Elementary Basics von abgemeldet (Trilogie - Staffel 1) ================================================================================ Kapitel 10: Freunde der Vergangenheit ------------------------------------- Kapitel 10 ~ Freunde der Vergangenheit Kurz vor Nachteinbruch fuhren wir in unsrem Van zum Flughafen. Kurz vor ein Uhr. Um Drei sollte unser Flieger gehen und so hatten wir noch genug Zeit, um zum Flughafen zu kommen. Clyde und Jill saßen hinten und schliefen, während ich auf dem Beifahrersitz saß und die Umgebung beobachtete. Was in Japan wohl auf uns zukommen würde? Einerseits freute ich mich auf die Reise, denn ich würde meine Freunde und Familie wieder sehen. Andererseits warteten dort auch unbekannte Feinde, die mir Angst machten. Ich hoffte unseren Kindern würde nichts zustoßen und ich hoffte, dass zwischen mir und Rick auch bald alles wieder ins Reine kommen würde. Er wirkte ziemlich müde und rieb sich die Augen. Eigentlich würde er nun längst schlafen, doch dazu hatten wir im Flugzeug noch genug Zeit. Bis zum Flughafen herrschte bei uns im Auto Stille. Wir wussten nicht worüber wir reden sollten und wollten zudem die Kleinen nicht wecken. Zumindest bis zur Ankunft nicht, denn nun mussten sie aussteigen und mitkommen. Ein kühler Wind wehte durch das Parkhaus und ließ uns, bis wir am Eingang ankamen, frieren. Rick trug Clyde huckepack, denn er war immer noch sehr schwach auf den Beinen. Er machte mir wirklich große Sorgen. Jill trottelte müde an meiner Hand neben uns her. Die Hallen waren ruhig und ziemlich leer. Nur wenige Leute hatten sich an den Schaltern versammelt. Rick gab unser Gepäck ab und erledigte die Formalitäten, bevor wir uns endlich in die Wartehalle setzen durften. Bald würde es los gehen... Ich war schon ewig nicht mehr geflogen und total nervös. Während Jill, die müde, aber auch neugierig aus der Fensterfront guckte und den Flugverkehr beobachtete, lag Clyde mit dem Kopf auf meinem Schoß und schlief weiter. Er war sehr unruhig und drehte den Kopf hin und her. Kleine Schweißtropfen sammelten sich auf seiner Stirn, auf die ich meine Hand legte und etwas Panik bekam. „Rick, sein Fieber ist wieder schlimmer geworden.“ „Mist, das hat uns gerade noch gefehlt. Warte, ich hol ein Handtuch aus dem Handgepäck und geh kurz auf Toilette. Hast du den Fiebersaft dabei?“ „Ja. Hol du ein kühles Tuch und ich geb ihm den Saft.“ Rick machte sich gleich auf den Weg und ich holte die Medizin raus und bereitete eine Portion vor. Clyde sprach leise irgendwas vor sich hin... Er träumte... „Nein... Nicht... Töten... Bitte...“ Was träumt der da!?! Um ihn von seinem Traum zu erlösen, weckte ich ihn sanft und gab ihm seine Medizin. Rick kam auch schnell zurück mit dem Handtuch. Hoffentlich würde es Clyde bald wieder besser gehen. „Na, Jill? Interessant, die ganzen Flugzeuge, oder?“, fragte Rick, der sich zu der Kleinen gesellte, damit sie nicht so alleine war. „Ja, schade, dass es dunkel ist. Tagsüber hätte man mehr gesehen.“ „Ach Kleines, bis wir in Japan ankommen ist es hell, dann kannst du dir alle Flugzeuge noch mal anschauen.“ „Eeeecht!?“ „Ja, klar“, antwortete er mit einem warmen Lächeln und streichelte ihr über den Kopf, ehe er sie auf den Arm nahm und mit ihr zusammen wieder zu den Sitzen kam. Er setzte sie auf seinen Schoß. „Fliegen wir bald?“ „Ich hoffe. Aber es müsste bald so weit sein... Maaal schauen! Viertel vor drei. Ja, nicht mehr lange. Im Flugzeug schlafen wir alle noch mal eine Runde, dann wird es nicht so langweilig. Immerhin fliegen wir fast 22 Stunden.“ „SO LANGE!?“, schrie Jill entsetzt. „Muss leider sein.“ Endlich mussten wir nicht mehr warten und durften einsteigen. Jill durfte ans Fenster, während wir Clyde in unsere Mitte nahmen. Da wir allesamt müde waren, beschlossen wir erst mal zu schlafen. Danach hieß es Zeit absitzen und die Kinder beschäftigen. Clyde zu beschäftigen war einfach. Er hatte seine PSP und spielte vor sich hin. Ab und zu schlief er wieder ein wegen dem Fieber. Jill hingegen musste man richtig fordern. Sie wollte malen, Karten spielen, Filme gucken und der ganze Kram. Allesamt waren wir heilfroh als wir wieder heil landeten und endlich raus durften. Zum Glück hatten diese Wesen den Flughafen nicht angegriffen. Das war ebenfalls eine meiner Befürchtungen. Nicht landen können wegen den Dämonen. Wir hatten einen ordentlichen Jetlag und kaum eine Peilung von unserer Umgebung. Jill hatte sogar vergessen, dass sie eigentlich die Flugzeuge ansehen wollte. Es war nun fast 15 Uhr hier in Tokyo. Rick guckte sich aufmerksam in seiner Umgebung um. Fast als würde er etwas Bestimmtes suchen. Ich hingegen hielt auch Ausschau – nach Dämonen um schnell meine Kinder beschützen zu können. „Hier war ich ja schon ewig nicht mehr...“, nuschelte Rick kaum hörbar. Ich nahm es jedoch trotzdem wahr. „Du warst schon mal hier, Rick?“ „Äh... Ja, ist schon lange her.“ „Cool, wusste gar nicht, dass du auch schon mal in Japan warst. Scheint ja echt im Trend zu sein. Hast du hier gewohnt?“ „... Egal...“ „Oh man...“, seufzte ich, weil er schon wieder so abweisend auf meine Fragen reagierte. Es gab echt keine Chance mal an ihn ran zu kommen. Mit Clyde auf Ricks Rücken und Jill an meiner Hand verließen wir den Flughafen und hielten nach einem Taxi Ausschau. Dieses fanden wir ziemlich schnell und wurden zu Kyle und Marisha gefahren. Fast hatten wir es geschafft und die Reise überstanden. Das Taxi hielt kurz vor dem Haus und Rick holte die Koffer aus dem Kofferraum. Als er sich umdrehte wurde er auf eine Frau aufmerksam, die gerade an uns vorbei lief. Es war ein seltsamer Moment... Diese Frau und er warfen sich eindringliche Blicke zu, wobei seine Blicke schon wieder aussagten sie solle einfach still weiter gehen – irgendwie drohend eben. Aber was hatte Rick mit einer Blondine zu tun, die auch noch zwei kleine Kinder an der Hand hatte? Ein blöder Moment, den ich zu gerne unterbrechen wollte. „Kommst du nun, Schatz?“ „Äh... Ja, Sorry. War grade vertieft.“ „Hab ich gemerkt. Wuhu!!! Mari, ich komme!!!“ Ich konnte es kaum erwarten sie und meinen Bruder endlich wieder zu sehen. Darum lief ich immer schneller zu der Haustüre und klopfte dagegen. Endlich!!! Mein Herz klopfte wie wild. Umso toller war dann der Moment, in dem sie die Tür öffnete und vor mir stand. Sie hatte sich kaum verändert. Ihre großen blauen Augen fingen an zu leuchten bei meinem Anblick und sie sprang mir mit lautem Jubeln in die Arme. „IHR SEID DA!!! JAA! OH MEIN GOTT, ICH FREU MICH SO!!!“, jubelte sie laut und ließ mich gar nicht mehr los. Rick stand hinter mir und lächelte sie zur Begrüßung nur freundlich an. Jill und Clyde hingegen, hatten gar keinen Plan mehr von dem was hier vor sich ging und schauten verdutzt drein. „Kommt rein!!! Oh, wie geil! Kyle müsste auch gleich zu Hause sein. Ich hab gekocht! Ich hoffe ihr habt Hunger! Flugzeug-Fraß ist eh nicht gesund. Geht es euch gut? Wie war der Flug und seid ihr müde? Ihr könnt im Gästezimmer schlafen!“ „Mari! Ganz die Ruhe. Lass uns erst mal die Koffer ablegen“, antwortete ich mit einem Lachen und folgte ihr ins Gästezimmer, wo Rick die Koffer aufs Bett legte. „Clyde, du legst dich am besten gleich mal ins Bett! Du musst gesund werden“, ordnete ich ihm an und machte ihm den Platz bereit. „Was hat er denn?“ „Ach, er hatte vor ein paar Tagen nen Fieberschock und muss sich nun auskurieren.“ „Da hab ich ein gutes Mittel! Ich werd Kyle nachher sagen, dass er es kaufen gehen soll. Ich sag dir, da wird der Kleine ganz schnell wieder fit! Rick, willst du ein Bier? Siehst ziemlich verspannt aus.“ „Oh ja, so was kann ich jetzt echt gebrauchen“, antwortete er mit einem erleichterten Seufzen. Als wir aus dem Zimmer kamen, erwarteten uns noch zwei Überraschungen in Form von einem kleinen Mädchen und einem Jungen. „Mama, sind das unsere Gäste, von denen du gesprochen hast?“ „Ja, mein Schatz“, antwortete Marisha ihrer Tochter. Wow! Hailey ist so groß geworden. Sie war nun fünf und total neugierig. „Hallo, Tante Chann und Onkel Rick“, begrüßte sie uns beide höflich und verbeugte sich wie es in Japan Tradition war. Bei Jill hingegen war sie sehr schüchtern. Jill hatte nur Augen für den kleinen Jungen. „Wer ist denn der Kleine?“, flüsterte ich Marisha zu. „Er heißt Shinji. Ist der beste Freund von Hailey und ein ziemlicher Frechdachs. Na ja, wie sie mit sechs Jahren halt so sind“, lachte Marisha und führte uns ins Wohnzimmer, wo ich meinen Augen wieder nicht trauen konnte. Meine Augen wurden groß. „Rachel!?!“ „Chann! Na endlich! Ihr habt ja auf euch warten lassen. Mari sagte, ihr würdet heute irgendwann ankommen. Ich sitz schon seit heute Morgen hier.“ „Rachel! Oh, wie schön dich zu sehen! Na ja, der Flug dauert. Weißt du ja.“ „Mhm! Wow... Das ist ja echt lange her, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben. Komm her!“ Wir nahmen uns erst mal in die Arme und Marisha brachte Rick sein Bier. Ich setzte mich zu den Mädels und Rick aufs Sofa. „Du hättest dich ruhig mal öfter melden können, Rachel.“ „Haaach, ich weiß. Ich hatte immer sehr viel um die Ohren und jedes Mal wenn ich mir vornahm dich anzurufen, kam doch wieder was dazwischen.“ „Trotzdem.“ „Tut mir ja leid...“, sagte sie leicht beschämt und richtete ihre Aufmerksamkeit auf den kleinen Shinji, der grade zu uns gesprungen kam und sich zu Rachel setzte. Meine fragenden Blicke wechselten zwischen ihr und dem Kleinen hin und her, was sie bemerkte. „Ach, stimmt ja, ich hab dir meinen kleinen Sohn noch gar nicht vorgestellt!“ „Er ist dein Sohn!?! Wow... Du hast ja nie mehr von deiner Familie erzählt. Nicht mal den Namen von deinem Kerl hast du bisher genannt.“ „Jaaa, ich hab kaum Jemandem davon erzählt, hat nichts mit dir zu tun.“ Irgendwie fand ich es echt mies von Rachel vor ihren Freundinnen alles so geheim zu halten. Was wäre denn so schlimm daran gewesen uns zu sagen, wie ihr Sohn heißt und mit wem sie zusammen ist? Während wir Erwachsenen zusammen in der Runde saßen und uns miteinander unterhielten, spielten die Kinder zusammen im Garten. Jetzt wo sie nicht da waren, konnten wir endlich Kriegsrat halten. „Also, es scheint ja ziemlich ruhig zu sein hier“, bemerkte ich verblüfft. „Ja, das kommt Schubweise, wie wir schon beobachten konnten. Einmal kommen ganz Viele von diesen „Dämonen“, dann ist wieder alles eine Weile still“, antwortete Rachel. Marisha nahm einen Schluck Kaffee. „Jedenfalls können wir nichts tun als sie zu vernichten. Wir kennen den Verursacher nicht und können damit das Übel noch nicht an der Wurzel packen.“ „Sozusagen also machtlos...“, meinte Rick. „Leider ja. Wir sollten die Augen offen halten und vor allem auf die Kinder Acht geben“, sagte Marisha besorgt und guckte aus dem Fenster, von dem aus man die Kleinen beobachten konnte. „Hoffentlich ergibt sich das bald. Wir können nicht ewig hier bleiben. Es sei denn, Rick findet hier erst mal ein Job.“ „Wie soll ich das machen, Chann? Was ist mit unserer Wohnung in Florida? Ein Umzug hierher ist ganz schön gewagt.“ „Ja, stimmt schon Rick. Aber wir müssen vorerst bleiben.“ „Abwarten. Dann gucken wir weiter.“ „Also von unserer Seite aus könnt ihr so lange bleiben wie ihr wollt“, sagte Marisha mit ihrem warmherzigen Lächeln. Irgendwie wäre ich gerne richtig lang geblieben. Ich erinnerte mich an die Zeit damals, als Marisha und Kyle bei uns zu Besuch waren. Wo ich nicht kochen musste und nicht alleine war. Wo sich jemand um mich gekümmert hat und mich bemuttert hat, wenn etwas war. Ja, ich fand Gefallen daran, diese Zeit noch einmal erleben zu dürfen. „Ich geh kurz in die Küche und hol mir noch was zu trinken, wenn es dir nichts ausmacht, Mari“, sagte ich mit einem anschließenden Seufzen und stand auf. Noch immer erledigt von der Reise und dem Trubel hier in dem Haus war ich froh kurz einen Moment für mich zu haben und schloss erleichtert die Küchentür hinter mir. Leider war ich aber selbst in der Küche nicht ganz alleine. Irgendein unbekannter Kerl saß am Küchentisch mit einer Zeitung und war richtig ins Lesen vertieft. Als er bemerkte, dass noch jemand im Raum war, erschrak er erstmal, was mir peinlich war. „Sorry, ich wollte dich nicht erschrecken, hehe. Einfach nicht beachten.“ „...Schon okay... Moment mal...“ Er guckte mich genauer an, was ich nicht ganz verstehen konnte. Er war so fasziniert von mir, dass er aufstand und ganz langsam Schritt für Schritt näher kam. Ich war wirklich sehr verwirrt. Nun, wo er so nah vor mir stand, meinte ich auch ihn zu kennen, doch woher nur? „Oh man, ich kenne nur eine Frau mit blauen Haaren... Chann?“ „Ähm... Ja. Leider kenne ich viele Männer mit braunen Haaren.“ „Hehe... Kannst du... Kannst du dich noch an deinen Freund erinnern, der dich leider schon nach einem Monat verlassen musste?“ „... Oh mein... Gott! Yoshihiro!?!“ „Ja genau!“ „Ich... Oh man... Ich musste so oft an dich denken“, stotterte ich raus und konnte meine Freudentränen kaum halten. Wir nahmen uns voller Wiedersehensfreude in den Arm. „Wie geht’s dir so, kleine Chann? Ich hab auch oft an dich gedacht.“ „Bei mir geht derzeit alles drunter und drüber. Nicht ganz so glücklich im Moment.“ „Warum das denn? Klingt gar nicht gut.“ „Ich hab mich in letzter Zeit öfter gefragt wie es wohl wäre, wenn wir heute zusammen wären. Ob ich dann glücklicher wäre.“ „Das kann ich dir leider nicht sagen. Vielleicht – vielleicht aber auch nicht. Es ist ja schon so viel Zeit vergangen.“ „Ja...“ Doch trotz aller Zeit... Jetzt, wo ich vor ihm stehe... Alle alten Gefühle kamen mit einem Schlag wieder zum Vorschein. Doch ich fragte mich, was er bei Marisha machte und woher die Beiden sich kennen. Und ich fragte mich, ob er denn inzwischen eine Freundin hat. Er guckte mich wieder lange an und mir kamen erneut die Tränen. „Mensch... Du hättest niemals gehen dürfen. Ich hab dich so vermisst.“ „Ich dich auch“, sagte er leise, lehnte sich auf einmal zu mir runter und küsste mich, was ein heftiges Kribbeln in meinem Bauch auslöste. Ich hätte ihn nicht küssen dürfen! Ich war eine verheiratete Frau mit zwei Kindern! Was tat ich da nur?! Doch trotz aller Gewissensbisse, konnte ich nicht aufhören und legte meine Arme um ihn, während wir uns weiterhin innig küssten. Ein Moment in dem ich mein normales Leben und meinen Alltag vergaß... Ein Moment in dem ich Rick und seine Lügengeschichten vergaß. Für mich gab es in diesem Moment nur Yoshihiro und mich. Und den Gedanken, dass dieser Moment niemals enden dürfte. Leider wurden wir viel zu schnell wieder von unserer Realität eingeholt und schauten uns schockiert an. „Oh Gott, was machen wir da?!!“ „Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass wir das nicht hätten tun dürfen! Scheiße! Chann, das ist nie passiert, ja?! Sonst bin ich so was von tot!“ „Nicht nur du...“, seufzte ich, schnappte mir was zu trinken und kam erst mal runter. „Okay... Yoshi... Lass uns normal miteinander umgehen und Freunde sein.“ „Gut. Einverstanden.“ „Was machst du eigentlich bei Marisha? Das frage ich mich die ganze Zeit.“ „Öh... Ich bin mit meiner Familie hier. Meine Frau meinte, Mari und sie würden heute Besuch erwarten.“ „Moment mal... Deine Familie!? Deine Frau!?! Jetzt sag mir bitte nicht, dass Rachel deine Frau ist und Shinji dein Sohn.“ „Doch, ja.“ „Aber... Aber... Oh mein Gott!!! Wieso küsst du mich, wenn du mit meiner Freundin zusammen bist und mit ihr sogar ein Kind hast!?!“ „Weil du mir viel bedeutest... Aber ich liebe Rachel, das darf nicht noch mal passieren.“ „Ja, schon. Oh man, das muss ich erst mal verarbeiten.“ Schweigsam lehnte ich mich aus dem offenen Fenster und dachte darüber nach was hier geschehen war. Wieso muss Rachel gerade hier auf Yoshihiro treffen? Und dann sind die schon so lange zusammen ohne, dass ich etwas davon weiß. Für extra konnte sie es nicht gemacht haben. Sie wusste nicht, dass ich jemals mit ihm zusammen war. Dennoch hasste ich sie ein wenig dafür. Es war, als hätte man mir den Kerl ausgespannt. Grundlose Eifersucht? Es lag gar nicht in meinem Recht eifersüchtig zu sein. Die Beiden hatten sich unabhängig von mir kennen gelernt und wurden zu einem Paar. Dieses Glück dürfte ich nun auf keinen Fall zerstören. „Chann, geht’s wieder?“ „Ja, alles klar. Dann hast du Marisha also durch Rachel kennen gelernt?“ „Jop... Schon lustig, dass wir dich alle kennen, aber gegenseitig nichts davon wussten. Wir haben da irgendwie nie drüber geredet.“ „Ach... Auch gut. Ich geh mal wieder rüber, bevor mein Mann auf falsche Gedanken kommt.“ „Dein Mann?“ „Ja, ich bin verheiratet. Und wie gesagt, derzeit nicht wirklich glücklich.“ „Wenn du willst, können wir da demnächst noch mal drüber reden.“ „Ja gerne. Aber nun lass mal rüber gehen.“ Ich versuchte lässig zu wirken und mir nichts anmerken zu lassen, als wir wieder raus kamen. Natürlich haben sich schon alle gefragt, was ich so lange in der Küche gemacht habe. „Ah, du hast unsren Yosh schon kennen gelernt“, sagte Marisha fröhlich und legte eine Hand auf seine Schulter. „Hehe, wir kannten uns schon von früher, Mari“, entgegnete er mit seinem typischen Grinsen, wovon Mari ein Licht aufging. Sie war damals die Einzige, der ich von Yoshi und meinem Liebeskummer erzählte und war nun geschockt. Um der Situation aus dem Weg zu gehen, ging ich zu Clyde ins Gästezimmer und guckte mal ob er wieder Fieber hatte. Marisha folgte mir zu meinem schlafenden Kleinen. „Chann! Ich hoffe doch, dass nun nicht wieder mehr zwischen euch laufen wird! Was habt ihr die ganze Zeit in der Küche gemacht? Ihr seid beide verheiratet!“ „Mari, ich weiß, dass ich verheiratet bin! Mein Ring erinnert mich jeden Tag daran. Wir haben uns nur unterhalten. Hatten uns immerhin viel zu erzählen nach der langen Zeit.“ „Also habt ihr wirklich nicht mehr getan?“ „Nein“, log ich um sie nicht zu beunruhigen, denn für Marisha gab es nichts Schlimmeres als Ehebruch. Ich wollte ihr die Traumvorstellung von mir nicht zerstören. Ich fühlte nebenbei auf Clyde's Stirn und musste feststellen, dass sein Fieber schon wieder gestiegen war. Der Fieberthermometer bestätigte mir dies nur. Umso glücklicher war ich, als Kyle endlich in der Tür stand. „Ah, hallo Schatz. Du, ich hab gleich ein Attentat auf dich vor.“ „Oh ne, was denn? CHANN!!! Schwesterchen! Endlich bist du mal zu Besuch! Wurde mal Zeit.“, rief er gleich an Marisha vorbei und breitete die Arme für mich aus. Freudestrahlend nahm ich die Gelegenheit wahr und sprang meinem großen Bruder in die Arme, auch wenn ich wusste, dass wieder einiges passieren würde, das ich nicht verstehen könnte. „Kyle! Kannst du noch Medizin für den kleinen Clyde kaufen gehen? Er hat so schlimmes Fieber. Du weißt schon, das was wir für Hailey auch immer kaufen.“ „Ach das. Ja, ich geh noch mal schnell.“ „Gut, danke. Aber du weißt ja. Pass gut auf dich auf, okay?“ „Jop, mach ich.“ Mit nem flüchtigen Kuss verabschiedeten sie sich voneinander und wir guckten ihm hinterher die Straße herab. Marisha und Kyle wohnten eher abgelegen am Stadtrand und hatten somit kaum Trubel in der Nachbarschaft. Ich machte mir Sorgen was da Draußen auf uns lauern würde. „Komm wieder rein, Chann.“ „Irgendwie hab ich Angst.“ „Na ja, diese Viecher sind schnell klein zu kriegen. Es sind nur... Immer so viele, wenn sie angreifen.“ „Mhh... Na klasse.“ Drinnen hatten sich Rick und Yosh schon gut ins Gespräch verwickelt. Zum Glück wusste Rick nicht in welcher Verbindung ich zu Yosh stand. Ich wollte auch nicht riskieren, dass er es erfährt. Nun, so lange wir uns zurück halten würden und nur Freunde bleiben, ist ja alles okay. Wir unterhielten uns prächtig, obwohl es derzeit nicht so gut aussah. Stets lief nebenbei der Nachrichtensender, damit wir mitbekommen würden, wenn es einen neuen Angriff gäbe. Jedoch war gerade alles ruhig. Die Anspannung hingegen umso größer. Kyle war schnell wieder zurück und somit konnten wir Clyde schnell helfen. Er schlief weiterhin, doch sein Fieber wurde schon nach kurzer Zeit wesentlich schwächer. Zumindest etwas, das mich erleichterte. Nun brach auch schon der Abend ein und wie immer wenn es Abend wurde, wurde ich unruhiger. Wir kämpften gegen Wesen der Dunkelheit. Ich würde schätzen, dass nachts verstärkt etwas passieren könnte. Daher riefen wir die drei Kinder wieder nach Drinnen, wo sie weiter spielten. Für Jill war es ein echtes Paradies und sie war im Begriff sich mit ihrer kleinen Cousine anzufreunden. Gegen neun klingelte es an der Haustüre, wovon ich erschrak. So spät waren Rick und ich kein Besuch mehr gewöhnt. Marisha seufzte, als wüsste sie schon wer es sein würde und ging zur Tür hin. Wir knieten in einem Kreis um den Tisch herum wovon mir langsam die Knie weh taten. Doofe japanische Traditionen... Gespannt horchte die Runde Richtung Haustüre und auf einmal kam ein kleines Mädchen mit roten Haaren in den Raum gerannt. Sie sprang direkt zu Kyle und wirkte glücklich. „Och nein“, stöhnte Rachel und verschränkte die Arme. „Papa, ich hab dich vermisst.“ „Ich dich auch, mein Schatz. Alles okay? War deine Mama brav?“ „Jaa!“ „Hehe, gut.“, antwortete Kyle mit einem Grinsen. Nun kam Marisha zurück mit keiner Anderen als Naga im Schlepptau. Naga nahm mich gar nicht wahr, sondern fixierte sich sofort auf Kyle. „Naaa Kyle, Schatzi? Wie sieht's aus? Unterhalt...?“ „Man ey, Naga! Du hast erst letzte Woche Geld für Maya bekommen.“ „Tja, die Tasche, die ich mir letzt gekaufte habe war nicht günstig. Also brauche ich mehr Geld.“ „Naga? Das Geld, dass Kyle dir gibt ist aber schon für Maya gedacht und nicht für Shoppingtrips“, mahnte Marisha mit verschränkten Armen. „Ja, ehrlich mal“, stimmte Rachel mit einem abfälligen Blick zu. Yoshi enthielt sich und Rick warf Naga vorwurfsvolle Blicke zu. „Ihr geldgeilen Frauen immer mit eurem Unterhalt. Wollt auch nur Kinder bekommen um uns Männer abzuzocken.“ Alle starrten ihn verwundert an – auch ich. Yosh grinste. „Klingt so, als hättest du Erfahrung.“ „... NEIN! Es ist ne Tatsache...“, dann guckte er weg, trank weiter an einer neuen Flasche Bier und tat so, als würde es ihn nicht mehr jucken. Naga machte sich nichts draus. Sie streckte fröhlich die Hände aus und wartete auf Geldscheine, die Kyle auch noch raus rückte!!! Ich war fassungslos! Wie kann man nur so dämlich sein!? So lernt sie es doch nie! Selbstgefällig und trampelig wie sie war, setzte sie sich einfach zwischen Kyle und Marisha und fühlte sich voll im Recht. „Tja, da seht ihr mal. Meinem Kyle ist es eben wichtig wie ich aussehe.“ „Ehm... Kyle? Findest du das grade in Ordnung?“, fragte Rachel mit erhobener Augenbraue. „Ich sag dazu gar nichts mehr. Mari kann sich ja auch auf die andere Seite setzen.“ Meine Freundin setzte ihr typisches genügsames Lächeln auf und setzte sich auf die andere Seite neben Kyle. Sie tat so, als wäre es ihr Recht zumindest die Überreste der „Sahnetorte“ zu bekommen. Dennoch merkte ich, dass es ihr schwer zu schaffen machte. Maya benahm sich auch komisch. Während die anderen Kinder spielten, schaute sie nur schüchtern zu und klammerte sich an ihren Vater. Sie dachte wohl nicht mal im Traum daran mit den Anderen spielen zu gehen. Den ganzen Abend so einen Trubel zu erleben machte mich ziemlich müde und ich sehnte mich danach endlich in mein Bett zu kommen, doch daran war noch lange nicht zu denken. Mit schweren Augen zog ich mich erstmal ins Bad zurück, wo ich mir kaltes Wasser ins Gesicht klatschte. Selbst von hier waren die Anderen laut und deutlich zu hören. Sie unterhielten sich in einer enormen Lautstärke, lachten und grölten. Ja, ja, der Alkohol. Vor allem die Jungs hatten gut getankt. Ich hoffte, sie würden bald alle nach Hause gehen mit ihren Kindern. Eine Weile betrachtete ich mich im Spiegel und fühlte mich unwohl... Ich sehnte mich nach Yosh, trotz meines schlechten Gewissen Rick gegenüber. Wann immer ich die Augen schloss, sah ich die Szene vor mir, als wir uns in der Küche küssten. Ich stellte mir vor wie es wohl weiter gegangen wäre und genoss den Gedanken, ehe ich mich dabei ertappte und mein Gewissen wieder siegte. Was war nur mit mir los!?! Seit jeher verachte ich Fremdgehen und Seitensprünge. Das war einfach gegen meine Prinzipien. Ich verstand nie wie Kyle zwei Frauen begehren konnte... Doch nun... Nun sah die Sache plötzlich anders aus und ich stand mitten in einer Situation, die für mich völlig neu und verwirrend war. Ich wollte Rick nicht betrügen und Yosh durfte Rachel nicht wegen mir verletzen. Immer wieder redete ich mir ein – nur Freundschaft! Noch so ein Ausrutscher würde uns nicht wieder passieren! ~ Kapitel 10 ~ Freunde der Vergangenheit ~ Ende ~ Fortsetzung folgt ~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)