Gladiator von Hotepneith (Ein Halbdämon und das Imperium) ================================================================================ Kapitel 23: Am Berg Hakurei --------------------------- Der Prokurator blickte äußerst unwillig auf, als die Tür seines Arbeitszimmers ohne Vorankündigung von seinen beiden Wachen aufgerissen wurde. Er setzte bereits zu einem scharfen Tadel an, ehe er erkannte für wen diese geöffnet worden war. Eilig sprang er auf, um sich unverzüglich auf ein Knie niederzulassen, bemüht, seine unwillkürliche Furcht nicht zu zeigen: „Ruhm und Ehre dem Imperator! Willkommen in Maimai, domine….“ Wieso hatte ihn denn keiner seiner Krieger oder seiner ach so treuen Freunde in der Hauptstadt vorgewarnt? Oder wenigstens Inuyasha…Inuyasha-sama? Der Imperator warf einen kühlen Blick in dem sorgfältig dekorierten und möblierten Raum umher: „Danke, Pontius. Es ist dir doch sicher möglich meine Krieger zu versorgen, die augenblicklich außerhalb der Stadt lagern?“ Auch das noch: „Ja, domine.“ Das klang nicht so, als ob das nur die zehn Hundedämonen wären, die hinter ihm standen. Und eine ganze Division IN der Stadt, nun, darauf konnte man verzichten. „Du bist recht elegant eingerichtet. Erstaunlich für den Statthalter einer derart armen Provinz.“ „Ich bitte um Vergebung, aber Maimai an sich ist sehr eine reiche Stadt, das gleicht die Bilanzen aus.“ Oh, oh, das sah nach einer Steuerprüfung aus. Und er kannte den Imperator gut genug um zu wissen, dass der schon in wenigen Stunden Audienzen für alle Bewohner der Provinz ansetzen würde, um zu hören, wie sie mit ihrem Statthalter zufrieden waren. Da könnte durchaus gewisser Ärger auf ihn zukommen, waren diese Menschen doch recht fanatisch in ihrem Glauben – was er selbst überhaupt nicht verstand, hielt er sich doch lieber an Realpolitik. Selbstverständlich huldigte er an Feiertagen den Göttern, wie es Brauch war – aber eben nur darum. Um etwas abzulenken meinte er: „Ich darf dich, domine, vielleicht darauf aufmerksam machen, dass Inuyasha-sama mit einigen seiner Leute zum Berg Hakurei ist, um den ehemaligen Senator Naraku festzunehmen, während die Dämonenjäger es auf seinen Befehl hin bereits vermocht haben, die fünf verdächtigen Drachen zu verhaften. Es gab keine Toten.“ „Danke.“ Der Imperator warf einen raschen, zufriedenen Blick zu seinem Ältesten, der höflich schräg hinter ihm stand. Der Kleine schien sich nicht ungeschickt anzustellen. Dann sollte man ihn auch allein weitermachen lassen. Unterstützung konnte ebenso als Geringschätzung aufgefasst werden, zumal, wenn man sich noch nicht so gut kannte: „Dann zeige mir und dem Cäsar unsere Gästezimmer. Danach werde ich mit deinen Beratern sprechen – und natürlich mit Menschen und Dämonen aus Maimai und Umgebung.“ „Ja, domine.“ Aber der Prokurator konnte trotz aller dämonischer Nüchternheit nicht verhindern, dass eine ungewohnte Panik in ihm aufwallte. Er hatte schon von Provinzstatthaltern gehört, die sich innerhalb kürzester Zeit als Ortsvorsteher in einem weit abgelegenen Dorf im Hinterland wieder gefunden hatten – um Verwalten besser üben zu können, wie die offizielle Begründung der Verbannung gelautet hatte. Als die Gruppe um Inuyasha den Fuß des Berges Hakurei erreichte, blieben sie stehen. Steil erhob sich der große Hügel aus der Ebene, ein Vorbote der schneebedeckten Berge dahinter. Aber was den jungen Halbdämon und seine Freunde bewog, anzuhalten, war der mächtige Bannkreis, der sich um den Fuß des Berges bis in dessen halbe Höhe zog. „Ach du liebe Güte…“ äußerte Kouga. „Ich habe ja in meinem Leben schon einige Bannkreise kennen gelernt, aber das ist wirklich ein unangenehmer.“ Kagome warf ihm einen raschen Blick zu: „So stark? Spürst du ihn schmerzhaft?“ „Na ja, nicht unerträglich“, gab der Wolfsdämon zu: „Aber ein schwächerer Dämon als ich…“ Unwillkürlich sah er zu dem Halbdämon. Es wäre mehr als unerquicklich dem Imperator beichten zu müssen, dass sein Jüngster geläutert worden wäre. Inuyasha schien jedoch recht unbeeindruckt, meinte allerdings: „Das Ding zieht sich um den gesamten Berg? Kann so etwas etwa dieser Naraku?“ Und was sollte er jetzt machen oder sagen? Alle anderen guckten ihn abwartend an. So entschied er spontan: „Kouga, du nimmst Kagome und gehst einmal um den ganzen Berg. Ihr beide könnt doch sicher am ehesten feststellen, ob es irgendwo eine Schwachstelle gibt. Pass aber gut auf sie auf, klar?“ Kouga nickte, sicher, dass das sein eigenes Todesurteil wäre, wenn der jungen Priesterin etwas zustoßen sollte. Umgekehrt wusste doch Inuyasha nur zu gut, wie sehr er selbst sie schätzte, um das gelinde auszudrücken, und gab sie daher in gute Hände. So drehte er sich nur um: „Dann komm, Kagome.“ Seitdem sie in Maimai angekommen waren, trug sie Bogen und Pfeilköcher mit sich. Er wusste nicht genau, was sie damit anstellen konnte, aber er wollte sie wirklich auch nicht kränken. So schwieg er, nahm sich aber vor, sich unter keinen Umständen auf sie zu verlassen. Er war ein Wolfsdämon, kriegserfahren und jahrelanger Gladiator – sie nur eine menschliche Senatorentochter. Während die beiden sich nach rechts wandten, blickte Inuyasha zu den drei Menschen: „Sango, sind hier noch andere Dämonenjäger?“ Die venatrix erwiderte sofort: „Nein, sie wurden zurückgezogen, Inuyasha-sama.“ „Dann geht ihr beide, also du und Miroku, jetzt nach links, auch um den Bannkreis. Wenn ihr Kagome und Kouga trefft, kommt wieder her, dann sehen wir weiter. Irgendwo muss der Mistkerl doch einen Fehler gemacht haben.“ „Und was tust du?“ erkundigte sich Miroku, ehe ihm einfiel, mit wem er redete, und hastig ergänzte: „Ich meine, nicht, dass ich annehme, du willst dich drücken...ich meine…“ „Schon gut. Ich bleibe hier stehen. Das ist der Weg nach Maimai und wenn einer der Krieger hier rauskommt, schnappe ich ihn mir.“ Sango nickte, zu gut erzogen, um dem Sohn des Imperators auch nur andeuten zu wollen, dass ein solcher Alleingang riskant werden könnte, falls da nicht einer sondern mehrere Krieger kamen. Immerhin war ihr kleiner Bruder auch noch hier – und sie wusste um seine Fähigkeiten: „Ja. Dann komm, Miroku.“ Inuyasha blieb stehen, den schweigenden Kohaku hinter sich, und betrachtete den Bannkreis, das Landhaus oben auf dem Berg. Dieser ehemalige Senator schien anzunehmen, dass das und die paar Krieger genügen würden, um seinen Hals zu retten. Er würde sich täuschen. Oben im Anwesen trat Kanna unangemeldet in das Arbeitszimmer ihres Vaters. Dieser sah unwillig auf, schwieg jedoch, als er Bilder in ihrem magischen Spiegel erkannte. „Besuch?“ fragte er nur. „Der Gladiator und vier andere, drei Menschen, ein Wolfsdämon. Kouga, der andere Gladiator.“ „Sage Bankotsu Bescheid. Die fünf Krieger sollen sich um sie kümmern. Danach gehst du unverzüglich durch die Höhlen.“ Ja, man sollte sich immer eine Hintertür offen halten: „Ohne auf mich zu warten, gehst du nach Maimai, ohne dass sie dich bemerken dürfen. Falls sie mein Schiff schon beschlagnahmt haben, mietest du ein anderes.“ Er bückte sich und nahm einen kleinen Beutel: „Hier. Die Reise soll in den Norden gehen, in die Provinz ….nun, das entscheide ich, wenn ich dort bin und es wirklich nötig sein sollte.“ Was natürlich bedeutete, dass die Krieger versagt hätten. Aber nichts war unmöglich, schon gar nicht, wenn dieser Inuyasha mit im Spiel war, das hatte er bereits zu seinem Leidwesen erfahren müssen. Dieser verfluchte Gladiator! Kouga war bei weitem nicht so schnell wie allein, da er auf das Gehtempo der Senatorentochter Rücksicht nahm, aber er betrachtete sorgfältig den Bannkreis. „Ist es sehr unangenehm?“ erkundigte sich Kagome prompt. „Geht schon.“ Er hätte nie zugegeben, dass er weder sehen konnte, was dahinter lag, geschweige denn wittern – und dass die drohende Läuterung mehr als unangenehm war. Schließlich wollte er sich doch nicht vor ihr lächerlich machen. Kagome ihrerseits spürte den Bannkreis kaum, auch, wenn sie den Eindruck eines Vorhanges hatte und daher nur schemenhaft erkennen konnte, was jenseits lag. Allerdings vermutete sie, dass es schlicht der Berg war. Naraku musste sich gut abgesichert haben. Nun, als gesuchter Verräter…Man sollte sich da schon vorsehen. Im nächsten Moment schoss eine Wolke aus Flammen aus dem Bannkreis und schlug in den Boden ein. Nur dem selbst für einen Dämonen überaus schnellen Tempo Kougas, der unverzüglich die junge Priesterin gepackt und mit ihr einen gewaltigen Satz zurück gemacht hatte, war es zu verdanken, dass keiner der beiden verletzt wurde. Kagome fühlte sich abgesetzt, sparte sich allerdings die Frage was los sei, da sie die Explosion mitbekommen hatte – und die zwei Krieger erkannte, die sich soeben aus dem Bannkreis bewegten. Einer war der Mann, der sie und Mutter vom Hausdach hatte werfen wollen, der andere war dieses seltsame Gefährt. War er überhaupt noch ein Mensch? „Du bist schnell, Wolf“, sagte Renkotsu fast anerkennend: „Aber das wird dich nicht schützen.“ „Das werden wir ja sehen. – Kagome, verschwinde!“ „Aber…“ wandte sie ein. „Hau ab, los! Wie soll ich kämpfen, wenn ich dauernd an dich mitdenken muss?“ Er wollte vor den Ohren der anderen nicht sagen, dass jemand auch Inuyasha informieren sollte. Überdies stimmte es. Wenn er sie beschützen müsste, wäre er in seinen Bewegungen behindert. Auch er hatte den Mann erkannt, der seine Arbeitgeberin und deren Tochter hatte umbringen wollen. Und der andere…das war weder Mensch noch Dämon, sondern fast ein mechanisches Werk: „Was hast du denn mit deinem Partner angestellt?“ erkundigte er sich, während er erleichtert bemerkte, dass die beiden die wegrennende Kagome nicht beachteten sondern sich auf ihn konzentrierten, in dem sie wohl zu Recht die eigentliche Gefahr sahen. „Ihm das Leben gerettet.“ Renkotsu hob die Karaffe, die er in der Hand trug und nahm einen Schluck. „Na, klasse.“ Kouga betrachtete misstrauisch das lebende Gefährt. Ein Mensch könnte doch nie so aussehen…. Im nächsten Moment musste er mit einem Sprung dem Feuerstrahl entkommen, den der Krieger aus seinem Mund gegen ihn schleuderte. Ein Feuerspucker? Was waren das nur für seltsame Typen? In jedem Fall die eigenartigsten Menschen, von denen er je auch nur gehört hatte. Kagome rannte den Bannkreis entlang – und erstarrte, als sie auf dessen anderer Seite verschwommen wie im Nebel einen Mann entdeckte. Sie versuchte ihn genauer zu erkennen, ehe sie begriff, dass dieser wohl auch sie bemerkt hatte, denn er kam näher. Und er schien sich seltsamerweise zu verändern, größer zu werden. Außerdem hatte er doch vorher nicht diese stählernen Klauen an der Rechten besessen? Sie blieb stehen und nahm unwillkürlich Bogen und einen Pfeil zur Hand. Das war wohl auch einer der sieben Krieger, aber er war nicht bei ihren Entführern gewesen. Dann musste das der Mann sein, der den Auftrag bekommen hatte, ihren kleinen Bruder zu töten. Sie spürte, wie ihr heiß vor Zorn wurde. „Du willst kämpfen, kleine Göre?“ Der Krieger lächelte etwas: „Wie...nett. Glaubst du wirklich mich auch nur zu treffen? Du trägst die Kleidung einer Priesterin und die schießen nicht mit Pfeilen.“ Sie versuchte es dennoch, schließlich hatte sie geübt, auch, wenn das eher an der Tatsache lag, dass Gladiatoren in ihrem Elternhaus aus- und eingingen, als an der mehr oder weniger ungeliebten Profession. Mit einer Handbewegung wischte er jedoch diesen Pfeil beiseite und hob nun seinerseits die stählerne Klaue. Kouga…Inuyasha…dachte sie, als ihr Zorn Angst wich, aber diesmal würde wohl keiner kommen. Das musste sie allein durchstehen. So fasste sie hastig nach dem nächsten Pfeil, als der Fremde mit fast unmenschlichem Tempo auf sie zuschoss. Inuyasha begann nach zehn Minuten unruhig zu werden. Hier nur in der Gegend herumzustehen und darauf zu warten, ob vielleicht einer der Krieger auftauchen würde, lag ihm nicht. Außerdem hatte er ein ungutes Gefühl. Dieser dämliche Naraku hatte sich bislang durch ziemlich miese Tricks ausgezeichnet, da brauchte er nur an den versuchten Giftmord an sich selbst denken, genauer, an beide Versuche, denn er hatte durchaus nicht vergessen, dass er schon als Gladiator einen „Unfall“ hatte erleiden sollen. Goku hatte es an seiner Stelle erwischt. Der Einzige außer Kouga, der von seinen ehemaligen Kollegen noch lebte. Auch ein Punkt, den er Naraku heimzahlen wollte. Dieser Mistkerl sollte niemanden mehr töten...niemanden. „Kohaku.“ „Inuyasha-sama?“ Der junge Dämonenjäger stand sofort neben ihm. „Geh zurück nach Maimai, zu deinem Vater. Wenn die Jäger die Drachen ins Körbchen gebracht haben, sollen sie herkommen.“ Kohaku sah ihn überrascht an, schwieg aber wohlweislich. Das war der jüngere Sohn des Imperators, die Nummer Zwei der Thronfolge und der dritte Mann im Reich. Der Halbdämon hatte es jedoch bemerkt. Da er nicht zugeben mochte, dass er den Jungen schlicht aus der Schusslinie halten wollte, meinte er: „Verstärkung ist nie unnütz, oder?“ „Natürlich, ich bitte um Vergebung.“ Der kaum dem Kinderalter entwachsene Dämonenjäger lief bereits los und Inuyasha blieb allein zurück. So fanden ihn auch Sango und Miroku, als sie zurückkamen, keine zehn Minuten später. Die venatrix war ein wenig beunruhigt ihren kleinen Bruder nicht mehr vorzufinden, erstattete aber höflich dem Sohn des Imperators Bericht: „Wir sind umgedreht, ehe wir Kagome und Kouga getroffen haben. Ehe du zürnst, Inuyasha-sama, höre mich bitte an.“ „Äh, ja klar…“Er konnte sich einfach nicht an diesen höfischen Tonfall gewöhnen, zumal, wenn dieses Benehmen von Leuten kam, die er gern zu seinen Freunden zählen würde. Schließlich war er so lange allein gewesen… „Wir fanden eine Höhle, die in den Berg führt. Ohne deine Erlaubnis wollten wir weder durch den Bannkreis gehen noch diese untersuchen. Aber ich würde es gern tun. Wenn ich dort oben ein Haus hätte und Hochverrat planen würde, würde ich zusehen, ob ich mir nicht einen Notausgang schaffen kann.“ „Du setzt demgemäß voraus, dass dieser dämliche Naraku so schlau wie die beste Jägerin des Imperiums ist?“ Der Halbdämon grinste, wurde aber rasch ernst: „Du meinst also, dass das nicht nur eine Grotte ist, sondern ein ganzes Höhlensystem?“ „Möglich wäre es“, erklärte Miroku sofort: „Der Felsen des Berges scheint aus reinem Kalk zu sein, da gibt es öfter Höhlen.“ „Und der Bannkreis?“ „Kein Problem“, erwiderte Sango, etwas geschmeichelt über das Lob. „Darf ich fragen…?“ Sie brach ab. Bei Sesshoumaru hätte ihr das bereits einen Blick wie Eis eingebracht – wenn nicht Ärgeres. Zwar war keinem ihr Bekannten je etwas geschehen, aber es hieß im Allgemeinen, dass es der Thronfolger nur zu deutlich ahndete, kam ihm jemand unhöflich. Der jüngere Halbbruder schien jedoch gleichmütig: „Kohaku? Ich habe ihn nach Maimai geschickt.“ Sie atmete auf: „Danke, Inuyasha-sama.“ Selbstverständlich wäre der Sohn des Imperators nicht verpflichtet, einer Untergebenen seine Befehle zu erläutern. Allerdings verleitete der engere Umgang, den er mit ihnen pflegte, dazu, ihn für einen Freund zu halten. „Dann dürfen wir gehen?“ „Ja. Aber passt auf euch auf. Ich meine, diese Krieger sind wirklich nicht von Pappe.“ Statt einer Antwort schwang sich die Jägerin ihren riesigen Bumerang über die Schulter: „Ich danke dir.“ Die beiden verschwanden sofort und Inuyasha betrachtete erneut nachdenklich den Zauber vor sich. Menschen kamen da also ohne weiteres durch? Sango und Miroku gelangten auch durch den Bannkreis zu dem Spalt, den sie entdeckt hatten. „Warte“, sagte der Mönch und bückte sich: „Sieh her.“ „Was? Das ist ein Fußabdruck.“ Die Jägerin betrachtete die sandige Stelle: „Aber sehr klein…das müsste ja noch ein Kind gewesen sein.“ „Dann sind wir womöglich auf der richtigen Fährte.“ „Stimmt. Der jüngere...ach, was soll es…Inuyasha sagte doch, dass eine der Töchter Narakus entkommen und zu ihrem Vater geflohen sei.“ Sie nickte ihrem Freigelassenen zu: „Sie ging hier also weg. Wohin lässt sich kaum feststellen - oder wann. Es kann nicht lange her sein. Hoffentlich hat er uns noch nicht bemerkt.“ „Das werden wir wohl herausfinden müssen.“ Der Mönch trat in die Spalte: „Jedenfalls scheint hier reger Betrieb zu herrschen. Da sind Fackeln.“ „Nehmen wir eine. In völliger Dunkelheit auf Gegner zu stoßen ist nicht sonderlich angenehm. - Und wenn uns jemand begegnet, wird er uns ja hoffentlich wohl zuerst für Freunde halten. Ich werde meinen Bumerang hier verbergen. In engen Gängen ist er hinderlich. Ich habe noch immer mein Schwert.“ „Wie du willst. – Aber weißt du, was mir einfällt? Irgendwo muss der Mittelpunkt des Bannkreises sein. Wenn wir den finden und zerstören, können auch Inuyasha und Kouga ohne Probleme in den Berg.“ „Stimmt.“ Sie lehnte ihren Bumerang etwas seitwärts an die Höhlenwand. „Dann komm.“ Miroku hatte unterdessen eine Fackel angezündet und betrat vorsichtig den dunklen Gang. Inuyasha hasste sich selbst für seine Entscheidung. Warum nur hatte er alle weggeschickt und stand jetzt selbst hier herum wie bestellt und nicht abgeholt? Die Chance, dass genau hier und jetzt einer der Krieger auftauchen würde war einfach zu gering. Warum eigentlich kam Kouga nicht zurück? Der war doch nicht so langsam? Oder behinderte ihn Kagome? Oder war der Berg größer, als es von hier den Anschein hatte? Oder auch nur der Bannkreis? Es war schlicht langweilig hier herumzustehen. Er beschloss, bis hundert zu zählen. Wenn dann keiner da war, würde er etwas unternehmen. Kouga flog mit einem Aufschrei beiseite und prallte hart auf den Steppenboden. Ein Schuss dieses seltsamen Mannes, der wie ein Gefährt aussah, hatte ihn getroffen und noch während er sich aufraffte, stellte er fest, dass seine Beine verletzt waren, er viel langsamer wäre, als es gut war. Renkotsu und dieser Ginkotsu waren eindeutig gefährlicher als es der Krieger gewesen war, den er vor Cuma getötet hatte, gefährlicher und raffinierter. Sie hatten rasch begriffen, dass er zu schnell für sie war und es nun darauf angelegt, ihn zu lähmen. Zum Glück hatten sie nur teilweise Erfolg gehabt. Aber er musste seine Taktik ändern. Am bedrohlichsten war die Tatsache, dass beide aus der Distanz agieren konnte, Feuer und seltsame Geschosse auf ihn schleudern konnten, während er nur ein Schwert und seine Schnelligkeit hatte. Und sein Schwert mochte er nicht sonderlich in einem Kampf. Sie hatten beide eine derartige Fähigkeit, und, wenn er das recht einschätzte, plante dieser Mistkerl von Renkotsu jetzt, ihn zu töten, denn der war auf seinen Partner gesprungen und richtete das Rohr auf ihn selbst. Er versuchte es zumindest, denn der Wolfsdämon hastete im Zickzack hin- und her, sich dabei immer weiter nähernd, um kein genaues Ziel zu bieten. Kouga erkannte gerade noch, dass der Krieger wieder eilig einen Schluck aus seinem Krug nahm und hechtete förmlich voran, um dem Feuerstoß auszukommen. Leider war der Kämpfer besser, als er hätte sein sollen, denn er folgte dieser Bewegung. Der Gladiator entkam nur mit Mühe und rollte sich mit angebrannter Kleidung und Haar auf die Seite, sprang wieder auf. Moment Mal, dachte er. Wäre er wirklich nur der Gladiator, der vorgegebene Abläufe in einem interessanten Kampfballett abspulte, wäre er hier verloren gewesen. Aber die paar Jahre im Heer des Imperators waren für solche Situationen durchaus nützlich gewesen. Er hatte bereits auf Leben und Tod gegen andere Dämonen gekämpft, da würde er sich doch von zwei noch so aufgerüsteten Menschen nicht schlagen lassen? Alles was er brauchte, war eine gute Idee und Mut. Und beides besaß er. Kagome entkam gerade noch mit einem Aufschrei den stählernen Klauen, die nach ihr schlugen: „Du…du willst mich wirklich töten?“ keuchte sie. „Natürlich.“ Das klang so sachlich. Sie umklammerte ihren Bogen und den Pfeil, unfähig, den anzulegen: „Aber warum…und warum mich?“ „Ich töte immer gern, Mädchen. Wenn mich der medicus nicht daran hindert.“ „Der medicus?“ Das klang verrückt. Aber so, wie er aussah, war er es auch und es war buchstäblich todernst. Inuyasha - wo steckte er nur? Aber, ach, er würde ja denken, dass Kouga sie beschützte. Wie es wohl dem armen Wolf ergehen würde? Aber im Moment sollte sie sich eher Sorgen um sich selbst machen, denn der Krieger kam schon wieder näher, diesmal langsamer und hob die Klaue. „Bereit, dem Tod zu begegnen?“ Mit täuschender Gemächlichkeit trat er näher auf das erstarrte Mädchen zu und hob die Hand. Ohne weiter nachzudenken schrie Kagome auf, noch während sie in Todesangst reagierte, den Pfeil in ihrer Hand in die ungeschützte Kehle des Mannes stieß. Entsetzt, nicht zuletzt über sich, sprang sie zurück. Hatte sie gerade wirklich einen Menschen verletzt oder gar getötet…? Der Mann starrte sie an. Schien er sich nicht zu verändern? Als er langsam zu Boden fiel, sah er plötzlich vollkommen anders aus, viel netter und jünger. Sie warf sich neben ihm auf die Knie: „Oh…das…das wollte ich nicht…“ Was sagte man nur zu jemandem, den man soeben umgebracht hatte? Immerhin steckte ihr Pfeil tief in seinem Hals. „Schon gut, Mädchen…“ keuchte der Schwerverletzte undeutlich: „Ich…ich bin froh, dass ich so…sterbe…Meine andere Seite….“ „Andere Seite?“ Meinte er damit, dass er zwei Seiten, zwei Seelen hatte? Dann war das der medicus, der den anderen am Morden hinderte? „Es tut mir Leid“, beteuerte sie unter Tränen. Er hob matt die Hand, dass sie sich nicht entschuldigen müsste, und schaffte noch etwas wie ein Lächeln. „Es…gut ..so.“ Sie verstand nicht, aber ein wenig erleichterte es sie, dass er ihr verzieh. Dennoch konnte sie einen unwillkürlichen Schauder nicht unterdrücken, als sie bemerkte, dass er die Augen schloss und sich sein Körper entspannte. Sie hatte nie zuvor einen Menschen sterben sehen. Kouga! Sie stand hastig auf und wischte sich die Tränen weg. Sie musste so rasch es ging Inuyasha holen, damit der dem schnellen Wolf helfen konnte, sonst wäre sie auch noch schuld an dessen Tod. So rannte sie eilig weiter. Der Halbdämon konnte sie wittern und fuhr herum, als er Tränen mitbekam, Angst. Und war da nicht auch Blut? Mit einem gewaltigen Satz war er in ihre Richtung gesprungen. Verdammt! Konnte Kouga denn nicht einmal was richtig machen? Zu seiner Erleichterung schien sie unversehrt: „Kagome? Bist du verletzt?“ Er zog sie in die Arme. „Nein, ich…Kouga kämpft gegen zwei Krieger“, brachte sie hervor: „Du musst ihm helfen!“ „Und was ist mit dir?“ Er schob sie etwas von sich. Sie sah so zitternd, ja, geschockt aus. „Ich...ich bin nur etwas durcheinander…ich habe einen Krieger getötet!“ Inuyasha, der sich nur zu gut daran erinnerte, dass selbst er und immerhin auch Sesshoumaru mit zwei von denen Probleme gehabt hatten, starrte sie etwas ungläubig an, ehe er nur sagte: „Komm, ich trage dich. Wir werden mal nach dem Wölfchen schauen.“ Hoffentlich passierte in der Zwischenzeit nichts mit Sango und Miroku. Verdammt, Anführer zu sein war schwerer als er gedacht hatte. *** Willkommen im Club, würden Vater und Halbbruder dazu wohl nur sagen. Im nächsten Kapitel gehen einige den Weg des Kriegers – wenn es sein muss, bis zum Ende: Kämpfe. bye hotep Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)