohne jede Verletzung stand und sich das Blut aus dem Gesicht wischte. „Was hast du getan..?“, knurrte Saix, obwohl er das Elixier bestimmt gesehen hatte. „Hm? Ich habe dir nichts zu sagen.“, gab Roxas zurück und hob fordernd die Hand. „Machen wir den Rest so kurz wie möglich.“ Er ließ seine Waffen absichtlich noch nicht erscheinen, er wollte etwas ausprobieren. Saix stürmte schon wieder auf ihn zu, ließ seine Claymore auf den Boden knallen, und Roxas wich zurück, bis er wieder die Wand im Rücken hatte. Da warf der Blauhaarige, seinen Vorteil nutzend, seine Waffe erneut auf Roxas zu. Doch der schnellte geradewegs nach oben und der Angriff traf nur die Mauer – die Waffe blieb stecken. Mit einer raschen Bewegung riss Roxas, bevor er wieder auf dem Boden aufkam, die Claymore aus der Wand und stieß sich dann von ihr ab, direkt auf Saix zu, der ihn zu spät kommen sah und nun von seiner eigenen Waffe einige harte Schläge abbekam, die ihn letztendlich mit Wucht gegen das hohe Fenster knallen ließen – der Berserkermodus war zerstört. Zumindest für den Moment... „So geht das also...“, murmelte Roxas und ließ seine Schlüsselschwerter wieder erscheinen. Saix erhob sich wieder, das Fenster hinter ihm hatte nebenbei bemerkt nicht einmal einen Kratzer abbekommen, und ließ wieder eine Claymore erscheinen. Roxas wusste, dass es nur eine Frage der Zeit wäre, bis Saix den Berserker-Modus wieder aktivieren könnte und so stürzte er seinem Feind entgegen, der es ihm gleichtat. In der Mitte des Raumes krachten ihre Waffen aufeinander und die Druckwelle fegte den Staub und Steinsplitter in dem Raum erneut auf. Mit einer schnellen Drehung huschte Roxas um Saix herum und schlug ihm in den Rücken, woraufhin dieser einen Treffer an Roxas‘ Arm landete. Der Blonde biss die Zähne zusammen und hieb erneut nach dem Berserker, der parierte. Beide stoben auseinander, eine Sekunde Ruhe kehrte ein, Roxas stand mit dem Rücken zu dem Fenster. Dann schlug Saix auf den Boden und eine blaue Energiewelle fegte auf die ehemalige Nummer XIII zu, die seine Schwerter überkreuzt vor sich hielt und die Energiewelle zerschnitt, bevor sie ihn berühren konnte. Gerade wollte Roxas zum nächsten Angriff ansetzen, da stieg Saix wieder in die Luft. „Scheiße, er verwendet ihn schon wieder?“, fluchte Roxas, als der Blauhaarige mit einem Schrei wieder in den Berserkermodus übertrat. Er hatte kaum einen wirkungsvollen Treffer landen können, wenn das so weiterging, würde er sein gesamtes Elixier verbraucht haben, bis die Sache ausgestanden war. Im Verglich zum letzten Mal Saix diesmal unerhört stark! Wie ein Wilder tanzte der Berserker auf ihn zu, schoss Energiewellen in alle Richtungen ab und wirkte dabei so unaufhaltsam, wie ein Rammbock vor einer Reihe Gartenzäune. Wieder unsanft in die Defensive gedrängt drehte Roxas sich um und rannte an dem hohen Fenster empor, damit er gefahrlos über Saix hinüberspringen konnte. Für den Moment gelang das Manöver und Roxas hatte einige Sekunden Zeit, zu überlegen. Direkter Angriff? Konnte er vergessen. Abwehren? Konnte er auch vergessen. Ausweichen mithilfe Abilties? Würde auf die Dauer nur Kraft verschwenden. Ein paar Zauber abschießen? Irgendwann wäre seine Magie alle. Voll dagegenhalten per Limit? ..... Was solls... „Mal sehen, wie das Limit von den beiden hier aussieht...“, meinte Roxas und konzentrierte sich. Er wurde von einem hellen Licht umgeben, was selbst Saix nun kurz innehalten ließ. Von einer ungewöhnlichen Wärme und Kraft durchflutet hob Roxas vom Boden ab, die Schlüsselschwerter überkreuzt vor sich. Die Kraft sammelte sich weiter an, immer mehr... jetzt tat es weh, wie sie da in ihm tobte. Er musste sie verbrauchen, sonst... Mit einem Schrei riss Roxas die Schwerter nach oben, seine Augen leuchteten stechend weiß und aus Memoire und Sternentreue schoss ein gewaltiger Lichtstrahl, der sich teilte und auf den Boden regnete. Saix wich erschrocken zurück und den Strahlen aus, allerdings krachten die dermaßen unberechenbar auf den Boden, dass man kaum ausweichen konnte. Roxas hatte währendessen Probleme, diese Kraft weiterhin zu halten, die Schlüsselschwerter in seinen Händen vibrierten extrem stark als würden sie gleich zerbersten wollen. Die Kraft stieg immer weiter an, es wurde unerträglich! Es ging nicht, das war zu viel! Mit einem Ruck riss Roxas die Waffen zur Seite, der Lichtregen stoppte und er fiel erschöpft zu Boden. „Unglaublich...“, murmelte er und war für einen Moment über sich selbst erschrocken. Dann erhob er sich und sah, dass diese Aktion doch etwas gebracht hatte – Saix schien schwer angeschlagen, obwohl er kein Zeichen einer Verletzung trug. Nebenbei bemerkte der Blonde, dass der Lichtregen offenbar die Umgebung nicht in Mitleidenschaft zu ziehen schien... Allerdings forderte diese fast unkontrollierbare Freisetzung des Limits nun auch ihren Tribut bei ihrem Anwender. Die ehemalige Nummer XIII atmete schwer, er war erschöpft, seine Sicht war etwas verschwommen – kurzum war er fast so schlecht dran, wie er vor der Verwendung des Elixiers gewesen war. Das Limit sollte er nicht noch einmal so schnell anwenden, da er es nicht im Griff hatte würde ihm das nur Nachteile bringen... „Deine neue Stärke ist beachtlich...“, knurrte Saix mit finsterem Gesicht, er taumelte ein wenig, bevor er wieder fest stand. „Im Handumdrehen würdest du Kingdom Hearts komplettiert haben und dann wären wir endlich vollkommen, auch du. Bist du sicher, dass du nicht freiwillig zurückkommen willst?“ „Ihr redet immer das gleiche... Ich werde nicht zurückkommen! Ich pfeife auf diese ‚Vollkommenheit‘! Das, was ich fühle, reicht mir schon! Da brauch ich kein Herz!“, gab Roxas laut zurück und rannte auf den Blauhaarigen zu. „Dann... ist dein Schicksal besiegelt! Kingdom Hearts! Scheine und gib mir deine Macht!“ Und wieder stieg er empor... „Nein, das tust du nicht nochmal!“, schrie der Blonde und stürzte auf Saix zu – ein Fehler. Bevor er ihn erreichte, trat de Nummer VII wieder in den Berserker-Modus ein und Roxas wurde von der entstehenden Druckwelle zurückgeschlagen. Er konnte sich nicht fangen, nicht ausweichen, das Limit.. das verdammte...! Knall! Ehe er sich versah, krachte Roxas gegen die Wand. Alle Luft wurde aus seinen Lungen gepresst, als Saix nachsetzte. Ungeheurer Schmerz schoss durch den Blonden hindurch, er schrie auf, ließ seine Schlüsselschwerter fallen. Er hustete Blut, mit trübem Blick sah er auf und Saix vor sich stehen, der ihn ausdruckslos musterte und ihn schließlich aus der Wand auf den Boden warf. Das Elixier... das... er musste... er musste aufstehen... das durfte... nicht das Ende sein...! „Das wirst du nicht noch einmal benutzen...“, hörte er Saix‘ Stimme und hob schwerfällig den Kopf – er hielt das Elixier in der Hand... „Lass deine... Finger davon...!“, krächzte Roxas und versuchte aufzustehen, allerdings stand Saix ohne viel Federlesen einfach auf den Kopf des Blonden und drückte ihn zurück zu Boden, bevor er selbst das Elixier an sich verwendete. Danach sah er es nachdenklich an. „Komisch, man kann es nochmal anwenden? Muss präpariert sein...“, murmelte der Berserker, jedoch sichtlich zufrieden mit seinem Erfolg. „Um sicher zu gehen, vernichte ich es am besten Mal...“ Als Roxas das hörte, stieg Panik in ihm hoch. In dem Zustand konnte er nicht weiterkämpfen, er brauchte diesen letzten Schluck des Elixiers! Verdammt, er konnte nicht aufstehen...! Dieser... dieser verfluchte...! Ein Knacken, leises Klirren und die Scherben des goldenen Gefäßes purzelten vor Roxas‘ Augen zu Boden, genau wie der Rest der heilenden Flüssigkeit, die sich unverbraucht einfach auflöste... das wars... Roxas lag da, Saix Fuß noch immer auf seinem Kopf, und gähnende Leere breitete sich langsam in ihm aus. Das wars... er hatte versagt, konnte seinen Glauben nicht verwirklichen... es war aus... alles war aus... am Ende... Ende... würde er jetzt sterben... sterben... alles wurde plötzlich schwarz... „Lass... Kingdom Hearts frei...“ Wer...? Diese Stimme... wer...? Er schlug die Augen auf, als Saix plötzlich überrascht aufschrie und sich von ihm entfernte. Wer...? „Was soll das...?“, hörte Roxas Saix knurren. Mühsam hob Roxas leicht den Kopf um zu sehen, wer oder was Saix von ihm weggeschlagen hatte. Für einen Moment glaubte er, er sehe nicht recht, dass sein Bewusstsein ihm schon wieder einen Streich spielte... „Ich kann leider nicht zulassen, das du meinen besten Freund zermatschst. Kannst du dir das merken?.“ Axel.... „Wo kommt der denn jetzt her?“, platzte Xigbar heraus und spuckte dabei ein wenig Popcorn aus, das er sich in aller Eile irgendwoher geholt hatte. „Spuck hier nicht mit deinem Fraß herum.“, meinte Xaldin, obwohl er selbst gerade einen Snack verputzte und bei dem Satz ein paar Krümel herumflogen. „Mund zu beim kauen.“, meinte Xemnas streng und rührte mit einem Löffel in einer Tasse mit Tee herum. „Offenbar hat Axel irgendwie Wind davon bekommen, dass Roxas hier ist. Das könnte die Sache verkomplizieren. Und dabei lief es gerade so gut...“ „Ein neuer Spieler...“, meinte Luxord und mümmelte nachdenklich an Keksen in Kartenform. „Bringt er die Wendung?“ „Wendung? Roxas ist schon auf der Matte, der steht so schnell nicht wieder auf.“, meinte Xigbar lachend. „Als er das Elixier hervorgezogen hatte dachte ich schon, unser Mondheuler wäre geliefert. Aber habt ihr das Limit von dem Kleinen gesehen? Wow, die Kraft von Püppchen hat wohl sehr viel gebracht.“ „Da er es augenscheinlich nicht kontrollieren kann, ist das keine große Gefahr. Vor allem wenn er danach völlig am Ende ist.“, meinte Xemnas schlicht und genehmigte sich mit geschlossenen Augen einen Schluck seine Tees. „Äh, was macht Axel da bitte?“, fragte Xaldin vage und hielt mitten im kauen inne. Schweigen. Klirr! „Ah, die schöne Tasse!“, jammerte Xigbar, als die Scherben, mit ein wenig ausgespucktem Popcorn, Richtung Boden fielen. Xemnas‘ Blick war mörderisch als er auf die Projektion starrte, auf der Axel gerade eindeutige Aktionen startete. „Wir haben wohl einen neuen Verräter...“ Kapitel 9: Wiedervereinigung ---------------------------- Da stand er also, war mitten im Begriff, auf die Abschussliste der Organisation zu geraten. Die Chakrams in den Händen, Roxas hinter ihm schwer verletzt auf dem Boden liegend und Saix ihm gegenüber stehend. Doch in dem Rotschopf war keinerlei freundschaftliches Gefühl für seinen einstigen blauhaarigen Kumpel übrig. Das hatte sich, kaum dass er erblickt hatte, wie der Berserker Roxas zugerichtet hatte, endgültig verabschiedet. Jetzt würde er Saix mal so richtig eins überbraten und dabei gleichzeitig seine angeschlagene Freundschaft mit dem Kleinen hoffentlich wieder reparieren, ihn nebenbei gleichzeitig retten. Oh, und wie schon erwähnt auf der schwarzen Liste der Organiastion landen. Er wunderte sich leicht, warum er eine so selbstzerstörerische Aktion überhaupt tat... nun, er konnte die Schuld auf Naminé abwälzen, nur wegen ihrem Geschrei war er hier... aber auch, weil er es selbst irgendwo wollte, das konnte er nicht abstreiten, er hatte nur den nötigen ‚Tritt in den Hintern‘ gebraucht, was Naminé ja übernommen hatte. Nun, es war zu spät, um sich über die Konsequenzen seines Handelns Gedanken zu machen... „Wie war das?“, fragte Saix und verengte seine Augen. Axel grinste und machte eine abfällige Geste. „Ich hab gesagt, dass ich leider nicht zulassen kann, dass du meinen besten Freund zermatschst. Ging das jetzt in deine Birne rein oder muss ich es nochmal sagen?“ Als Saix schwieg, fuhr die Nummer VIII mit überdeutlicher Betonung fort. „Ich-kann-nicht-zulassen-dass-“ „Das habe ich kapiert! Aber was du da gerade tust, das verstehe ich nicht!“, fuhr Saix ihm aufgebracht dazwischen und zeigte mit dem Finger auf ihn. „Warum mischst du dich hier ein? Wo ist Naminé? Du hast eine Mission, Axel, du solltest nicht hier sein!“ „Weißt du, mein alter ‚Freund‘, ich habe Naminé längst gefunden. Aber ich habe sie wieder laufen lassen. Du fragst dich warum?“ Axel hob die Hände und seine Chakrams wurden von Flammen umgeben, die er auf sofort über den Boden auf die Nummer VII zuschnellen ließ und ihn trafen, sodass der Blauhaarige ein paar Schritte zurücktaumelte. „Reicht das als Antwort?!“, rief Axel und rannte los, Flammen schossen neben ihm empor und begleiteten ihren Herrn erfreut zischend. „Du Narr! Dein Verrat wird dein Untergang sein!“, brüllte Saix und stürzte mit aller Macht des Mondes im Berserker-Modus auf den Rotschopf zu. „Pah, das wollen wir ja erst einmal sehen!“ Die beiden Niemande prallten aufeinander, tobende Flammen gegen die wütende Kraft des Mondes. Feuer und blaue Schockwellen schossen durch den Raum und erwischten um ein Haar auch den immer noch in einer Ecke liegendenden Roxas, der die plötzliche Wendung der Situation erst jetzt langsam begriff. Axel war hier... und diesmal nicht, um ihn zu bekämpfen. Nein, diesmal war er hier, um ihm zu helfen. Das, an das Roxas nach ihrer Begegnung in Twilight Town gar nicht mehr zu hoffen gewagt hätte... unvermittelt kamen ihm Naminés Worte wieder in den Sinn: „Ich bin sicher, wenn der Zeitpunkt gekommen ist, wird Axel da sein und dir helfen.“ Sie hatte Recht... er war hier... Roxas spürte, wie sein Bewusstsein davondriftete, sein Körper fühlte sich taub an... seine Augenlider wurden schwerer... er war erschöpft... schlafen... nur ein klein wenig... schlafen... Axel hatte währendessen alle Mühe mit Saix mitzuhalten. Der Berserker war topfit, wegen des Elixiers, wie Axel gerade noch mitbekommen hatte. Und er dagegen war müde, weil er seit Tagen nicht geschlafen hatte. Zudem war der Blauhaarige hier nahe an der Quelle seiner Kraft... aber Axel würde nicht verlieren, das konnte er auch gar nicht, es wäre lächerlich, jetzt wo er schon einmal hier war um, man wage es kaum auszusprechen, den ‚Helden zu spielen‘. Zudem gab ihm Roxas‘ schlechter Zustand, der von Saix verursacht wurde, den nötigen Antrieb. Tänzelnd sprang er von den Schockwellen, die Saix brutale Hiebe auslösten, zurück und warf seine brennenden Chakrams auf den Berserker. Von den Treffern der beiden Wurfgeschosse in seiner Rage kurz aus dem Gleichgewicht gebracht, stauchelte Saix und Axel nutzte die Chance, rief seine Waffen zurück und ließ sie flammend vor sich in den Händen kreisen. „Feuga!“, rief er und eine gewaltige Explosion erfasste Saix, Hitze und Feuer schoss in alle Richtungen davon und selbst die großen, stabilen Fensterscheiben bekamen nun einen Riss. Axel setzte nach und sprang in die Luft, stürzte sich auf Saix, der sich inmitten der enstandenen Rauchwolke gerade wieder erhob. Mit dem Ausruf „Und Dachschaden!“ knallte der Rotschopf auf den Boden und ein Flammenring schoss um ihn empor, doch der Berserker war noch rechtzeitig aus dessen Reichweite geflohen. Und jetzt griff er wieder an, die Claymore krachte auf den Boden, die Rauchwolke verzog sich und Axel wurde von der entstehenden Energiewelle zurückgeschlagen. Im Flug ließ er es sich jedoch nicht nehmen, dem Berserker nochmals seine flammenden Waffen an den Kopf zu werfen und so krachten sowohl die Nummer VII, als auch die Nummer VIII zu Boden. Beide standen nach einem kurzen Moment wieder auf, Axel jedoch etwas schneller als Saix. „Bedeutet dir die Vergangenheit nichts mehr...?“, fragte Saix, der aus dem Berserker-Modus gerissen nun etwas gebeugt und schwer atmend dastand. „Unser Vorhaben, der Plan... ist dir alles egal? Und Kingdom Hearts...“ Er wieß mit seine freien Hand auf den herzförmigen Mond am schwarzen Himmel vor dem Fenster. „Willst du kein Herz mehr haben?“ Kurz fuhr sich Axel über den Mund und spuckte zur Seite, bevor er Saix wieder ansah. „Die Vergangenheit ist Vergangenheit, Erinnerungen bleiben Erinnerungen. Egal wie sehr man sich es wünscht, sie kehren niemals auf die selbe Art zurück und sind meistens nur überschüssiger Ballast, den man nicht willentlich abwerfen kann. Die Gegenwart zählt... und mir bedeutet der Plan nichts mehr, ich habe dir den Weg zur Spitze geebnet, doch mir reicht es langsam. Und was das mit dem Herz betrifft...“ Sein Blick wanderte zu Roxas, der offenbar bewusstlos in einer Ecke des Raumes lag, und er lächelte. „Der Junge gibt mir das Gefühl, eines zu haben. In seiner Gegenwart fühle ich mich menschlich.“ Axels Augen fixierten wieder Saix, sein Lächeln wurde grimmiger und er lachte, als er seine brennenden Waffen erhob. „Was will ich mehr? Die Organisation übernehmen? Mir die Mühe machen und auf ein echtes Herz warten? Das kannst du vergessen, kapiert? Ich habe mich entschieden!“ Eine dicke, zornige Ader pulsierte an Saix‘ Schläfe. „Du stellst dich also gegen uns... dann werde ich dich nun vernichten, im Namen der Organisation!“, brüllte der Blauhaarige wütend und stürmte los. „Brauchst du etwa Feuer?! Du bist doch Nichtraucher!“, entgegnete Axel etwas überheblich lachend und stürzte sich dem Berserker entgegen. Die Claymore sauste heran und der Rotschopf wich zur Seite aus, schlug seinerseits zu, traf jedoch nur Luft, da Saix sich duckte und von unten angriff. Mit einem kleinen Sprung seitens Axel über die Waffe ging die Aktion fehl. Da war die Chance zum Finale und noch in der Luft verpasste dem Blauhaarigen einen saftigen Tritt in die Visage, der ihn an das Fenster zurücktaumeln ließ, genau an die Stelle, wo von der vorigen Feuga-Explosion noch ein Riss in der Scheibe klaffte. Axel ließ die Chakrams wie ein unerbittliches Rad des Schicksal kreiseln und peilte Saix an, der nicht rechtzeitig reagieren konnte. „Das wirst du nie vergessen!“ Die Flammen um den Waffen herum wurden mächtiger und unerbittlich ließ Axel die Chakrams auf Saix niederprasseln, ein flammender Hagel direkt aus der Hölle. Das Feuer warf einen roten Schein auf die Fensterscheiben, Saix schrie vor Schmerz auf, das Fenster knackte und weitere Risse entstanden darin. Die Nummer VII konnte sich nicht wehren, hatte das langsam splitternde Fenster im Rücken, während die tödlichen Flammengeschosse immer weiter und immer härter gegen ihn prallten, nur um in die Hand ihres Besitzers zurückzukehren und um dann wieder zuzuschlagen und ihn erneut zu verbrennen. „LEA!!!“, schrie Saix und hob die Claymore zu einem letzten Versuch der Gegenwehr, doch Axel bündelte all seine Macht in den Chakrams und ohne eine Miene zu verziehen, feuerte er sie seinem alten Freund mit aller Kraft ein letztes Mal entgegen. Mit einem ohrenbetäubenden Knallen zerbarst das Fenster, als die Chakrams Saix durchbohrten und die Nummer VII stürzte brennend mit den Glassplittern in die Finsternis hinab... Schwer atmend stand Axel da und schaute hinab, ein leichter Wind schlug ihm entgegen, während er seine Chakrams verschwinden ließ. „Ich habe doch gesagt, du sollst diesen Namen nicht mehr benutzen...“, meinte er leise und wandte sich von dem Abgrund ab. „Roxas...“, murmelte er dann und rannte zu seinem verletzten Freund – was der Kleine jetzt hoffentlich wieder war – hinüber und wühlte in seinen Taschen nach einem Heilmittel. Erleichtert atmete Axel auf, als er sich neben dem Blonden hinunterbeugte. Gott sei Dank hatte er noch eine Hi-Potion... Stille. Im Runden Raum herrschte Stille, eisiges Schweigen. Die übrigen vier Organisationsmitglieder schauten schweigend auf die Projektion, auf der Axel gerade versuchte, Roxas wieder aufzupäppeln. Das Geräusch, mit dem Xigbar langsam ein Popcorn aus seiner Tüte holte und es zerkaute, klang in dieser Stille fast abnormal laut. Schließlich konnte der Freischütz den Mund nicht mehr halten. „Dieser miese kleine Gauner!“, spie er hervor, spuckte dabei sein halb zerkautes Popcorn wieder aus, welches sich zu den anderen Krümeln und den Scherben von Xemnas‘ zerbrochener Teetasste am tiefen Boden gesellte. „Da vertraut man ihm dutzende wichtige Aufgaben an, glaubt an seine Treue und am Ende fällt er uns doch in den Rücken!“ „Und wieder haben wir ein Problem mehr...“, murmelte der Superior. „Und ein Mitglied weniger.“, stellte Xaldin fest, obwohl er nicht gerade Anteilnahme an Saix‘ Vernichtung zeigte, begann dann jedoch fast schon verbittert wieder seinen Snack zu futtern. „Nun heißt es Zwei gegen Vier.“, meinte Luxord, der plötzlich ein kleines Schachbrett auf dem Schoß hatte und zwei weiße Figuren gegenüber vier Schwarzen aufstellte. Nachdenklich hielt er seine Hand über sie. „Wird es bald etwa noch Zwei gegen Drei heißen? Was ist unser nächster Zug, Xemnas?“ „Komm aber mitnichten auf die Schnapsidee, dass wir jetzt eins gegen zwei kämpfen sollen!“, grummelte Xigbar und stopfte sich eine Hand voll seines Futters in den Mund. „Wir hätten Roxas gleich alle zusammen kaltstellen sollen, als er hier angetanzt kam. Jetzt sind wir nur noch so wenige und neue Rekruten brauchen wir in unserer miesen Situation gar nicht erst suchen.“ „Also was tun wir, Xemnas?“, fragte Xaldin. Die Nummer I schloss die Augen und dachte nach. Sicher konnte er keines seiner weiteren Mitglieder in das Verderben schicken. Wenn Axel nicht aufgetaucht wäre hätte Saix klar gesiegt. Aber dennoch erlag auch er dem Pech, welches die Organisation in letzter Zeit heimzusuchen schien. Erst ging Roxas, dann tauchte Ansem wieder auf und überfiel die Welten mit den Herzlosen, dann kam Roxas zurück und wollte nun Kingdom Hearts freilassen, Axel schlug sich auf seine Seite und zwei Mitglieder wurden bereits eliminiert. Von Glückssträhne war das weit entfernt. Es musste etwas geschehen, und zwar sofort. Sonst könnte die Organisation ganz von vorne anfangen... „Wir vernichten sie.“, sagte Xemnas schließlich. „Um Roxas ist es zwar schade, aber bevor er unser Kingdom Hearts zerstört, zerstören wir lieber ihn. Immerhin haben wir noch seinen Jemand für Plan B. Und wir lassen auch bei Axel keine Gnade walten. Ich erwarte, dass keiner von euch hier den Beiden zum Opfer fällt. Gehen wir.“ Und fast gleichzeitg nickten die anderen Mitglieder und verschwanden nacheinander in einem dunklen Portal. Auf den weißen Thronen blieb eine halb leere Popcorntüte, ein paar Scherben und Luxords Schachbrett zurück, auf dem die beiden weißen Figuren umgefallen waren und die vier Schwarzen triumphierend um sie herumstanden... „Roxas.“ „Ja..?“ „Roxas.“ „Wer bist du...?“ „...“ „Antworte...!“ „...“ „Hey, Roxas!“ ...wer? „Kleiner, Schluss mit Dornröschen spielen!“ Was war das bitte...? „Glaub bloß nicht, dass ich dich wachküsse!“ Was zur Hölle...?! Dong! „Autsch!“ Axel fiel auf seinen Hintern, als Roxas‘ Faust nach seinem letzten Satz unvermittelt in die Höhe geschossen war und ihm einen hübschen Kinnhaken verpasst hatte. „Memo an mich selbst: Beug dich nie über Roxas, wenn du ihn wecken willst, und verzichte auf doofe Sprüche...“, grummelte der Rotschopf und rieb sich das schmerzende Kinn. Blinzelnd öffnete Roxas seine Augen und setzte sich langsam auf. Sein Kopf dröhnte ein wenig, aber von seinen Verletzungen war seltsamerweise kaum noch was übrig. Langsam wandte er den Blick zu Axel hinüber, der immer noch vor sich hinbruddelte. „Sorry...“, meinte der Blonde leise. „War keine Absicht.“ „Hm, ich kauf dir das mal ab.“, grinste Axel und stand auf, hielt Roxas seine Hand hin, um ihm aufzuhelfen. Einen Moment schaute Roxas die Hand ausdruckslos an, stand dann aber alleine auf, woraufhin der Rotschopf seine Hand wieder zurückzog und sein Grinsen erlosch. Ein unbehagliches Schweigen enstand zwischen den Niemanden, die in verschiedene Richtungen sahen. Kurz kratzte die Nummer VIII sich am Kopf und öffnete den Mund, als wolle sie etwas sagen, schwieg dann aber weiter. „Du hast Saix getötet?“, fragte Roxas schließlich mit Blick auf das große Loch in dem hohen Fenster. „Jup.“, meinte Axel darauf. „Hast du mich geheilt?“, fragte der Blonde weiter. „Hatte noch ne Hi-Potion, für eine komplette Heilung hat es aber nicht gereicht“, antwortete der Rothaarige. „Danke. Dann kann ich ja weitermachen...“, sagte Roxas und setzte sich in Richtung Ausgang Bewegung. „Wow, jetzt warte mal.“, sagte Axel und stellte sich dem Blonden in den Weg. „Willst du etwa in deinen Untergang rennen? Denn wenn du alleine gehst werden die dich wie ein Blatt Papier zusammenfalten, zerschnippeln und ins Feuer werfen, kannst du mir folgen?“ „Mir bleibt ja wohl keine Wahl.“, murmelte Roxas und sah dann mit leicht verengten Augen zu de Nummer VIII hoch. „Oder willst du etwa mitkommen und dabei draufgehen? Du hasst Komplikationen und deine Haut ist dir doch wichtiger als sonst etwas, nicht? Hast du ja vor ein paar Tagen bewiesen.“ Bei diesen Worten setzte Axel eine bestürzte Miene auf und sah dann zur Seite, was Roxas dazu verleitete, an ihm vorbeizugehen. Jedoch packte die Nummer VIII dann den Blonden am Arm und hielt ihn fest. „Die werden mich sowieso jagen, weil ich dir geholfen habe. Mein Verhalten entschuldigt das zwar nicht, aber immerhin kann ich etwas davon wieder gut machen, wenn ich dir jetzt helfe die Sache zu Ende zu bringen.“, sagte Axel ernst und sah Roxas an, der ihm dann langsam den Kopf zuwandte. „Wenn du darauf bestehst...“, meinte er und ging weiter, als Axel ihn losließ. Roxas wusste nicht wirklich, was er jetzt davon halten sollte. Erst bekämpfte Axel ihn bis zur Bewusstlosigkeit und jetzt tauchte er auf und wollte ihm helfen. Eigentlich müsste er sich darüber freuen, aber wenn er an das Geschehene dachte... er brauchte noch ein wenig Zeit... Obwohl, dachte er als er gefolgt von Axel zum Zeugnis der Existenz zurückkehrte, wenn er Kingdom Hearts befreit hätte, würde ihre Freundschaft wieder so wie früher sein. Das gehörte schließlich zu seinem Glauben dazu... dass alles wieder gut wäre... also schloss das auch seine Freundschaft mit Axel ein. Wieder am Zeugnis der Existenz angekommen, stellte der Blonde überrascht fest, dass die Barriere zu der ‚Annäherung ans Nichts‘, dem Pfad weiter nach oben, verschwunden war. Obendrein waren die restlichen Grabsteine der noch lebenden Organisationsmitglieder erloschen, zwar nicht zertrümmert, aber offenbar konnte man die Teleporter davor nicht mehr benutzen. Und der Durchgang zurück zu der Halle der leeren Melodien war nun von einer Mauer versperrt. „Klasse, wir sitzen wohl fest.“, meinte Axel und Roxas wandte sich ihm zu. Die Nummer VIII hatte die Hand ausgestreckt und versuchte ein dunkles Portal zu erschaffen, allerdings flackerte nur kurz eine schwarze Wolke auf und verpuffte dann. „Dunkle Portale sind auch noch blockiert...“ „Uns bleibt wohl nur ein Weg.“, sagte Roxas und deutete auf den Weg nach oben. „Das ist garantiert eine Falle. Aber was solls, wenn sie wollen, dass wir kommen, dann gehen wir halt zu ihnen.“, sagte Axel kopfschüttelnd und setzte sich in Bewegung. „Na los, Kleiner!“ „Nenn mich nicht ‚Kleiner‘!“, knurrte Roxas und folgte ihm. „Du bist so empfindlich bei dem Punkt wie eh und je. Du hast doch nicht wirklich immer noch Komplexe wegen deiner Größe?“, fragte Axel scherzhaft und knuffte den Blonden an der Schulter. „Ach, sei still... als ob ich deswegen Komplexe hätte...“, murmelte die ehemalige Nummer XIII, überholte Axel und vergrub die Hände in den Manteltaschen – und wieder striff seine rechte Hand etwas in der Tasche. Verwirrt blieb Roxas stehen, woraufhin Axel fast in ihn reingelaufen wäre, und holte es aus der Tasche. Auf seiner Hand lag eine kleine Muschel. „Was ist das denn?“, fragte Axel neugierig und lugte ihm über die Schulter. „Hübsch, wo hast du die denn her?“ „Ich weiß nicht, ich wusste nicht einmal, dass ich sie in der Tasche hatte.“, antwortete Roxas. „Erst vorhin hab ich sie beim Kampf mit Saix bemerkt, als ich mein Elixier rausgeholt hab.“ „Warst du in letzter Zeit irgendwann am Strand?“ „Nein...“ Nachdenklich musterte der Blonde die kleine Muschel. Irgendwie... irgendwie verspürte er plötzlich eine leichte Vertrautheit in sich aufkeimen... aber Vertrautheit von was? Da... da war was... aber... Hey, Moment... warum fühlte er sich plötzlich... traurig? Wieso? Es war doch nur eine Muschel. Ein stinknormale Muschel, die man an jedem Strand fand, absolut nichts besonderes. Er fuhr sich kurz über die Augen... es war nur eine Muschel... also... wieso? „Hey, Roxas, hör auf zu träumen. So eine Miesmuschel bringt uns jetzt gar nichts, kannst du mir folgen?.“, riss ihn Axels Stimme aus seiner Abwesenheit und er sah auf, der Rotschopf wedelte mit der Hand vor seinem Gesicht herum. „Hallo? Uns steht gleich ein Höllenspektakel bevor, ich will nicht alleine um mein Leben kämpfen, nur weil du geistlich gerade in Disneyland oder sonstwo bist!“ „Ich... ja, du hast recht.“, nickte Roxas, fragte sich kurz was Disneyland denn für eine Welt sei, und steckte die Muschel zurück in seine Tasche. Warum ließ er sich so leicht ablenken, wo er sich doch vorgenommen hatte, sich nicht ablenken zu lassen, bis er Kingdom Hearts freigelassen hätte? Und das wegen einer... Muschel, also wirklich. „Gehen wir.“, sagte Roxas und verließ zusammen mit Axel das Zeugnis der Existenz und betrat die Annäherung ans Nichts. Kaum waren sie ein paar Schritte gegangen, schlug dicht neben ihnen ein Geschoss in den Boden, woraufhin beide inne hielten und aufsahen. Kurz darauf schoss ihnen ein Hagel aus Laserschüssen entgegen, der jedoch von den beschworenen Waffen der beiden Niemande abgewehrt wurde. Kopfüber in der Luft schwebend kam nun ein Mann mit Augenklappe und vernarbtem Gesicht in ihr Blickfeld. „Nanu, wen haben wir denn da?“, sagte Xigbar und zeigte ein höhnisches Grinsen. „Das kleine Verräterduo in spe!“ Kapitel 10: Erlöschen --------------------- „Und, Narbengesicht, alles klar?“, fragte Axel spöttisch, mit einem Chakram in der Hand immer wieder leicht auf seine Schulter klopfend. „Kann mich nicht beklagen.“, antwortete Xigbar höhnisch grinsend, kopfüber in der Luft schwebend und seine Lasergewehre in den Händen. „Meine Güte, ihr seid mir vielleicht ein paar Helden. Glaubt ihr etwa, dass wir euch noch mehr durchgehen lassen?“ „Hm, für eure Gesundheit wär das wohl besser.“, gab die Nummer VIII zurück. Roxas schwieg, stand neben Axel, Memoire und Sternentreue halb erhoben und schaute misstrauisch zu dem Freischütz hinauf. Falls es hier außerhalb zu einem Kampf kam, wären er und Axel im Nachteil, da sie im Gegensatz zu dem Einäugigen nicht wirklich fliegen konnten, obwohl Axel das mit seiner Teleport-Fähigkeit eigentlich relativ wettmachte. Roxas selbst war sich nicht ganz sicher, ob er mittlerweile durch seine ohnehin gesteigerte Kraft fliegen konnte... nun, zum ausprobieren hatte er jetzt keine Zeit. „Besser für unsere Gesundheit? Mitnichten.“, meinte Xigbar und legte in der Luft eine Drehung hin, sodass er nun aufrecht schwebte. Roxas hob eine Augenbraue und murmelte: „Wir...?“ Als er ein dumpfes Geräusch hinter sich aus der Wand vernahm, begriff er. Schnell fuhr er herum als plötzlich Lanzen aus der Mauer geschossen kamen und lenkte sie mit seinen Schwertern zur Seite ab, während Axel mit einem überraschten Laut zur Seite sprang. Die Wand brach zusammen, als die Lanzen sich in ihr zurückzogen und offenbarte ein großes Loch in die Galerie von Schöpfung und Zerstörung, aus dem nun Xaldin langsam geflogen kam, zwei Lanzen in der rechten Hand, eine in der Linken, die anderen drei um ihn herumschwebend. „Buh.“, machte die Nummer III mit düsterem Lächeln. Roxas wich einen Schritt zurück, Xaldin vor ihm, Xigbar hinter ihm. Axel kam mit leisem Knurren rückwärts zu dem Blonden geschritten, fixierte Luxord, der plötzlich aus dem Gang zum Zeugnis der Existenz geschritten kam, eine Hand voll Karten mit nachdenklichem Blick ans Kinn erhoben. „Das sieht nicht gut aus...“, knurrte Axel, Rücken an Rücken mit Roxas. Der knirschte kurz mit den Zähnen und seine Augen huschten kurz zu Kingdom Hearts empor. Um es freizulassen, müsste er hoch zum Altar des Nichts, weil er sonst nicht nah genug an den Mond herankäme. Der Pfad nach oben war nicht von einem Organisationsmitglied verstellt. Doch gerade als er dem Impuls, dort hochzustürmen, folgen wollte, löste sich der Gedanke in Luft auf und der Blonde zog zischend Luft ein. Eine unterschwellige Wut breitete sich in ihm aus, als er den Niemand erblickte. Mit ausgebreiteten Armen und finsterem Lächeln schwebte Xemnas, Nummer I, Anführer der Organisation und der mächtigste Niemand fast schon majestätisch auf den Boden herab, blockierte auch den letzten Ausweg. Roxas und Axel waren umzingelt und in der Unterzahl... Mit einem Zischen schossen rote Laserklingen aus Xemnas‘ Händen, mit Grabesstimme sagte er leise: „Richten wir die Verräter, meine Brüder...“ Xigbar legte an und feuerte, Xaldin schleuderte seine Lanzen, Luxord warf seine Karten und Xemnas schoss heran. Die Vier Niemande stürzten sich von allen Seiten auf die beiden Abtrünnigen, von denen einer mit zornfunkelden Augen mit seinen Schlüsselschwertern ausholte und der andere seine brennenden Chakrams mit grimmigen Blick zum Angriff hob... Roxas landete an der Außenmauer des Schlosses, machte einen kleinen Satz, als haarscharf neben ihm eine von Xaldins Lanzen die Wand durchbohrte und stieß sich dann in Richtung der Nummer III von ihr ab. Mitten im Flug jedoch flogen ihm riesige Spielkarten entgegen und er zerteilte sie mit Memoire, allerdings erwischte ihn nun ein Windstoß von Xaldin und er krachte zurück an die Wand, direkt neben dem Loch, aus dem Xaldin vorhin gekommen war. Aus den Augenwinkeln nahm der Blonde kurz wahr, wie Axel sich mit Xigbar und Luxord abmühte und reagierte zu spät, als plötzlich Xemnas vor ihm auftauchte und mit einem mächtigen Schwinger seiner roten Klingen durch die Wand beförderte. Roxas stöhnte schmerzvoll auf, als der Wucht des Angriffes ihn durch das Gestein drückte und er dahinter plötzlich in der Galerie von Schöpfung und Zerstörung ins Bodenlose stürzte. Mit zusammengebissenen Zähnen fing er sich in der Luft und schnellte per Luftgrätsche an die Wand zurück, rannte an ihr empor und sprang auf eine der Plattformen zu, die in dem großen Raum schwebten. Kaum war er darauf gelandet hörte er eine Art Explosion und er fuhr herum, sah Axel nun auch durch die Mauer am Pfad der Nichtigkeit brechen. „Axel!“, rief Roxas, allerdings kam er gar nicht dazu, seinem Freund zu Hilfe zu eilen. „Kümmere dich lieber um dich selbst...“, hauchte eine dunkle Stimme in sein Ohr und der Blonde schlug mit einer Drehung zu. Funken sprühten, als Sternentreue auf Xemnas‘ Lichtklinge prallte, doch Roxas ließ nicht locker und setzte nach, jedoch parierte der Superior jeden Schlag der ehemaligen Nummer XIII ohne scheinbar große Probleme und schaffte es, Roxas Deckung mit einem gezielten Hieb zu durchbrechen und wollte zu einem kritischen Schlag ansetzen, als ein flammendes Rad aus dem Nichts herangeschossen kam und Xemnas notgedrungen ausweichen musste, indem er einfach in einer schwarzen Wolke verschwand und etwas entfernt wieder auftauchte. Axel schoss heran, mit einem wilden, gefährlichen Ausdruck in den Augen, und stürzte sich auf den Superior, während Roxas erneut herumfuhr und gerade noch eine Salve von Xigbars Lasern ablenken konnte. Der Freischütz schwebte einige Meter entfernt in der Luft und feuerte unablässig seine Waffen ab, während Luxord und Xaldin links und rechts auf Roxas zugeschossen kamen um ihn in die Zange zu nehmen. Der Blonde sammelte seine Kräfte, die Schlüsselschwerter begannen zu leuchten und als er sie zur Seite riss fegte eine Energiewelle die Niemande hinweg. Daraufhin schwang Roxas Sternentreue in die Luft und rief: „Blitzga!“ Über Xigbar erschien eine dunkle Wolke aus der ein mächtiger Blitz auf ihn niederfuhr und er stürzte qualmend aus der Luft. Allerdings brauchte es schon mehr, um ein Mitglied der Organisation zu erledigen, auch wenn Roxas hoffte, die Drei somit einen kurzen Moment vom Hals zu haben und so wandte er sich nach Axel um, der sich einen Nahkampf mit Xemnas lieferte. Die Chakrams zogen brennend durch die Luft, krachten ein ums andere mal auf die Ätherischen Klingen des Superiors, keiner der beiden schien für den Moment die Überhand zu haben. Gerade als Roxas seinem Freund zur Hilfe kommen wollte, explodierte etwas schmerzvoll in seinem Rücken. Er stöhnte und ging halb in die Knie. Drei von Xigbars Lasern ragten aus seinem Rücken, sowie eine Spielkarte von Luxord und eine Lanze von Xaldin, die jedoch kurz darauf verschwanden und zu ihren Besitzern zurückkehrten. Das war zu viel... gegen alle vier konnten sie nicht gewinnen, dazu waren er und Axel noch zu angeschlagen... aber so kurz vor dem Ziel würde er nicht aufgeben. Roxas fuhr herum und schnellte zurück bis zum Rand der Plattform, ließ sich zurückfallen und stieß sich dann von der Kante ab. Während er auf die von Farben überströmte Wand zuschoss warf er Memoire, welches schnurgerade wie ein Pfeil aus Licht durch die Plattform pflügte und sie zertrümmerte. Axel und Xemnas, die beide noch darauf waren, taumelten und stürzten dann in die Tiefe, während die anderen Drei Niemande von den umherfliegenden Bruchteilen getroffen wurden. Mit einem Schwung rammte Roxas Sternentreue in die Wand und schwang sich daran hinauf um darauf zu stehen. Kurz darauf hatte sich Axel neben ihn teleportiert und wirkte alles andere als amüsiert. „Brüll das nächste Mal ne Warnung, wenn du so eine Aktion startest!“, motzte er den Blonden an. Der blickte ungerührt zurück und ließ Memoire wieder erscheinen. „Ich muss nach oben, wir können sie nicht alle besiegen. Ich muss Kingdom Hearts freilassen.“ „Und ich soll dir solange den Rücken frei- Vorsicht!“ Eine helle Energiekugel, abgefeuert von Xemnas, flog auf sie zu und zertrümmerte die Stelle, an der die beiden Niemande vor einer halben Sekunde noch gestanden hatten. Roxas stürmte die Wand empor um eines der Fenster zu erreichen, Axel neben ihm. Von dort aus wollte er außerhalb des Schlosses den restlichen Weg zum Altar des Nichts bewältigen. Ein leises Zischen kündigte Roxas den nächsten Angriff an, zwei von Xaldins Speeren schlugen haarscharf neben ihm und Axel in die Mauer. „Jetzt reichts langsam. Entschuldige mich kurz, Kleiner.“, knurrte der Rotschopf und packte einen der Speere, als sie zu ihrem Besitzer zurückflogen und wurde somit mitgerissen. „Soll ich deinen Wind mal aufheizen, hä?! Burn, Baby!!“ Eine gewaltige Explosion unt Hitzewelle brachte Roxas beinahe aus dem Gleichgewicht, als er endlich an einem der Fenster ankam, und er drehte sich um. Offenbar war Axel direkt mit Xaldin zusammengestoßen, der jetzt qualmend in den Abgrund stürzte. Im freien Fall lieferte die Nummer VIII sich nun einen Schlagabtausch mit Luxord, während Xemnas schnurgerade zu Roxas hinaufflog, der ihn zu spät bemerkte. Unerwartet von den roten Lichtklingen erwischt stürzte Roxas die Außermauer hinab, versuchte, den Schmerz des Treffers zu ignorieren und seinen Körper wieder unter Kontrolle zu bringen. Zähneknirschend packte Roxas seine Schwerter fester und rammte beide in die Wand, um seinen Sturz abzubremsen und schwang sich schließlich auf beide, bevor er nach oben sah. Verächtlich sah der Superior auf ihn herab und stürzte sich ihm dann entgegen, während die ehemalige Nummer XIII die Wand emporrannte und seine Schwerter erneut zu sich rief. Beide kamen aufeinander zu, drohten, sich gegenseitig mit voller Wucht zu rammen. Roxas wartete, bis Xemnas näher kam... noch näher... und dann wich er den heransausenden Laserklingen mit einer Drehung zur Seite aus, ignorierte wie so oft die Gravitation und verpasste Xemnas halb in der Luft schwebend einen gezielten Hieb gegen die Brust. Kurz erhaschte Roxas einen Blick auf das leicht überraschte Gesicht der Nummer I, als dieser auch schon an ihm vorbeistürzte und Roxas ohne zu zögern weiter den Turm nach oben rannte. Als er an den Fenstern vorbeikam schoss eine Stichflamme daraus hervor und daraufhin Luxord mit versengten Karten wie zum Schutz vor sich schwebend und dann Axel hinterher, der für den Moment die Oberhand zu haben schien. Jedoch tauchte nun unvermittelt Xigbar aus dem Nichts auf und feuerte auf den Rotschopf, der den Lasern nicht entgehen konnte und aus der Luft gerissen wurde. „Axel!“, rief Roxas und wollte schon umkehren und ihm zu Hilfe eilen, als der Rotschopf sich nun mit der Nummer II und IX gleichzeitig auseinandersetzte, von Xaldin fehlte jede Spur und auch Xemnas war noch nicht wieder aufgetaucht. Jedoch tot waren sie sicher nicht... „Geh weiter, tu endlich, weswegen du das alles überhaupt angefangen hast!“, brüllte Axel und feuerte Feuerbälle auf seine Feinde ab, bevor er Roxas kurz funkelnd anstarrte. „Geh!“ Es widerstrebte ihm, Axel mit ihren Feinden zurückzulassen, aber ihm blieb keine Wahl, wenn er sein Vorhaben erfüllen wollte. Mit einem Satz schnellte er weiter nach oben. Die Kampfgeräusche unter ihm wurden leiser, während die ehemalige Nummer XIII langsam den höchsten Punkt des Schlosses, den Altar des Nichts, erreichte. Gleich war es soweit... Kingdom Hearts... Mit einem Salto landete Roxas endlich bei seinem Ziel und schaute nach oben. Kingdom Hearts strahlte mit hellem Licht herab, ein gewaltiger herzförmiger Mond, gebildet aus den vom Schlüsselschwert freigesetzten Herzen besiegter Herzloser. Er war am Ziel... jetzt würde sein Glaube sich bewahrheiten und alles würde so werden wie früher. Alles würde wieder in Ordnung sein... Langsam hob er Memoire, richtete die Spitze des Schwertes auf Kingdom Hearts, ein Licht sammelte sich an dem Schlüsselschwert und... Eine nicht weit entfernte Explosion lenkte Roxas‘ Aufmerksamkeit auf sich und er senkte Memoire, als Axel plötzlich von unten heraufgeflogen kam und neben den Blonden auf den Boden krachte. „Axel!“, rief Roxas erschrocken. „So mein Name...“, grummelte der Rotschopf und rappelte sich mühsam wieder auf, er atmete schwer und stand gebeugt da, schien langsam am Ende seiner Kraft zu sein. „Bist du verletzt?“ „Ich werds überleben.“ Er funkelte Roxas an. „Hast du den Mond immer noch nicht zertrümmert? Jetzt mach endlich!“ Ja, er durfte keine Zeit mehr verlieren. Erneut hob der Blonde sein Schlüsselschwert – doch nun schwebte plötzlich Xemnas zwischen dem Schlüssel und Kingdom Hearts. „Hier wird dein Grab sein.“, sagte Xemnas mit grollender Stimme und ehe Roxas reagieren konnte erschien der Superior vor ihm und wollte mit seinen Laserklingen zustechen, jedoch prallte die Waffe an einem Chakram ab, haarscharf vor seiner Brust. Mit dem Wissen, gerade um ein Haar dem Tod entronnen zu sein taumelte Roxas ein wenig zurück, während Axel sich nun zwischen ihn und die Nummer I stellte. „Du bringst ihn nicht um, kannst du dir das merken?“, knurrte der Rotschopf. „Auch dein Grab wird dieser Ort sein.“, entgegnete Xemnas und mit einem ausholenden Hieb eröffnete er ein erneutes Duell mit der Nummer VIII. Doch nun war offensichtlich, dass Axel ihm unterlegen war. Er war zu angeschlagen. Roxas sammelte sich und wollte ihm zu Hilfe eilen, als sich plötzlich glühende Nägel in seinen Rücken zu bohren schienen. Mit einem Aufschrei fiel er auf die Knie, die Schlüsselschwerter entglitten seinen Händen, als Xigbar hinter ihm in der Luft auftauchte, ein höhnisches Grinsen im Gesicht. Kurz darauf erschienen auch Luxord und ein verkohlter Xigbar um den Turm herum. Abgelenkt durch Roxas‘ Aufschrei sah Axel zu ihm hinüber. Als der Blonde mit schmerzverzerrtem Gesicht aufsah, kreuzten sich ihre Blicke für eine Sekunde - und Xemnas nutzte die Chance und stach zu. „NEIN!“, schrie Roxas, als sich die beiden Laserklingen des Superiors durch Axels Brust bohrten, als wäre er aus Butter. Mit einem überraschten Ausdruck und leicht geöffneten Mund sah Axel auf die Klingen herab... dann entglitten ihm die Chakrams und lösten sich auf, Xemnas trat zurück, schwebte zu seinen drei Verbündeten empor, sodass sie nun eine Art Kreis bildeten, als die Nummer VIII auf die Knie fiel, mit einem leeren Ausdruck auf dem Gesicht, die Spur der Überraschung jedoch immer noch darauf. Dann spuckte er Blut und ging mit dem Gesicht voraus endgültig zu Boden. Roxas starrte ungläubig und entsetzt auf seinen Freund, von dessen Körper nun dunkle Partikel aufzusteigen begannen. Nein... er durfte nicht verschwinden... sterben... „Axel... Axel...!“, krächzte Roxas und kroch mühsam auf ihn zu, die anderen Organisationsmitglieder unternahmen für den Moment nichts, schwebten in der Luft um sie herum. Der Blonde setzte sich mit verängstigtem Gesicht vor Axel auf die Knie und drehte ihn um. Er sah müde lächelnd nach oben. „Tja, so sterbe ich also... was für ein billiger Abgang...“, murmelte der Rothaarige mit schwacher Stimme. „Rede keinen Müll, du stirbst nicht!“, knurrte Roxas mit brüchiger Stimme, er wollte es nicht wahrhaben. Axel konnte ihn doch nicht auch noch alleinlassen! ...Auch noch...? Ein blitzendes Licht schoss durch Roxas‘ Kopf, er schmerzte, als er Axel da so vor sich liegen sah und gleichzeitig noch jemand anderes. Das war... er hatte das schonmal erlebt... diese Situation. Die gleiche Szene spielte sich in seinem Unterbewusstsein ab... aber... da lag nicht Axel in seinen Armen... „Roxas...“, drang Axels schwache Stimme durch die Bilder vor seinem inneren Auge. „Ja...?“, sagte Roxas, versuchte, die Bilderflut einzudämmen, die ihn nun aus den Tiefen seiner Erinnerungen heimzusuchen schien, diese Person aus seinen Gedanken zu verscheuchen, die dort in seinen Armen lag und sagte: „Roxas, tu mir bitte einen Gefallen... all diese Herzen die ich gefangen habe... Kingdom Hearts... lass sie frei.“ Der vergehende Niemand packte den Blonden am Kragen und zog ihn zu sich hinunter. „Tu mir... einen Gefallen... Tret ihnen... für diesen billigen... Abgang von mir in den Arsch, ja...?“ „Ich... ja...“, flüsterte Roxas mit belegter Stimme, gleichzeitig hörte er sich selbst in seinem Kopf sagen: „Kingdom Hearts... freilassen?“ Zufrieden grinste Axel und ließ ihn wieder los. „Es gab einige Probleme... und ich bereue es... das ich es mir mit dir verscherzt habe, Kleiner... diesen Fehler kann ich nicht wieder gutmachen, wie es scheint...“ Und wieder durschnitt eine Erinnerung Roxas Gedanken, Axels Gesicht verschwamm kurz, er sah ein schwarzhaariges Mädchen vor ihm, welches sagte: „Es ist zu spät, meine Fehler zu beheben, aber du darfst nicht zulassen, dass Xemnas Kingdom Hearts bekommt...“ „Du hast es dir nicht mit mir verscherzt... du bist immer noch mein Freund, Axel...“, sagte Roxas und spürte, wie seine Augen anfingen zu brennen, als sich immer mehr schwarze Partikel von dem Körper des Rotschopfes lösten. „Haha... sei nicht so sentimental... Zombie...“, lachte Axel leise und hustete. „Weißt du... Roxas... bei dir zu sein war... als wäre ich wieder ein Mensch... als hätte ich ein Herz...“ Immer noch grinsend hob er langsam seine sich auflösende Hand und legte sie Roxas auf den Kopf, fuhr schwach durch seine Haare. „Heul jetzt bloß nicht... obwohl, geht ja nicht... dann guck wenigstens nicht so... wir sehen uns im nächsten Leben wieder... kannst du dir das merken...?“ „Machs gut, Roxas... ich bin froh, dich getroffen zu haben. Oh, und Axel auch. Ihr seid beide meine besten Freunde...“ Das schwarzhaarige, sich in hellem Licht auflösende Mädchen hob seine Hand und legte sie an Roxas‘ Wange. „Das ist die Wahrheit... vergiss das niemals...“ Axels Hand glitt erschlafft von seinem Kopf. Roxas packte sie. „Nein! Axel, mit wem soll ich denn dann Eis essen?!“ Doch der Rotschopf hatte die Augen geschlossen... und dann verschwand er in einer schwarzen Wolke, löste sich komplett auf, kein Zeichen von Axel, der tanzenden Flamme im Wind, blieb zurück... seines besten Freundes... Tränen liefen über Roxas‘ Wangen, tropften auf den Boden. „Axel...“ Ihre Hand glitt erschlafft von seiner Wange. Roxas packte sie. „Nein! Xion, mit wem soll ich denn dann Eis essen?!“ Doch sie hatte die Augen geschlossen, ein zufriedenes Lächeln auf den Lippen... und dann verschwand sie in einem hellen Licht, ließ nichts zurück außer einen kleinen Muschel. Als Roxas sie berührte, sah er ihr lächelndes Gesicht vor sich... und Tränen liefen seine Wangen herab, tropften auf den Boden. „Xion...“ Es war, als hätte jemand in seinem Kopf einen Schalter umgelegt, als ihm der Name wieder einfiel. Langsam stand Roxas auf, Tränen flossen unaufhörlich aus seinen Augen, vermischten sich mit einem aufwallenden Zorn, den gleichen Zorn, den er verspürt hatte, als er nach seiner Flucht in die Welt die niemals war zurückgekehrt war... Xion... es kam ihm so vor, als hätte er sie gerade wieder verloren... und Axel... jetzt... jetzt wurden sie ihm beide genommen... es gab keinen mehr, der ihm wichtig war... nur die Sache... seinen... Glauben, sein Versprechen... und Zorn... eine lodernde Wut, die in ihm aufstieg... Mit einem wütenden Aufschrei riss Roxas die Arme über den Kopf, ein helles Licht schien um ihn herum, als er all seine Kräfte mobilisierte. Die Luft virbrierte regelrecht, die Organisationsmitglieder wichen überrascht raunend in der Luft zurück, als bei den Beschwörungen von Roxas Schlüsselschwertern helle Energieströme von seinem Körper ausgingen. Brüllend stürzte sich Roxas auf Xemnas, ließ alle Vorsicht außer vor, er wollte ihn verletzen, ihn zerstören, für das was er ihm angetan hatte, ihm seine besten Freunde geraubt hatte! Schmerz... durchdringender vernichtender Schmerz, als Xigbar, Xaldin und Luxords Waffen ihn zusammen trafen. Er verlor das Gleichgewicht in seinem Sprung, erneut entglitten ihm seine Waffen... und Xemnas versetzte Roxas einen letzten Hieb mit seinen Laserklingen. Und die Welt zerbrach. Alles drehte sich... Kingdom Hearts war plötzlich unter ihm... sein Körper... er spürte seinen Körper nicht mehr... da war nur Schmerz und Trauer... er fiel... fiel das Schloss hinab... sein Bick wurde trübe... Kingdom Hearts entfernte sich... es war vorbei... Kapitel 11: Freunde ------------------- Er fiel... und fiel... immer weiter in die Tiefe, zog eine Spur schwarzer, sich von seinem Körper lösende und verschwindende Partikel hinterher. Einzig und allein die an ihm vorbeiziehenden und von seinen Augen noch erblickte Schlosswände und der Schmerz verrieten ihm, dass er noch da war. Für den Moment war er das noch... aber gleich nicht mehr. Roxas war sich bewusst, dass er nun am Ende war, verschwunden, vom Antlitz der Welt gelöscht zu sein, noch bevor er auf dem Boden aufkommen würde. Und doch wollte er es nicht... er wollte nicht sterben... Mit einem Krachen schlug der Körper des vergehenden Niemands auf einem Vorsprung an der Schlosswand auf. Er fühlte keinen Schmerz, obwohl er sich normalerweise sicher alle Knochen gebrochen hätte, wenn er so hart und ungebremst aufgeschlagen wäre. Mit halb geöffneten Augenlidern sah Roxas auf dem Rücken liegend nach oben zum schwarzen Himmel. Das Herz dort leuchtete weiterhin ungerührt auf die Welt, die niemals war, Kingdom Hearts war dort, wo es immer war. Es würde nicht befreit werden... es würde in Xemnas Besitz bleiben... all diese Herzen, die Roxas und Xion gesammelt hatten... würden niemals wieder frei sein. Sein Versprechen... er hatte es doch versprochen... es war ihr letzter Wunsch... „Ich...“ Schwerfällig hob Roxas die Hand zu dem Mond empor, als wolle er ihn ergreifen und setzte sich mit Mühe halb auf. „Kingdom... Hearts...“ Sein Körper löste sich weiter auf. „Naminé...“ Er war müde... er konnte nicht mehr... „Xion... Axel...“ Der Arm senkte sich, seine Augenlider flatterten, schwere Erschöpfung und Leere erfassten ihn. „...Sora...“ Erschlafft sackte er zur Seite, rutschte über die Kante des Vorsprunges und stürzte weiter in die Finsternis hinab... Das Nichts... der endlose Raum... er schwebte darin, schwerelos, allein... tot? „Wo bin ich...“ „Wer ist da?“ „Wer bist du?“ „Ich bin... Ich“ „Das bin ich auch...“ „Bist du Ich?“ „Ich bin ich selbst...“ „Schön, so etwas sagen zu können ohne es zu lügen...“ „Was meinst du?“ „Jemand, der nicht einmal existiert, der kein Herz hat, kann so etwas nicht ohne zu lügen behaupten, das verstehe ich jetzt... Ich verschwinde einfach... ich sterbe... und nichts bleibt von mir zurück. Ich bin ein Niemand... kein existierendes Wesen. Ich hätte zu dir zurückkehren sollen, damit ich wenigstens noch irgendwo vorhanden bin. Was für ein schlechter Scherz, dass ich das erst begreife, wo es zu spät ist...“ „Ich verstehe nicht...“ „Du bist Sora, oder?“ „...Woher weißt du das? Wer bist du?“ „Ich bin... Du.“ „...!“ „Du musst das nicht verstehen... ich verstehe es selbst nicht komplett... aber immerhin habe ich einmal mit dir geredet, wenn auch nicht von Angesicht zu Angesicht...“ „...“ „...“ Ein gleißendes Licht umhüllte ihn, die andere Stimme verschwand aus seinem Bewusstsein, Sora verschwand so plötzlich, wie er gekommen war... und Roxas war wieder allein... So war es also... dies war sein Ende... dass es so kommen musste... er verstand es nicht... Erst Xion, dann Axel, nun er selbst... sie alle... hatten das Gleiche Schicksal...? Zu sterben? Zu Verschwinden? Nichts zurückzulassen außer eine Erinnerung, einen Grabstein im Zeugnis der Existenz? Eine Muschel in Xions Fall? War das ihr aller Schicksal...? Allein zu sterben... alleine ins Nichts zu wandern... allein... „Du bist nicht allein.“ Diese Stimme... „Du darfst nicht aufgeben, du hast noch Kraft übrig, Roxas.“ Das war... „Lass Kingdom Hearts frei.“ Er öffnete die Augen. In dem hellen endlosen Raum stand sie vor ihm, schwarze Haare, blaue Augen... „Ich kann nicht.“ „Das hört sich nicht nach dir an, Roxas, so etwas zu sagen.“ Roxas wandte den Blick von ihr ab. „Was soll ich sonst sagen. Dass ich den Tod überwinden werde und heldenhaft Kingdom Hearts befreien und siegen werde?“ „Na, das wäre für dich etwas zu angeberisch, kannst du mir folgen?“ Als er den Kopf wieder hob, stand plötzlich Axel neben Xion und sah ihn streng an. „Du solltest deinen Hintern da hochschwingen und das zu Ende bringen. Ich will nicht umsonst gestorben sein.“ „...Ihr seid tot... und ich konnte nichts dagegen tun... nicht einmal durch Kingdom Hearts‘ Freilassung würde das etwas ändern... es würde gar nichts ändern...“ „Sag sowas nicht, Roxas.“, sagte Xion erschrocken und kam näher auf ihn zu. „Es würde etwas ändern, es würde die Pläne der Organisation durchkreuzen.“ „Sie hat Recht, Kleiner.“, stimmte Axel ihr zu und trat ebenfalls vor den Blonden, der die beiden nach wie vor nicht ansah. „Du hast uns beiden einen Gefallen versprochen. Für sie sollst du Kingdom Hearts freilassen und für mich sollst du den Typen in den Arsch treten, schon vergessen?“ Roxas schüttelte den Kopf. „Nein... aber ich kann das nicht mehr... ich bin tot...“ „Bist du nicht.“, entgegnete Xion unwirsch und packte ihn an den Schultern. „Dein Wille, Roxas! Dein Wille, daran zu glauben! Der Glaube, der dich so weit gebracht hat! Der Glaube daran, dass alles wieder gut wird. Hast du ihn vergessen?“ „Mein... Glaube...? Ach ja...“ Roxas hob den Blick, sein Gesicht war ausdruckslos, als er in Xions Augen blickte. „Was soll ich damit? Er hat mir nicht geholfen. Im Gegenteil, wegen ihm musste Axel auch noch sterben!“ „Wow, ich bin gestorben, weil ich dir freiwillig geholfen habe.“, sagte Axel und kratzte sich dann kurz am Kopf. „Nachdem Naminé mir den nötigen Schubs gegeben hat... aber ich wusste, auf was ich mich einlasse. An meinem Tod trifft dich keine Schuld.“ „Und an meinem bist du auch nicht schuld.“, fügte Xion hinzu. „Ich wollte das selbst, damit Xemnas mir nichts mehr befehlen kann und ich dir die Kraft zurückgeben konnte, die ich dir genommen habe und dir mein kopiertes Schlüsselschwert zu übertragen. Wirf alles nicht weg, nur weil du jetzt denkst, es wäre alles vorbei! Du bist noch nicht am Ende!“ „Was kann ich schon noch tun...“, murmelte Roxas „Weitermachen! Einfach weitermachen, die Sache zu einem guten Ende bringen. Du kannst das, ich weiß das!“, sagte Xion energisch. „Ganz genau, Roxas.“, meinte Axel und klopfte ihm kurz auf die Schulter. „Du hast das Zeug dazu.“ „... meint ihr?“ „Ja.“ „Sicher doch.“ „Dann... habe ich noch eine Frage...“, fing Roxas an und er sah sie beide mit schwachem Lächeln an. „Seid ihr wirklich hier oder passiert das nur in meinem Kopf...?“ „Natürlich passiert das in deinem Kopf, aber was hält dich davon ab, zu denken, dass wir nicht wirklich hier sind und dich aufbauen?“, entgegnete Axel schulterzuckend. „Nichts, oder?“ „Außerdem sind wir immer bei dir... solange du uns nicht vergisst.“, sagte Xion lächelnd. „Das werde ich nicht... niemals... Danke, Xion, Axel.. wir sehen uns wieder, nicht wahr? Freunde?“ Roxas streckte die Hand aus, Xion und Axel legten ihre auf seine. „Beste Freunde.“ Mit einem Mal schlug Roxas die Augen auf und streckte die Hand aus, bekam einen Vorsprung an der Schlosswand zu fassen und hielt sich daran fest. Grimmige Entschlossenheit durchflutete ihn, spülte die Schmerzen und Trauer hinweg, erlaubte einer letzten, nicht von ihm selbst zu kommenden Kraft in ihm, sich zu entfalten und ihn zu durchströmen. Obwohl sein Körper immer noch im Verschwinden inbegriffen war, fühlte er sich nun dennoch in der Lage, noch einen letzten Ansturm zu starten, einen letzten Versuch, Kingdom Hearts zu befreien, seinen Glauben zu erfüllen. Der Königsanhänger erschien in seiner freien Hand, er zog sich an dem Vorsprung hinauf und sah zu dem Mond empor... „Nun denn, wir haben heute schwere Verluste hinnehmen müssen, aber wir konnten den Verräter erledigen.“, sagte Xemnas zu Xigbar, Xaldin und Luxord. „Sobald Sora aufwacht werden wir unseren Plan weiter fortführen. Auch wenn wir nur noch so wenige sind, sobald wir genug Herzen gesammelt haben, werden wir-“ Als er die ungläubigen Gesichter seiner Untergebenen sah, die an ihm vorbeistarrten, stockte Xemnas und drehte sich um... Mit einem Satz erschien Roxas auf der Kante der Turmspitze, augenscheinlich schwer erschöpft, er war dabei zu sterben, und dennoch funkelten seine Augen den Superior mit einer unerbittlichen Entschlossenheit an. In der rechten Hand hielt er das Schlüsselschwert. Einem Moment starrten sie sich an, die ehemalige Nummer XIII und die anderen Organisationsmitglieder, ein schmales, leeres Grinsen schlich sich auf die Züge des Verräters – dann stieß Roxas sich schnell von der Kante ab, schraubte sich in die Höhe, Kingdom Hearts entgegen, das Schwert erhoben. „Nein!“, schrie Xemnas und schoss zusammen mit seinen Untergebenen Laser, Speere und Karten ab. Mitten im Flug wurde Roxas erwischt. Ihm stockte der Atem, er verlor erneut die Kontrolle über seinen Körper, sein Arm senkte sich – und verschwand. Das Schlüsselschwert fiel nach unten und kurz darauf löste sich seine Hand auf und langsam sein ganzer Arm. „Nein... nicht jetzt...!“ Der Mond nahm sein ganzes Blickfeld ein. Sein Körper löste sich auf. Ein schwarzer, einsamer Punkt vor dem hellen Kingdom Hearts. „Ich werde nicht...“ Er hob den linken Arm, als fast die Hälfte von ihm verschwunden war. In einem strahlenden Licht erschien das Schlüsselschwert und richtete sich auf den Mond. Das Gesicht halb aufgelöst, fixierte Roxas‘ linkes Auge weit aufgerissen sein Ziel. „...HIER VERLIEREN! KINGDOM HEARTS!“ Ein heller Lichtstrahl schoss aus dem Königsanhänger auf Kingdom Hearts zu, weiter und immer weiter bohrte er sich in die Höhe, bis er den Mond selbst zu berühren schien. Und dann ertönte ein lautes Geräusch wie von einem sich öffnenden Türschloß. Der Mond begann grell zu leuchten, ließ den finsteren Himmel und die düstere Welt in hellem Licht erstrahlen. Das Licht wurde immer greller, es erfasste Roxas übrigen Körper. Und anstatt sich in der Dunkelheit aufzulösen, nahm ihn das Licht in sich auf. Zusammen mit Kingdom Hearts verschwand er in dem Licht. Der zerschmetterte Mond ließ einen Regen aus Herzen niedergehen, der von der entgeisterten Organisation XIII beobachtet wurde. „Xion... Axel... ich habe es geschafft...“ Kapitel 12: Schicksal --------------------- Was ist eine Existenz wert, wenn es sie gar nicht geben dürfte? Wenn sie sich in Dunkelheit auflöst, sobald es soweit ist? Keinen Beweis zurücklässt, dass es sie gegeben hat? Die Herzlosen überschwemmten die hochentwickelte Welt, krochen über die futuristischen Häuser, verschlangen Menschen zu Hunderten, gar Tausenden. Eine gewaltige Kugel aus Finsternis hing am mit dunklen Wolken verhangenen Himmel und saugte alles auf, Gebäude, Brücken und Menschen. Die wenigen, die Widerstand leisteten, wurden nach kurzem Kampf von der schieren Überzahl der Herzlosen überwältigt und ihrer Herzen beraubt, wodurch sich gleich noch mehr der finsteren Kreaturen ihren Reihen anschlossen. Wenngleich eine kleine Gruppe Kämpfer, angeführt von einer Frau mit rosafarbenen Haaren, den Herzlosen schwere Verluste zufügte, wurde auch letztendlich die Hälfte davon von den finsteren Wesen überrannt, während drei aus der Gruppe, die Anführerin und zwei Mädchen, in den Sog der dunklen Kugel am Himmel gerieten und darin verschwanden. Über der in der Vernichtung begriffenen Welt schwebte ein Mann und beobachtete mit Genuss, wie seine Vasallen sein Vorhaben ohne zu zögern ausführten. Sein grausiges Lachen hallte über die Stadt, er hatte die Arme weit ausgebreitet, etwaige Brände warfen einen unheimlichen Schatten auf sein Gesicht. „Ja, noch eine Welt soll in der Dunkelheit versinken!“ Zornig und verzweifelt, jedoch zur völligen Untätigkeit verdammt sah Riku durch Ansems Augen, was dieser mit seinem Körper anrichtete, welches Chaos er verursachte. Und doch konnte er nichts tun, nicht einmal seinen Blick von der Zerstörung abwenden, da Ansem es nicht zuließ. Riku war klar, dass Sora bald etwas unternehmen müsste. Und dennoch graute es ihn vor der Vorstellung wie Sora reagieren würde, wenn er erfuhr, dass alles was er getan hatte, umsonst gewesen war, dass er nochmals gegen Ansem antreten würde müssen und die Gesamtsituation sich in den Welten nun noch verschlechtert hatte. Was wohl geschehen würde wenn er erfuhr, dass seine andere Hälfte zum Teil für dieses Chaos verantwortlich war? Die Schuld daran lag bei Roxas... wenn er Riku nicht geschlagen hätte, wäre das nicht passiert... vielleicht wäre dann alles anders gekommen... vielleicht... Wo sich Finsternis befindet, ist auch Licht. Wo Licht erstrahlt, brütet auch Finsternis. Doch wo Nichts ist, kann auch Nichts entstehen. Nun vollkommen finster war der Himmel über der Welt, die niemals war. Ebenso finster waren die Gesichter der verbliebenen vier Organisationsmitglieder, die diese jedoch unter ihren Kapuzen verbargen. Eisige Stille herrschte im Runden Raum, dessen Großteil der Throne nun leer war, was in der gesamten Geschichte der Niemande noch nicht geschehen war. Kingdom Hearts war für den Moment verloren, die Arbeit des letzten Jahres für die Katz gewesen. Alles zunichte gemacht binnen eines kurzen Moments. Und dennoch war ihr Denken nun mehr denn je von einem Verlangen beherscht: Ein Herz zu erhalten. Xemnas dachte nach. Es war noch nicht alles verloren. Kingdom Hearts würde auch anders in seinen Besitz gelangen. Eine Möglichkeit, die Zeitraubendere, wäre die bereits angewandte Herzen-sammeln-Methode. Die andere Möglichkeit wäre zu warten. Zu warten, bis Xehanorts Herzloser, Ansem, jener, der die Dunkelheit sucht, noch mehr Welten zerstört hätte und Kingdom Hearts durch das zerstörte Gleichgewicht von Licht und Schatten von selbst erscheint. Dann müssten sie nur noch zuschlagen. Aber Xemnas war auch klar, dass er mit nur drei Untergebenen an seiner Seite nicht weit kommen würde. Neue Rekruten zu suchen, die durch die Zerstörung der Welten bestimmt irgendwo aufgetaucht waren, und sie dann auszubilden, wäre unsinnig in dem Sinne, dass sie innerhalb so kurzer Zeit wohl kaum in der Lage wären, sich mit Sora zu messen. Ihm blieb keine Wahl, als sich noch zu gedulden... er hatte so lange gewartet... dann würde er auch noch ein wenig weiter ausharren können... Zu seiner Überraschung öffnete sich auf einem leeren Thron links von ihm ein dunkles Portal und ein blutüberströmter, blauhaariger Mann erschien dort. „Oh... du hast es doch überlebt, Saix?“ Ein Herz war fühlenden Wesen vorbehalten. Es bewieß die Existenz, die Gefühle, die Erinnerungen einer Person. Ohne Herz gab es jedoch keinen Beweis für diese Dinge. Das Meeresrauschen klang sanft in der Morgendämmerung, der Wind wehte kühl und angenehm über den Strand. Nicht weit entfernt war die Insel, auf der sie früher immer gespielt hatten. Das hübsche rothaarige Mädchen mit der pinken Kleidung stand am Strand und schaute auf die Insel des Schicksals, eine Glasflasche mit einem zusammengerollten Brief darin in der Hand. Wie hatte sie ihn nur vergessen können... wieso konnte sie sich erst seit ein paar Stunden wieder an ihn erinnern, wer er war, wie er aussah, wie sein Name war? Sie wusste es nicht, aber sie wusste, dass sie sich wiedersehen würden. Egal wo er war, ihre Herzen waren verbunden. Er war immer bei ihr. Er würde zurückkommen, ganz sicher, zusammen mit Riku. Er hatte es ihr verprochen. Sicher würde er auch den Brief von ihr erhalten, das wusste sie. Langsam ging sie in die Hocke und warf die Flasche ins Wasser, wo sie mit den leichten Wellen langsam davongetragen wurde, auf und ab hüpfend. Mit einem Lächeln sah Kairi ihr nach, bevor sie den Morgenhimmel betrachtete. „Ich werde auf dich warten... Sora.“ Was ist ein Leben, wenn man kein Ziel hat? Wenn der Zweck erfüllt wurde, für den man existiert hat? Was soll ein Niemand tun, wenn er allein ist und ohne Ziel? Die Morgensonne erstrahlte über Twilight Town, tauchte die Stadt in schönes Licht und ließ das Meer am Horizont glitzern. Während die Menschen sich aus ihren Betten erhoben um zur Schule oder zur Arbeit zu gehen, stand ein blondes Mädchen im weißen Kleid wie eine Statue allein auf dem Bahnhofsturm und betrachtete den Sonnenaufgang. In der Hand hielt sie einen Eisstiel. Sie wirkte verloren und einsam, wie sie da stand, wie eine zerbrechliche und schöne Skulptur aus Porzellan. Was sollte sie jetzt tun? Ihre Aufgabe war erfüllt. Aber was war mit Roxas‘ Versprechen? Sie spürte ihn nicht mehr, er war weg. Das Versprechen, dass sie sich wiedersehen... sollte sie warten? Warten und hoffen, dass er doch irgendwann, irgendwie und irgendwo wieder auftauchen würde und sie finden würde? Oder sollte sie zu ihrem Jemand zurückkehren, damit sie wenigstens irgendwo einen Platz hatte? Sie wusste nicht, was sie tun sollte. Traurig senkte sie den Blick, ihre Hand schloss sich krampfartig um den Eisstiel. Eine Träne tropfte von ihrer Wange. Naminé war wieder allein... Wenn der Schlaf die selige Erlösung verspricht, warum dann wieder erwachen? Warum sich den Qualen des Lebens und des Kampfes stellen? Weil man für jene kämpft und leidet, die einem alles bedeuten. Weil Erinnerungen und Gefühle einen dazu antreiben. Und weil das Herz ein Biest ist, welches man nicht kontrollieren kann. Doch egal wie rein es sein mag, es steckt dennoch Finsternis darin. Egal wie edel die Absichten waren, egal wie sehr man glaubte, das Richtige zu tun. Nicht jeder war der gleichen Meinung darüber, was richtig war. Und was falsch. Das Erwachen versprach Glückseligkeit im Licht. Oder Verzweiflung in der Finsternis. Und egal, wie sehr man es versucht. Das Herz kann man nicht verstehen. Es konnte schier überquellen voller Liebe und voller Hass. Es konnte einem den richtigen Weg weisen. Oder den Weg ins Verderben. Und ein Herz konnte man leicht zum wanken bringen, es gar brechen. Selbst bei einem Träger des Schlüsselschwertes. Am Rande von Twilight Town, hinter der großen Mauer, am anderen Ende des Waldes stand das Herrenhaus einsam und verlassen da. Ein paar Vögel zwitscherten zwischen den Ästen. In dem Anwesen selbst war es totenstill. Wenn man jedoch weiter hineinging, in die Bibliothek und dann in den geheimen Keller, konnte man just in diesem Moment neben dem leisen Surren des dort befindlichen Computers ein lautes Gähnen und Stöhnen vernehmen, worauf tapsende Schritte folgten und dann einen Raum und Gang entfernt das Geräusch einer automatisch zur Seite gleitenden Tür. „Wo bin ich hier bitte...? Huh? Donald, Goofy? Was macht ihr denn in diesen Dingern?“ „Glotz nicht so blöd, Sora, hilf uns lieber hier raus!“ „Ah, das ist so eng hier, ich zerdrück meine Nase!“ „Bleibt ruhig, Jungs, ich schau mal wie das hier aufgeht... ... ...Ich seh keinen Schalter mit ‚Öffnen‘ darauf. Naja, geht auch anders.“ „Quak! Sora, leg das Schlüsselschwert weg! Ich warne dich!“ „Bleib ruhig, Donald, und lass mich machen.“ Ein lautes Klirren, ein qualvolles Kreischen und ein überraschter Ausruf, vermischt mit einer Explosion und der nachfolgenden Rauchwolke erschütterte das Herrenhaus, genau wie kurz darauf die wütende Stimme Donald Ducks, während Goofy einige Male aufgrund des Rauches herzhaft nieste. „MUSST DU EIGENTLICH IMMER MIT DEM KOPF DURCH DIE WAND?!“ Sora verschränkte grinsend die Arme hinter dem Kopf und schaute aus müden Augen auf seinen aufgebrachten Freund, der wutschnaubend mit leicht kokelnden Schwanzfedern vor ihm auf und ab hüpfte. „Reg dich doch nicht so künstlich auf.“ Dann kratzte er sich nachdenklich an der Wange, gähnte erneut und sah sich um. „Sag mir lieber, wo wir hier überhaupt sind... und warum ich mich so erledigt fühle...“ Es gab eine Tür zum Licht. Das Herz aller Herzen. Ein riesiges Tor. Erfüllt mit Licht. Doch was geschah, wenn man diese Tür öffnete? Alle Herzen freiließ, die sich dort angesammelt hatten? Was befand sich hinter dem Licht? Das Paradies? Ein Land voller Glückseligkeit? Nein, hinter der Tür befand sich Finsternis. Das Reich der Dunkelheit. Es hieß seinen neuen Gast willkommen. Und ließ ihn niemals wieder gehen. Als er aufsah, erblickte er gewaltige dunkle Gestalten. Sie erhoben sich vor ihm, um ihn zu verschlingen. In einem grellen Licht erschien ein Schlüssel in seiner Hand. Der Schlüssel der Bestimmung. Glaube – Ende Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)