Geheimniswahrer von Wintersoldier ([Neji/Tenten] [Naruto/Hinata]) ================================================================================ Kapitel 3: Schritt II: Das Geheimnis verarbeiten ------------------------------------------------ ♣ „Secrets are things we give to others to keep for us.“ - Elbert Hubbard, amerikanischer Schriftsteller und Verleger ♣ 1162, Dienstag, 13. Februar, 21:03 Uhr Neji wechselte ein paar Worte mit Shikamaru, ehe er ihm die Autoschlüssel abnahm und sich ans Steuer von Tentens Auto setzte. Während der Fahrt wartete Tenten jedoch vergeblich, dass Neji sie aufklärte, denn er schwieg und Tenten tat es ihm gleich. Anfangs, weil sie der Ansicht war, dass er derjenige war, der ihr etwas erklären müsste, und letztendlich immer noch aus genau diesem Grund. Als er ihr Auto schließlich vor ihrem Wohnhaus parkte und immer noch nichts gesagt hatte und auch keine Anstalten machte, dies ändern zu wollen, war es letzten Endes doch Tenten, welche die Stille wieder brach (nicht, dass sie das bei Neji nicht gewöhnt wäre). »Willst du mir nicht erklären, was heute Abend passiert ist?« Tenten atmete tief durch, weil sie nicht sicher war, ob sie jeden Moment die Nerven verlieren könnte oder ob sie diesen Punkt schon lange hinter sich gelassen hatte. Neji sah lieber stur geradeaus als zu Tenten. »Wenn ich die Wahl hätte, würde ich dazu tendieren, es eher nicht zu wollen.« »Dann lass es mich anders formulieren«, setzte Tenten noch einmal an, bemüht ruhig, auch wenn sie nicht sicher war, ob es nicht besser wäre, ihn einfach anzuschreien (nicht, um eine Antwort zu bekommen, sondern einfach für ihr eigenes Wohl). »Du weißt, wie gut ich darin bin, dich zu nerven. Besonders, wenn ich etwas möchte. Aber davon mal abgesehen, hast du nur eine einfache Entscheidung zu treffen: möchtest du es mir erklären oder sollen Ino oder Shikamaru es machen? Oder Kiba?« »Bevor ich es dir erzähle, solltest du dir aber sicher sein, dass du es auch wirklich wissen möchtest. Denn noch können wir so tun, als wäre nichts passiert.« Neji klang ernst und sachlich, aber Tenten vernahm ebenso den leicht unsicheren Unterton, welcher in seiner Stimme mitschwang. »Wenn ich es dir aber erklären soll, dann musst du versprechen, dass es auch weiterhin ein Geheimnis bleibt. Du kannst mit niemandem darüber sprechen, der es nicht weiß. Niemals. Auch nicht aus Versehen. Besonders nicht aus Versehen.« »A-« Neji sah sie tadelnd an, während er sie unterbrach. »Tenten, nachdenken, nicht einfach antworten.« »Aber ich muss darüber wirklich nicht nachdenken«, versicherte Tenten ihm bedenkenlos. »wir sind Freunde, seit ich denken kann. Ich wusste nicht einmal, dass es überhaupt Geheimnisse zwischen uns gibt. Ich nerve dich mit jeder Kleinigkeit und vertraue dir alles an, auch wenn du vieles davon wahrscheinlich gar nicht wissen willst. Und ich dachte eigentlich, dass du mir auch vertraust.« »Ich vertraue dir«, beteuerte Neji. »Andernfalls würden wir diese Unterhaltung gar nicht führen.« »Gut.« Tenten lächelte das erste Mal seit Stunden an diesem Abend, wenn auch nur kurz, ehe sie wieder ernster wurde. »Also? Shikamaru kann durch Wände gehen und Ino wusste, wo ich diesen Abend sein würde?« »Shikamaru kann feste Materie problemlos durchdringen und gegebenenfalls dabei jemanden mitnehmen, was du bereits am eigenen Körper erfahren hast. Zu seiner Familienlinie gehört aber eher, dass er sich unsichtbar machen kann. Ino hingegen kann Gedanken und Gefühle lesen und über Gedanken mit Personen kommunizieren. Sie hatte heute Nachmittag, als du im Kage warst, gehört, dass du vorhattest, heute Abend das Uchiha Anwesen aufzusuchen, und mich sofort angerufen.« »Das erklärt einiges«, fing Tenten an, nachdem sie einige Male tief durchgeatmet hatte. Hätte sie Shikamaru vorhin nicht bereits in Aktion erlebt, hätte sie Neji vermutlich nicht geglaubt, aber so blieb ihr irgendwie nichts anderes übrig, auch wenn es alles sehr merkwürdig klang (allerdings benahmen sich ihre Freunde ab und an auch einfach nur merkwürdig, insofern gab es einen kleinen Teil in Tentens Kopf, der es einfach hinnehmen konnte). »Und Kiba? Hat er auch eine... besondere Gabe oder weiß er einfach nur davon?« »Geschärfte Sinne«, gab Neji die knappe Antwort. Tenten nickte nur. »Und... wer gehört sonst noch zu... euch?« »Naruto, Hinata«, setzte Neji an, bevor er es sich anders zu überlegen schien und seine Antwort in eine andere Richtung lenkte. »Naruto und Hinata.« Tenten, die es gemerkt hatte, hakte selbstverständlich nach. »Und?« »Vertraue mir, wenn ich dir sage, dass du nicht von allen Sodalitas wissen willst.« Neji schenkte Tenten ein kleines Lächeln. »Für den Anfang reicht es erst einmal, dass du von uns weißt, damit hast du schon genug zu verarbeiten.« »Okay«, stimmte Tenten unsicher zu. Doch bevor ihre Gedanken dahingehend abschweifen konnten, wer wohl noch alles Fähigkeiten besaß, von denen sie keine Ahnung hatte, stolperte sie über ein Wort, welches Neji soeben hatte fallen lassen. »Sodalitas?« »Sodalitas ist der Name unserer kleinen Gruppe. Das schließt uns ein und einige unserer Freunde. Aber davon abgesehen bezeichnet man uns eher als Ceteri. Menschen mit übermenschlichen Fähigkeiten.« Neji atmete einmal tief durch. »Aber die meisten von uns sind weder gefährlich noch besonders anders als beispielsweise du.« Tenten sah ihn kurz verwirrt an, weil er etwas aufgeworfen hatte, was sie bisher noch gar nicht bedacht hatte. Innerlich schlug sie sich gegen den Kopf, weil sie so naiv war, daran überhaupt nicht zu denken, wobei es aus ihrer Sicht vermutlich ein naheliegender Gedanke sein müsste. »Und was ist mit denen, die gefährlich sind?« »Denen solltest du lieber aus dem Weg gehen. Besonders jetzt, wo du von ihnen weißt, denn die meisten mögen es gar nicht, wenn man ihr Geheimnis kennt.« Neji machte eine kurze Pause, ehe er weiter sprach. »Eine Namensliste kann ich dir leider nicht geben; die meisten kennen wir sowieso nicht und finden es erst heraus, wenn sie uns mal über den Weg laufen, sofern sie nicht aus einer bekannten Familie stammen. Und eine Liste dieser Familiennamen sollte es erst recht nicht geben.« »Lass mich raten, Sasuke Uchiha würde auf dieser Liste stehen?« Neji zögerte seine Antwort einen Moment heraus und schien nach den richtigen Worten zu suchen. »Bei Sasuke ist es schwierig. Er ist ein kleiner Feuerteufel und offensichtlich vom Weg abgekommen, aber Naruto möchte ihn immer noch nicht aufgeben.« »Hat er Hiruzen Sarutobi umgebracht?« »Nein, Explosionen sind nicht sein Ding. Und es würde mich wundern, wenn er irgendetwas damit zu tun hatte, denn es passt nicht wirklich in sein Schema«, klärte Neji sie auf, ehe er einen Moment nachdachte und fortfuhr: »Aber der Fall ist dennoch nichts für dich, auch wenn er es nicht war. Und ich hoffe, du verstehst jetzt, weshalb ich das sage und gehst nicht wieder auf eigene Faust los und bringst dich damit in noch größere Schwierigkeiten.« Tenten sah Neji einen Augenblick durchdringend an. »Du weißt, wer es war, oder?« Neji schwieg. »Also weißt du es, wirst es mir aber nicht sagen.« »Ich will nur nicht, dass du dich in Gefahr begibst. Schon gar nicht, solange du es noch nicht vollkommen verstehst. Und das tust du noch nicht, aber ich kenne dich lange genug, um zu wissen, dass es dich bereits reizt, mehr darüber herauszufinden und denjenigen zu fassen. Aber das wird nicht passieren.« »Ich finde, ich habe es ganz gut aufgenommen«, widersprach Tenten ihm energisch. »Siehst du, ich bin nicht einmal panisch geworden oder in Tränen ausgebrochen, sondern ganz ruhig geblieben. Was wolltest du denn mehr?« »Das war bisher auch nicht das, weshalb ich denke, dass du ausrasten wirst.« Tenten holte Luft und wollte etwas erwidern, aber Neji war schneller. »Und Ino hatte bereits vermutet, dass du das Ganze nicht allzu schlimm aufnehmen wirst. Aber du solltest ihr in nächster Zeit vielleicht etwas aus dem Weg gehen, es ist manchmal etwas anstrengend mit ihr, wenn man erst einmal weiß, was sie kann, und sie es deshalb auch ausnutzt.« »Glaub' mir, wenn ich dir sage, dass Ino auch nicht unbedingt meine erste Wahl gewesen wäre. Aber, was mich viel mehr interessiert, wäre, was du-« Neji unterbrach sie, bevor sie weitersprechen konnte. »Vielleicht solltest du dich mit Chouji unterhalten. Er ist ebenso wie du Geheimniswahrer und kann dich vermutlich neben Ino aktuell am besten verstehen.« »Gut, ich rede mit Chouji, ab-« »Ich sollte dann lieber gehen. Gute Nacht, Tenten.« Und Tenten war sich nicht sicher, ob sie Neji schon einmal so schnell hatte verschwinden sehen. Ganz offensichtlich gab es da noch irgendwas, dass er ihr nicht sagen wollte.Und obwohl Tenten bisher erstaunlich ruhig geblieben war, war es diese Tatsache, die sie ungeheim nervös machte und leichte Panik in ihr aufsteigen ließ. Was hatte Neji damit gemeint, dass bisher noch nicht erwähnt worden war, was sie wirklich ausrasten lassen würde? War das denn noch nicht alles? Gab es etwas, dass noch unglaublicher war? Noch unglaubwürdiger? Etwas, das sie mehr aus der Bahn werfen könnte? . . . 1162, Mittwoch, 14. Februar, 04:13 Uhr Neji war so schnell verschwunden, dass Tenten die Frage, welche sie unbedingt noch stellen wollte, nicht mehr hatte stellen können. Sie war es gewöhnt, dass er ihr bestimmte Fragen nicht beantwortete, weil es ihm überflüssig erschien oder er einfach keine Lust hatte. Oder ihm die Frage unpassend erschien. Ja, Tenten war es gewohnt, dass Neji schwieg. Nicht jedoch, dass er einfach verschwand. Erst, als sie in ihre Wohnung gegangen und sich auf ihr Sofa hatte fallen lassen, war ihr aufgefallen, dass sie noch gar nicht wusste, welche besondere Gabe Neji eigentlich besaß. Und sobald ihr diese klitzekleine Kleinigkeit aufgefallen war, fingen ihre Gedanken an, sich zu drehen. Ob das der Grund war, weshalb sie ausrasten würde? Wegen seiner Gabe? Aber was müsste das schon für eine Fähigkeit sein, damit er Shikamaru toppen könnte? Der konnte sich immerhin unsichtbar machen. Unsichtbar. Auch wenn Tenten es noch nicht erlebt hatte (obwohl sie sich da noch nicht einmal sicher sein konnte), war ihr durchaus bewusst, was er damit alles anstellen könnte. Andererseits war es natürlich Shikamaru, über den sie hier nachdachte, und der schien nicht wirklich der Typ, der irgendetwas anstellen würde, weil es ihm grundsätzlich alles viel zu anstrengend wäre. Oder Ino? Die Frau wusste, was man fühlte, was man dachte. Die privatesten Gedanken waren für Ino nicht privat. Und wenn sie jetzt so darüber nachdachte, fragte sie sich doch tatsächlich, warum Ino ab und an so unglaublich unsensibel sein konnte, wenn sie doch im Grunde genau wusste, was in einem vorging. War das Tarnung? Und Kiba... Kiba erschien ihr am normalsten von den Dreien. Nicht ganz so abgefahren. Oder übermenschlich. Denn selbst mit seiner Gabe war er doch nicht groß anders als sie und konnte nicht wirklich mehr. Mit ein wenig Training könnte Tenten vielleicht sogar ähnliche Fähigkeiten aufbauen, wenn auch vermutlich nicht so ausgeprägt... wobei sie natürlich keine Ahnung hatte, wie ausgeprägt seine Sinne waren. Und mit großer Wahrscheinlichkeit machte sie sich etwas vor, wenn sie sich einredete, dass sie eine Chance hätte, durch Training Ähnliches zu erreichen... Und Naruto und Hinata? Nun, Tenten wusste nicht, welche Fähigkeiten die beiden hatten, aber das waren Naruto und Hinata. Naruto und Hinata. Und Tenten bezweifelte, dass die beiden, ganz gleich, was sie Außergewöhnliches konnten, irgendetwas damit anstellten. Oder es in irgendeiner Weise ausnutzten. Besonders Hinata nicht. Ebensowenig glaubte sie allerdings auch daran, dass Neji irgendetwas in der Richtung machen würde. Neji war ein anständiger Kerl und selbst wenn er beispielsweise Gedanken lesen könnte, würde er die Privatsphäre anderer respektieren. Vielleicht war der Grund, weshalb sie ausrasten würde, also doch nicht seine Gabe. Und je länger sie darüber nachdachte, desto offensichtlicher empfand Tenten es so, dass er es nur gesagt hatte, damit sie sich darauf konzentrierte, was für eine Fähigkeit er wohl besaß, und weniger darauf, was da draußen noch so rumlaufen könnte. Denn während sie sich darüber den Kopf zerbrach, vergaß sie tatsächlich vollkommen, dass sie noch einen offenen Fall hatte, den es zu lösen galt. Und in dem offensichtlich ein Ceteri der Mörder war. Ein Bombenspezialist. Oder jemand, der Dinge explodieren lassen konnte? Ohne herkömmliche Bombe samt Sprengstoff, sondern einfach nur... so. Und das war ein durchaus beunruhigender Gedanke. Unsichtbarkeit und Gedankenlesen waren eine Sache; eine lebendige Bombe, die in der Gesellschaft rumlief, eine ganz andere Bedrohung. Wesentlich destruktiver. Gefährlich in einem Maß, welches Tenten noch nicht ganz einzuschätzen vermochte. Aber nichtsdestotrotz ein Mörder, der hinter Gittern gehörte. Auch wenn Tenten noch nicht wusste, wie sie es anstellen könnte, oder, ob sie überhaupt eine Möglichkeit hatte, ihn zu finden, wenn alle, die etwas über ihn wussten, vermutlich gegen sie arbeiten würden. In diesem Moment wusste Tenten noch nicht einmal, ob sie überhaupt bereit war, das Risiko einzugehen, denn ihre Gedanken malten ihr kein wirklich einladendes Bild. Doch dann wiederum... sie war Polizistin. Es war ihr verdammter Job, Verbrecher einzufangen. Und wenn sie es jetzt nicht einmal mehr versuchte, dann konnte sie ihren Beruf auch gleich wechseln, denn was war schon eine Polizistin, die aus Angst der Gefahr aus dem Weg ging und einem Verbrechen den Rücken kehrte? Damals hatte sie sich geschworen, vor nichts zurückzuschrecken und immer ihr Bestes zu geben. Und selbst wenn es vermutlich eine dumme - wirklich, wirklich, wirklich dumme – Idee war, könnte sie alles Andere nicht mit ihrem Gewissen ausmachen (zumal dumme Ideen durchaus nichts Neues für sie waren; und bisher hatte sie sie auch alle heil überstanden). Alles in Allem brachte ihr diese ganze Gedankenachterbahn aber auch nur Kopfschmerzen und keinen Schlaf, so dass Tenten bereits morgens früh um vier Uhr aufgab und wieder aufstand. Mit ihrer Zeit konnte sie schließlich Besseres anfangen, als nachts wach im Bett zu liegen. Tenten stand bereits in der Dusche, als ihr wieder einfiel, dass sie erst knappe sechs Stunden zuvor geduscht hatte, bevor sie ins Bett gegangen war, und so beschränkte sie sich doch nur aufs Zähneputzen, ehe sie sich anzog und in die Küche ging, denn Tenten wusste durchaus noch, trotz all der anderen Sachen, die aktuell in ihren Gedanken herumschwirrten, dass heute Valentinstag war und sie noch ein Projekt in Angriff nehmen musste. Auch wenn sie nicht sicher war, ob Neji die Schokolade überhaupt noch verdiente; andererseits war vielleicht gerade das der Grund, weshalb sie darauf bestehen sollte, dass er sie aß - besonders wenn sie begutachtete, was sie gerade so fabrizierte (aber wenigstens hatte sie viel Zeit und damit viele Versuche, ehe die Arbeit wieder rief). . . . 1162, Mittwoch, 14. Februar, 08:36 Uhr Als Tenten morgens Lee zur Arbeit abholte und ihn das erste Mal sah, nachdem Neji ihr sein Geheimnis (mehr oder minder freiwillig) anvertraut hatte, überkam sie augenblicklich das Bedürfnis, Lee davon zu erzählen. Von einfach allem, was gestern so geschehen war. Doch sie biss sich vorsichtshalber auf die Zunge, damit sie gar nicht erst auf dumme Gedanken kam. Im nächsten Moment hatte sie ein schlechtes Gewissen, weil sie überhaupt daran gedacht hatte, es zu verraten. Dann hatte sie ein schlechtes Gewissen, weil sie ein schlechtes Gewissen hatte. Denn immerhin war Lee neben Neji ihr bester Freund und sie erzählte ihm ebenso alles wie er ihr, daher sollte sie kein schlechtes Gewissen haben, wenn sie ihm etwas erzählen wollte. Dass sie es dennoch nicht konnte, war eine andere Angelegenheit, wegen der sie allerdings auch kein schlechtes Gewissen haben sollte. Nachdem sie Lee begrüßt hatte, atmete Tenten einmal tief durch und ordnete ihre Gedanken wieder. Sie war es nicht gewohnt, Geheimnisse vor einem ihrer beiden besten Freunde zu haben (gut, sah man davon ab, dass sie Neji nie gesagt hatte, dass sie sich irgendwann während ihrer Schulzeit in ihn verliebt hatte, was er aber garantiert sowieso wusste), aber wenigstens hatte sie auch nur das Bedürfnis, den beiden alles zu erzählen und niemand anderem. Und Tenten konnte Geheimnisse behalten, schließlich behielt sie immer mal wieder ein Geheimnis von Ino oder Hinata (auch wenn sie das dumme Gefühl hatte, dass das doch irgendwie ein wenig was anderes war). Lee redete während der ganzen Fahrt auf sie ein, wie er es nun einmal jeden Morgen tat, aber Tenten bekam kaum etwas davon mit. Stattdessen zerbrach sie sich den Kopf darüber, wann sie Chouji besuchen sollte, denn mit irgendjemandem musste sie sprechen. Vermutlich war deshalb auch der Drang, es Lee zu erzählen, so groß... »Alles okay bei dir, Tenten?«, riss Lee sie plötzlich aus ihren Gedanken. Tenten hatte gar nicht bemerkt, dass er aufgehört hatte, von seinem restlichen gestrigen Tag zu berichten. Zumindest vermutete sie, dass er es getan hatte, weil er es eigentlich immer tat. Tenten lächelte Lee freundlich an. »Entschuldige, was hast du gesagt?« »Ich habe gefragt, ob bei dir alles in Ordnung ist.« Lee zog fragend eine Augenbraue nach oben, was Tenten jedoch nicht mehr mitbekam, weil ihr Blick schon wieder zur Fahrbahn glitt. »Du wirkst so abwesend.« »Schlecht geschlafen«, versuchte Tenten ihren besten Freund abzuwimmeln, denn so merkwürdig sie es auch fand, Lee hatte einen erstaunlich empfindlichen Sensor dafür, wenn ihr etwas schwer im Magen lag oder sie beschäftigte und hakte meistens so lange nach, bis sie ihm die Wahrheit sagte. »Ist deine Schokolade für Neji nichts geworden?«, hakte Lee auch sofort unverblümt weiter nach. »Was? Ehm...« Tenten überlegte einen Moment, ob das Thema ihn gut genug ablenken könnte, wenngleich es nicht gerade das Beste war, worüber man mit Lee sprechen konnte. Der übertrieb nämlich immer. »Ja?« »Er mag doch sowieso keine«, versicherte Lee ihr überschwänglich. »Vermutlich erwartet er auch gar nicht, dass sie besonders gut wird.« »Gerade weil er es nicht erwartet, musste sie gut werden«, wand Tenten ein. Ihr letzter Versuch war auch durchaus gelungen (besonders im Vergleich zum ersten, der auch nur so daneben ging, weil sie nicht wirklich bei der Sache war), aber das würde sie Lee sicher nicht auf die Nase binden. »Wenn du dir Mühe gegeben hast, wird sie schon gut geworden sein. Mit viel Liebe.« Lee grinste und betonte das letzte Wort besonders, während Tenten nur mit den Augen rollte, bevor er schnell noch anfügte: »Essen wird er sie aber trotzdem nicht.« »Ha, das werden wir ja noch sehen.« . . . 1162, Mittwoch, 14. Februar, 11:57 Uhr Als Tenten das Hidden Leaf Police Department betrat, war sie deprimiert. Die Befragung der Lehrer an der Senju High hatte nichts gebracht. Zwar hatte sie auch nicht auf die größten Erfolge für den Fall gehofft, aber wenigstens ein paar Informationen, die sie in irgendeiner Weise weiterbringen könnten, wären nett gewesen. Hinweise, wer etwas gegen Hiruzen Sarutobi oder die Schule gehabt haben könnte. Hinweise, ob gerade irgendwas im Argen lag oder es Probleme gab. Hinweise, ob in letzter Zeit etwas anders gewesen wäre als sonst. Doch obwohl durchaus alle Lehrer mit ihnen sprachen, lenkten sie im Grunde ständig nur vom Thema ab und schwelgten in Erinnerungen, wie es doch noch war, als Lee und Tenten bei ihnen zur Schule gingen. Und die Lehrer, die zu ihrer Zeit noch nicht unterrichtet hatten, hörten fasziniert zu oder erzählten von ihren Schulerinnerungen oder berichteten, wie gut sich die Schule entwickelt hatte und was für ein Verlust der Tod des Schulleiters doch war. Tatsächlich war das noch nicht einmal das Problem. Nein, das Problem war viel mehr, dass Tenten durchaus wusste, dass die Lehrer (oder zumindest ein Teil von ihnen) etwas wussten - sie wollten es nur weder Lee noch ihr sagen. Als hätten sie keine ausreichende Sicherheitsstufe für eine solche Information. Tenten war durchaus in der Lage Eins und Eins zusammenzuzählen und kam daher schnell zu dem Schluss, dass sie mit dieser Vermutung recht hatte. Allerdings konnte sie ihnen schlecht an den Kopf werfen, dass sie durchaus wusste, was hier ablief und man ihr gefälligst Antworten geben sollte. Daher schwieg Tenten, lächelte freundlich und bedankte sich, ehe sie mit Lee zur Wache fuhr. Und obwohl sie damit hätte rechnen müssen (schließlich hatte Neji es mehr als einmal erwähnt), sank ihre Laune tatsächlich noch ein wenig weiter, kaum dass sie ihren Vorgesetzten entdeckte. Oder viel mehr den Mann, der neben Gai-sensei stand. Kakashi Hatake. Der Mann mit den zu allen Seiten abstehenden weißen Haaren, der langen Narbe, die über sein linkes Auge läuft, von der Augenbraue bis zur Wange, und der ruhigen und entspannten Stimme. Der Mann, der eine unglaubliche Laufbahn hingelegt hatte und eigentlich immer nur mit einem ganz bestimmten Grund in ihrer Wache auftauchte. Um ihnen ihren Fall zu entziehen (und ihn meistens danach mit seinem Team selbst zu übernehmen). Es war bisher noch nicht häufig passiert. Um genau zu sein, war dies das dritte Mal. Das dritte Mal, dass Tenten Kakashi Hatake sah. Das dritte Mal, dass einer ihrer Fälle von jemand anderem übernommen werden würde. Das dritte Mal, dass sie nicht gut genug war, um den Fall selbst zu lösen, und mit einem anderen (einfacheren) abgespeist wurde. Doch im Gegensatz zu den vorherigen beiden Malen wusste Tenten dieses Mal, woran es lag. Und während sie die ersten beiden Male nicht mochte, aber schon irgendwie damit klar kam, sich kurz darüber aufgeregt hatte, ehe sie sich damit abfand, war es diesmal anders. Dieses Mal blieb sie ganz ruhig und nahm es für den Anfang hin. Denn es mochte sein, dass es nicht mehr ihr Fall war, aber sie würde dennoch irgendwie zeigen, dass sie nicht nutzlos war, nur weil sie keine besondere Gabe oder außergewöhnliche Fähigkeit besaß. Sie hatte sich jetzt den ganzen Morgen den Kopf darüber zerbrochen, ob und wie sie damit klar kommen würde, was Neji ihr letzten Abend eröffnet hatte. Sie fand es faszinierend, interessant, in einem guten Maße beängstigend und war sich immer noch nicht sicher, ob sie das Gesamtbild, welches sich ihr nun bot, verstand, aber ebenso empfand sie es auch als eine Herausforderung. Ein neuer Ansporn, besser zu werden. Es würde nicht einfach werden, aber sie war gut und sie konnte besser werden. Und irgendwann würde man ihr auch solche Fälle nicht mehr entziehen. Irgendwann wäre sie gut genug dafür. ♣ ~ ♣ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)