Jasmin von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 3: Sinneswandel ----------------------- Im laufe der Woche geschah nicht mehr, außer das Yu nicht mehr ständig seinen Stundenplan zu Rate ziehen musste, da er sich an die Fächer Reihenfolge gewöhnt hatte und sowieso zu fast jedem Kurs mit Strify oder Kiro ging, denen gegenüber er mittlerweile das Gefühl hatte sie schon sehr lange und sehr gut zu kennen. Miyavi ignorierte ihn meist, oder wechselte nur flüchtige Worte mit ihm, nach denen er meistens das Gefühl hatte, Miyavis ohnehin schon schlechten Eindruck von ihm noch weiter in die Tiefe gezogen zu haben. Was ihn von diesen Unangenehmen Gedanken jedoch ablenkte war die Einladung von Strify sich am Donnerstagnachmittag „ihre Bude“ anzusehen. Soweit Yu sie verstanden hatte, handelte es sich dabei um eine Art Kellergeschoss in einem leer stehenden und reichlich baufälligen Haus, die sie sich als Treffpunkt hergerichtet hatten und zu der offenbar auch jeder einen Schlüssel besaß. Yu war zu spät, als er an diesem Donnerstag um halb sechs vor dem leer stehenden Altbau stand, zu dem Strify ihn per Handy unter einigem Aufwand geführt hatte, da er eine U-Bahn Haltestelle zu früh ausgestiegen war. Peinlich berührt und sichtlich glücklich über Strifys breites Grinsen folgte er ihm nach einer kurzen Umarmung, die Strify gleich am Dienstag eingeführt hatte. Sie gingen eine kleine Kellertreppe hinunter und Strify öffnete die Tür zu einem engen und feucht riechendem Korridor, an einer kleinen Tür vorbei, hinter der Yu die Toilette vermutete. Der Korridor führte zu einer weiteren Tür, die mittige eine Glasscheibe eingelassen war, welche einen Sprung hatte. Hinter ihr lang ein überraschend großer Raum, indem ein alter Holztisch mit Stühlen und eine Ansammlung von Matratzen, die als Couch dienten standen. In der rechten Ecke des Raumes befand sich eine Art kleine Küchenzeile (na ja, wenn Yu ehrlich zu sich selbst war, handelte es sich lediglich um ein Waschbecken und ein behelfsmäßig angeschraubtes Regalbrett, auf dem tonnenweise nicht gespültes Geschirr und leere Bierflaschen standen). Der Teppich, der aus mehreren kleineren Teppichen bestand, die sich in Farbe und Muster unfassbar bissen, dass sie locker als moderne Kunst verkauft werden konnten, war von Brandflecken übersäht. Es roch nach Gras. Dennis saß mit Kiro am Tisch und zog an einer recht großen, selbst gedrehten Zigarette. Auch Miyavi war hier. Er lag auf einer der Matratzen auf dem Rücken und klimperte auf einer Akustikgitarre. Wider etwas, was Yu ihm nicht zugetraut hatte. Neben Miyavi stand ein Aschenbecher, indem eine ebenfalls auffällig große Zigarette vor sich hin glimmte. Etwas, das Yu Miyavi selbstverständlich zugetraut hatte. Sogar in Alsfeld war es nicht schwer gewesen an einiges heranzukommen und von daher lehnte Yu nicht ab, als Kiro ihm zur Begrüßung seinen Joint reichte. Während er zog ließ er seinen Blick noch einmal durch den Raum wandern und merkte, dass Miyavi aufgehört hatte zu spielen und ihn ansah. Als er den Joint an Kiro zurückgab, wandte er seinen Blick ab. Fast so, als hätte er kontrollieren wollen ob Yu den Joint annehmen würde. Doch was er erwartet hatte gab sein neutraler Gesichtsausdruck nicht Preis. Wieder ertönte eine eingängige Melodie auf der Gitarre. Yu umarmte Kiro kurz, gab Dennis und zwei anderen Jungen aus ihrer Stufe die Hand, die auf Sitzkissen saßen und offenbar versuchten, einen Cd Player wieder ans Laufen zu bekommen. Unsicher machte Yu einen Schritt auf Miyavi zu, da er ihn nicht beim Spielen unterbrechen wollte, „Hey Mi-„, doch Miyavi legte die Gitarre bei Seite und richtete sich auf: „Hey Yu! Willkommen in unserm bescheidenen Heim.“ Er hielt ihm seine Hand hin. Völlig perplex griff Yu danach und schüttelte sie. Miyavi kramte in seiner Hosentasche und hielt Yu einen Schlüssel hin: „ Ich hab mich n bisschen mit Strify und den anderen unterhalten. Du gehörst ja schon jetzt irgendwie dazu, also kriegste n Schlüssel.“ Es war jetzt offenbar ratsam, sich die Frage, ob Miyavi auf Droge sei zu verkneifen, da Yu die Antwort ohnehin kannte, dieser Joint aber wohl kaum an Miyavis plötzlichen Charakterwandel schuld sein konnte. „Danke… äh… cool! Cool, das ihr mir vertraut und so.“, stotterte Yu verlegen. „Mach dich mal locker!“, grinste Miyavi, aber es war nicht böse gemeint und kam auch nicht von oben herab. Das sah man an seinen Augen. Sie schienen viel dunkler und wärmer als Montagmorgen. Es dauerte keine zehn Minuten, bis alle vor dem Gott sei dank nur fast schrottreifen Fernseher saßen, den Kiro vom Sperrmüll seiner Eltern mitgebracht hatte und mit der Playstation spielten, die Strify sich extra um sie hier aufzubauen von seinen Eltern zu Weihnachten gewünscht hatte. Yu brauchte gar nicht groß zu fragen: man brachte ihm Bier mit und bot ihm Zigaretten und Joints an. Auch Miyavi hatte ihm seinen schon zwei Mal hingehalten. Beim dritten Zug den Yu nahm sagte er allerdings: „Kiffen ist schädlich, das weißt du, ja?“ „Warum tust dus dann?!“, konterte Yu und wunderte sich fast selbst über seine vorwitzige Art, wo Miyavi doch gerade erstmal eine halbe Stunde nett zu ihm war. „Weils mir egal ist“, zuckte Miyavi mit den Schultern. Dir sollte es nicht egal sein…“, fügte er in einem seltsamen Tonfall hinzu gepaart mit einem sehr durchdringenden Blick, den Yu nicht wirklich zuordnen konnte. Jedoch war da wieder dieser leichte Jasmingeruch… „Uuuuund, wie gfällst dir?“, lehnte Strify sich zu Yu, dem diese Ablenkung irgendwie gelegen kam: „Geil. Es ist richtig geil.“ „Ja, oder? Gerade weil man den Laden hier noch abschließen kann. Hier kann man einfach immer hinkommen, wenn man zuhause die Schnauze voll hat. Die Fenster sind sogar auch alle dicht. Oben im Haus gehen manchmal die Penner ein und aus, aber hier unten kommt nie jemand hin. Die dürfen das Haus glaub ich nicht abreißen, wegen Denkmalschutz, aber offiziell gilt es als nicht mehr vermietbar. Das war irgendwie unsere Chance. Ich hab das mal mit Miyavi gefunden, als wir n guten Platz zum Fotos machen gesucht haben. Dann haben wir einfach das Schloss erneuern…“ Yus Gedanken schweiften ab. Irgendwie schien ihm alles hier wenig real. Er hatte Freunde. Die ihn vollkommen akzeptieren. Von der ersten Minute an. Na ja zumindest galt das wenigstens für die meisten hier im Raum. Er gehörte einfach dazu… Sollte es hier vielleicht doch gar nicht so schlimm sein? Würde er hier am Ende noch zum ersten Mal in seinem Leben richtig glücklich? „Ey…Yu? Strify an Yu?“ „Häh?!“ “Ah guuut, er lebt scheinbar noch!”, teilte Strify den anderen mit. „Mensch… kann das sein, dass dir das Gras nicht bekommt? Fehlt nur noch, dass du sabberst, Alter. Was ist jetzt? Kommst du morgen mit?“ „Mit wohin?“, fragte Yu verlegen. „Er hört mir einfach nie zu“, maulte Strify mit einer bühnenreifen Grimasse. „Mit ins 36 Degrees?!“ „36 Degrees….“, wiederholte Yu und errötete. „Sorry… irgendwie hab ich dir wohl echt nicht zugehört… Was ist das 36 Degrees?“ Strify schlug sich vor den Kopf, die anderen lachten. „Alter in welcher Dimension bist du gerade rumgeschwebt, als ich dir versucht habe zu erklären, was wir morgen vorhaben. Das 36 Degrees ist unsere Stammdisco, wir sind jedes Wochenende da. Morgen Vortrinken bei Miyavi.“ Instinktiv fuhr Yu zu Miyavi herum, der Strify beipflichtete, allerdings musste auch er darüber schmunzeln, dass Yu so überhaupt gar nicht zugehört hatte. „Klar… sicher. Klar! Gerne.“ „Alles Klar, wollt ich nur wissen, schlaf weiter!“, lachte Strify und nippte an seiner Bierfalsche. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)