Freie Texte von Jananas (Nonsense) ================================================================================ Kapitel 1: Auf der Suche nach dem Ich ------------------------------------- Heut ist mein Tag, es schlägt meine Stunde. Ein letzter Blick In die Runde Meiner Lieben. Ich lass zurück, was mir viel bedeutet. Und hoffe, dass Ichs nie bereue, wenn ich jetzt gehe. Ich geh meinen Weg, suche mein Glück ich sehe nach vorne, schau nie mehr zurück. Lass die dunklen Gedanken, weit hinter mir TBC Kapitel 2: Getragen ------------------- Wenn ich dich sehe, kann ich es kaum glauben. Du schaffst es immer wieder mir den Atem zu rauben. Mein Herz klopft viel zu laut, du hast es mir geklaut, kannst es gern für immer behalten. Bei jedem Blick von dir macht mein Herz riesen Sprünge sogar wenn ich nur dran denke oder davon singe. Ich weiß, es klingt echt blöd, doch jetzt ist es zu spät, Ich hab mich in dich verliebt. Ich hab versucht es zu unterdrücken, doch jeden Tag lauert es in meinem Rücken. Und jede Nacht sind wir im Traum zusammen und ich seh ein mein Herz steht in Flammen. Sagst du meinen Namen krieg ich weiche Knie es hat ein bisschen was von Magie. Jedes Wort aus deinem Mund ist Musik für mich und das hat schon was zu heißen. Mit jedem Blick verlieb ich mich mehr in dich. Es wär so schön liebtest du auch mich. Doch dieser Wunsch wird sich nie erfüllen. Ich bleibe stumm, will mich in Schweigen hüllen. Mit einem Mal platzt es aus mir heraus und ich weiß genau unsre Freundschaft ist aus, mein Kopf ist wie leer gefegt, mir ist heiß und kalt was wirst du mir jetzt wohl sagen? Du stehst einfach nur da, und siehst mich ganz ruhig an, nimmst meine Hand. jetzt bin ich doch gespannt. Hoffnung lässt mein Herz höher schlagen, der erste Kuss und ich werd auf rosa Wolken davon getragen... Kapitel 3: Gelogen ------------------ Ich erfinde mich jeden Tag neu, damit ich nicht kaputt gehe an der Tragik meines Dasein. Hinter einer Fassade verstecke ich mich, verkrieche mich in den hintersten Winkeln meiner Seele. Ich lebe das Leben einer Anderen. Ich bin der Mensch, Den die anderen in mir sehen. Eine Maske bewahrt mich vor der demütigenden Wahrheit, Dass ich mich selbst am wenigsten leiden kann. Mein Lächeln, mein Lachen sind gezwungen fröhlich. Und doch scheint niemand das Bedürfnis zu haben, herauszufinden, wie und wer ich wirklich bin. Nicht einmal ich. Kapitel 4: Hinter dem Horizont ------------------------------ Leicht und beschwingt reite ich dahin auf dem Rücken des Windes, von unsichtbaren Schwingen getragen, in die Weite der Welt. Ein Lufthauch streift meine Wange wie eine Feder von zartestem Samt. Farben, wie die eines wunderschönen Pfaus, schmücken sie die Bilder an der Wand. Und ich fliege weiter dem Sonnenuntergang entgegen. Bis das letzte Licht erlischt. Kapitel 5: Unerreichbar ----------------------- Der Himmel ist nie weit entfernt. Er ist dort, wo du bist. Unerreichbar für mich. Ich werde nie stark genug sein, nie gut genug. Nichts was meine Sehnsucht stillt. Ich atme weiter. Der Schmerz brennt sich in meine Knochen. Kapitel 6: Du ------------- Nichts, was ich dir sagen will, kann beschreiben, was ich für dich empfinde. Keine Träne drückt aus, wie tief mein Schmerz ist. Jeder Berührung ist zu viel für mich und doch will ich mehr. Es tut weh dich zu sehen, wenn du weg bist, vermisse ich alles und doch nichts außer dir! Kapitel 7: Liebe ist wie Schnee ------------------------------- Liebe ist wie Schnee. Sie glitzert im Sonnenlicht und ist wunderschön anzuschauen. Sie erhellt die Nacht. Man kann mit ihr Häuser bauen und Engel machen. Wenn Du aber versuchst sie festzuhalten, beginnt sie zu schmelzen. Sie rinnt Dir durch die Finger. Deine Hände werden kalt. Und zum Schluss bleibt nur noch eine Pfütze und dieses unangenehme Kribbeln in Deinen Fingerspitzen. Kapitel 8: Love makes you strong -------------------------------- Take me to the sky. I wanna fly so high that nothing will ever be able to bring me down. Come on, take my hand. And soon you'll understand that nothing will ever be able to bring us down. Love is everything that you need. So all you have to do is believe. And love will make you more than just strong. So, believe me: Love cant be wrong! Love can't be wrong! Love can't be wrong! Kapitel 9: Gedanken auf dem Friedhof ------------------------------------ Während der Gesang der Vögel die Luft erfüllt, laufen wir den Moosbewachsenen Weg entlang. Unsere Schritte werden gedämpft und doch bersten die Äste bei jedem Tritt mit einem lauten Knacken unter unseren Schuhen. Bei jeder kleinen Windböe fallen Regentropfen auf uns herunter. Die Blätter rauschen und bewegen sich rhythmisch hin und her. Doch jeder Baum zieht seine eigenen Kreise. Während unser Lehrer weiter erzählt, klingt aus der Ferne das Brummen Autos auf der benachbarten Straße zu uns herüber. Ein LKW fährt vorbei. Butterblumen tanzen unberührt des Motorenlärms auf den Gräbern. Am Ende des Weges ist eine Lichtung, die viel zu freundlich für diesen Ort erscheint. Langsam ziehen dunkle Wolken heran. Der Wind treibt sie vor sich her. Es wird ein Gewitter geben. Fliegen schwirren desorientiert durch die flirrende Luft. Die Schwüle ist erdrückend. Das Zwitschern der Vögel schwillt zu einem schrillen Gekreische an. Um uns alles genauer ansehen zu können, müssen wir über Leichen gehen. Wege gibt es nicht. Nur den moosbewachsenen, mit Blättern gesäumten Weg. Der letzte Weg, den alle beschreiten, bevor sie ihre endgültige Ruhe finden. Auf unserem Weg nach draußen, schweifen meine Blick immer wieder zurück. Die Steine stehen immer noch an Ort und Stelle, unerschütterlich, als wollten sie uns zurückrufen und könnten uns doch nicht hinterherlaufen. Und doch fühle ich diese innere Unruhe in mir. Das Verlangen noch weiter hier zu verweilen ist groß. Aber erst will ich noch ein wenig die Wirklichkeit genießen. Bis dahin…Die eiserne Tür schließt sich quietschend hinter uns. Kapitel 10: Wenn... ------------------- Ich denke ziemlich viel über Selbstmord nach. Mehr als ich eigentlich sollte. Und gleichzeitig habe ich immer diese anderen Gedanken im Kopf. Wenn ich mich jetzt umbringe, hat er gewonnen. Wenn ich mich jetzt umbringe, war alles umsonst. Wenn ich mich jetzt umbringe, habe ich vielleicht nie mehr die Chance jemals glücklich zu werden. Wenn… Das ist das Einzige, was mich davon abhält mich zu ertränken, zu erhängen, vor einen Laster zu werfen, von einer Brücke zu springen. Wenn… Die Wenns' werden immer leiser…Wie lange halten sie mich noch am Leben? Kapitel 11: Auf die Pauke hauen ------------------------------- In meinem Referat erzähle ich etwas darüber, dass man in der Musiktherapie lernt, auf die Pauke zu hauen. Sozusagen. Man lässt seinen Gefühlen freien Lauf und darf beschimpfen und schreien dabei so viel man will. Ich mache sowas selten und wenn, dann drücke ich nur Teile meiner Wut aus. An dem Mittwoch habe ich es zum ersten Mal in einem Stück rausgelassen. ES. Den ganzen Frust, die Wut, den Hass, die Enttäuschung. Die Hoffnungslosigkeit. Und tatsächlich für ein paar Sekunden habe ich mich besser gefühlt. So richtig entspannt. Fast FREI. Danach kam die Angst. Die Angst vor dem, was mit mir passiert, was ES aus mir gemacht hat, was ES noch aus mir machen wird. Ich habe Angst. Ich will das singende, lachende Mädchen von nebenan bleiben, das gerne Englisch spricht und süchtig nach Schokolade ist. SEIN. Stattdessen werde ich zu einem schreienden, gewalttätigen Etwas mit Todessehnsüchten, das sich selbst nicht mehr ausstehen kann! MONSTER. Ich will das nicht, aber was kann ich schon tun? Kapitel 12: Die kleinen Tode ---------------------------- Das Leben beginnt mit dem ersten Atemzug und dem ersten kleinen Tod. Das erste Mal im eigenen Zimmer schlafen, der Beginn eines neuen Lebens, begleitet von einem kleinen Tod. Am ersten Tag im Kindergarten beginnt ein neues Leben mit einem kleinen Tod. Jeder Abschied, jede Trennung ist ein kleiner Tod. Im Laufe unserer Leben vergessen wir diese kleinen Tode, sie sind selbstverständlich geworden, genau wie die neuen Lebensabschnitte, die ihnen folgen. Und plötzlich haben wir eine Riesenangst davor zu sterben? Kapitel 13: Kommunikation ------------------------- M: „Ist das Telefon bei dir?“ Eine ganz normale Frage, würde man meinen. Bedeutung auf der Sachebene: Ich möchte herausfinden, wo sich das Telefon befindet. Bedeutung auf der Beziehungsebene 1: „Ich brauche deine Hilfe. Bedeutung auf der Beziehungsebene 2: „Du hast es immer, aber ich frage dich trotzdem, weil ich dich respektiere.“ Bedeutung auf der Beziehungsebene 3: „Ich weiß, dass es eigentlich dein Bruder hat, aber wenn ich mir das eingestehen würde, müsste ich mir auch eingestehen, was er sonst so alles hat: Neben dem Telefon, den Feuerzeugen meines Freundes und meinen Kippen, meine Würde, mein Leben und damit das Leben aller, denen ich etwas bedeute. Da ich das alles aber zu 90% erfolgreich verdrängt habe, frage ich Dich, weil ich euch ja beide gleich liebe und euch somit gleich behandle und auch gleich „verdächtigen“ muss. (Soviel zum Thema: Gleichberechtigung!) Dabei ignoriere ich gekonnt die Tatsache, dass du nicht er bist und du dich durch diese Frage möglicherweise beleidigt, angegriffen oder verarscht fühlen könntest. Ich gehe davon aus – da du die Große, Vernünftige, Brave bist – dass du diese Frage genau so hinnimmst wie alle anderen Unmöglichkeiten, die du tagtäglich ertragen musst. Hilflos ausgeliefert? Nein, du doch nicht. Denn du bist ja die Große, Vernünftige, Brave, auf die ich sooo stolz bin und die nie Hilfe braucht. Von niemandem. Deswegen widme ich auch 80 % der Aufmerksamkeit, die eigentlich dir zusteht, deinem armen, kleinen Bruder und renne wie eine Wahnsinnige durch die Weltgeschichte, um seine Fehler glatt zu bügeln und zu vertuschen und nach Außen das Bild der perfekten Familie zu wahren. Zum Dank lasse ich mich danach von ihm wie Scheiße behandeln, um mich endgültig als Versagerin zu fühlen. Um mein schlechtes Gewissen dir gegenüber zu beruhigen, lege ich dir nach jedem Streit Berge von Schokolade vor deine Zimmertür, kaufe zu Nikolaus teure Geschenke und erzähle aller Welt am Telefon so, dass du es durch die geschlossene Zimmertür hören kannst, wie toll du doch bist. Ins Gesicht sage ich dir das natürlich nicht. Nur, wenn du mal wieder eine Woche heulend in deinem Zimmer verbracht hast, dauernd die Schule schwänzt, deine Noten schlechter werden und du kurz davor stehst, Selbstmord zu begehen." (Soweit zu Beziehungsebene 3. Weiter im Dialog) T(ungläubig): „Meinst du das gerade ernsthaft?“ M(genervt): „Eine normale Antwort tut’s auch!“ Cut. Spätestens jetzt sollte man das Gespräch abbrechen, beenden oder einfach gehen. T(ungläubiger): „Willst du mich verarschen?!?“ FAIL. M(wütend): „Wie redest du eigentlich mit mir?“ T: „Wie ich mit dir rede? Wie ICH mit dir rede?!? DU fragst MICH, ob ICH das Telefon habe!!!“ Noch Fragen? Kapitel 14: Sehen und Hören --------------------------- Du hörst mir zu, aber du hörst mich nicht. Du nickst und siehst mir ins Gesicht. Sekunden später sagst du genau das, wozu du mir eben noch zugestimmt hast. Du fragst mich Dinge, wieder und wieder, bis ich es leid bin und dir die Antwort schuldig bleibe, die ich dir zu oft geben musste. Du siehst mich an, doch du siehst mich nicht. Nicht meinen leeren Blick. Das aufgesetzte Lächeln. Die tränennassen Wangen. Die zu Fäusten geballten Hände. Die Trauer, den Schmerz, die Angst, das gebrochene Herz. Kapitel 15: Wer bin ich wirklich? --------------------------------- Wer bin ich wirklich? 18 Jahre lang lebe ich das Leben einer Fremden. Dann beginne ich meine eigenen Entscheidungen zu treffen. Ich erfinde mich selbst neu. Geschaffen aus dem Nichts. Und ich arbeite hart, um nicht wieder zu dem selbstlosen Etwas zu werden, das für andere lebt und nicht für sich selbst. Mein Vater verstieß mich, bevor ich geboren wurde. Bis ich vier Jahre alt war, nahm er mal mehr, mal weniger an meinem Leben teil. Trotzdem ist er für mich „Papa“. Dann lernte meine Mutter einen anderen Mann kennen. Ich hasse ihn. Aber ich bin jung und ich vergesse, was ich kenne und fühle und nenne ihn „Papa“. Ich bekomme einen Bruder. Wir waren eine Familie. Irgendwann waren die Eltern immer öfter anderer Meinung. Wegen meinem Bruder. Wegen mir. Wegen Allem und Nichts. Mein Bruder wurde bevorzugt. Ich fühle mich so unverstanden. Ich laufe weg von Zuhause. Die Eltern trennten sich im Streit. Ich hasse meinen Vater. Eine Freundin meiner Mutter fragte: „Welchen?“ Chaos, Verwirrung, Zweifel. Das Vertrauen in meine Mutter erschüttert. Sie hat mich belogen. Mein Leben basiert auf einer Lüge. Ich lebe eine Lüge. Ich bin nicht wirklich die Tochter des einen, aber auch nicht die des anderen. Ich habe keinen Vater. Ich habe keine Identität. Wer bin ich? Wer? Absturz. Schwänzen. Lügen. Schlechte Noten. Sitzen bleiben. „Solange du deine Füße unter meinen Tisch streckst, bleibst du auf dem Gymnasium. Ohne Abitur kommst du nicht weit in der Welt.“ Volljährigkeit. Ich habe das Gymnasium kurz vor Schluss abgebrochen und wechsle auf die Erzieherschule. Das will ich schon lange machen. Eine Entscheidung. Ein kleiner Stein. Der erste in meiner Sammlung. Und nicht der letzte. Jeden Tag treffe ich aufs Neue die Entscheidung, diejenige zu sein, die ich leiden kann. Ich mache nicht immer allen alles recht. Ich sage nicht immer ja. Ich esse nicht immer gesund. Ich räume nicht immer auf. Ich mag nicht immer alle. Und alle mögen mich auch nicht immer. Aber das ist nicht wichtig. Die Antwort lautet: Ich bin, was ich sage, was ich tue, was ich denke, was ich fühle. Ich bin, was ich aus dem mache, was mir gegeben wurde. Ich bin, was ich lerne. Ich bin meine Fehler und meine Erfolge. Ich bin meine Talente und meine Schwächen. Ich bin nicht einzigartig, aber ich hinterlasse Spuren. Ich bin da. Ich lebe und das zählt. Kapitel 16: Ungewiss -------------------- Ich lebe jetzt im Ausland. Nur für eineinhalb Jahre. Habe die Ausbildung unterbrochen. Daheim gab es immer wieder Krach. Nicht zum Aushalten. Hätte gerne mit dir darüber gesprochen. Gebe fast mein ganzes Gehalt aus. Dieses Land ist echt teuer. Und es gibt einfach zu viele tolle Geschäfte mit zu vielen tollen Dingen. Würde dir gerne ein Geschenk mitbringen. Werde wieder große Schwester. Mit 21 Jahren. Komisches Gefühl. Wüsste gerne, was du davon hälst. Habe seit langer Zeit keinen Freund mehr gehabt. Habe Angst Fehler zu wiederholen. Wäre schön, wenn du mir Mut machen würdest. Mache nicht mehr so viel Musik wie früher. Nur nebenbei und nicht wirklich gut. Habe aber keine Lust mich zu verbessern. Könnte einen kleinen Motivationsschub gebrauchen. Andere finden mein Leben langweilig. Ich mag es wie ist. Wärst du stolz auf mich? Auf das, was bis jetzt aus mir geworden ist? Auf das, was noch aus mir wird? Wünschte, wir könnten nebeneinander im Esszimmer sitzen und darüber reden wie früher. Du fehlst mir. Aus vollkommen egoistischen und banalen Gründen. Hoffe, du weißt, dass ich dich liebe. Kapitel 17: Denk an dich ------------------------ In etwas mehr als einer Woche hast du Geburtstag. Wir haben Dich seit damals nicht mehr besucht. Ich denke viel an Dich. Mehr als früher. Es ist komisch, dass Du weg bist und dass sich an unserem Leben doch nichts geändert hat. Wir haben lang mit Dir geweint, gehofft, gelitten, geflucht, gezweifelt, geglaubt und letzten Endes resignieren müssen. Es war nicht leicht, aber mit der Zeit lernten wir damit zu leben. Die Tage, die Monate vergingen und ehe wir uns versahen war ein ganzes Jahr vergangen. Ein zweites folgte dem ersten und das dritte Jahr ließ nicht auf sich warten. Wir haben uns oft von Dir verabschiedet. Vier lange Jahre. Mit der Zeit fragte ich mich, ob es nicht besser wäre, wenn Du erlöst werden würdest. Ich schämte mich für diesen Gedanken. Aber ich hasste es auch zu sehen, wie Menschen, die Dir und mir am Herzen lagen, unter deinem Leiden litten. Du hattest ein wichtiges Anliegen und hast versucht, durchzuhalten bis zum Ende. Du hast gekämpft, um denen, die auch nach Dir sein werden, ein besseres Leben zu ermöglichen. Es schien geschafft und du gingst für immer. Hoffentlich hast Du im Nachhinein nicht mehr mitbekommen, dass dein Traum nie wahr wurde. Ein Formfehler und das Lebenswerk eines Menschen ist zerstört. Ich habe viel gehört. Bevor du gingst und als du schon nicht mehr da warst. Hätte manches davon lieber nicht gewusst. Sollte es wohl auch nicht. Ich weiß nicht, was ich glauben soll. Ich weiß aber, dass ich nicht alles glauben werde. Ich will gar nicht alles glauben. Mir reichen die Erinnerungen an Dich. Meine Erinnerungen. Sie sind nicht alle glücklich, aber zusammen machen sie Dich zu dem, was du warst. Menschlich. Ein Mensch mit Macken, ein Mensch mit Gefühlen, ein Mensch mit Stimmungsschwankungen, ein Mensch mit Bedürfnissen, ein Mensch mit Träumen und Wünschen, ein Mensch mit Wertevorstellungen und ein Mensch mit einer eigenen Meinung. Selbstkritisch und mit hohen Erwartungen an Dich selbst und andere. Ein Mensch mit Herz. Dieser Mensch mit Herz, wird immer einen Platz in meinem Herzen haben. Du wirst immer einen Platz in meinem Herzen haben. Ich weiß nicht, wie der heutige Tag verlaufen wird. Die kommende Woche. Dein Geburtstag. Dein Todestag. Ich weiß nur. Sie vermisst Dich. Ich vermisse Dich. Wir vermissen Dich. Weihnachten war komisch. Ich weiß, dass sie an Dich gedacht hat. Ich habe mich hilflos gefühlt, weil ich nicht weiß, was ich fühlen soll. Was kann ich fühlen, was kann ich sagen, dass es ihr besser geht? Dein Tod war Erlösung und Strafe zugleich. Dem Schock folgten Schmerz, Verzweiflung, Frustration und Resignation. Die Hoffnung der vergangenen Jahre hatte unsere Kraftreserven aufgebraucht. Sie lähmte uns, sie lähmte Dich. Zu wissen, dass Du tot bist und damit an einem besseren Ort, beruhigt mich. Der Gedanke, dass es mich beruhigt, beunruhigt mich. Du wirst hier vermisst, gebraucht. An Deiner Stelle starrt uns ein Telefon an, das nicht klingelt. Ein Briefkasten, der keine Kehrpakete von Dir enthält. Ein Erlebnis, von dem wir Dir nicht mehr berichten können. Ein Foto, dass wir Dir nicht mehr zeigen können. Ein Problem, bei dem Du uns nicht mehr helfen kannst. Ein Fehler, für den Du uns nicht mehr ausschimpfen kannst. Ein „Ich liebe Dich“, dass wir nicht mehr sagen und nicht mehr hören werden. Aber…Ich liebe Dich….trotzdem. Kapitel 18: Brief ----------------- "Diesen Brief mit „Hallo“ oder irgendeiner anderen Floskel anzufangen scheint mir unpassend, deswegen komme ich direkt zur Sache. Setz dich am besten hin, weil du jetzt zu Lesen bekommst, was dir wahrscheinlich so überhaupt nicht gefällt. Ich habe mich nach langem Nachdenken dazu entschlossen, den Kontakt zu dir/euch abzubrechen. Keine Skype-Telefonate, E-mails, Briefe, Postkarten, Geschenke, Besuche mehr. Du und sie, ihr bekommt jetzt ein Baby. Ihr seid eine Familie. Und das tut mir weh. Du hast mich damals sehr verletzt. Du hast mich alleine gelassen. Ich war noch ein Kind, ein Baby, noch nicht einmal geboren, als du dich gegen mich entschieden hast. Jetzt hast du die Frau, die du liebst und das Kind, das du willst. Und das Kind, das du damals nicht wolltest, hat jetzt genug. Ich kann dich niemals als Vater akzeptieren, weil du diese Rolle in meinem Leben nie gespielt hast. Ich will nicht, dass du dich rechtfertigst. Ich kann es sowieso nicht nachvollziehen. Für mich klingt das alles nach leeren Entschuldigungen. Es macht mich nur noch wütender. Ich wollte wirklich versuchen eine große Schwester zu sein. Geschenke kaufen. Mich freuen, wenn das Kind da ist und eine fröhliche Karte schreiben. Aber dann war ich in einem Babygeschäft. Und mir wurde klar, dass du das nie für mich gemacht hast. Strampler kaufen, Kinderzimmer einrichten, bei meiner Geburt dabei sein, Umziehen, Einschulung, Arztbesuche, Haustiere, Geburtstage, Ostern, Weihnachten, Neujahr, Baumhaus, Landschulheim, Klavierunterricht, Vereinsfeste, Asthmaanfälle, Urlaube und so vieles mehr, das mich geprägt hat und zu dem Menschen hat werden lassen, der ich heute bin. Der Gedanke, dass ich das niemals haben kann, tut weh. Und da Zeitreisen noch nicht erfunden wurden, kannst du auch nicht eben in die Vergangenheit zurückspringen und alles nachholen, was du verpasst hast. Was wir hätte gemeinsam erleben sollen. Wenn wir Vater und Tochter gewesen wären. Fakt ist, dass du es nicht mehr gut machen kannst. Du kannst mir Geschenke kaufen und Unterhalt zahlen und mich auf deine Gigs und ihre Auftritte einladen und dir meine Selbstmitleidtiraden anhören und dir einbilden, dass du mich kennst, weil du ja alles nacherzählt bekommen hast. Damit beruhigst du vielleicht dein Gewissen. Aber mein Schmerz bleibt. Und meine Wut. Es tut mir leid für euch, sie und dich. Und auch für das Baby, weil es keine große Schwester haben wird. Das Baby kann natürlich nichts dafür, dass es das bekommt, was ich niemals haben werde, aber das ändert nichts an meinen Gefühlen. Und mir tut das alles nicht mehr gut. Ich habe mir immer wieder eingeredet, dass die negativen Gefühle verschwinden und ich eine halbwegs normale Beziehung zu euch aufbauen kann. Aber es funktioniert nicht. In meinem Leben ist schon einiges schief gelaufen und ich habe es lange einfach geschehen lassen, weil ich es nicht besser wusste. Immer wurde meine Energie von Dingen aufgezehrt, die mich belastet haben, gegen die ich aber nichts unternahm. Ich will mein Leben aufräumen. Darum bitte ich euch inständig: Keine Postkarten, E-mails, Anrufe, Besuche, Einladungen, Fotos, Geschenke. Es tut immer noch weh. Und ich will, dass es aufhört. Jetzt. Ich hoffe, ihr könnt es wenigstens teilweise nachvollziehen. C." Kapitel 19: Abandoned --------------------- Daddy! Where were you? Help me! When I needed you? Love me! Why didn’t you love me? Don’t go! Why did you leave me? I love you! Was it my fault? Tell me! What did I do to you? Kapitel 20: The Show -------------------- Sometimes I hear voices. They make funny noises. They try to tell me that Something in my life seems so wrong. I try to ignore them. But they just keep on going. And in some way they confuse me Until I don’t know where I belong. I don’t where to stay. I don’t know where to go. I don’t know how I feel But I know there is more. It's locked inside my soul. It's locked inside my heart. And if I let it go There will be no new start. I have to go on pretending, At least until the ending. Or I will disappoint All the ones that I love. It's not that easy to lie though. But I have to try it just for now. And someday all these sacrificies Will pay off. I don’t where where it leads. I don’t know where it goes. I don’t know what it means But that’s part of the show. And although it seems wrong I just have to be strong. I have to move along. And someday all the problems Will be gone. Kapitel 21: I wish I was special -------------------------------- I wish I was special. I would feel worth it being with you. Now I just feel like a waste of time. Not being able to do anything without looking stupid. Making a fool of myself by missing you all day long. Doing nothing but thinking of you. Wishing you were here with me. Kapitel 22: Story of twilight ----------------------------- The mountain lion And the lamb Just felt in love Like they were meant His skin was cool Her cheeks went red She was alive He’s kind of dead Sparkling diamonds In the sun Impossible How fast he’s able to run Her heartbeat went Irregular With every kiss He gave to her Without eachother They’d died of pain Their love survived Just like a flame Her blood sings for him anyway La tua cantante The italians would say Kapitel 23: Tribute ------------------- Edward I love you More than I can say Don’t leave me here Don’t go away Promise me to be The center of my life I promise too To be your wife I love you so More than I can bare I want my life with you to share From here and now. The two of us. Forevermore. In truth and trust. Kapitel 24: Get started ----------------------- *für einen Freund* Get started Start anywhere... It will get you somewhere... Even if is not the best place to be its better than where you are right now and it will keep you moving… Otherwise you will only be stuck in between… Disappointment and hope will alternate which will lead you like nowhere… And this is exactly not the place you want to be at… Get it all out! It’s like spring-cleaning… You will keep some things and you will have to throw some things away… You get to look at everything and it will remember you of both, good and bad times… It helps you to closure… There will be some empty spaces left which need to be filled… But not immediately… They won’t be empty for long… Because life goes on… And there are still so many things out there that need to be done, said, heard, smelled, felt, experienced and recognized… They are just waiting for you to get started! Kapitel 25: Keep singing ------------------------ Sometimes when you come home nobody's there. You're all alone. Try to remember there is someone who keeps to hold you in his arms. Keep singing a song when everything's wrong and try to think of the next day. Keep singing a song when everything's wrong. The sun will shine after it rained. Sometimes when you are sad. The tears won't stop, it blows up your head. Try to remember someone is there to cheer you up cause he really cares. Keep singing a song when everything's wrong and try to think of the next day. Keep singing a song when everything's wrong. The sun will shine after it rained. Sometimes when you are mad. Driven crazy, everything feels bad. Try to remember nobody's perfect and more or less it isn't even worth it. Keep singing a song when everything's wrong and try to think of the next day. Keep singing a song when everything's wrong. The sun will shine after it rained. Kapitel 26: Amoklauf der Gedanken - Ein Drama in sechs Akten ------------------------------------------------------------ 1. Akt Er hat mich verkorkst. Er und kein anderer. Ich habe mich definitiv nicht so zugerichtet, denn ich kann mich in diesen Momenten selbst am Wenigsten leiden. Das Schlimmste daran ist die Unberechenbarkeit. Eben noch himmelhochjauchzend, auf einmal zu Tode betrübt. Ich mutiere zu einem Monster, das mir selbst Angst macht und kann nichts dagegen tun. Nicht holt mich dann so schnell von meinem Trip herunter. Und es scheint fast nie einen Grund für diese Stimmungsschwankungen zu geben. Eigentlich sind es schon gar keine Schwankungen mehr, sondern zwei sich verabscheuende Kreaturen, die sich ständig bekämpfen. Meistens gewinnt die gute Seite, dafür ist die Verwüstung um so verheerender, wenn die böse Seite gewinnt. 2. Akt Er hat mich verkorkst. Er hat nichts getan und das hat ausgereicht, um aus mir ein ängstliches, unsicheres, von Selbstzweifeln zerfressenes Wesen zu machen, das alle paar Monate zu unkontrollierten Wutausbrüchen neigt, gepaart mit extremem Selbsthass. Und nichts und niemand ist dann vor meiner Boshaftigkeit, meinem Zorn sicher. Alles, was sich mir in den Weg stellt, wird platt gewalzt. Feind und Freund gleichermaßen. Und ich stehe wie ein Zuschauer hilflos daneben und frage mich, wie ich zulassen konnte, dass das Monster wieder von mir Besitz ergriffen hat. Bin ich zu schwach, um jemals glücklich zu werden? An Tagen wie diesen scheint es fast, als wäre ich auf Ewig zur Hölle auf Erden verdammt. Denn das ist es. Jeder Tag kann ein schlechter werden und jeden guten Tag verbringe ich damit, mich vor dem nächsten zu fürchten. Angst lähmt. Hoffnung auch. Hilflosigkeit gibt mir das Gefühl, noch immer ein Kind zu sein. Und wie kann ein Kind dem ein Ende bereiten? 3. Akt Er hat mich verkorkst. Manchmal hasse ich nichts auf der Welt so sehr wie mich. Ich stehe nicht auf, weil ich die Müdigkeit, Lustlosigkeit, Hoffnungslosigkeit in meinen Muskeln nicht spüren möchte. Ich sehe nicht in den Spiegel, weil ich die Leere, meinen (lebens)müden Blick nicht ertragen könnte. Ich WILL schreien. Weinen. Mich übergeben, weil ich mich selbst zum kotzen finde. Wenn es nach ihm gegangen wäre, wäre ich gar nicht hier. Vielleicht wäre ich da oder dort. Aber hier wäre ich nicht. Das wäre besser gewesen. 4. Akt Er hat mich verkorkst. Bin ich paranoid? Schizophren? Depressiv? Kann ich mich selbst in eine Klapsmühle einweisen lassen? Könnten die mir überhaupt helfen? Sollte ich nicht eigentlich selbst mit meinen Problemen fertig werden, wie jeder andere Mensch auch? Nehme ich Menschen mit echten Problemen damit die Chance, dass ihnen geholfen wird? Finden meine Probleme nur in meinem Kopf statt? Findet nicht jedes Problem im Kopf eines jeden Menschen statt? Ist das chronisch? Ansteckend? Heilbar? Ist die Erde mit allen Menschen dazu verdammt für immer auf ein Heilmittel zu warten? Wann hört das Gefühl auf, auf alles eine Antwort haben zu wollen? Wann wird die Leere, die diesem Gefühl auf dem Fuße folgt, ausgefüllt? Bin ich verabscheuenswürdig, weil ich den Grund für meine Fehler bei jemand anderem suche? 5. Akt Wenn ich meine Tobsuchtanfälle habe, komme ich immer irgendwann an den Punkt, an dem sich eine („die“) Blockade in mir löst. Die Gedanken fließen über und ich kann kaum so schnell schreiben, wie ich denke. Ich schreibe so viel ich kann, bis ich ganz leer bin. Dieser kurze Augenblick ist meiner „Innerer Frieden“. Ich kann die Augen schließen und nichts ist mehr da, was mich davon abhalten würde, zu schlafen. 6. Akt Ich bin eine vom aussterben bedrohte Art. Wo ich hinkomme, werde ich angegafft. Wie, du trinkst keinen Alkohol? Wie, du rauchst nicht? Wie, du nimmst keine Drogen? Wie, du hattest erst zwei Freunde und bist schon 22? Wie, du magst keine Markenklamotten? Wie, du kaufst im Second-Hand-Laden ein? Wie, du schminkst dich nicht? Wie, du trägst am liebsten Turnschuhe? Die Unschuld vom Lande. Mauerblümchen. Das schwarze Schaf. Nicht dumm, nicht schlau. Ganz bestimmt nicht hübsch. Sowas gibt es noch? Wie langweilig. Wie uncool. Wie bescheuert. Wie ekelig. Wie doof. Dich können wir hier nicht gebrauchen. Du bist ein Auslaufmodell. Keiner will dich, keiner brauch dich. Kapitel 27: Teufelskreis ------------------------ Wenn ich an unsere jetzige Situation denke, steigt in mir eine unbeschreibliche Wut hoch. Man sollte meinen, wir würden aus Vergangenem lernen, Vernunft annehmen und anderen und uns selbst vergeben. Aber es scheint sich alles unaufhaltsam zu wiederholen. Und wir stehen daneben und können nur zusehen, wie um uns herum alles zerstört wird, was uns lieb ist. Wir sind alle keine Engel, aber müsse wir uns deswegen gegenseitig das Leben zur Hölle machen? Können wir denn nicht aus den Fehlern unserer Eltern lernen? Kapitel 28: Mimose? ------------------- Ich bin 26 Jahre alt und ich bin die, die am Donnerstag und Freitag dann doch nicht auf der Arbeit war. Ich möchte mich dafür bei euch entschuldigen. Ich weiß, dass ihr die Tage ohne mich genau so gut rumbringt wie mit mir, aber ich fühle mich immer schuldig, wenn ich das Gefühl habe, unnötig zu fehlen. Und dieses Fehlen war unnötig, weil es aus vollkommen egoistischen Gründen passierte. Für die von euch, die es noch nicht wissen (Ich glaube, ich habe es jedem mehr oder weniger gefasst erzählt...oder aber auch total aufgelöst.): Ich habe am Dienstag einen Leberfleck entfernt bekommen. Er saß an der linken Schläfe einen Zentimeter hinter dem Haaransatz und war ringförmig. Aufgrund der Haare war das Screening nicht eindeutig; zwei von drei Mal mit erhöhter Aktivität, das andere Mal mit keiner Aktivität. Frau Doktor meinte daraufhin, dass wir ihn vorsichtshalber entfernen sollten. Dafür müssten um den Leberfleck herum die Haare rasiert werden, die Narbe würde am Haaransatz verlaufen. Kopfwunden heilten sowieso besser, als an anderen Stellen; das wäre also gar kein Problem. Ich habe an diesem Tag nur genickt und Ja gesagt zu Allem. Ich stand unter Schock. Mein erster Leberfleck wurde mir entfernt als ich noch minderjährig war. Damals in der Chirurgie in Heidelberg. Meine Mutter war mit dabei, ich hatte keine Angst, keine Schmerzen, keine Sorgen. Krebs hatte noch keine Bedeutung für mich in diesem beängstigenden Sinn. Ich wusste, dass Krebs eine schlimme Sache war, von der Erwachsenen nur mit besorgten Mienen sprachen. 2009 starb meine Oma nach langem Kampf an Krebs. Ich weiß nicht genau, ob diese finale Krankheit mit einem Rückfall begann oder ob sie zum ersten Mal Hautkrebs hatte. Ich weiß, dass ihr eine Brust fehlte (wegen Brustkrebs, duh!). Sie machte daraus immer einen Spaß für uns Enkelkinder und sagte, dass sie nun immer einen Platz für Taschentücher hätte. Auf jeden Fall waren diese letzten vier Jahre für die gesamte Familie schrecklich. Schrecklich trifft es nicht, aber mir fällt kein anderes Wort für diese furchtbare Zeit ein. Trotz dieser (traumatischen?) Erfahrung war es letztes Jahr für mich kein Schock, als beim alljährlichen Screening an der Wade ein weiterer Leberfleck meinte, er müsste aus der Reihe fallen. Ich habe in der Zeit zwischen der Operation und dem Ergebnis ein bisschen Angst gehabt, mich einmal bei meiner Kollegin ausgeheult, aber die Chancen standen 1 zu 1. Der zweite Fleck innerhalb von fast 10 Jahren? Kein Grund zur Sorge! Dafür war ich ja regelmäßig zur Vorsorge gegangen und tatsächlich war alles in Ordnung. Ich verstehe zwar das Kauderwelsch der Ärzte nicht und bin dann meistens auch zu erleichtert, um nachzufragen, wenn es heißt: Alles ist gut!, aber was würde es mir auch bringen, wenn man mir jedes Fremd- und Fachwort erklären würde. Alles ist gut heißt alles ist gut! Als ich dieses Jahr am 03. März zum Screening kam, hatte ich schwitzige Hände, Herzflattern und schalt mich eine Närrin. Es war doch bis jetzt immer alles glatt gelaufen, was sollte dieses Mal anders sein. Frau Doktor hatte die Flecken ja erst vor einem dreiviertel Jahr unter die Lupe genommen und da war bis auf den Wadenfleck alles gut gewesen. Leider hatte das Screening wie oben beschrieben zu keinem eindeutigen Ergebnis geführt und deswegen musste der Schläfenfleck weichen und zwar so schnell wie möglich. An diesem Tag kamen wir (mein Schatz geht nach Möglichkeit immer zu allen Arztterminen mit) nach Hause und ich weinte. Ich heulte. Ich verzweifelte. Ich schlief die ganze Nacht nicht. Und dann trat ich mir in den Hintern, brachte den Freitag auf der Arbeit irgendwie hinter mich und ging nach Hause und weinte weiter. Den Samstag brachte ich auch irgendwie rum und am Sonntagabend brach ich wieder zusammen. Die Angst hatte von mir Besitz ergriffen und dieses Mal ließ sie sich nicht so leicht abschütteln oder verdrängen wie zuvor. Sie blickte mir morgens beim Zähneputzen im Spiegel über die Schulter, fraß sich tagsüber durch mein Nervenkostüm, erschütterte mein Innerstes und setzte sich beim Schlafen auf meine Brust, mit einem hämischen Grinsen im Gesicht und er schwerte mir das Atmen bis zu dem Punkt, an dem ich zerbrach. Die Woche vor dem lokalen Eingriff war ich gereizter, missgelaunter, ungeduldiger, ungerechter denn je zu Kindern, Kollegen und Eltern. Ich fühlte mich schlecht deswegen, aber gleichzeitig gab es keinen anderen Ausweg mehr für mich. Ich war wie die Feen in J.M. Barries >Peter Pan<, deren Körper so klein waren, dass immer nur für ein Gefühl Platz war (nur, dass ich keine Flügel, keinen Feenstaub und keine 90-60-90 Figur á la Tinkerbell hatte). Die Operation fand am Dienstagnachmittag statt. Am Mittwoch danach hatte ich Theorieprüfung für den Führerschein. Dieser Termin hatte schon lange vor dem Screening festgestanden und ich konnte und wollte ihn nicht verschieben. Natürlich bedeutete das zusätzlichen Stress. Ich musste lernen, konnte aber nicht lernen, weil ich nur am heulen war, musste aber lernen, weil ich nicht durchfallen wollte. Insgesamt eine richtig tolle Zeit. Die Operation verlief dann - entsprechend meinem Gemütszustand - katastrophal. Ausgestattet mit der Angst und dieser total oberflächlichen Trauer über den Verlust eines Teils meiner Haare, lag ich wie ein Häufchen Elend auf dem Operationstisch und heulte das Kissen nass, das als Kopfstütze bereitlag. Die erste Betäubungsspritze hörte auf zu wirken, als Herr Doktor gerade zum letzten Schnitt ansetzte. Die zweite Betäubungsspritze hörte auf zu wirken, als Herr Doktor gerade die Hälfte der Wunde zugenäht hatte. Als auch die dritte Betäubungsspritze aufhörte zu wirken und ich eine vierte bekam, war das laut Herrn Doktor die höchste Dosis, die sie je einem Patienten in dieser Praxis hatten geben müssen. Nach der Operation bekam ich die üblichen Ratschläge mit auf den Weg: keine sportliche Betätigung, Kopf wenn möglich hochlagern beim Schlafen und beim Bücken nicht mit dem Kopf runter, sondern in die Knie gehen. Als Schmerzmittel wurde mir Paracetamol empfohlen und wir gingen sofort in die Apotheke, die unter der Praxis lag. Auf dem Weg dahin, brach ich in Tränen aus, sobald sich die Tür zur Praxis hinter uns schloss und hörte die nächsten drei Stunden nicht mehr auf zu weinen. Ich hatte Schmerzen, war müde, alles in Allem war ich fix und fertig. Die dritte Schmerztablette zeigte dann langsam Wirkung und mit dem abebbenden Schmerz kam der traumlose Schlaf. Erlösend, aber nicht entlastend. Am Mittwoch vor der Theorieprüfung weinte ich. Ich hatte Angst wegem dem Fleck. Ich hatte Angst wegen der Prüfung. Ich hatte Angst wegen den Erwartungen, die ich nicht enttäuschen wollte. Ich hatte Angst, jemanden im Stich zu lassen. Ich hatte Angst vor mir selbst. Ich hatte Angst vor der Angst. Als der Prüfer mir den Bogen gab und sagte >Null Fehler< glaubte ich ihm nicht und als er es dann noch zwei Mal wiederholt hatte, brach ich in Tränen aus. Das erste Mal in zwei Wochen, dass ich immerhin zum Teil vor Erleichterung weinte. Den Rest des Tages brachte ich gut rum (wow, ich bringe ganz schön viele Tage rum hier) und freute mich, donnerstags wieder arbeiten zu gehen. Es war ja alles besprochen gewesen, alle wussten soweit Bescheid und ich vertraute darauf, dass alles wieder gut werden würde. Aber dieses Vertrauen war zu wenig für das übliche Chaos, mit dem ich ja eigentlich schon vertraut war, mir aber an diesem Morgen nach 10 Minuten schon den Rest gab und mich wieder in das Häufchen Elend verwandelte. Ich habe seit Dienstag jeden Tag mindestens eine Stunde geheult. Eher mehr. Am Freitag ist mir der Reißverschluss von meinen Schuhen morgens beim Müllrausbringen abgebrochen und der Tag war gelaufen. Mein Schatz sagt mir die ganze Zeit, dass alles wieder gut wird. Meine Mutter sagt mir, dass alles wieder gut wird. Überhaupt jeder, der davon weiß, sagt mir, dass alles wieder gut wird. Fakt ist, solange ich den Beweis nicht schwarz-auf-weiß in den Händen halte, glaube ich niemandem. Alles was ihr sagt ist eine Lüge. Eine gutgemeinte Lüge, aber immer noch eine Lüge. Momentan glaube ich nicht an das Gute in den Menschen, an ein Happy End oder an Glück und Zuversicht und Hoffnung. Nichts ergibt einen Sinn, alles ist ungerecht und zu anstrengend und nichts ist es wert, es zu versuchen aus diesem Teufelskreis, aus diesem schwarzen Loch zu entkommen. Das einzige, was noch zu tun wäre, wäre dem allen frühzeitig ein Ende zu setzen, aber dafür habe ich nicht den Mumm. Also bleibt mir nichts anderes übrig, als jeden Morgen aufzustehen, zu atmen, Dinge zu tun, für die ich eigentlich keine Kraft habe und zu warten (nicht mehr zu hoffen, nur noch zu warten)....auf was, das weiß ich nicht...und vielleicht will ich es auch gar nicht wissen. Ich kann nicht mehr. Ich mag nicht mehr. To be continued...? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)