Birthday Origins von Sky- (Beyond Birthdays ganze Geschichte) ================================================================================ Kapitel 4: Zusammenbruch ------------------------ Seit nunmehr drei Jahren war Beyond ununterbrochen damit beschäftigt, der Beste zu werden und seinem Freund Andrew Asylum zu helfen. Roger hatte mit L die Lage gesprochen und beschlossen, zwar weiterhin A als Kandidaten für L’s Nachfolge zu behalten, aber dafür die unglaublich hohen Anforderungen an ihn zu senken. A ging zu einem Therapeuten, Beyond half ihm wo er konnte und tatsächlich schien alles auf dem Weg der Besserung sein. Doch Beyond ging es gar nicht gut. Er litt unter chronischem Schlafmangel, verbrachte einen Großteil seiner Freizeit damit, zu lernen und mehrere Bildschirme gleichzeitig betrachten zu können. Eine Fähigkeit die jeder Wammy beherrschen sollte, wenn er L’s Nachfolger werden wollte. Es war wieder einer dieser Tage, wo A bei der Stress- und Sprechtherapie war. Beyond war seit drei Uhr morgens am Lernen und hatte das Gefühl, bald durchzudrehen oder zusammen zu brechen. Seine Augen brannten, er war schwach und ausgemergelt und sein Kopf war voll gestopft mit Informationen. Als er merkte, dass das Lernen überhaupt keinen Sinn mehr hatte, versuchte er sich irgendwie abzulenken und ging ins Musikzimmer, um ein wenig auf dem Flügel zu spielen. Er war kein besonders guter Spieler, würde es auch niemals sein aber es entspannte ihn ein wenig. Er setzte sich an den großen schwarzen Flügel und sah sich die Notensammlung an: Schubert, Mozart, Beethoven, Chopin… uralte und angestaubte Lieder, die zwar ihren Reiz hatten, aber für Beyond Birthday nichts Besonderes waren. Er legte die Sammlung weg und begann Ludovico Einaudis Werk „I Giorni“ zu spielen. Die klassischen Stücke dieses italienischen Komponisten waren Balsam für seine Nerven und er schaffte es, seinen Kopf etwas freizukriegen. Dann wurde die Tür aufgestoßen und ein paar kleinere Kinder stürmten herein. Lachend und schreiend rannten sie wild durchs Zimmer und Beyond spürte, wie eine unglaubliche Wut in ihm aufstieg. Laut schlug er den Klavierdeckel zu. packte eins der Kinder am Kragen und hob es hoch. „Raus hier, oder ihr könnt was erleben.“ Sein Gesichtsausdruck musste furchterregend gewesen sein, denn nun wurden die Kinder still und sahen ihn angsterfüllt an. Schreiend liefen sie weg und auch der Junge, den er festgehalten hatte, ergriff sofort die Flucht. Als sie die Tür bei ihrer Flucht zuschlugen, rieb sich der 15-jährige mit der Hand das Gesicht und seufzte tief. „Ich schätze, ich bin einfach überarbeitet.“ Da es ihm in Wammys House zu belebt und laut war, ging Beyond in den nahe gelegenen Wald ein wenig spazieren. Es war eine angenehme Atmosphäre und außer den natürlichen Waldgeräuschen war nichts zu hören. Keine schreienden Kinder, keine Matrizen und Vektoren und das Beste: Keine Angst und kein Druck. Plötzlich unterbrach ein lautes Hundegebell die herrliche Idylle. Beyond zuckte zusammen und sah einen kleinen Hund, der schwanzwedelnd um ihn herum rannte. Mit großen Kulleraugen sah ihn der kleine Vierbeiner an und bellte laut. Na super, dachte Beyond gereizt. Der Köter hat mir gerade noch gefehlt. Er ignorierte den Hund und nahm einen großen Ast, den er vor sich her schwang und die anderen Äste schlug, wobei die grünen Blätter laut raschelten. Als er noch jünger war, war er oft mit Andrew auf die Bäume geklettert. Jetzt mit 15 Jahren, machten sie das nicht mehr, weil sie Wichtigeres zu tun hatten. Der kleine Hund wollte immer noch nicht gehen, bellte wie wild uns sprang Beyond an. Langsam ging ihn der kleine Streuner auf die Nerven und seine Hand umschloss den Ast immer fester. Er verpasste den Hund einen leichten Tritt mit dem Fuß und rief „Hau endlich ab!“ Er spürte die unglaubliche Aggression in sich aufsteigen und als der Hund immer noch wie wild bellte, schlug er mit dem Ast zu. Der Hund jaulte auf und wieder und wieder ließ Beyond den knüppelähnlichen Ast niedersausen, bis der kleine Hund sich nicht mehr rührte. Blut klebte am Ast und das, was aus der Kopfwunde floss, versickerte im Waldboden. Als der Junge wieder klar denken konnte, ließ er entsetzt den Ast fallen und sank in die Knie. „Oh mein Gott… das… das wollte ich nicht. Warum? Warum habe ich das getan?“ In diesem Moment brachen alle aufgestauten Gefühle aus und Beyond begann zu weinen. Ein herzzereißender Schrei ließ den Wald erzittern und durch diesen markerschütternden Schrei erschreckt, flogen ein paar Vögel davon. Ein Donnergrollen übertönte Beyonds Wehklagen und es begann zu regnen. Doch er hatte nicht vor, zu Wammys House zurück zu kehren. Er brauchte etwas Zeit für sich selbst… Nachdem er den kleinen Hund begraben hatte, setzte er sich in den Regenschatten eines umgestürzten Baumes und machte sich ganz klein. Noch nie hatte er sich so schrecklich gefühlt. Er hatte L erpresst, ein paar kleine Kinder bedroht und einen kleinen Hund erschlagen. Er sah hoch in den Himmel und wischte sich die Tränen ab. „Mum, ich weiß nicht ob ich das länger durchstehen kann. Ich habe Angst. Stück für Stück… mit jeder Faser meines Körpers beginnt sich mein jetziges Ich zu verändern, ohne dass ich es aufhalten geschweige denn überhaupt sagen kann, ob diese Veränderung sich negativ auf mich auswirkt und wie weit sie schon fortgeschritten ist. Aber ich kann eins mit Sicherheit sagen: Diese Veränderung bereitet mir Angst, weil ich nicht weiß, in was sie mich verändert. Was soll ich bloß tun? Ich verwandle mich noch in ein brutales Monster…“ In den Morgenstunden fand man Beyond Birthday schließlich. Er war unterkühlt, erschöpft und ausgehungert. Er lag lange Zeit im Bett und war kaum ansprechbar. Weder mit A noch mit Roger wechselte er ein Wort und wurde drei Tage vom Unterricht freigestellt. Er hatte langsam keine Kraft mehr zum Kämpfen und wusste nicht mehr weiter. Als es dann Sonntag war und die meisten in die Kirche gingen, leistete Andrew ihm Gesellschaft. „Wieso gehst du denn nicht in die Kirche?“ „Die gehen immer in den protestantischen Gottesdienst. Ich bin eigentlich katholisch, aber mit Religion hab ich nicht viel am Hut.“ Er setzte sich zu Beyond und stellte ihm ein Glas seiner Lieblingsmarmelade hin. „Es… es tut mir leid“, murmelte Andrew und sah weg, damit Beyond nicht sehen konnte, dass dieser weinte. „Aber warum? Du kannst doch nichts…“ „Kann ich wohl!“ entgegnete er und wischte sich die Tränen aus den Augenwinkeln. „Seien wir doch mal ehrlich: Ich bin eine echte Belastung für dich. Du willst mir nur helfen und nimmst alles auf dich und was ist mit mir? Ich mach dir nur Kummer und jetzt, wo ich auf dem Weg der Besserung bin, wirst du krank. Was bin ich für ein Freund?“ Am liebsten hätte Beyond Birthday gesagt, dass es nicht nur daran lag, sondern dass er einfach nur schreckliche Angst hatte, seinen besten Freund zu verlieren. Es war ihm egal, wie schlecht es ihm dabei ging, wenn er nur verhindern konnte, dass Andrew starb. Doch das konnte er ihm doch nicht sagen. Zwar glaubte Andrew ihm, dass er diese Gabe hatte, aber wie würde er reagieren, wenn er erfuhr, dass er bald sterben würde? Er setzte sich auf und schloss seinen Freund in die Arme. „Wir werden das durchstehen“, versprach er. „Gemeinsam werden wir es schaffen. Verlass dich drauf.“ Doch innerlich schien der 15-jährige Beyond Birthday zu bereits zu wissen, dass er nichts mehr ändern konnte, auch wenn er es nicht wahrhaben wollte. Seine ganze Energie war verbraucht und jetzt, wo es ihm schlecht ging, schien alles wieder aus dem Ruder zu laufen. Er musste sich zwingen, durchzuhalten. Wenn er es schaffen würde, Andrew vor dem Tode zu retten, dann wären all die Strapazen es wert gewesen. Alles hätte sich dann endlich ausgezahlt. „Mach dir um mich keine Sorgen Andrew. Wenn wir es erst einmal geschafft haben, dann kann uns nichts mehr auseinander reißen.“ Die Sommerferien hatten endlich begonnen und das bedeutete drei freie Wochen für die Kinder aus Wammys House. Auf diesen Moment hatte Beyond sehnlich gewartet, weil er unbedingt seine ganze verlorene Freizeit zusammen mit Andrew nachholen wollte. Er hatte so vieles geplant: Draußen zelten, zum See schwimmen gehen und das Theater in London besuchen, wo zurzeit Shakespeares „MacBeth“ aufgeführt wurde. Angeblich sollte dieses Stück verflucht sein, weil zu Shakespeares Zeiten viele Schauspieler durch die Schwertkämpfe in den Akten ums Leben kamen, oder schwer verletzt wurden. Außerdem sollte die Aussprache des Namens „MacBeth“ großes Unglück über die Schauspieler bringen. Beyond trug sich und Andrew in die Liste für den Theaterbesuch ein und eilte aufs Zimmer, wo sein bester Freund noch mit dem Aufräumen seines Schrankes beschäftigt war. „Hey Andrew, ich hab uns beide für das Stück am kommenden Freitag eingetragen!“ „Cool“, rief dieser und ließ aus Versehen eine Kiste mit Arbeitsblättern fallen. Die Blätter verstreuten sich auf dem Boden und gemeinsam mit ihm sammelte Beyond sie auf und erzählte von seinen Sommerferienplänen. Doch Andrew zog ein trauriges Gesicht. „Ich würde ja gerne mit dir all diese Sachen machen, aber ich kann nicht! Ich hab noch einiges nachzuholen, nachdem ich letzte Woche an den Windpocken erkrankt bin. Das muss leider erst warten. Aber das holen wir schon nach, okay?“ Enttäuscht darüber nickte Beyond und seufzte. Es war wirklich blöd, den ganzen verpassten Lernstoff in den Sommerferien nachzuholen, aber wenn er keine andere Wahl hatte… „Ich schätze, dann werde ich mich auch hinter die Bücher setzen. Immerhin möchte ich dich übertreffen.“ „Viel Spaß dabei, das schaffst du niemals!“ Den Rest des Tages verbrachten sie damit, ihr Zimmer auf Vordermann zu bringen, zu lernen und als sie dann fertig waren, am See Steine zu flippen. Die blutrote Sonne ging bereits unter und tauchte das Wasser in warme, atemberaubende Farben. „Du Beyond, was ich dich mal fragen wollte… also es ist so…“ Beyond warf einen Stein weit aufs Wasser hinaus, wobei dieser sieben Mal die Oberfläche berührte, bevor er ganz versank. Beyond sah ihn mit seinen pechschwarzen Pandaaugen an und sah, dass Andrew irgendetwas beschäftigte. „Was denn?“ „…Ach nichts…“ Als es langsam dunkel wurde, gingen sie wieder zum Waisenhaus zurück. Andrew wollte noch etwas in seinem Zimmer erledigen, bevor sie sich heimlich unten im Medienraum einen Horrorfilm ansehen wollten. Beyond machte sich Sorgen, weil er Andrews nachdenklichen und traurigen Blick nicht mehr aus dem Kopf bekam. Irgendetwas war gewesen… Wollte er etwa seine Todeszeit wissen? Die Todeszeit… Schlagartig wurde Beyond bewusst, was ihn sonst noch beschäftigt hatte: Andrews Lebenszeit! Sie hatte die Null erreicht und das konnte nur noch eins bedeuten… "Oh Gott, lass es noch nicht zu spät sein!" Beyond eilte den Flur des Nebentraktes entlang, rempelte ältere Kinder an und prallte schließlich mit einem 10-jährigen Jungen zusammen, welcher gerade aus einem Zimmer kam. „Hast du keine Augen im Kopf, du Blödmann?“ schimpfte der Blondhaarige namens Mihael Keehl und sah Beyond wütend an. Doch für Zankereien hatte Beyond keine Zeit. „Hol sofort Roger und sag ihm, dass A in Gefahr ist!“ Als Beyond endlich das Zimmer erreichte, versuchte er die Tür zu öffnen, doch sie war verschlossen. Mit der Faust schlug Beyond gegen die weiß gestrichene Holztür. „Andrew! Öffne die Tür! Mach die scheiß Tür auf, verdammt!“ Mit Faustschlägen und Fußtritten hämmerte der aufgebrachte Junge gegen die Tür, jedoch ohne Erfolg. A öffnete die Tür nicht. Also blieb ihm nichts anderes übrig, als die Tür gewaltsam aufzubrechen. Mit seinem ganzen Körpereinsatz warf er sich gegen sie. Nichts, nur seine Schulter schmerzte sehr. „Öffne endlich die Tür, oder ich breche sie gewaltsam auf!!!“ Immer mehr Schaulustige waren gekommen, die von Beyonds Geschrei aufmerksam gemacht wurden. „Um Gottes Willen, mach die Tür auf!“ Als sie sahen, wie verängstigt und verzweifelt er war, begannen auch ein paar Ältere mitzuhelfen und versuchten gemeinsam die Tür aufzubrechen. Als es endlich gelang, war auch Roger zur Stelle und stürmte mit Beyond ins Zimmer. Ein grausiger Anblick bot sich ihnen. Leblos baumelte der Körper von Andrew Asylum über dem Boden und sein Gesicht war zu einer schrecklichen Fratze verzerrt. Er hatte sich an ein Seil aufgehängt und erdrosselt. „Nein“, murmelte Beyond fassungslos, als sich ihm dieses Bild bot „das kann nicht sein“. Er packte Andrews Beine und versuchte ihn hoch zu drücken, damit dieser atmen konnte. Roger zerrte ihn beiseite und kümmerte sich selbst darum, den Toten herunterzuholen. Beyond wollte zu ihm. Vielleicht konnte er ihn noch mit einer Herzmassage retten. Vielleicht war es noch nicht zu spät… doch Roger hielt ihn zurück. „Lass mich! Ich kann ihm noch helfen. Er ist nicht tot! Er ist noch nicht tot!!!“ Der Erwachsene hielt ihn fest ihm Griff, doch Beyond schlug wild um sich. Er sah die ganzen Neugierigen, die ins Zimmer kamen, um den Toten zu begaffen und als er dies sah, schaltete sich sein Verstand aus. Er wurde gewalttätig, griff jeden an, der ihm zu nahe kam und hörte nicht auf tröstende Worte. Es war unmöglich, ihn festzuhalten und als er dann anfing, einen Gaffer zu würden, der fragte, was denn los sei, wurde er mit einem Elektroschocker außer Gefecht gesetzt. „Andrew...“ Das waren seine letzten Worte, bevor er das Bewusstsein verlor. Es war nur ein Traum, dachte er. Nur ein schlechter Traum… …wenn ich aufwache, dann wird alles in Ordnung sein… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)