Glaube von Noel_Kreiss (...) ================================================================================ Kapitel 12: Schicksal --------------------- Was ist eine Existenz wert, wenn es sie gar nicht geben dürfte? Wenn sie sich in Dunkelheit auflöst, sobald es soweit ist? Keinen Beweis zurücklässt, dass es sie gegeben hat? Die Herzlosen überschwemmten die hochentwickelte Welt, krochen über die futuristischen Häuser, verschlangen Menschen zu Hunderten, gar Tausenden. Eine gewaltige Kugel aus Finsternis hing am mit dunklen Wolken verhangenen Himmel und saugte alles auf, Gebäude, Brücken und Menschen. Die wenigen, die Widerstand leisteten, wurden nach kurzem Kampf von der schieren Überzahl der Herzlosen überwältigt und ihrer Herzen beraubt, wodurch sich gleich noch mehr der finsteren Kreaturen ihren Reihen anschlossen. Wenngleich eine kleine Gruppe Kämpfer, angeführt von einer Frau mit rosafarbenen Haaren, den Herzlosen schwere Verluste zufügte, wurde auch letztendlich die Hälfte davon von den finsteren Wesen überrannt, während drei aus der Gruppe, die Anführerin und zwei Mädchen, in den Sog der dunklen Kugel am Himmel gerieten und darin verschwanden. Über der in der Vernichtung begriffenen Welt schwebte ein Mann und beobachtete mit Genuss, wie seine Vasallen sein Vorhaben ohne zu zögern ausführten. Sein grausiges Lachen hallte über die Stadt, er hatte die Arme weit ausgebreitet, etwaige Brände warfen einen unheimlichen Schatten auf sein Gesicht. „Ja, noch eine Welt soll in der Dunkelheit versinken!“ Zornig und verzweifelt, jedoch zur völligen Untätigkeit verdammt sah Riku durch Ansems Augen, was dieser mit seinem Körper anrichtete, welches Chaos er verursachte. Und doch konnte er nichts tun, nicht einmal seinen Blick von der Zerstörung abwenden, da Ansem es nicht zuließ. Riku war klar, dass Sora bald etwas unternehmen müsste. Und dennoch graute es ihn vor der Vorstellung wie Sora reagieren würde, wenn er erfuhr, dass alles was er getan hatte, umsonst gewesen war, dass er nochmals gegen Ansem antreten würde müssen und die Gesamtsituation sich in den Welten nun noch verschlechtert hatte. Was wohl geschehen würde wenn er erfuhr, dass seine andere Hälfte zum Teil für dieses Chaos verantwortlich war? Die Schuld daran lag bei Roxas... wenn er Riku nicht geschlagen hätte, wäre das nicht passiert... vielleicht wäre dann alles anders gekommen... vielleicht... Wo sich Finsternis befindet, ist auch Licht. Wo Licht erstrahlt, brütet auch Finsternis. Doch wo Nichts ist, kann auch Nichts entstehen. Nun vollkommen finster war der Himmel über der Welt, die niemals war. Ebenso finster waren die Gesichter der verbliebenen vier Organisationsmitglieder, die diese jedoch unter ihren Kapuzen verbargen. Eisige Stille herrschte im Runden Raum, dessen Großteil der Throne nun leer war, was in der gesamten Geschichte der Niemande noch nicht geschehen war. Kingdom Hearts war für den Moment verloren, die Arbeit des letzten Jahres für die Katz gewesen. Alles zunichte gemacht binnen eines kurzen Moments. Und dennoch war ihr Denken nun mehr denn je von einem Verlangen beherscht: Ein Herz zu erhalten. Xemnas dachte nach. Es war noch nicht alles verloren. Kingdom Hearts würde auch anders in seinen Besitz gelangen. Eine Möglichkeit, die Zeitraubendere, wäre die bereits angewandte Herzen-sammeln-Methode. Die andere Möglichkeit wäre zu warten. Zu warten, bis Xehanorts Herzloser, Ansem, jener, der die Dunkelheit sucht, noch mehr Welten zerstört hätte und Kingdom Hearts durch das zerstörte Gleichgewicht von Licht und Schatten von selbst erscheint. Dann müssten sie nur noch zuschlagen. Aber Xemnas war auch klar, dass er mit nur drei Untergebenen an seiner Seite nicht weit kommen würde. Neue Rekruten zu suchen, die durch die Zerstörung der Welten bestimmt irgendwo aufgetaucht waren, und sie dann auszubilden, wäre unsinnig in dem Sinne, dass sie innerhalb so kurzer Zeit wohl kaum in der Lage wären, sich mit Sora zu messen. Ihm blieb keine Wahl, als sich noch zu gedulden... er hatte so lange gewartet... dann würde er auch noch ein wenig weiter ausharren können... Zu seiner Überraschung öffnete sich auf einem leeren Thron links von ihm ein dunkles Portal und ein blutüberströmter, blauhaariger Mann erschien dort. „Oh... du hast es doch überlebt, Saix?“ Ein Herz war fühlenden Wesen vorbehalten. Es bewieß die Existenz, die Gefühle, die Erinnerungen einer Person. Ohne Herz gab es jedoch keinen Beweis für diese Dinge. Das Meeresrauschen klang sanft in der Morgendämmerung, der Wind wehte kühl und angenehm über den Strand. Nicht weit entfernt war die Insel, auf der sie früher immer gespielt hatten. Das hübsche rothaarige Mädchen mit der pinken Kleidung stand am Strand und schaute auf die Insel des Schicksals, eine Glasflasche mit einem zusammengerollten Brief darin in der Hand. Wie hatte sie ihn nur vergessen können... wieso konnte sie sich erst seit ein paar Stunden wieder an ihn erinnern, wer er war, wie er aussah, wie sein Name war? Sie wusste es nicht, aber sie wusste, dass sie sich wiedersehen würden. Egal wo er war, ihre Herzen waren verbunden. Er war immer bei ihr. Er würde zurückkommen, ganz sicher, zusammen mit Riku. Er hatte es ihr verprochen. Sicher würde er auch den Brief von ihr erhalten, das wusste sie. Langsam ging sie in die Hocke und warf die Flasche ins Wasser, wo sie mit den leichten Wellen langsam davongetragen wurde, auf und ab hüpfend. Mit einem Lächeln sah Kairi ihr nach, bevor sie den Morgenhimmel betrachtete. „Ich werde auf dich warten... Sora.“ Was ist ein Leben, wenn man kein Ziel hat? Wenn der Zweck erfüllt wurde, für den man existiert hat? Was soll ein Niemand tun, wenn er allein ist und ohne Ziel? Die Morgensonne erstrahlte über Twilight Town, tauchte die Stadt in schönes Licht und ließ das Meer am Horizont glitzern. Während die Menschen sich aus ihren Betten erhoben um zur Schule oder zur Arbeit zu gehen, stand ein blondes Mädchen im weißen Kleid wie eine Statue allein auf dem Bahnhofsturm und betrachtete den Sonnenaufgang. In der Hand hielt sie einen Eisstiel. Sie wirkte verloren und einsam, wie sie da stand, wie eine zerbrechliche und schöne Skulptur aus Porzellan. Was sollte sie jetzt tun? Ihre Aufgabe war erfüllt. Aber was war mit Roxas‘ Versprechen? Sie spürte ihn nicht mehr, er war weg. Das Versprechen, dass sie sich wiedersehen... sollte sie warten? Warten und hoffen, dass er doch irgendwann, irgendwie und irgendwo wieder auftauchen würde und sie finden würde? Oder sollte sie zu ihrem Jemand zurückkehren, damit sie wenigstens irgendwo einen Platz hatte? Sie wusste nicht, was sie tun sollte. Traurig senkte sie den Blick, ihre Hand schloss sich krampfartig um den Eisstiel. Eine Träne tropfte von ihrer Wange. Naminé war wieder allein... Wenn der Schlaf die selige Erlösung verspricht, warum dann wieder erwachen? Warum sich den Qualen des Lebens und des Kampfes stellen? Weil man für jene kämpft und leidet, die einem alles bedeuten. Weil Erinnerungen und Gefühle einen dazu antreiben. Und weil das Herz ein Biest ist, welches man nicht kontrollieren kann. Doch egal wie rein es sein mag, es steckt dennoch Finsternis darin. Egal wie edel die Absichten waren, egal wie sehr man glaubte, das Richtige zu tun. Nicht jeder war der gleichen Meinung darüber, was richtig war. Und was falsch. Das Erwachen versprach Glückseligkeit im Licht. Oder Verzweiflung in der Finsternis. Und egal, wie sehr man es versucht. Das Herz kann man nicht verstehen. Es konnte schier überquellen voller Liebe und voller Hass. Es konnte einem den richtigen Weg weisen. Oder den Weg ins Verderben. Und ein Herz konnte man leicht zum wanken bringen, es gar brechen. Selbst bei einem Träger des Schlüsselschwertes. Am Rande von Twilight Town, hinter der großen Mauer, am anderen Ende des Waldes stand das Herrenhaus einsam und verlassen da. Ein paar Vögel zwitscherten zwischen den Ästen. In dem Anwesen selbst war es totenstill. Wenn man jedoch weiter hineinging, in die Bibliothek und dann in den geheimen Keller, konnte man just in diesem Moment neben dem leisen Surren des dort befindlichen Computers ein lautes Gähnen und Stöhnen vernehmen, worauf tapsende Schritte folgten und dann einen Raum und Gang entfernt das Geräusch einer automatisch zur Seite gleitenden Tür. „Wo bin ich hier bitte...? Huh? Donald, Goofy? Was macht ihr denn in diesen Dingern?“ „Glotz nicht so blöd, Sora, hilf uns lieber hier raus!“ „Ah, das ist so eng hier, ich zerdrück meine Nase!“ „Bleibt ruhig, Jungs, ich schau mal wie das hier aufgeht... ... ...Ich seh keinen Schalter mit ‚Öffnen‘ darauf. Naja, geht auch anders.“ „Quak! Sora, leg das Schlüsselschwert weg! Ich warne dich!“ „Bleib ruhig, Donald, und lass mich machen.“ Ein lautes Klirren, ein qualvolles Kreischen und ein überraschter Ausruf, vermischt mit einer Explosion und der nachfolgenden Rauchwolke erschütterte das Herrenhaus, genau wie kurz darauf die wütende Stimme Donald Ducks, während Goofy einige Male aufgrund des Rauches herzhaft nieste. „MUSST DU EIGENTLICH IMMER MIT DEM KOPF DURCH DIE WAND?!“ Sora verschränkte grinsend die Arme hinter dem Kopf und schaute aus müden Augen auf seinen aufgebrachten Freund, der wutschnaubend mit leicht kokelnden Schwanzfedern vor ihm auf und ab hüpfte. „Reg dich doch nicht so künstlich auf.“ Dann kratzte er sich nachdenklich an der Wange, gähnte erneut und sah sich um. „Sag mir lieber, wo wir hier überhaupt sind... und warum ich mich so erledigt fühle...“ Es gab eine Tür zum Licht. Das Herz aller Herzen. Ein riesiges Tor. Erfüllt mit Licht. Doch was geschah, wenn man diese Tür öffnete? Alle Herzen freiließ, die sich dort angesammelt hatten? Was befand sich hinter dem Licht? Das Paradies? Ein Land voller Glückseligkeit? Nein, hinter der Tür befand sich Finsternis. Das Reich der Dunkelheit. Es hieß seinen neuen Gast willkommen. Und ließ ihn niemals wieder gehen. Als er aufsah, erblickte er gewaltige dunkle Gestalten. Sie erhoben sich vor ihm, um ihn zu verschlingen. In einem grellen Licht erschien ein Schlüssel in seiner Hand. Der Schlüssel der Bestimmung. Glaube – Ende Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)