彼は殿下、彼は輔佐。 von Schneizel (He is the prince, he is the servant.) ================================================================================ Kapitel 1: Ein Traum in einer Seifenblase ----------------------------------------- Kannon erinnerte sich noch, als wäre es gestern gewesen, dabei waren schon so viele Jahre vergangen seit dem Tag, an dem er Schneizel das erste Mal begegnet war. Hochmütig und unnahbar hatte sich der junge Graf gegeben, vollkommen überzeugt von sich selbst und seinen Fähigkeiten. Schon damals war Schneizel gesegnet mit einem überdurchschnittlichen Intellekt. Er war ein Genie, unleugbar, und als seinem Kopf eine Schulregel im Weg stand, brach er sie. So, als wäre nichts dabei. Kannon wagte zu bezweifeln, dass es heute noch so laufen mochte, war Schneizel doch erwachsen und vernünftig geworden. Damals jedoch hatte Kannon, als Prinz Britannias zum Schulvorstand gewählt, ihn mit einer Peitsche zurechtgewiesen, vor den Augen seiner Mitschüler. Er würde Schneizels Blick nie vergessen, herablassend, kühl, rebellisch. Die eine Hand ins Gras gekrallt, während er mit der anderen ein Blutrinnsal aus seinem Mundwinkel wischte. Schon damals war er ein Stück größer als Kannon gewesen, und um einiges besser gebaut. Breite Schultern und starke Arme anstatt Kannons schmächtiger Statur mit der fast weiblichen Taille und den langen, dünnen Beinen. Er war Kannon nicht aus dem Kopf gegangen, und tatsächlich wurden sie immer wieder miteinander konfrontiert. Schneizels Verhalten verbesserte sich rasch, als sein Ehrgeiz wuchs. Hoch hinaus wollte er, vielleicht sogar höher als Kannon selbst. Bei der Schülervertretung, die Kannon als Schulvorstand zu leiten hatte, trafen sie sich wieder. In seinen fliederblauen Augen konnte Kannon Schneizels Intention lesen, denn der Graf hielt es nicht für nötig, sie zu verbergen, und Kannon erkannte, dass er ihm nichts entgegenzusetzen hatte. Ihm gebührte Kannons Position, denn er war der geborene Anführer, während Kannon bloß versuchte, in den Fußstapfen seiner Vorgänger zu laufen, um keine Fehler zu begehen. Er wusste, dass er die Wahl nur gewann, weil ein Großteil der Schüler äußerst kronloyal war. Niemand wollte es sich mit dem Prinzen verscherzen, denn als Sohn des Imperators lag eine große Macht in seinen jungen, unsicheren Händen. Für das kommende Jahr war Schneizel Kannons Stellvertreter, und erwies sich als eine treue rechte Hand. Mit einem Lächeln dachte Kannon an all die Nachmittage zurück, die sie miteinander verbracht hatten. Sein erster Eindruck von Schneizel war trügerisch gewesen, wenn auch nicht falsch. Hinter der rebellischen Fassade steckte ein Junge mit großen Zielen und dem nötigen Ehrgeiz, nach ihnen zu streben, doch das Genie war echt. Kannon mochte ihn. Mehr noch, er bewunderte ihn, für seine Durchsetzungskraft, für seinen Verstand, für so vieles, was Schneizel war und er selbst sein sollte. Vermutlich wäre Schneizel der bessere Prinz gewesen. Die Jahre zogen ins Land, und Schneizel schien zufrieden mit seiner Position zu sein, denn fortan kandidierte er direkt dafür, nicht mehr für die des Schulvorstands. Damals verstand Kannon noch nicht, wie einnehmend Schneizel ihn in der Hand hatte. Er ahnte, dass Schneizel ihn ausnutzen könnte, doch wie weit sein Einfluss ging, sah er nicht. Sie waren im gleichen Jahr geboren, und so gingen sie in die selbe Stufe, einige Kurse hatten sie sogar miteinander. Mit der Zeit wuchs eine fragile Freundschaft zwischen ihnen, da jeder vom anderen profitieren konnte, und nach dem holprigen Start festigte sich diese Bindung durch ehrliche Sympathie. Es waren turbulente Jahre im Northern Dormitory, doch so friedvoll und ruhig, verglich man sie mit dem späteren Leben der ungleichen Partner. Ein Traum, gelebt in einer Seifenblase, die nicht platzen wollte. Kannon war vernarrt in seine Geschwister. Seine Augen leuchteten buchstäblich, wenn er von ihnen erzählte. Schneizel selbst war Einzelkind, doch er fand es faszinierend, wie glücklich Kannon durch einen bloßen Anruf aus der Ferne wurde. Die Königsfamilie kannte Schneizel aus Fernsehen und Presse, hatte jedoch keinen von Kannons Verwandten je persönlich getroffen. Dies änderte sich, als Kannon ihn in den Ferien für ein paar Tage zu sich einlud. Schneizel hatte einige Vermutungen über die Gründe, hielt es jedoch für angebrachter, nicht danach zu fragen, und nahm bloß aufrichtig dankend an. Er wusste um den immensen Vorteil, mit Menschen zu verkehren, die in direkter Verbindung zum Königshaus standen. Kannon verbrachte einen Teil seiner Sommerferien auf einem Herrenhaus in Kent, der Grafschaft der Maldinis, und hatte Gefallen an dem Gedanken gefunden, Schneizel in dieser Zeit zu besuchen. Da eine Hand voll Tanten und Halbgeschwister mit ihm dort war, verfiel dieser Plan jedoch in eine taktlose Flucht, und so drehte er es einfach um. Es war nicht unbedingt üblich, dass Britannias Erben Freunde zu sich einluden, doch durchaus schon vorgekommen, und Kannon war sicher, dass Schneizel sich zu benehmen wusste. In der Tat machte Schneizel den bestmöglichen Eindruck. Für vier Tage bewohnte er ein Gästezimmer der Villa und brachte seine charmanteste, zuvorkommendste Seite zum Vorschein. Noch heute, als diese Zeiten weit zurücklagen, erinnerte Schneizel sich noch daran, denn dieser Kurzurlaub war seine erste Begegnung mit Lelouch vi Britannia gewesen. Lelouch war zehn Jahre jünger als Schneizel und Kannon, und ähnelte seinem Halbbruder in keinster Weise. Für sein junges Alter war er allerdings überaus aufgeweckt, und mit der Neugier eines Kindes löcherte er Kannons Besuch mit Fragen. Kannon mochte Lelouch und dessen kleine Schwester Nunnally sehr, daher verbrachten er und Schneizel viel Zeit mit den beiden Kindern. „Spielen Sie Schach?“, das war die Frage, die den Grundstein legte für eine bizarre Beziehung zwischen Graf Schneizel und Prinz Lelouch, und sie fiel am zweiten Abend von Schneizels Aufenthalt. „Gelegentlich“, entgegnete Schneizel vage. Kannon verkniff sich ein Lachen, denn er wusste um den Spaß, den Schneizel an diesem klassischen Brettspiel hatte. „Clovis hat es mir beigebracht“, plapperte Lelouch mit der Unbedachtheit eines kleinen Jungen, „aber der verliert immer gegen mich. Kannon auch.“ „Ach, ich lass dich doch nur gewinnen“, gab Kannon beleidigt zu mit, doch Lelouch bedachte ihn mit einem Blick voller kindlichem Übermut. „Das machen die ganzen Bediensteten nur. Du bist einfach schlechter als ich, gib's zu.“ „Daraus schließe ich, dass Ihr noch nach einem würdigen Gegner sucht, Hoheit“, sprach Schneizel rasch, um Kannon vor einer peinlichen Antwort zu wahren. „Richtig erkannt.“ Lelouch nickte. „Wie sieht's aus, haben Sie Lust?“ „Euer Wunsch ist mir Befehl, Hoheit“, lächelte Schneizel, doch in seinen Augen flammten Interesse und Ehrgeiz auf. Kannon verdrehte die Augen und ging mit Nunnally zum Spielen in den Garten, während Schneizel sich der ersten Schachpartie mit dem einzigen Menschen widmete, der ihm je ebenbürtig sein sollte. Eigentlich sollte er ihn gewinnen lassen. Aus Anstand. Aus Unterwürfigkeit. Doch Lelouch stellte sich äußerst geschickt an, und die Enttäuschung über seine Niederlage wich schnell der Begeisterung für eine Revanche. „Man könnte meinen, er hätte dich eingeladen, nicht ich“, scherzte Kannon einen Tag später, als die Kinder bereits im Bett waren und er den Abend mit Schneizel und einem Bordeaux auf der Terasse ausklingen ließ. Hier auf dem Land war der Smog der Metropolen weit entfernt, und so war der Himmel sternengespickt. Es war angenehm warm, mit einer lauen Brise, und dank einer Regenschauer am Nachmittag war die Luft angenehm frisch. Dienstmädchen hatten Windlichter am Rand der Terasse dekoriert, mit kleinen, tanzenden Flammen vor der Kulisse der einschlafenden Parkanlage. Schneizel nahm bei diesem Anblick genüsslich einen Schluck Wein, ehe er antwortete. „Aber keineswegs, Hoheit“, lachte er, „Euer Bruder ist bloß ein wirklich faszinierendes Kind, und eine gern gesehene Herausforderung.“ Er zwinkerte Kannon zu. „Ihr wisst, wie gerne ich Schach spiele.“ „Das kann man wohl sagen“, entgegnete Kannon kopfschüttelnd, „und ich gebe zu, Lelouch darin haushoch unterlegen zu sein.“ „Dann solltet Ihr froh sein, dass ich den Kleinen beschäftige“, meinte Schneizel mit einem erneuten Zwinkern. „Es wäre mir dennoch lieber, du würdest mich beschäftigen, nicht ihn“, erwiderte Kannon ernst, wenn auch charmant. Schneizel schwieg kurz, nippte wieder an seinem Rotwein. „Ich danke Euch sehr für die Einladung, Kannon“, sprach er aufrichtig, „es ehrt mich, Eure Halbgeschwister kennenzulernen.“ Er nahm den Blick von der Landschaft und sah stattdessen Kannon an, suchte nach seinen blauen Augen und fixierte sie über den Rand seines Glases hinweg. „Und es freut mich, Zeit mit Euch zu verbringen.“ Der Graf lachte leise. „Ihr solltet nun wirklich nicht eifersüchtig auf Euren kleinen Bruder sein, immerhin ist er zehn Jahre jünger als wir.“ „Bin ich doch gar nicht“, protestierte Kannon, doch er lief dabei rot an. Galant wechselte Schneizel das Thema. An jenem Abend änderte sich etwas zwischen ihnen, denn Lelouch trat in Schneizels Leben. Er konnte nicht ahnen, welche Rolle der kleine, verwöhnte Prinz und sein Stolz für Kannon, für Schneizel, nicht zuletzt für ihr Land und die Welt spielen sollte. Er konnte nicht ahnen, wie viele schlaflose Nächte er ihm bereiten würde, und welche Bedeutung er gewinnen sollte. Schneizel verlängerte seinen Aufenthalt auf Kannons Wunsch und Lelouchs Drängen. Der Junge fand Gefallen am Freund seines Bruders, und hielt eigenständig den Kontakt, als das Schuljahr wieder begann. Auf eine seltsame Art wuchs er Schneizel ans Herz, beinahe wie der eigene Bruder, den er nie gehabt hatte. Er wusste, eines Tages würde es außer Lelouch niemand geben, der das Potential besaß, ihn mental herauszufrodern. Doch welche Ausmaße dieses Duell haben sollte konnte er nicht ahnen, als er mit Kannon im Garten den Sommer genoss und den Zikaden lauschte. Der Herbst brach ein. Noch waren die Tage mild, mit der letzten Wärme des schwindenden Spätsommers, doch der Wind zupfte bereits erste Blätter von den Bäumen, die aus der Ferne aussahen wie ein schwelendes Feuer. Rot, golden, braun; das Grün wich aus der Natur. Kannons Abschlussjahr war angebrochen. Ihm war ein wenig mulmig wegen der bevorstehenden Prüfung, doch zwischen ihm und den Zeugnissen lagen noch mehrere Monate. An jenem Herbsttag lag er im Gras, abseits des Schulgebäudes, und starrte in den Himmel. Einige Wolken zogen durch das weite Blau, träge und langsam. Es war windstill. Kannons Gedanken wanderten mit den Wolken übers Firmament. Etwas mehr als ein halbes Jahr noch, dann war es vorbei mit der Schule. Und wenn er ehrlich war, so hatte er keine Ahnung, was danach kam. Cornelia li Britannia, eine Halbschwester von ihm, machte ebenfalls dieses Jahr ihren Abschluss. Sie besuchte eine Militärakademie, und würde der Armee beitreten. General wollte sie werden, eine führende Kraft in den fortwährenden Eroberungskriegen ihres Landes. Kannon wusste nicht, was mit ihm geschehen sollte. Er verstand durchaus etwas von Politik, aber vermutlich nicht genug, um etwas damit zu erreichen. Vielleicht könnte er an eine Universität gehen und noch etwas Zeit vertrödeln, ehe jemand eine Verwendung für ihn fand. Er brauchte eine Lücke, eine Nische, in die er passte, doch so extraordinär, wie er war, schien die Suche aussichtslos. Es hatte eine Weile – und zugegebenermaßen ein paar Frauen – gebraucht, ehe Kannon eingesehen hatte, dass er hoffnungslos schwul war, doch er hütete sich davor, dies seiner Familie zu beichten. Sein Vater war Rassist, für ihn zählte „Survival of the fittest“, und er würde Kannons Orientierung definitiv als Schwäche ansehen. Zudem war der Adelsstand als solcher konservativ genug, um die Nase über ihn zu rümpfen. Sein Los war es, nie als das akzeptiert zu werden, was er war. Ganz anders war es da um den jungen Mann bestellt, der neben ihm saß, über ein Buch gebeugt und versunken in dessen Text. Schneizel war gutaussehend, intelligent, charismatisch. Unter seinen Mitschülern war er beliebt und respektiert, auch die Lehrer schätzten ihn. Kannon schätzte sich glücklich, mit ihm befreundet zu sein. Das blonde Haar, die hellen Augen, der schlanke, aber imposante Körperbau... Man konnte durchaus von ihm schwärmen, und Kannon leugnete nicht, es gelegentlich zu tun. Schneizel war genau sein Typ; oder hatte Schneizel erst Kannons Vorlieben definiert? Der Prinz war verknallt. Schon seit Monaten. Er hatte Gerüchte gehört, Schneizel sei dem eigenen Geschlecht gegenüber nicht abgelehnt, doch er setzte lieber nicht auf diese Karte. Das Risiko, enttäuscht zu werden, war zu hoch. Vermutlich wusste Schneizel sogar von dem Herzklopfen, dass sein hinreißend kühles Lächeln bei Kannon auslöste. Menschenkenntnis war nur eines seiner zahllosen Talente. Falls er sich darüber im Klaren war, so schwieg er jedenfalls diplomatisch. Sie waren Freunde. Davon hatten beide nicht viele. Kannon vertraute nur ungern Leuten, aus Furcht, sein Stand könnte die Sympathie ausmachen, nicht sein Wesen. Schneizel für seinen Teil wählte sein Umfeld nach strengen Kriterien, und ganz oben stand die Nützlichkeit. Meistens hatte er seine Zeit mit Leuten verbracht, die älter waren als er, doch nun gehörte er zum letzten Jahrgang. Vor allem der Graf Lloyd Asplund, vor zwei Jahren an eine Elite-Universität abgegangen, war Kannon im Gedächtnis geblieben. Wenn es jemanden gab, der noch außergewöhnlicher war als er, dann war es Lloyd. Doch Lloyd hatte seine Macken durch geniale Begabungen legitimiert. Die Schule hatte nie einen begnadeteren Naturwissenschaftler gesehen. Kannon auch nicht. Nicht einmal in den Forschungslaboren Britannias, die er in den Schulferien besucht hatte, trotz akutem Desinteresse. Ihm fehlte ein solches Talent, um seine Andersartigkeit aufzuwiegen. Wenn er nur halb so gut in einigen Dinge wäre wie Schneizel, dann könnte er dazu stehen, dass er seine schmale Taille und die rosa Haare nicht bemäkelte, oder dass in seinem Badezimmer Puder und Kajal lagen. Es machte ihn fertig, eine Tucke zu sein. Es machte ihn fertig, dafür angeklagt zu werden, sollte es jemand erfahren. Vermutlich wusste Schneizel davon. Er wusste so vieles. „Du weißt schon, wo du hin willst, ne?“, vergewisserte sich Kannon, dass Schneizel sich auch bei dieser Sache sicher war. „Hm?“ Schneizel sah von seinem Buch auf, doch Kannon starrte weiter in die Wolken. „Na, wenn du den Abschluss hast“, erklärte Kannon nachdenklich. „Ach so, das meint Ihr.“ Bisher hatte Kannon es nicht geschafft, Schneizel zu einem beidseitigen „Du“ zu überreden. Ab und zu benutzte Schneizel seinen Vornamen, doch ansonsten nahm er Kannons blaues Blut ernster, als diesem lieb war. „Ich schätze schon, dass ich das weiß.“ Kannon hakte nicht weiter nach. Aus Schneizel würde Großes werden; vielleicht würde er ihn eines Tages auf einem Kongress wiedersehen, einer Veranstaltung für mächtige Menschen, deren Eintritt sich Schneizel verdient hatte, Kannon nicht. Nur dieses Wort „Prinz“ vor seinem Namen gab ihm die Berechtigung, dieselbe Luft wie sein Schwarm zu atmen. Und es schmerzte, dass auch nur dieses kleine Wort Schneizel in seine Nähe brachte. Ihr etwa nicht, Hoheit?“, fragte Schneizel, halb im Scherz, halb ernst. „Nicht wirklich“, seufzte Kannon. Schneizel schlug sein Buch zu. „Das solltet Ihr aber“, stellte er, nun defintiv ernst, fest, „wir haben zwar noch ein paar Monate, aber zumindest eine grobe Richtung solltet Ihr haben.“ „Naja, irgendwas für Britannia halt“, wich Kannon aus, „bin ich wohl prädestiniert für.“ „Ihr solltet tun, was Euch beliebt“, gab Schneizel zurück. „Mir beliebt aber dummerweise gar nix.“ Kannon verzog das Gesicht. „Ich mein, Odysseuss und Guineverre reisen als Botschafter umher. Und Cornelia, na ja, die ist halt verdammt gut an ihrer Schule, die macht natürlich weiter im Militärbereich. Aber ich...“ Erneut seufzte er, legte eine Hand auf seine Augen. „Ich kann nichts herausragend gut, und mich interessiert auch nichts wirklich besonders.“ Außer Schneizels Augen vielleicht. Und seinen Händen. Oder seinem Lächeln. „Ich gehöre einfach nirgendwo hin. Nur, weil ich ein Prinz bin, kriechen mir reihenweise Leute in den Arsch, dabei weiß ich doch genauso gut wie die, dass ich eigentlich nichts drauf hab. Du, du gehörst an die Uni, in die richtig schwierigen Seminare, und nachher in die hohen Positionen. Und ich könnte da auch hin, aber nur wegen meines Standes. Ich hätte's nicht verdient.“ Kannon konnte nicht verhindern, dass er zu zittern begann. Nur mühsam konnte er die Tränen wegblinzeln. Er war ein Nichts, ein Niemand vor der Welt, fragil und unnütz. Zweiter Prinz, diese Zahl war ein Fluch. Wäre er jünger gewesen, hätte er womöglich einige andere Versager vor sich gehabt und wäre nicht so sehr aufgefallen. Doch vor ihm war Odysseuss, der die Messlatte zwar nicht sonderlich hoch gelegt hatte, aber dennoch den Erwartungen gerecht war. „Ich bin's nicht würdig, nichts von alledem. Diese ganze Aufmerksamkeit, die bin ich nicht wert. Ich bin eine wandelnde Pleite.“ Die Worte sprudelten aus ihm heraus, ohne dass er sie stoppen konnte. Er vertraute Schneizel, ein so offenkundig törichter Fehler. Schneizel band sich nicht an Menschen, damit er sie besser manipulieren konnte. Für ihn war Kannon ein gefundenes Fressen. Doch Kannon hatte sich in ihn verliebt. Noch immer zitterte er wie Espenlaub, die Hand auf den Augen, damit Schneizel nicht sah, dass er nun tatsächlich weinte. Er war eine Schande für Britannia. „Ihr solltet nicht so kritisch mit Euch sein“, erwiderte Schneizel ruhig, mit einer seltenen Sanftheit in seiner Stimme. Es kam nicht oft vor, dass er so redete, und es ließ Kannon noch unkontrollierter werden. Schneizel beugte sich vor, stützte sich mit der einen Hand im Gras ab und legte die andere behutsam auf Kannons Wange. Es war Kannons erster Kuss von einem Mann. Nie hatte er sich getraut, diesen Schritt zu gehen, aus Angst vor den Konsequenzen. Er hatte oft davon geträumt, hatte sich ausgemalt, wie es wohl wäre, Schneizel so nahe zu sein. Dass Träume wahr werden konnten, daran hatte er nie geglaubt. Dennoch war es real. Für einen Moment berührten die Lippen sanfter seine eigenen, als er je für möglich gehalten hätte. Als Schneizel sich wieder aufsetzte und routiniert sein Buch aufschlug, wagte Kannon es nicht, die Hand von den Augen zu nehmen. Er wagte es nicht, in Schneizels Gesicht zu sehen. Schneizel hingegen vertiefte sich wieder in seine Lektüre, ohne ein weiteres Wort zu verlieren. Die Gründe für sein Handeln würde Kannon nie wirklich verstehen. „Und? Zufrieden mit den Ergebnissen?“ Kannons Antwort war ein Seufzen. Schneizel lachte. „Nun kommen Sie schon“, meinte er aufmunternd, „Sie haben einen wirklich guten Schnitt.“ „Du hast nicht einmal halb so viel gelernt, und brichst sämtliche Schulrekorde“, schmollte Kannon. Schneizel wusste, dass er es nicht ernst meinte. Er hatte schon lange aufgegeben, sich mit dem Grafen messen zu wollen. Stattdessen brachte er diesem Bewunderung entgegen, obwohl es sich für einen Prinzen nicht schickte. Er schätzte Schneizels Nähe, und Schneizel die seine. Es war nicht nur Kannons Stand als Prinz und die freundliche, ehrliche Art, die Schneizels Interesse schürten, sondern unter anderem etwas viel Banaleres. Kannon war hübsch. Sehr hübsch sogar. Er hatte das Gesicht eines Engels, mit großen, himmelblauen Augen, einer geraden Nase, feinen Lippen und weichen Konturen. Dazu kamen die langen, glatten Haare und die blasse Haut, der zierliche Körperbau. Schneizel war nie ernsthaft an einer Beziehung mit einem seiner Mitmenschen interessiert gewesen. Er fühlte sich weder zum einen, noch zum anderen Geschlecht hingezogen, wenngleich er bisher nur Frauen in sein Bett geladen hatte. Der Grund dafür war einfach: Schönheit kannte kein Geschlecht in seinen Augen, doch in seinem Umfeld hatte sich nie ein Mann gefunden, den er als schön genug erachtet hätte. Bis auf Kannon. Doch ausgerechnet dieser eine sollte ihm verwehrt bleiben, denn Kannon war zerbrechlich. Er war wie eine Rose aus Glas, der die Dornen fehlten, und die leicht in tausend Scherben zersprang, wenn man sie falsch berührte. Schneizel wollte ihn besitzen, aber nicht zerstören, und er wusste, dass genau dieser Fall einträte, wenn er sich nahm, was er ersehnte. Kannon liebte ihn. Nun gut, Liebe war es nicht, wohl eher eine jugendliche Schwärmerei, doch ein falscher Tritt von Schneizel, und Kannon würde sich kopflos in etwas Ernstes stürzen. Kannon liebte ihn. Schneizel jedoch kannte nur Begierde für den Körper seines Prinzen. Einmal hatte Schneizel ihn geküsst, und Kannon damit tagelang völlig aus dem Konzept geworfen. Irgendwie hatten sie es überlebt. All die Zeit über waren ihre Interessen so verschieden gewesen, dass sie nur durch Leugnen und Ignorieren zu bewältigen waren, und nun hielten sie beide ihr Abschlusszeugnis in den Händen. Es waren noch einige Tage Zeit, ehe die Schule sie entließ, doch Kannon hatte ihm heute Morgen mitgeteilt, schon am nächsten Tag abzureisen. Wenn Schneizel noch sein Ziel erreichen wollte, wenn Kannon ihm gehören sollte für einen kurzen Moment, dann musste er handeln, das wusste er. Nach dem Abendessen hatten sie sich getroffen, um einen letzten Abend als Freunde zu verbringen, ehe sich ihre Wege trennten. Doch Schneizel verspürte den kaum kontrollierbaren Wunsch, einmal nicht der Freund zu sein, sondern der Verführer, der seinem Prinzen den Verstand raubte und sich in sein Gedächtnis brannte. Kannons Herz schlug schneller, wenn Schneizel bei ihm war. Er wusste, er würde eine Wunde darin hinterlassen, deren Narbe hässlich war und schlecht heilte. Doch die Verlockung war immens, zumal auch Kannon diesen letzten Abend nutzen wollte, um reinen Tisch zu machen. „Aber das ist schon gut so“, beendete er sein Schmollen, „ich bin schon der Prinz, wäre ungerecht, wenn ich noch deine Perfektion hätte, was?“ „Sie stellen sich schon wieder als so fehlerhaft dar“, seufzte Schneizel. Im Winter hatte Kannon ihn dazu überredet, von einem „Ihr“ auf ein „Sie“ umzusteigen, als Kompromiss zum nicht erlangten „Du“. „Ich weiß, ich weiß“, wehrte Kannon ab, „aber so bin ich halt, ich hab meine Macken.“ Leise lachte er, kläglich. „Man muss mich trotzdem mögen.“ „So geht es allen Menschen“, schloss Schneizel mit einem Lächeln, „auch ich habe Ecken und Kanten.“ „Ach echt?“, fragte Kannon zweifelnd. Erst jetzt sah Schneizel, wie sehr der Prinz um seine Beherrschung rang. Seine Hände waren zu zitternden Fäusten geballt, und er wich seinem Blick konsequenter aus als je zuvor. „Seltsam. Habe ich in all den Jahren bei dir nie gefunden“, redete er weiter, hastig und mit brüchiger Stimme, um endlich die Worte hervorzubringen, die er immer wieder heruntergeschluckt hatte, „und ich schätze, das ist auch der Grund dafür, dass ich mich in dich verliebt habe.“ Wieder lachte er so kläglich, dass Schuld an Schneizel nagte, doch dieser schob sie beiseite, wie er es mit allen unnützen Gefühlen tat. Noch immer schaute Kannon ihn nicht an, sondern starrte auf seine bereits gepackten Koffer. Schneizel sprach sich keine Verantwortung zu. Er hatte Kannons Herz nie zu erobern gesucht, und keinen Einfluss darauf genommen. Es tat ihm nicht leid. Er wusste, Kannons Gefühle waren seine Tür zum Ziel. Morgen würde Kannon zu seiner Familie fahren, und sie würden sich nie wieder sehen. Für Schneizel wäre alles vorbei, kurz und schmerzlos. Er hatte bis hier gewartet, und wo es keine Zukunft gab, konnte er die Gegenwart nach seinem Belieben gestalten. Kannon würde einwilligen. „Ich weiß“, erwiderte er nur ruhig, und Kannon zuckte zusammen, doch Schneizel ließ sich nicht beirren, „ich weiß es schon die ganze Zeit.“ Er streckte die Hände nach Kannons Gesicht aus, drehte es sacht zu sich, während er sich direkt vor ihn stellte. Dann legte er einen Arm um Kannons Taille, diese wunderbar schmale Taille. Kannon weinte. Ein wenig. Das Schluchzen konnte er unterdrücken, doch ein paar Tränen rannen über seine makellosen Wangen. Er schlang die Arme um Schneizels Hals und drückte sich an ihn, wisperte dabei immer wieder seinen Namen. Schneizel hielt ihn fest umschlossen in seiner Umarmung. Er hatte bis hierhin gewartet, etwas Zeit konnte er Kannon noch geben. Er wusste, er würde bekommen, was er wollte. Kannon nicht. Vermutlich niemals. In jener Nacht platzte die Seifenblase. Kapitel 2: Anfang vom Ende -------------------------- Kannon würde jenen Tag nie vergessen. Er war gerade einmal zwanzig, kaum zum Manne gereift, und wünschte sich schon, sterben zu dürfen. Marianne war ein wunderbarer Mensch, fand er. Unter all seinen Tanten die liebste. Offenherzig und mit einem warmen Lächeln. Man munkelte, in sie habe Charles sich wahrhaftig verliebt, doch Kannon hielt dies für ein Gerücht. Sein Vater hatte zu viele Frauen, um auch nur eine davon zu lieben. Und doch, Marianne schien etwas Besonderes zu sein. Nicht nur, weil sie ihm den fähigsten aller Söhne geboren hatte, Lelouch vi Britannia. Kannon liebte es, das Anwesen zu besuchen, auf dem Marianne mit ihren Kindern lebte. Cornelia und Euphemia waren oft da, denn Euphie war zwischen den beiden vi Britannia-Kindern geboren, und Cornelia bewunderte Marianne zutiefst. Auch Kannon fand, dass Marianne jeglichen Respekt verdiente. Sie war eine Knight auf Rounds gewesen, und nun eine stolze Prinzessin Britannias, dazu eine wunderbare Mutter. Es war grausam, sie sterben zu sehen. So viel Blut spritzte, es war überall, überall... Auf dem Teppich, es tropfte die Treppe hinunter, es sickerte durch ihr Kleid, es war da, auf ihrem Gesicht, ihren Händen, Blut, überall nur Blut. Kannon schrie, als Marianne vornüber kippte. Sie begrub Nunally unter sich, noch ein Kind, so klein, so unschuldig. Sie lag in den Armen ihrer Mutter, als das letzte Leben aus deren Körper floh. Der Schock saß tief bei jenen, die an diesem Tage anwesend waren. Niemals könnte Cornelias Gestammel aus seinem Kopf weichen, Marianne hätte die Leibwächter fortgeschickt, es sei ihr Wunsch gewesen, nicht Cornelias Fehler. Es lag auf der Hand, dass sie sich dennoch die Schuld gab. Kannon konnte bloß dort stehen, auf der Empore, und kläglich weinen. Für ihn war es der erste Mord, der erste Tod direkt vor seinen Augen. Warum Marianne, fragte er sich immer wieder, warum sie? Warum ein Mensch, der ihm so wichtig war? Der Leichnahm war kalt und schwer in seinem Griff. An sich war Kannon nie sonderlich stark gewesen. Es fiel ihm nicht leicht, Mariannes Körper hochzuheben und zu halten, doch irgendetwas musste er tun. Wenn er es schon nicht hatte verhindern können, wenn er sie schon nicht hatte retten können, so wollte er wenigstens ihren Leichnam aus dem Saal tragen, wo alle Augen auf sie gerichtet waren. Ihr Tod machte sie auf eine grausame Art wunderschön. Kannon wollte, dass sie ruhen konnte. Er wollte nicht, dass alle sie anstarrten, jetzt, da sie den Blicken nicht ausweichen konnte. Also nahm er die Aufgabe an, die Leiche seiner Tante aus dem Raum zu schaffen, und jeder seiner Schritte hallte schmerzhaft laut in seinem Kopf wieder. Es dauerte nur wenige Tage, bis ihn die Nachricht ereilte, Mariannes Kinder seien tot. Er hatte Nunnally gesehen, mit den zerquetschen Beinen und den schockgeweiteten Augen, und sie hatte gelebt; doch in einer Depesche mit dem Siegel des Imperators stand es schwarz auf weiß: der Blutzweig vi Britannia war ausgelöscht. Sie waren tot, alle drei. Fortgerissen aus der Welt. Eine Frau voller Lebensfreude, zwei Kinder, deren Leben noch vor ihnen lag. In wenigen Tagen waren drei Menschen verschieden, und die Trauer währte lange. Warum, diese Frage stellte Kannon sich noch oft. Es sollte Jahre dauern, bis er die Antwort fand und verstand, was an diesem Tag geschehen war. Solange er es nicht wusste, erfüllte die bloße Erinnerung daran mit einem Schmerz, der bittersüß sein Herz zerriss. Lange hatte Schneizel überlegt, wie sein Leben nach der Schule ablaufen sollte. Er war Erbe der Grafschaft Kent, und somit ein einflussreicher Mann nach dem Tod seiner Eltern. An Geld würde es ihm ebenfalls nicht mangeln, doch das genügte ihm nicht. Er wollte nicht warten, bis sein Vater starb und dann seine Ländereien verwalten, er brauchte Herausforderungen, ehe sein brillanter Verstand einstaubte. Seinem Heimatland, dem Weltreich Britannia, war er treu ergeben. Wie die meisten Kinder im Adelsstand war auch er konservativ aufgezogen worden, und wenngleich er inzwischen seine eigene Sicht der Welt entwickelt hatte, so blieb doch Stolz auf das Reich und Loyalität gegenüber Charles zi Britannia, seinem Imperator. Unter allen Möglichkeiten, die sich aufzeigten – und das waren mit seinem Abschluss und seiner Herkunft zahlreiche – schien ihm eine Eliteakademie in Pentragon die richtige Wahl. Dort war sein Studium verknüpft mit einer vollständigen Ausbildung des Militärs, und Schneizel wurde zu einem gewissenhaften Rekruten, der schon bald den Rang eines Offiziers erarbeitete. Für seine Bewunderungen erntete er Bewunderer wie Neider, doch er störte sich nicht sonderlich daran und konzentrierte sich lieber auf sein Studium. Er mochte mit einem kräftigen Körper ausgestattet sein, aber es war der Stratege in ihm, der ihn so weit gebracht hatte, und er war nicht sonderlich erpicht darauf, an der Waffe zu dienen, bis er als Kanonenfutter endete. Der Weg durchs Rangsystem bis zur Befehlsebene war ihm zu langwierig, zu untypisch für seine Art. Er gehörte nicht in Militärsuniformen, er gehörte nicht in Panzer oder Knightmares, und vermutlich wäre er eher tot als am Ziel. An der Universität, die ein Teil der Akademie war, belegte er so viele Studiengänge, wie ihm möglich war. Er reduzierte seine Freizeit auf ein Minimum, wurde ein perfektionistischer Workaholic, um voranzukommen. Noch ein paar Semester, und Firmen würden ihn mit offenen Armen empfangen. Sein Stand öffnete ihm viele Türen, und seine Bildung würde auch die anderen aufschließen. Auch das Militär gehörte dazu, der Rang als Offizier. Seine Pläne waren mit Britannia verknüpft, und die Treue eines Soldaten wurde selten angezweifelt. Schneizel wollte diesem Land dienen und es in die obersten Befehlsebenen schaffen. Er wollte Politik machen, die globale Auswirkungen hatte. Das Attentat auf Prinzessin Marianne hatte ihn geschockt. Zu diesem Zeitpunkt war er seit mehreren Jahren mit Lelouch befreundet, hatte dem Jungen sogar ohne Kannon Besuche abgestattet, und es traf ihn wie ein Schlag, dass der Prinz für tot erklärt wurde. Sympathie war etwas, das Schneizel nicht verhindern konnte, auch wenn es ihm suspekt war, und er hatte Lelouch gemocht. Geliebt wie einen eigenen Bruder. Nun war er fort, nur noch ein Name im Marmor eines Grabsteines. Marmor, wie unpassend! Man hätte wissen müssen, dass Lelouch stets die schwarzen Figuren beim Schach wählte, aus Onyx hätte man seine Gedenktafel fertigen müssen, matt glänzend und so dunkel wie sein Haar. Der einzige Mensch, der Schneizel das Wasser reichen konnte, weilte nicht mehr unter den Lebenden. Oft hatte Schneizel überlegt, dem Prinzen zu dienen, wenn dieser alt genug war, doch nun war er nie mehr als Kind geworden. Schneizel war in seinem letzten Semester, als ihm Kannon auf einem Kongress begegnete. Er hatte sich verändert. Zuerst fielen Schneizel die Haare auf, die nun im Nacken endeten. Dann bemerkte er, dass sich Kannons ganzes Auftreten gebessert hatte. Seine Haltung und sein Gang hatten an Sicherheit gewonnen, er wirkte selbstbewusster. Es war ruhig geworden um ihn in der seriösen Presse, und Schneizel machte sich nichts aus glamourösen Zeitschriften mit gefakten Interviews. Schneizel musterte ihn aus der Ferne, ohne sentimental zu werden. Er war Student, Kannon war Botschafter Britannias. Oder so etwas in der Richtung. Sie waren zusammen zur Schule gegangen, und dank Kannon hatte er einige nützliche Kontakte erworben. Gut, sie hatten miteinander geschlafen. Aber das hatte Schneizel auch mit anderen, und er trauerte solchen Dingen nicht nach. Als Kannon ihn jedoch in der Menge der Eröffnungsfeier erspähte, schien die Vergangenheit wieder ein bisschen lebendig zu werden, denn er freute sich aufrichtig, Schneizel so zufällig zu treffen. „Graf Maldini, wie schön, Sie zu sehen“, begrüßte er Schneizel förmlich. Freundschaftliche Vertrautheit war den starrten Konventionen der Erwachsenenwelt gewichen. „Die Freude ist ganz meinerseits, Euer Hoheit“, entgegnete Schneizel galant, „ich hatte nicht erwartet, euch hier anzutreffen.“ „Nun, mein Bruder ist kurzfristig krank geworden“, erklärte Kannon bedauernd, „und da habe ich mich bereit erklärt, einzuspringen.“ Mit einem Augenzwinkern senkte er die Stimme. „Seine Rede hatte er ohnehin nicht selbst geschrieben, die konnte ich mit wenigen Änderungen weiterverwenden.“ „Ich hatte mich schon gewundert, warum sie nicht so ganz Eurem Stil entsprach“, gab Schneizel lächelnd zu. „Vermutlich ist das nur Ihnen aufgefallen“, stellte Kannon zufrieden fest, „darf man erfahren, was Sie auf diese Veranstaltung treibt? Ich hätte erwartet, ihr seid noch an der Universität.“ „Ich habe dieses Semester mein Examen“, korrigierte Schneizel, „und möchte jede Möglichkeit nutzen, einen Platz in der Berufswelt Britannias zu finden. Man sagte mir, Euer Bruder erweitere momentan seinen Untergebenenstab.“ „Ich sehe, Sie sind gut informiert“, sprach Kannon mit einem Lächeln, „es ist tatsächlich so, dass Odysseuss sein Team erweitert, er sucht nach Beratern.“ Seine Stimme wurde etwas leiser, und ein Hauch Melancholie huschte über sein Gesicht. „Wie ich Sie kenne, würden Sie selbst erfahrenere Bewerber ausstechen.“ Schneizel zog es vor, auf diese Bemerkung nicht zu antworten. Eine kurze Stille trat zwischen sie, ehe er eine neue Frage stellte. „Und Ihr, Hoheit?“, wollte er ruhig wissen, „Man hört nicht viel. Habt Ihr kein Interesse daran, in Eurer Nation mitzubestimmen?“ „Interesse schon“, wich Kannon aus, „aber wohl kaum die Mittel.“ „Wieso nicht?“, hakte Schneizel nach, „Ihr seid nicht viel jünger als Prinz Odysseuss, und habt ähnlich viel Potential.“ „Ich wüsste nicht, worauf ich setzen soll“, gestand Kannon. Er mied Schneizels Blick und stürzte seinen Champagner schneller herunter, als man es mit Alkohol tun sollte. „Ich habe nicht Cornelias Talente, darum lasse ich die Finger vom Militär. Und ich würde nicht so ernst genommen wie Ody und Guineverre... Selbst Clovis übertrumpft mich schon fast, einfach, weil er so exzentrisch ist, dass er gesehen wird.“ „Der Prinz Kannon, den ich kannte, war ebenfalls exzentrisch“, konterte Schneizel, doch Kannon schüttelte den Kopf. „Aber ich bin es auf keine nützliche Art“, widersprach er, „Clovis ist von sich selbst so überzeugt, dass andere kaum anders können, als ihn zu bewundern. Bei mir merkt man schnell, dass ich nur ein Schauspieler bin.“ Entschuldigend lächelte Kannon und fächelte sich mit der Hand etwas Luft zu. „Verzeihen Sie, ich jammere Sie hier voll wie ein kleines Kind“, seufzte er, „haben Sie etwas dagegen, diese Konversation auf dem Balkon fortzusetzen? Furchtbar stickig, die Luft hier drin.“ Während er dem Prinz nach draußen folgte, lief Schneizels Kopf auf Hochtouren. Er setzte Puzzlestücke zusammen, spielte ein paar Szenarien durch, fand Fehler und Lösungen. Zugegeben, Kannons Leben war nicht leicht, doch als er sich ans Geländer des Balkons stellte und Schneizel beobachtete, fand dieser einen Weg, der ihm der richtige für seinen ehemaligen Schulfreund schien. „Ihr solltet auf kleinere Trümpfe setzen“, riet er nachdenklich, „Ihr müsst jetzt aussähen, was Ihr später ernten wollt. Kleine, unscheinbare Dinge, mit denen Ihr in ein paar Jahren mächtige Werkzeuge habt, die niemand kommen gesehen hat.“ „Und was genau schwebt Ihnen vor?“, fragte Kannon, mehr belustigt als überzeugt. „Dinge, deren Potential Ihr genau kennt“, fuhr Schneizel ernst fort, „zum Beispiel unseren gemeinsamen Bekannten, Graf Asplund. Er hat sein Studium beendet und arbeitet momentan in einem internationalen Forschungsinstitut, soweit ich weiß.“ Schneizel hatte lockeren Kontakt zu Lloyd gehalten, einem der wenigen Menschen, die ihn verstanden. Lloyd machte sich nichts aus lebendigen Dingen, er war Feuer und Flamme für Technik und Wissenschaft. Seelenlos wie Schneizel, ohne die rosa Brille der Gefühle, die viele ihrer Mitmenschen blendete. „Er ist vernarrt in Waffentechnik. Gebt ihm ein Budget, lasst ihn ein Team zusammenstellen – übernehmt so etwas nie selbst, Hoheit, Spezialisten wissen besser, mit wem sie arbeiten können – und Ihr werdet Britannia an der Angel haben, weil Ihr den Schlüssel für Eroberungszüge der Zukunft haltet.“ Zum ersten Mal an diesem Abend, zum ersten Mal seit knapp vier Jahren sah er Kannon direkt in die Augen. Schon immer hatte er dort die Intentionen, Wünsche und Zweifel des Prinzen lesen können. „Ich weiß, Euch liegt nichts am Krieg. Doch Britannia geht einen blutigen Pfad auf der Suche nach Frieden. Und wenn Ihr einsteigt in diese Raffinerie des Wahnsinns, könntet Ihr eines Tages die Richtung bestimmen.“ Schweigen trat zwischen sie. Kannon starrte Schneizel perplex an, doch dieser wandte sich ab und nahm genüsslich einen Schluck Champagner. „Das alles ist natürlich rein hypothetisch, und ein bloßes Hirngespinst“, erklärte er sachlich zwischen zwei Schlucken, doch Kannon unterbrach ihn. Beim Reden war Schneizel über den Balkon geschlendert, und nun stürzte Kannon beinahe auf ihn zu, und packte ihn am Arm. Verblüfft fuhr Schneizel herum, und kannon ließ ihn wieder los. Jetzt stand er kerzengerade vor ihm, fast einen Kopf kleiner, aber entschlossen. „Graf Schneizel Maldini“, verkündete er mit der herrischen Stimme, die er selten zu nutzen wusste, und von der Schneizel wusste, dass er sie für seine Zukunft brauchen würde, „ich habe eine Bitte an Sie.“ Ein Lächeln glitt auf Schneizels Gesicht, verstohlen, siegessicher. Auf diesen Fall hatte er spekuliert. Es war ein kleines Spiel gewesen, ohne Einsatz und Risiko, aber mit einem immensen Gewinn. „Die da wäre, Euer Hoheit?“ Auch Kannon lächelte kühl, wenn auch charmanter. Er wägte sich als Sieger, obschon ihm wohl klar sein musste, dass Schneizel es ebenso war. „Lassen Sie meinen Bruder tun und lassen, was er will“, ordnete er ruhig an, „und dienen Sie stattdessen mir, Prinz Kannon el Britannia, niemand sonst.“ Schneizel verbeugte sich höflich. „Euer Angebot ehrt mich, Hoheit“, antwortete er galant, den Blick zu Boden gerichtet. Dann kniete er vor ihm nieder und küsste Kannon förmlich die Hand. Es war für beide keinesfalls eine Anspielung auf vergangene Tage, auf eine Nacht, die so nie hätte passieren dürfen, sondern ein Symbol von untertäniger Loyalität. Nun linste Schneizel wieder nach oben, in Kannons Gesicht, das vielleicht schönste, das er je gesehen hatte. „Und der Wunsch meines Prinzen soll mir Befehl sein.“ Sie hatten beide gewonnen. Es dauerte noch drei Monate, ehe Schneizel offiziell in die Dienste des Prinzen trat. Kannon musste warten, bis Schneizel sein Studium beendete, und so nutzte er die Zeit, um alles in die Wege zu leiten. Ihm gefiel der Gedanke, mit Schneizel zusammen zu arbeiten. Er hatten den Grafen in guter Erinnerung behalten, und oft spekuliert, ob er ihn wiedersehen würde vorm Antlitz der Welt. Schon immer war es Kannon so vor gekommen, als läge Schneizels Zukunft in den Diensten der Kronfamilie. Er hatte sich nie vorstellen können, der Graf würde in einer anderen Stellung arbeiten. Wie das Sahnehäubchen einer Torte wäre er eine Zierde für das Repertoire eines Thronerben gewesen, eine Waffe von immenser Schärfe, um Rivalen um die Krone ebenso wie Feinde des Imperiums auszustechen. Die Frage war nur gewesen, wer diese Waffe führen würde. Für Kannon war es selbstverständlich gewesen, dass Schneizel seinen Herrn auswählte, nicht umgekehrt. Er war kein Freund des Zufalls, sondern ein Mann, der sein Schicksal selbst in die Hand nahm. Eigentlich wäre Lelouch sein Prinz gewesen, das wusste Kannon. Doch Lelouch war tot, und es ehrte Kannon, dass er ihn ersetzen durfte. Eine leise Ahnung stieg in ihm auf, die Sorge, zu einer Marionette zu werden, doch Kannon schob die aufkeimende Furcht beiseite. Lieber wollte er daran glauben, dass es funktionieren würde. Und vor allem daran, dass Schneizel ihn endlich zu dem machte, was alle von ihm sehen wollten. Als Schneizel schließlich begann, als Berater für ihn zu arbeiten, verschaffte er sich in kürzester Zeit Respekt von Kannons anderen Bediensteten. Es dauerte nicht einmal ein Jahr, da war er hoch geschätzt selbst von jenen, die Kannon vom Imperator höchstpersönlich übernommen hatte. Charles Leute steckten in jeder Abteilung der Regierung, doch Kannons Bereiche waren die ersten, in denen sie ihren Einfluss stückweise verloren – an Graf Schneizel Maldini. Schneizel ordnete sich niemandem unter, außer Kannon. Doch er bewahrte dabei eine Höflichkeit, eine subtil freundschaftliche Art, und wickelte mit seinem Charme reihenweise Vorgesetzte um den Finger. Mit seinen Fähigkeiten schien es ein Leichtes, sie auszustechen. Eine Weile lang beunruhigten die Veränderungen Kannon. Der Prinz fürchtete, ebenfalls bloß zu einer Stufe auf der Treppe von Schneizels Erfolg zu sein, eine weitere Station auf dem Weg nach oben. Er wollte nicht übergangen werden. Immerhin hatte er Schneizel eingestellt, und ihn an sich gebunden. Kannon war erzogen worden in dem Glauben, die Welt läge ihn zu Füßen. Er war aufgewachsen mit dem Wissen, dass er mit Menschen spielen konnte. All das hatte ihn nie interessiert. Doch als sich Schneizels Präsenz an seiner Seite normalisierte, als die Anwesenheit des Grafen Alltag wurde, war es auf einmal doch reizvoll, ein Prinz zu sein. Auf einmal gewann der Stand an Bedeutung. Schneizel gehörte ihm. Es störte Kannon beinahe, dass andere ihn ansahen, mit ihm sprachen, ihn von der Arbeit mit dem Prinzen abhielten. Überall waren Leute, griffen Hände nach dem Genie, überall wollten ihn Menschen für sich gewinnen, doch er gehörte Kannon, nur Kannon allein, er war sein Eigentum. Im Grunde genommen wusste Kannon, dass es Wahnsinn war. Im Grunde genommen wusste er von Beginn an, dass es nicht gut gehen konnte. Im Grunde genommen wusste er von dem Moment an, da er Schneizel das erste Mal begegnete, damals zu Schulzeiten, dass dieser Mann sein Untergang war. Doch selbst, wenn es ihm klar war, ließ Kannon alles zu. Er ließ zu, dass Schneizel mehr und mehr Aufgaben für ihn übernahm und somit die Fäden bei ihm zusammenliefen. Er ließ zu, dass Schneizel ihm bald näher stand, als jeder andere seiner Angestellten. Schneizel war dabei überaus kompetent. Der komplette Tagesablauf von Kannon wurde durchgeplant, Schneizel organisierte Zusammentreffen und Sitzungen, und da er bei allem seine Finger im Spiel hatte, konnte er schnell und flexibel den Terminplan umstellen, falls sich etwas verschob. Er unterstütze Kannon, wo er nur konnte – wenn Reden zu halten waren, erstellte er die Stichwörter mit ihm und studierte die Mimik ein, bei politischen Treffen sammelte er Informationen über die Anwesenden, er stellte Notizen zusammen und erarbeitete Pläne, argumentierte für Kannons Standpunkte und war rund um die Uhr zur Stelle. Egal, worum es ging, Kannon war ohne Schneizel nicht anzutreffen. Er vertraute Schneizel und vor allem seinem enormen Potential, und je länger sie zusammenarbeiteten, desto mehr profitierte Kannon selbst davon. Sein Einfluss in Britannia stieg. Schon als Kind war sein Gesicht bekannt gewesen, doch dank Schneizels Bemühungen festigte sich nun ein ansehnlicher Ruf. Der Graf hielt sich öffentlich bedeckt; er mochte sähen und gießen, doch die Ernte überließ er seinem Prinzen. Kannon ahnte, was Schneizels Ziele waren. Dennoch ließ er zu, dass Schneizel ihn zu dem machte, was er werden sollte – einer der mächtigsten Männer Britannias. Er ahnte, wohin alles führte. Dennoch ließ er zu, dass Schneizel ihn für die Wahl zum Premierminister aufstellte. Eigentlich hätte Schneizel selbst kandidieren können. Er hätte das Programm verwenden können, dass er für Kannon erstellte, ohne viel daran zu ändern. Das Vertrauen von Britannias Wählern war leicht zu erwerben, zumal er durchaus nicht unbekannt war. Als Assisstent von Kannon el Britannia könnte er sich mit den federn schmücken, die er dem Prinzen verliehen hatte. Es wäre nicht schwierig, seine Erfolge wieder für ihn nutzbar zu machen. Kannon hätte ihn unterstützt, vermutlich. Doch Schneizel wusste, dass es rentabler war, wenn Kannon diese Position ergriff. Britannias Parlament hatte einen repräsnetativen Charakter – viel mehr als existieren tat es nicht. Die Gesetze waren so konstruiert, dass die Kronfamilie mehr Veto-Rechte besaß, als das Parlament Entscheidungen fällen konnte. Für das Volk sah es aus, als läge die Legislative beim Parlament, doch tatsächlich gebührte sie dem Imperator. Das einzig wichtige war die Position des Premierministers, der zwar keine Anwesenheitspflicht hatte, es sei denn, es handelte sich um eine außerordentliche Versammlung, aber er hatte dennoch Einfluss. Vor allem aber wurde der Premierminister vom Volk wie vom Adel gewählt. Das Wahlrecht war ungleich verteilt, wodurch Kandidaten aus dem Adelsstand begünstigt wurden, doch es war immerhin annähernd demokratisch. Der größte Feind der Monarchie unter Charles zi Britannia, einem Herrscher, der nur durch die an seine Kinder verteilte Macht nicht dem Absolutismus angehörte, war eine Einflussperson, der das Volk lieber folgte als ihm. Da die Wahlen so angelegt und nachträglich manipuliert wurden, dass nur Kronloyale, meist sogar Puritaner, durchkamen, hatte es nie ein Problem für seine Herrschaft gegeben. Wenn es jedoch Kannon würde, sparte das Schneizel mehrere Jahre harter Arbeit. Mit einem Schlag würde seine Stellung unter den Prinzen Britannias mehrere Ränge nach oben klettern, denn ihm eröffneten sich neue Möglichkeiten; Schneizel eröffneten sich diese Möglichkeiten. Er würde gewinnen, einmal mehr. Wäre er selbst diesen Weg gegangen, so hätte er durchaus gute Chancen gehabt, gewählt zu werden. Doch von da aus wäre er gewzungen worden, sein Haupt vor den Erben Britannias zu neigen. Unter Kannons Geschwistern wussten die meisten um die Gefahr, die von Schneizel Maldini, dem Grafen von Kent und unscheinbaren Assistenten des zweiten Prinzen ausging. Sie hatten bereits verstanden, dass dieser Mann bedrohlich nahe an den Thron herankommen könnte, wenn dieser nicht den Kindern des Imperators vorbehalten wäre. Also schickte er Kannon vor. Kannons freundlcieh, warmherzige Art erntete Sympathien, und das von Schneizel erstellte Konzept sicherte ihm zudem die Stimmen derer, die tatsächlich etwas von Politik auf globaler Ebene verstanden. Es war eine glorreiche Veranstaltung; Schneizel würde nie vergessen, wie Kannon strahlte im Licht von scheinwerfern und Blitzlichtern. Seine Stimme war fest und bestimmt, als er seine Dankesrede hielt. Schneizel war stolz auf ihn, stolz auf den Menschen, den er geschaffen hatte. Kannon war sein Werk, und nun war er nicht nur Prinz, sondern auch Premierminister des mächtigsten Reiches seiner Zeit. Das Lächeln für die Presse war echt. Schneizel mochte Kannons Lächeln, es gefiel ihm. Er stand etwas abseits an eine Wand gelehnt, als Kannon von Fotografen und Reportern belagert wurde, und beobachtete bloß den jungen Mann. Selbst in einem Kongressaal, der bis zum Bersten gefüllt war, zog er alle Blicke auf sich. Kannon war immer schon hübsch gewesen, doch er war noch hübscher geworden mit den Jahren, fand Schneizel. Er konnte sich nicht erklären, warum er sich ausgerechnet jetzt, in diesen absurden Moment an alte Gelüste erinnerte. An eine Leidenschaft, die in ihm gebrannt hatte für diesen Mann, seinen Prinzen. Schneizel hatte mehrere Männer gehabt seither, und noch mehr Frauen, doch niemand hatte es vollbracht, ihn auch nur annähernd so fühlen zu lassen wie in dieser einen Nacht, bevor sich ihre Wege trennten. Niemand hatte es geschafft, die Erinnerungen durch neue zu ersetzen. Schneizel hatte keine Ahnung, warum er in diesem Moment daran dachte. Es war nicht so, als würde er Kannon noch immer begehren. Doch als Kannon die Kameras übersah und sein Lächeln für einen Moment bloß dem Grafen galt, fragte Schneizel sich unweigerlich, ob Kannon ebenfalls Distanz zu den Geschehnissen gefunden hatte. Als Kannon schließlich nach einer Weile Zeit fand, sich zu ihm zu gesellen, erhielt er eine Antwort. „Gratuliere, Hoheit“, sprach er aufrichtig, während er Kannon die hand schüttelte. Eine alltägliche Geste, und doch fremd zwischen ihnen. „Ich bin stolz auf euch“, gab Schneizel ehrlich zu. Kannon hingegen umfasste seine Finger mit beiden Händen, und sein Lächeln war noch strahlender, noch schöner, noch vollkommener als je zu vor. „Und ich danke Euch“, gab er nur zurück, „ich danke Euch von ganzen Herzen, Schneizel.“ In diesem Moment verstand Schneizel, dass Kannon auf dem besten Weg war, ihm erneut zu verfallen. Kapitel 3: Nicht mit dir, nicht ohne dich ----------------------------------------- Kannon schrie in sein Kissen. Viel zu schamhaft wäre es, wenn jemand ihn hören würde, also presste er das Gesicht fest in die weichen Daunen, tauchte ein in den teuren Bezug und brüllte sein Elend erstickt in die Nacht. Es war einfach nicht gerecht, er hasste es, hasste Tage wie diesen. An sich war alles wie gewöhnlich, er hatte eine Konferenz vor Ort und eine per Video abgehalten, ein knappes Interview für die gehobene Presse gegeben und danach Berichte über das aktuelle Projekt von Kamelot überprüft. Galahad, ein Knightmare-Prototyp, durchlief die ersten Tests, und Kannon hatte zufrieden festgestellt, dass Lloyd Asplund und seine Crew hervorragende Dienste geleistet hatten. Die Kampfmaschine hatte das Potential, einem Knight of Rounds übergeben zu werden, sobald die Zielerfassung ruckelfrei lief. Dennoch lag Kannon nun in seinem Himmelbett, viel zu groß für einen einzelnen Mensch, sogar für zwei noch riesig, und krallte die Finger in die Laken, bis seine Knöchel hervortraten. Vermutlich war es niemandem aufgefallen außer ihm, wie immer. Wie sollte es auch jemand bemerken, der nicht darauf achtete? Kannon jedoch hatte den schweren Duft von Orchideen an seinem Assistenten wahrgenommen, versteckt unter seinem eigenen Parfum, und doch da, eine Spur, ein Überbleibsel. Wahrscheinlich hatte Schneizel die Frau, der jener Duft gehörte, bereits vergessen, doch das änderte nichts daran, dass sie existiert hatte, für eine Nacht, und genauso wenig daran, dass Kannon sie ebenso hasste wie den Grafen selbst. Er hasste es, wenn Schneizel die Nacht mit jemandem verbrachte. Natürlich war es das gute Recht des jungen Mannes, schließlich war er ledig, und noch dazu vermögend, klug, gutaussehend, charmant... Kannon ballte die Hand zur Faust und schlug gegen das reich verzierte Kopfende seines Bettes. Schon wieder diese Gedanken. Schwärmereien, die Tagträume eines Kindskopfes. Er war ein Prinz Britannias, ein erwachsener Mann, kein Teenager. Und doch, wilde Eifersucht brannte in seiner Brust, und er schämte sich dafür. Warum war es schon wieder dieser eine Mann? Warum war es wieder die selbe alte Leier? Schon damals war es vollends sinnlos gewesen, eine naive Gefühlsduselei, doch Kannon war sicher gewesen, aus seinen Fehlern zu lernen. Es schien so unmöglich, sich noch einmal auf solch naive Weise zu verlieben. Und doch, sein Herz schlug schneller, wenn er an Schneizel dachte. Es schmerzte, wenn ihm klar war, dass seine Gefühle zur Einseitigkeit verdammt waren. Schon damals, als sie Schulfreunde gewesen waren, hatte Schneizel nicht mehr als Begierde für ihn empfunden, und Kannon wusste zu gut, dass der Graf seine Partner zwar penibel auswählte, es jedoch bei einer Nacht beließ. An einer dauerhaften Beziehung hegte er keinerlei Interesse, also hielt er die Dinge so temporär, wie nur irgend möglich – eine Nacht, mehr nicht. Auch Kannon hatte sie gehabt, diese eine Nacht. Doch seither waren lange Jahre vergangen, Jahre, in denen er auf Schneizel hatte verzichten können. Doch diese kühlen Augen hatten ihn einmal mehr gefangen genommen. Und dieses Mal konnte Kannon ihn nicht abstreifen. Also drückte er das Gesicht noch etwas tiefer ins Kissen und schrie sich die Seele aus dem Leib vor Kummer und Eifersucht. Wenn es eines gab, woran Schneizel nicht interessiert war, dann waren es Beziehungen. Er war ein klassischer Karrieremensch, verheiratet mit seinem Job. Zeit für einen festen Partner könnte er zwar erübrigen, doch er sah keinerlei Anlass. Bei den Fremden, mit denen er sein Bett teilte, war er zwar wählerisch, doch es blieb stets bei dieser einen Nacht, vollkommen stressfrei. Schneizel wollte nicht mehr als eine Nacht. Ihm genügte diese flüchtige Zweckgemeinschaft. Sollte er je nach Zuneigung hungern... so hätte er Kannon. Doch Schneizel wollte es nicht. Er wollte keine Nähe, keine weitergehende Sympathie; keine Liebe. Wozu? Solche Gefühle vertrugen sich nicht mit einem rationalen Verstand. Sie verwirrten höchstens, verfälschten die Wahrnehmung und modifizierten Verhaltensmuster. Doch genau der Schneizel, der mehr dachte als fühlte, war der Mensch, der Erfolg versprach. Er hatte Prinz Kannon zu mehr Macht verschafft, als dieser zu träumen je gewagt hätte, doch Schneizel wollte mehr. Sein Ziel war der Thron, und er griff mit Kannons Händen danach. Der Prinz machte es ihm so leicht... Dennoch, seine Blicke bereiteten Schneizel Sorgen. Ihm war nicht entgangen, welche Veränderungen Kannons Gemütszustand durchgemacht hatte, und er war nicht sicher, wie er damit umgehen sollte. Schon einmal war Kannon in ihn verliebt gewesen, doch der simple Faktor Zeit hatte damals für ihn gearbeitet und alles beendet, bevor sich die Dinge verkomplizierten. Jetzt jedoch riskierte er mit jedem Lächeln alles, was er erreicht hatte. Nur ein falscher Schritt, und er verlor Kannon, denn der Prinz handelte ohnehin emotional, doch ihm gegenüber beinahe unzurechnungsfähig, unkontrolliert. Schneizel hatte ihn auf den richtigen Weg gen Macht geschubst, und sorgte dafür, dass Kannon nicht davon abkam. Der Prinz war sein Werk, und die wichtigste Figur in Schneizels Schachspiel. Doch eben deshalb musste Schneizel ihn mit Samthandschuhen anfassen; ein einziger Fehltritt würde seine Pläne gefährden und die Zukunft beider Männer verbauen. Eine ganze Mauer, selbst, wenn sie nur aus einem Stein bestand. Kannon war ein sehr sensibler Mensch, leicht zu verletzen. Geschickt baute er Mauern um sich herum und ließ seine Mitmenschen auf Distanz; wirksame Schutzmechanismen, wie eine geschlossene Tür, zu der es keinen Schlüssel gab außer dem, den der Prinz selbst besaß. Doch eben diese Tür stand Schneizel immer wieder offen, und er wusste, dass dies ein Fehler war. Er würde Kannon zerstören, unbeabsichtigt, aber unaufhaltbar. Schneizel war nicht geschaffen für das, was Kannon sich wünschte. Ein prädestinierter Herzensbrecher, aber Schneizel für seinen Teil kam bestens damit klar. Für gewöhnlich achtete eher darauf, seinen Partnern kein zweites mal zu begegnen; die meisten waren aus dem gleichen Holz geschnitzt wie er. Die wenigen Beziehungen, die er geführt hatten, waren nicht wirklich nennenswert. Keine davon hatte länger als drei Monate gedauert, nichts war wirklich öffentlich gewesen. Es schien, als könne keine Frau den Grafen dauerhaft an sich binden, und ebenso kein Mann. Doch Kannon hatte ihn gefesselt, mit seinem Stand, dem Versprechen auf Macht; vielleicht auch mit diesen großen, blauen Augen und dem sanften Lächeln. Vielleicht. Von vagen Spekulationen hielt Schneizel nicht viel. Er konnte nicht leugnen, dass Kannon nach wie vor mit einer Schönheit gesegnet war, die fast an Unverschämtheit grenzte. Jedoch war er auf außergewöhnliche Art hübsch, darum schätzten nur die wenigsten sein Äußeres so, wie Schneizel es tat. Doch das änderte nichts daran, dass er auf faszinierende Art gut aussah. Einzigartig. Es gab diesen Mann nicht zweimal, und Schneizel war nicht sicher, ob er ihn besitzen oder einfach nur anschauen wollte. Letzteres tat er seit Jahren, und er war durchaus zufrieden damit, doch manchmal, nur manchmal hörte sich der Gedanke, Kannons Affektion für ihn auszunutzen, auf schandhafteste Weise, verboten gut an. Verdammt, dieser Mann war hübsch. Und Schneizel wusste nur zu gut, wie es sich anfühlte, ihn zu zerbrechen. Zu zerstören, innerlich, mit einer Nacht, einer Umarmung, mit einem einzigen Blick, für den Kannon sterben würde. Er wusste, dass es ein Spiel mit dem Feuer war, doch gerade das machte es interessant. Bisher hatte Schneizel jedes Spiel gewonnen. Seit einer halben Stunde starrte Kannon das Paket an. Der Karton war in Seidenpapier eingeschlagen und umschlungen von einer stilvollen Schleife aus goldenem Brokat. Auf der Oberseite hatte der Hersteller dezent sein Etikett angebracht. Es war spät, Kannon sollte eigentlich schon lange schlafen. Morgen hatte er ausnahmsweise keine Termine, doch er könnte eine ruhige Nacht wirklich gebrauchen. Die vergangenen Tage waren turbulent gewesen, denn die Vorbereitungen für ein Großereignis brachten stets Chaos mit sich. Und der Geburtstag von Charles zi Britannia, Herrscher eines Weltreiches und Kannons Vater, war eindeutig ein Großereignis. Kannon fühlte sich elendig müde von Bankett, Reden und Ball. Der ganze Tag hatte im Zeichen eines Mannes gestehen, den Kannon lieben sollte, stattdessen jedoch verachtete. Für seinen Vater hatte der Prinz nicht sonderlich viel übrig, schließlich hatte er ihn nie als einen Verwandten kennengelernt, nie fürsorglich, nie liebevoll. Wenn er ehrlich war, fürchtete Kannon ihn. Er fürchtete den Zorn des mächtigsten Mannes seiner Welt, denn jener Zorn würde ihn treffen, sobald Charles erfuhr, was sein Sohn alles verbarg. All die kleinen Geheimnisse. All die kleinen Macken. All die kleinen Fehler. Mit klammen Fingern zog Kannon die Schleife auf. Es war nicht sein Paket, und es lag nur hier, weil es entsorgt werden sollte. Seufzend stützte Kannon den Kopf auf den Händen ab. Was tat er hier eigentlich? Er sollte das Päckchen einfach an die Dienerschaft übergeben, wie Cornelia ihn gebeten hatte, und endlich ins Bett gehen. Und dennoch blickte Kannon den Karton an, als könne er ihn dadurch öffnen. „Niemand beobachtet euch, Hoheit“, durchbrach Schneizels Stimme leise die Stille. „Das macht es auch nicht besser“, murmelte der Prinz nur. Er hasste es. Er hasste sich selbst und seine Marotten. Seine Schwäche. Was für ein Prinz war er? Man sollte ihm den Titel aberkennen, alle Rechte und Zugeständnisse, sollte ihn als Premierminister absetzen und irgendwo auf ein kleines Archipel verfrachten, wo niemand ihn fand. Dann, nur dann würde ihn wirklich niemand mehr beobachten. Niemand würde ihn mehr verurteilen. Schweigen schlich sich erneut in den Raum. Nur die Zeiger der vergoldeten Wanduhr tickten träge Richtung vier Uhr morgens. Eigentlich hätte Kannon das Paket längst loswerden können. Schon seit zwei Tagen war klar, dass Cornelia keine Verwendung für seinen Inhalt hatte. Er könnte es hier und jetzt einfach Schneizel geben, mit dieser letzten Anweisung die Überstunden-Schicht seines Assistenten beenden und verdammt nochmal schlafen gehen. Doch stattdessen gab Kannon sich geschlagen – er stand auf und hob den Deckel des Kartons an, warf ihn achtlos zur Seite. Der Stoff hatte die Farbe von Rotwein. Ein sanftes, verführerisches Bordeaux. Gefertigt aus reiner Seide, verziert mit kleinen Stickereien. Das Kleid fühlte sich leicht an in Kannons Griff. Rot wie Wein. Bestickt. So edel... Es hätte wundervoll an Cornelia ausgesehen, ganz ohne Frage. Doch kurz vor dem Ball, auf dem sei es hätte tragen sollen, hatte die Prinzessin einen exquisiten, noch unbekannten Designer gefunden, der ihr ein neues, noch schöneres genäht hatte. Ein wahrer Blickfang war sie gewesen, stolz und schön in Champagner. Nun floss die weinfarbene Seide ungetragen durch Kannons Finger. Das Kleid war teuer gewesen, jetzt jedoch wertlos. Es war für diesen einen Anlass bestimmt, und sein Schöpfer wäre beleidigt, wenn er es zu einem anderen sehen müsste. Niemand würde es je tragen. Außer dem Prinzen war nur Schneizel im Raum; er war praktisch allein. Kannon kämpfte gegen seine zitternden Finger an, doch sie wollten und wollten nicht ruhig werden. Er gab auf. So wie immer im Leben. Hastig stand er auf und verließ das Zimmer. Schneizel blieb zurück, doch Kannon kümmerte sich nicht weiter darum; er wusste, dass der Graf dort verharren würde, bis sein Prinz zurückkehrte und ihm Anweisungen erteilte. Also stürmte Kannon nach nebenan, riss sich Hemd und Hose vom Leib und hasste sich mit jeden Atemzug ein kleines bisschen mehr. Schneizel blieb ruhig zurück. Die Tür zu Kannons Schlafzimmer fiel nicht ins Schloss; einen Spalt breit stand sie noch offen, und Schneizel konnte hören, was in dem Raum vor sich ging. Still nippte er an seinem Rotwein. Er hatte sein noch halb gefülltes Glas mitgenommen, als Kannon mit ihm das Bankett verließ, und nun leerte er es langsam. Zug um Zug verschwand der Wein, welcher die Farbe von Cornelias ungetragenem Kleid teilte, hinter seinen blassen Lippen. Den Blick hielt Schneizel starr auf die Tür gerichtet. In seinem Geist tanzten Gedanken umher, angeregt durch den Alkohol. Begierde schlummerte in ihm, stets bereit, entfacht zu werden. Bereit, alles zu zerstören, was seine Hände ertasteten, ergriffen, festhielten. Bereit, alles zu opfern für einen der raren Momente, in denen er nicht mehr nachdachte, sondern einfach nur lebte, mit Geist und Seele, mit seinem Körper der gefangen war in dieser Welt voll Grausamkeit. Schneizel nahm noch einen Schluck. Er wusste, was Kannon jetzt brauchte; zwei starke Arme, die ihn hielten, eine sanfte Stimme, die ihm zuflüsterte, alles sei in Ordnung, erst recht und besonders er selbst. Doch Schneizel konnte ihm beides nicht geben, ohne ihn in die dreisteste Lüge einzuschließen, die je gesponnen wurde. Kannon hatte Ehrlichkeit verdient, doch mit der Wirklichkeit verletzte Schneizel ihn so offenkundig, dass beide Männer sie ignorierten. Schneizel wusste, dass es keine Kompromisse gab. Für Kannon ging es nicht mit ihm. Er würde zerbrechen, mit jeder Illusion, von der ihm klar wurde, dass er sich sie bloß ausdachte. Doch je länger Schneizel darüber nachdachte, desto klarer schien es ihm, dass Kannon auch ohne ihn verletzt werden würde. Der Prinz war nicht geschaffen für all die harten Worte, die er hören musste. Und wenn es Schneizel war, der seine Zerstörung einleitete, so hielt der Graf wenigstens die Scherben in seinen Händen und konnte versuchen, damit zu arbeiten. Seufzend stellte Schneizel das leere Glas auf dem Tisch ab und schritt langsam zur Tür. Sie schwang beinahe lautlos auf. Kannon stand am anderen Ende des Raumes und schaute zitternd das Bildnis an, welches der hohe Spiegel vor ihm zurückwarf. Schneizel kannte seinen Prinzen lang genug, um sich nicht zu wundern. Das Kleid passte auf die schmale Taille des Prinzen, als wäre es nie für seine Schwester gedacht gewesen, und fiel in weichen Falten bis zu seinen Knöcheln, umspielte die langen Beine, als sei es das natürlichste der Welt für sie, Röcke zu tragen. Nur über der Brust saß der Neckholder viel zu locker, da Kannon beim besten Willen nicht mit der wohlgeformten Oberweite seiner Schwester dienen konnte. Dennoch, es stand ihm durchaus. Und es wirkte nicht das kleinste bisschen falsch an seinem männlichen Körper. Kannon war nicht hübsch; er war wunderschön, wenn man ihn nur richtig betrachtete. Wie ein Edelstein, der nur im richtigen Licht zu strahlen begann. Und Schneizels Augen konnten dieses richtige Licht sehen, sie konnten sehen, wie er funkelte, wie unverschämt schön er war. Als Kannon bemerkte, dass er nicht länger allein war, da verstand Schneizel, dass sein Prinz eben dies brauchte. In Kannons Augen standen Tränen, und als die erste davon ihren Weg über die erschrocken erröteten Wangen fand, begriff Schneizel. Kannon brauchte jemanden, der diese Schönheit wahrnehmen konnte, jemanden, der ihn anerkannte. Selbst, wenn es keine Liebe war, die Schneizel ihm geben konnte, so akzeptierte er Kannon, schätzte ihn sogar, und das war mehr, als Kannon je verlangen würde. „Es sieht furchtbar an mir aus“, würgte Kannon hervor, ein klägliches Lächeln auf dem Gesicht. Schneizel blieb neben der Tür stehen, betrachtete Kannon aus der Ferne. „Nein, das tut es nicht“, stellte er ruhig fest. Kannon löste sich von seinem Spiegelbild und tapste unsicher auf Schneizel zu. Er war barfuß, und so schluckte der Teppichboden seine Schritte. „Es sieht gut an Euch aus, Hoheit“, fuhr Schneizel leise fort. „Und ich?“, murmelte Kannon, halb zu Schneizel, halb zu sich selbst, „Sehe ich gut aus?“ „Das tut Ihr“, bestätigte Schneizel. Kannon stand nun direkt vor ihm, nur noch eine Schrittlänge entfernt. Der Prinz streckte die Arme aus und schlang sie um Schneizels Nacken. Als Schneizel sich nicht widersetzte, schmiegte Kannon sich an ihn, Die Tränen trockneten, doch Schneizel ahnte, dass sie noch nicht versiegt waren. Er öffnete den Mund, als wolle er etwas sagen, entschied sich dann jedoch dagegen. Es gab keine Worte, die all das ausdrücken konnten, was zwischen ihnen stand. Verbunden durch einen Wirbel aus Zuneigung, Respekt und Treue, getrennt von einer Mauer aus Rationalität, Vorsicht und Unsicherheit. Schneizel schloss die Augen, als Kannon ihn küsste. Zunächst erwiderte er die Zärtlichkeit nicht, doch dann legte er sacht die Hände auf Kannons schmale Taille. Kannon wirkte gefasster; sein Zittern hatte sich in ein wohliges Schaudern gemäßigt, und seine Finger griffen entschlossen in Schneizels helles Haar, zogen ihn noch näher, noch enger. Gerade so, als könne er die unüberwindbare Distanz zwischen ihnen leugnen, wenn er sich nur fest genug an ihn drückte. Als Schneizel sich aus dem Kuss löste, legte Kannon das Kinn auf seine Schulter. Kannons Lippen berührten fast Schneizels Ohr, als er zu flüstern begann, und unweigerlich stelltens ich dessen Nackenhaare auf. „Solange ich in deinen Augen schön bin, ist mir egal, was die Welt von mir denkt“, wisperte Kannon. „Ihr seid töricht, Hoheit“, gab Schneizel ebenso leise zurück, die Augen noch immer geschlossen. Sein Verstand suchte nach dem bestmöglichen Ausweg aus der Situation, doch Schneizels Blutkreislauf verlagerte eigenmächtig die Prioritäten. An sich war Schneizel mit intakter Selbstkontrolle ausgestattet, doch Kannon schien einen Veto parat zu haben, und schlich sich an sämtlichen Schutzmechanismen vorbei, direkt zu dem Punkt, an dem zwar kein Herz zu finden war, aber dennoch Sehnsucht. „Ich weiß“, murmelte Kannon verschmitzt, „das sind wir beide.“ Schneizel erwiderte nichts. Es gab nichts mehr zu sagen. Keine Worte, die noch irgendetwas ändern könnten. Der Graf schloss einen Arm fest um Kannons Taille, während er die andere Hand über dessen Rücken tiefer gleiten ließ. Es war töricht, doch letzten Endes waren sie beide unter all den anderen Dingen, unter Assistent und Herrschaftserbe, unter Graf und Prinz lediglich zwei Männer, die etwas aneinander band, das so nicht existieren sollte. Und es gab Momente, in denen Männer schlicht und ergreifend töricht handelten. Kannon blinzelte. Es war dunkel, nur die Nachttischlampe brannte, doch sie erschien ihm bereits blendend hell. Die Augen des Prinzen war auf Schneizels nackten Oberkörper gerichtet; sein Assistent hatte sich von ihm abgewendet. Schweigend hockte er auf der Bettkannte, das Gesicht mit den Händen abgestützt. So regungslos, wie er war, erinnerte er Kannon an eine Statue aus Marmor – blass und kalt. Vorhin jedoch war er Kannon lebendig vorgekommen, voller Energie und Leidenschaft. Nun saß er bloß da, Haut wie Stein, und würdigte ihn keines Blickes. Es tat weh. Kannon war den Schmerz nicht gewohnt, abgewiesen zu werden; er war ein Prinz. Wenn er etwas wollte, bekam er es, das war der Lauf der Dinge. Nur Schneizel, den konnte er nicht haben. Selbst, wenn es sich vor nicht einmal einer halben Stunde so angefühlt hatte. Kannon setzte sich auf und kroch näher an Schneizel heran. „Leg dich hin“, flüsterte er sacht, „es ist halb sechs.“ Schneizel schüttelte bloß den Kopf. Seufzend strich Kannon über seinen Rücken, und als er keine Antwort erhielt, wisperte er gekcnickt weiter. „Du hältst es für einen Fehler, ich weiß“, stellte er fest, und jedes Wort schmerzte in seiner Kehle, „aber...“ Aber was? Welche Gründe könnte Kannon nennen, die all das rechtfertigten? Wie könnte er es als etwas Gutes darstellen, dass er seinen Assistenten liebte, und dass er ihn verführt hatte, obwohl dieser sich mit One-Night-Stands zufrieden gab? Welche Worte könnten Schneizel dazu bringen, an seiner Seite zu bleiben? „...es ist keiner“, schloss er schließlich mit brüchiger Stimme, „es war nicht falsch.“ Sacht schlang er die Arme um Schneizels Torso. Wieso fühlte sich der Graf so warm an, wenn alles an ihm stets von Kälter ergriffen schien? Unweigerlich kuschelte Kannon sich ein Stück an ihn. Es tat gut, selbst, wenn es nicht beantwortet wurde. Es tat einfach nur gut, ihm nahe zu sein. Doch Schneizel schätzte diese Nähe nicht, er brauchte sie nicht, und deshalb sah er keinen Grund, sie Kannon zu geben. Der Prinz wusste, dass er Schneizel nicht halten konnte, egal, wie sehr er es sich auch wünschte. Schneizel löste sich aus Kannons Umarmung und stand auf. Verzweifelt griff Kannon nach seinem Handgelenk, und einmal mehr glitzerten Tränen in seinen Augen. „Bleib hier“, flehte er, doch Schneizel streifte sanft seine Hand ab. „Das wäre keine gute Idee“, flüsterte er matt. Kannon wollte es nicht hören. Er sprang ebenfalls auf, drehte Schneizels Gesicht zu sich. Reue lag in den kühlen Augen, Bedauern und ein Funken Angst. Was war es, das Schneizel fürchtete? War es Kannon? Waren es dessen Gefühle, oder vielleicht seine eigenen? „Lass mich nicht allein“, bat Kannon mit bebender Stimme. Seufzend zog Schneizel ihn an sich und vergrub das Gesicht in seinen Haaren, nur für einen Moment. Für eine kleine, schmerzhaft warme Ewigkeit. „Das werde ich nicht“, wisperte er, „ich habe einen Eid geschworen. Ich lasse Euch niemals allein, Kannon.“ Mit diesen Worten verließ Schneizel den Raum. Kannon hingegen warf sich auf sein Bett und schrie erneut in sein Kissen. Die Tage verstrichen langsam, doch endlich wurden Wochen daraus. Schneizel dachte oft an seine verhängnisvolle Nacht mit Kannon, und jedes mal ruinierte es seine Laune. Wie hatte er nur so dumm sein können, sich verführen zu lassen? Warum hatte er der Versuchung nachgegeben, die sein Prinz für ihn darstellte? Er fühlte sich, als hätte er sich von einer Schlange betören lassen durch ihr schönes Schuppenmuster, und leide nun an dem Gift, dass durch die Bisswunde in sein Blut gelangt war. Schneizels Körper stand in Flammen. Die Wochen vergingen, und mit ihnen Schneizels Partner. Er registrierte, etwas wahlloser zu werden, und er wusste auch, woran es lag, doch es war ihm egal. Ihm ging es lediglich darum, die Erinnerung an Prinz Kannon auszubleichen, damit er sich wieder ganz auf seine Arbeit konzentrieren konnte. Doch er wurde die Blicke nicht los; die Blicke, die Kannon ihm zuwarf, voller Sehnsucht. Warum fühlte es sich so schrecklich an, geliebt zu werden? Der Geburtstag des Emperors und seine Folgen lagen etwas mehr als einen Monat zurück, als Schneizel sich das Wochenende frei nahm, um ein paar Tage Urlaub zu machen. Es war ungewöhnlich für ihn, doch niemand schien verwundert; Schneizel arbeitete mehr als alle anderen von Kannons Bediensteten, und somit wurde ihm die Erholung gegönnt. Schneizel fuhr in die Berge nahe von Loch Ness, wo Verwandte von ihm ein Anwesen besaßen. Es lag so abgeschieden, dass man für jegliche Besorgungen auf das Auto und längere Fahrzeiten angewiesen war, und obendrein in einem Funkloch. Für Schneizel war es perfekt. Endlich fand er Zeit und Ruhe, nachzudenken. Stundenlang hockte er allein in der Bibliothek der Villa und las Nietzsche oder Kant. Die Bibliothek gehörte zu den ältesten Räumen des Anwesens, und war zwar vor wenigen Jahren renoviert worden, doch ganz in ihrem alten Charme gehalten. Die Wände waren holzgetäfelt, der Boden mit dunklem Teppich ausgelegt, und überall standen Regale voller Bücher. Schneizel fand es besänftigend, nur von Worten umgeben zu sein, stillen, tatenlosen Worten. Vier Tage wollte er hier verbringen, und gleich am ersten Abend wusste er, dass es die richtige Entscheidung gewesen war. Nach dem Essen hockte er sich in eine Wandnische, ein Buch auf dem Schoß und blieb bis spät in die Nacht beschäftigt. Es fühlte sich gut an, fernab all des Chaos zu sein, das sonst seinen Alltag bestimmte. Doch am Morgen des dritten Tages wurde ihm klar, dass er nicht gerne allein war. Schneizel war kein Beziehungsmensch. Er hatte wenige, sorgsam ausgewählte Freunde. Dennoch ließ er Kontakt nie schleifen, und er mochte ein Einzelkämpfer sein, aber kein Einzelgänger. Diese Gedanken schossen durch seinen Kopf, als er die Augen aufschlug; später am Nachmittag verstand er, dass er nicht nur seine Arbeit, sondern auch seinen Prinzen vermisste. Es machte ihn etwas nervös, nicht an Kannons Seite zu sein, obwohl keine wichtigen Termine anstanden; Schneizel überließ nichts gerne dem Zufall. Und er gab zu, dass Kannon ihm etwas bedeutete. Sie waren Freunde, schon seit langen Jahren. Der Prinz hatte Schneizel die Chance gewesen, über sich selbst hinauszuwachsen. Ohne ihn wäre Schneizel nicht der Mann geworden, der er heute war. Aber lieben, lieben tat er Seine Hoheit nicht. Schneizel glaubte nicht, überhaupt zu diesem Gefühl fähig zu sein. Er vermisste Kannon; es funktionierte nicht richtig ohne ihn. Aber er wusste, dass er nie so mit ihm sein könnte, wie Kannon es sich wünschte. Kannon erwartete Schneizel in seinem Büro. Er saß am Schreibtisch, die Beine locker – und zugegebenermaßen ziemlich unmännlich - überschlagen, die Finger verschränkt; er musste sich stark beherrschen, sie nicht zu verkrampfen. Er hatte ihn vermisst, ihn so furchtbar vermisst, dass er die erste Nacht nicht hatte schlafen können. Bilder waren vor seinem inneren Augen aufgetaucht, immer wieder; was er wohl trieb, und mit wem. Weit weg bei Loch Ness, fernab von Kannon. Würde er wieder nach fremdem Parfum riechen, ertränkte er weiter die Erinnerung an Kannons Körper in diesem Gestank? Alle Farbe wich aus Kannons Gesicht, als es an der Tür klopfte. „Herein bitte“, rief er verklemmt. Es war schwer gewesen, die Ungewissheit auszuhalten. Schneizel trat ein, ein entspanntes Lächeln auf den Lippen. „Es freut mich, Euch wohlauf zu sehen, Hoheit“, begrüßte Schneizel ihn höflich, „ich hoffe, ich habe nichts von Belang verpasst?“ „Keine Sorge“, presste Kannon hervor, „die Konferenz mit Taipeh musste verschoben werden, zwei der Minister sind unpässlich.“ „Ausreden“, murmelte Schneizel nachdenklich, „sie wollen Zeit kaufen.“ „Was ihnen zweifelsohne nichts bringen wird, schließlich bist du nun wieder hier“, entgegnete Kannon, nun etwas lockerer. „Wir werden uns nicht über den Tisch ziehen lassen, das garantiere ich, Euer Hoheit“, gab Schneizel selbstsicher zurück. „Wir“, wiederholte Kannon, die Stimme bloß ein Hauch. Er schüttelte kurz den Kopf, als könne er dadurch die Gedanken verscheuchen, die sich in ihm ausbreiteten. Als Schneizel weg war, hatte Kannon einen Entschluss gefasst. Schneizel gehörte zu ihm, und er wollte ihn nicht abgeben müssen. Er wollte ihn nicht teilen. „Ich habe nachgedacht“, kündigte er daher an, als er aufstand und mit ungewohnt staksenden Schritten den Tisch umrundete. Kannon trug stets Absätze, um größer zu wirken, er konnte sogar auf Stilettos laufen, wenngleich er dies nur im Privaten tat; es wäre ein zu großes Geständnis, und zudem genügten fünf, sechs Zentimeter, um seinen Kopf etwas höher zu recken. Bei allen Makeln, die er an sich fand, konnte Kannon ohnehin nicht meckern, klein zu sein; er war nicht schlaksig, aber gewissermaßen lang. Schneizel überragte ihn dennoch um mehr als einen halben Kopf. Kannon mochte es. „Über... 'uns'“, fuhr er fort, suchte nach einem besseren Begriff, fand jedoch keinen. Schneizel atmete hörbar aus, sagte jedoch nichts, also sprach Kannon weiter. „Ich weiß, dass du es für einen Fehler hältst, mit mir geschlafen zu haben. Überhaupt hältst du wohl jedes nette Wort von dir an mich für einen Fehler.“ Er holte tief Luft, dann hob er den Blick, um direkt in Schneizels Augen zu sehen, dieser grausam schönen, fliederfarbenen Augen. „Mir ist selbst klar, dass ich nicht so für dich fühlen sollte“, erklärte er schließlich, und plötzlich kamen die Worte schneller, sprudelten aus ihm hervor, ein tosender Fluss der gen Meer stürzte, „und dass es mich den Hals kosten könnte. Ein Prinz Britannias darf nicht schwul sein. Und wenn herauskäme, dass ich mich ausgerechnet in dich verliebt habe, dann kämen all die Vorwürfe, du seist nur deshalb mein Assistent. Die Macht, die ich dank dir habe, ist vielen ein Dorn im Auge.“ Er stand nun direkt vor Schneizel. Sanft nahm er das Gesicht seines langjährigen Freundes und des einzigen Mannes, den er je wollen würde, in die Hände. „Aber es ist mir egal, hörst du? Ich kann es nicht ändern. Mit dir an meiner Seite kann ich Britannia ändern, ach, die ganze Welt könnte ich umwerfen! Doch meine Gefühle würden bleiben, Schneizel.“ Noch immer schwieg der Graf, und Kannon war erleichtert, bisher nicht unterbrochen worden zu sein. Seufzend holte er Luft. „Ihr wisst, dass ich Eure Gefühle nicht erwidern kann“, antwortete Schneizel nur. In seiner Stimme lag eine Behutsamkeit, die Kannon beinahe das Herz brach. Er konnte so zärtlich sein, dieser Mann, und so sacht. Aber es war nicht genug. Nicht für mehr als freundschaftliche Zuneigung und Sex. Doch Kannon nahm alles, was er bekommen konnte, solange es nur von Schneizel kam. „Ja“, gab Kannon zu, „und daran lässt sich wohl ebenfalls nichts ändern.“ Erneut holte er tief Luft. Dabei legte er Schneizel sacht die Hände auf die breiten, so wunderbar muskulösen Schultern; Halt, nein, kein Schwärmen. Es ging um ernste Dinge. „Was hast du gefühlt, als ich dich verführt habe?“, fragte er deshalb. Kannon versuchte, so ruhig und sachlich wie möglich zu klingen, doch seine Stimme zitterte trotzdem kaum merklich. „Nichts, Hoheit“, gab Schneizel seufzend zu. Er hielt dem Blick des Prinzen stand, obwohl ein Funken Schuld in seine Augen trat. Kannon lächelte schwach; er war auf diese Antwort gewappnet gewesen, und doch war sie ein Stich ins Herz. Aber es war die Antwort, die er gebraucht hatte. „Und was fühlst du, wenn du mit jemand anderem schläfst?“, fragte er deshalb weiter, und sein Puls setzte ein paar Takte aus, bis Schneizel endlich antwortete. „Nichts, Hoheit“, wiederholte er, eine Spur Argwohn in der Stimme. Kannon lächelte zufrieden. Er glitt ein Stück näher an Schneizel heran und schlang die Arme um seinen Nacken. „Das dachte ich mir“, erläuterte er, sein Herz schlug wie verrückt, „also macht es keinen Unterschied für dich, nicht wahr?“ Schneizel wollte widersprechen, doch Kannon schnitt ihm das Wort ab. „Es sind so oder so keine Gefühle im Spiel. Du hast zweimal mein Bett geteilt, und du müsstest lügen, wenn du sagtest, du hättest es nicht gewollt.“ Schneizel schnaubte sarkastisch. „Tausch die Fremden gegen mich ein“, forderte Kannon schließlich, „was sie dir geben, kann ich auch.“ Er hob eine Hand zu Schneizels Wange, strich mit dem Daumen über sie Lippen des Grafen. Warum trug er Handschuhe? Zum ersten Mal in seinem Leben verfluchte Kannon seine Dienstkleidung. „Du kannst nicht leugnen, dass du mich begehrst. Also, warum solltest du es nicht ausleben können, wenn ich dir doch die Chance dafür gebe?“ „Niemand dürfte jemals davon erfahren“, warf Schneizel mit gesenkter Stimme ein. „Vergiss für einen Moment die anderen“, bat Kannon etwas enttäuscht, „es geht um... 'uns'. Selbst, wenn es kein 'wir' gibt, wie ich es will, so weit, wie du gehen möchtest, können wir doch gehen, nicht wahr?“ Schneizel drehe den Kopf zur Seite, um Kannons Hand abzustreifen, ließ den Blick jedoch nicht von seinem Prinzen. „Ich könnte euch nie einen Wunsch abschlagen, Hoheit“, stellte er fest, und in seiner Stimme schwang etwas Betörendes mit, das Kannons Knie weich werden ließ. Wacklig lehnte er sich gegen Schneizel und drückte ihm einen kurzen Kuss auf die Lippen. Es tat weh, von ihm gehalten zu werden. Es tat weh, denn e rwusste, dass Schneizel es nicht wollte; nicht so wie er selbst. „Ich kann nicht mit dir zusammen sein“, seufzte er, den Kopf auf Schneizels Schulter gelegt, „aber ohne dich leben könnte ich noch weniger.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)