Color of Twilight von Flordelis (Time of Death and Rebirth) ================================================================================ Kapitel 21: Süße Rache ---------------------- Sowohl Zetsu als auch Azar erkannten bald, dass Bahadur ein tougher Gegner war. Nicht nur war er ein exzellenter Schütze, er schien auch jeden einzelnen Angriff vorherzusehen, außerdem nutzte er im Nahkampf seinen riesigen Bogen, der genauso schmerzhaft wie jede Schlagwaffe war. Die beiden Verbündeten waren bald mit blauen Flecken und Blutergüssen übersät, aber keiner von beiden dachte auch nur im Entferntesten daran, aufzugeben. Paget umschwirrte die Kämpfenden und stieß dabei immer wieder ein leises Kichern aus. Nanashi beobachtete sie argwöhnisch dabei, reagierte aber ansonsten nicht. Ihr Blick ging wieder zu Zetsu und Azar hinunter, die sich immer noch einen wilden Kampf lieferten. Obwohl die Rebellenführerin trotz offensichtlich fehlender Erfahrung geschickt mit ihren Messern hantierte, schaffte sie es nicht, einen Treffer bei Bahadur anzubringen. Zetsu machte aber trotz seiner Erfahrung keine viel bessere Figur. Jeder seiner zielgerichteten Schwerthiebe wurde von seinem Gegner mit Leichtigkeit pariert. Sie entfernten sich wieder von Bahadur und blieben nebeneinander stehen. Er dagegen blieb auf seinem Platz stehen und tat gar nichts, scheinbar nicht einmal atmen. „Wie kann er nur so schnell sein?“, beklagte Azar sich. „Wenn ich das wüsste“, antwortete Zetsu. „Möglicherweise verleiht sein Shinken ihm diese Kraft.“ „Können wir das auch?“ Er zuckte mit den Schultern. „Ich denke schon, aber es ist gefährlich.“ Plötzlich begann Bahadur, sich wieder zu bewegen. Wenngleich diese Bewegungen ungelenk wirkten, als kämen sie von jemandem, dem alle Glieder eingeschlafen waren. Zetsu dachte wieder an Puppe zurück, die wie sein Aussehen gehabt hatte, aber diesmal war es anders. Er konnte das von Bahadur ausgehende Mana spüren, also war er ein durchaus lebendiges Lebewesen. Möglicherweise kamen seine ungelenken Bewegungen von dem übermäßigen Gebrauch seines Shinken. „Wollt ihr noch lange reden?“, fragte er genervt. „Ich dachte, ihr seid hier, um mich zu töten.“ Bevor Zetsu sie aufhalten konnte, preschte Azar zu einem weiteren Angriff vor. Eine Wolke aus roten Manafunken umgab sie dabei. Bahadur machte sich nicht einmal die Mühe, sie abzuwehren. Stattdessen machte er einfach locker einige Schritte zur Seite, so dass er jedem einzelnen ihrer aufeinanderfolgenden Angriffe ausweichen konnte. Plötzlich blieb sie stehen und hob eine ihrer Hände. „Divine Flames!“ Ihr Shinjuu schleuderte Flammen auf Bahadur. Selbst Zetsu konnte die Hitze spüren, die von diesem Angriff ausging, obwohl er mehrere Meter entfernt von ihnen stand. Doch Bahadur ließ sich nicht davon beeindrucken. Lässig hob er seinen Bogen vor sich. Die Flammen verpufften wirkungslos an seinem Schild. „Ist das alles, was du zu bieten hast?“ Azar wich zurück, ungläubig starrte sie auf den Unverletzten. „D-das kann doch nicht sein... das ist noch nie zuvor passiert. Warum hat es nicht funktioniert?“ „Du hattest es noch nie mit einem Eternal zu tun“, erwiderte er daraufhin süffisant. „Wir sind die Krone der Schöpfung, die Spitze der Evolution! Jämmerliche Shinkenträger wie ihr es seid, könnt uns nicht besiegen!“ Azar ergriff ihre Waffen fester, ihre Knöchel traten weiß hervor. Zetsu konnte spüren, wie ihr Zorn weiter angefacht wurde. Mit fast schon wissenschaftlichem Interesse beobachtete er ihre Reaktion. Genau wie Bahadur, der sie immer noch unbewegt ansah. Sie legte ihren Kopf in den Nacken und stieß einen lauten Schrei aus. Das Mana um sie herum schien geradezu zu explodieren, Zetsu hatte Mühe, sich auf den Beinen zu halten, Bahadur dagegen ließ alles wieder an seinem Schutzschild abprallen. Er wollte noch etwas sagen, doch erneut wurde er von Azar mit unzähligen Angriffen eingedeckt. Zetsu konnte sehen, wie sich auch ein Schleier aus rotem Mana um ihn herum bildete, während er auf die Kraft seines Shinken zurückgriff, um auszuweichen. Sieht das bei mir auch so aus, wenn ich kämpfe? „Meister!“ Zetsu sah zu dem Shinjuu hinüber. Paget wollte zu Bahadur schweben, doch Nanashi stellte sich ihr in den Weg. „Nicht so schnell! Du kommst hier nicht weg!“ Das Feenshinjuu schnaubte und wollte nach dem Haar ihres Gegenübers greifen, doch Nanashi duckte sich rechtzeitig weg, so dass die fremde Hand ins Leere ging. „Geh mir aus dem Weg, Zwerg!“ Ein Kampf entbrannte zwischen den beiden, dem Zetsu allerdings nicht weiter folgen wollte. Sein Blick ging wieder zu Azar und Bahadur. Inzwischen schien er tatsächlich einige Schwierigkeiten zu bekommen, denn er ging immer öfter in Abwehrhaltung statt auszuweichen, sein Gesicht vor Anstrengung verkrampft. Ihre Angriffe wurden von einem Schweif dunkelrotem Manas begleitet, der ihrem Zorn zusätzlich Ausdruck verlieh. Zetsu wollte ihre Wut ganz sicher niemals auf sich ziehen. Schließlich schaffte sie es, einen Treffer anzubringen. Sie zog ihre Waffe quer über sein Gesicht, nur knapp an seinem Auge vorbei und hinterließ eine klaffende Wunde. Bahadur stolperte zurück, Azar blieb in Angriffsposition stehen. Ihr Atem ging schwer und heftig, er verriet die Anstrengung, die hinter ihrem Kampfstil steckte. Aber da war noch etwas... Ihr Shinken glühte bedrohlich, als ob es versuchen würde, mit ihr zu sprechen. Er konnte Nanashi nicht danach fragen, aber er hörte bereits eine andere Stimme in sich, die ihm das zu erklären versuchte: „'Nekketsu' versucht, ihren Verstand zu übernehmen.“ Mit einem weiteren Schrei stürzte sie sich erneut auf Bahadur. Sie prallte heftig an seinem Schutzschild ab, wurde zurückgeschleudert, ohne dass es ihr etwas auszumachen schien und griff ihren Gegner erneut an. Diesmal erwiderte er den Angriff, was dazu führte, dass alsbald Mana aus Verletzungen an ihren Armen sickerte. Als Azar erneut zurückgeschleudert wurde, nutzte Bahadur die Gelegenheit für einen weiteren Angriff. Er legte einen Pfeil an, zielte und ließ ihn los. Das Geschoss, das von rotem Mana eingehüllt wurde, fegte auf Azar zu. Einem ersten Impuls folgend, wollte Zetsu dazwischengehen, doch er hielt sich zurück. Azar wehrte den Pfeil problemlos mit einem ihrer Shinken ab, doch plötzlich erschien ein weiterer Pfeil, den mit ihrer anderen Klinge abwehrte. Zetsu hatte nicht einmal bemerkt, dass noch ein Pfeil abgeschossen worden war. Aber als ein weiterer Pfeil erschien, war er sich sicher, dass Bahadur nichts getan hatte. Die Geschosse erschienen einfach aus dem Nichts, wie auch immer das möglich war. Der dritte Pfeil fand sein Ziel in Azars rechter Schulter. Sie schrie schmerzerfüllt auf, wobei der Schrei mehr an ein wildes Tier als an einen Menschen erinnerte. Allerdings ließ sie sich auch von der neuen Verletzung nicht abbringen, weiter anzugreifen, was Bahadur durchaus zu verwirren schien. „Du musst die Frau aufhalten, wenn du nicht willst, dass sie dich mit 'Nekketsus' Hilfe um deine Rache bringt“, erklang die Stimme in seinem Inneren wieder. Inzwischen war sich Zetsu sicher, dass es sich um Rutsuruji handelte, immerhin ähnelte die Stimme seiner eigenen und der, die er öfter in diesen Träumen hörte. Es widerstrebte ihm, aber er musste dem Gott recht geben. Allerdings fürchtete er auch, verletzt zu werden, sobald er sich in den Kampf einmischte. Azar war augenblicklich mehr Biest als Mensch und er war sich sicher, dass sie auch ihn angreifen würde, sobald er in der Nähe war. Aber wenn er nichts tun würde, würde Azar Bahadur ohne seine Hilfe töten und er würde nie Rache für Jinmu nehmen können. Nein, das konnte er nicht riskieren. Also begab er sich mit gezücktem Shinken ebenfalls in den Kampf. Tatsächlich schien Azar davon absolut nicht erbaut zu sein. Sie warf ihm einen glühenden Blick zu, der vor Gift nur so strotzte. Er ließ sich davon nicht beeindrucken und griff Bahadur zusammen mit ihr an. Der vereinten Kraft von Azar im Furienmodus und dem entschlossenen Zetsu konnte der Lichtbringer kaum noch standhalten. Bahadur knurrte, aber das half ihm auch nicht. Sein Shinken glühte auf, Zetsu konnte spüren, wie in ihm genau dieselbe Verwandlung vor sich ging wie in Azar. Toll, gleich zwei Verrückte auf einmal. „Meister!“, hörte er erneut den schrillen Schrei des Feenshinjuu. Diesmal ließ sie sich nicht von Nanashi aufhalten, die nicht derartig schnell reagieren konnte. Paget flog zu Bahadur, der ihr allerdings nicht einmal einen Blick schenkte. „Meister!“, winselte sie noch einmal. „Tut das nicht, bitte!“ „Verschwinde!“, fauchte Bahadur und schlug einmal nach ihr, bevor er sich auf Azar stürzte. Zetsu ignorierte er dabei vollkommen. Der Silberhaarige ging einige Schritte zurück und beobachtete den wilden Kampf. Der Anblick besorgte ihn wirklich. Möglicherweise würden sich beide gegenseitig umbringen und keiner würde je wieder Probleme mit ihnen kriegen. Aber Zetsus Rache wäre damit immer noch verloren. Doch eingreifen konnte er nicht. Nicht nur wurde er von beiden ignoriert, er hatte das Gefühl, dass sie einige Level über ihm waren und er gnadenlos untergehen würde – auch wenn er sich das äußerst ungern eingestand. Paget flog zu Zetsu hinüber. Ihr flehender Blick jagte ihm einen Schauer über den Rücken. „Bitte, Akatsuki, du musst ihm helfen. Er wird wahnsinnig werden!“ „Ihm helfen?“, hakte Zetsu nach. „Du weißt, dass es mein Ziel ist, ihn zu töten, nicht? Das ist die einzige Hilfe, die ich ihm bieten kann.“ „Ich weiß“, sagte Paget. „Aber Azar kann ihn nicht besiegen! Du musst es tun!“ Ihr plötzlich Stimmungsumschwung von frech zu verzweifelt, irritierte Zetsu im ersten Moment ein wenig. Die Bitte, nein, der Befehl, kam so plötzlich und überraschend, dass er zuerst gar nicht darauf reagieren konnte. Verunsichert, wie zuletzt als Kind, sah er zu Nanashi hinüber. Sein Shinjuu wirkte ebenso irritiert wie er, weswegen sie seinen Blick nur mit einem Schulterzucken beantworten konnte. Er sah wieder Paget an. „Aber was soll ich tun? Er ist um einiges stärker als ich – und ich werde bestimmt nicht dermaßen viel Macht aus meinem Shinken ziehen.“ „Ich weiß, dass du das tun kannst, Akatsuki“, sagte Paget absolut überzeugt. „Du bist der einzige, der das kann – deswegen habe ich dich doch hierher geholt!“ „Was?“, fragte Zetsu verwirrt. Sie gab einen genervten Laut von sich. „Cain war nur ein Test. Er war auf demselben Level wie mein Meister, weil ich sehen wollte, ob du ihn aufhalten kannst. Aber jetzt ist es zu spät! Man kann ihn nur noch aufhalten, indem man ihn tötet!“ Ihre gehetzte Stimme verriet ihm, dass sie die Wahrheit sagte. Auch wenn er es äußerst seltsam fand. Sie hatte ihn also getestet, um zu sehen, ob er stark genug war, ihren Meister zu töten, sobald dieser dermaßen ausrasten würde? „Ich dachte, du unterstützt ihn“, erwiderte er. „Das tue ich auch – aber alles hat seine Grenzen! Jetzt beeil dich endlich!“ Seufzend begab er sich wieder in den Kampf, auch wenn dieser noch hitziger geworden war. Zuerst wurde er wieder von beiden ignoriert, doch als er es schaffte, Bahadur eine Verletzung am Rücken zuzufügen, fuhr dieser wutentbrannt zu ihm herum. Azar hielt im Kampf inne, scheinbar um sich zu erholen und Luft zu schnappen. Eingeschüchtert wich Zetsu zurück. Das Glitzern in den Augen des Lichtbringers gefiel ihm nicht – und der folgende Angriff des Mannes gab ihm recht. Statt die Pfeile abzuwehren, so wie Azar es getan hatte, wich Zetsu ihnen so schnell wie möglich aus. Lediglich den letzten Pfeil schleuderte er mithilfe seines Shinken zurück auf den Angreifer, der tatsächlich getroffen wurde. Mit einem erstickten Laut taumelte Bahadur zurück. Azar nutzte die Gelegenheit, vorzuspringen und ihre Klingen in seinem Rücken zu versenken. Ein weiterer Schrei, gefolgt von einem Blutschwall, kam aus Bahadurs Kehle. Zetsu trat ebenfalls dazu und stieß sein Shinken in den Brustkorb des Lichtbringers. Noch einmal schoss Blut aus seinem Mund, er gab gurgelnde Laute von sich – und hörte auf, sich zu bewegen. Kurz darauf löste er sich bereits in unzählige Manafunken auf, so wie all die anderen vor ihm. Nach diesem für Zetsu furchterregenden Kampf, den er hauptsächlich beobachtet hatte, kam ihm dieses Ende schon fast enttäuschend unspektakulär vor. Das befriedigende Gefühl, das Zetsu für die Vollendung seiner Rache erwartet hatte, blieb aus. Doch er machte sich keine Gedanken darum und schob es auf die Tatsache, dass er den Tod des Lichtbringers nur noch nicht wirklich realisiert hatte. Sobald dies geschehen war, so war er sich sicher, würde sich auch die Zufriedenheit einstellen. Dafür sah er plötzlich etwas vor sich. Eine seltsame Welt, die ihm bislang vollkommen unbekannt war. Sie war anders als die bisherigen Welten. Einzelne Inseln, jede mit anderen Wetterverhältnissen schwebten im um einen großen Felsen herum. Inmitten dieses Felsens gab es ein Loch, in dem sich irgendetwas, was einem Baum ähnelte, zu befinden schien. Er spürte genau, dass es dort, in dieser Welt, etwas gab, was er finden wollte, das, wonach er so lange gesucht hatte. Ja, es musste der Wohnort der verwaltenden Götter sein. Kaum war Bahadur verschwunden, wurden Azars Augen vollkommen leer, ihr Blick blieb unfixiert. Instinktiv machte Zetsu einen Schritt zurück, da er befürchtete, sie würde nun ihn angreifen, doch stattdessen kippte sie wortlos vornüber, ihr Shinken verschwand wieder. Zetsu kniete sich neben sie, Nanashi kam ebenfalls dazu und stellte nach nur einem kurzen Blick fest, dass Azar ohnmächtig war, was sie Zetsu auch sofort mitteilte. „Wenn es nur das ist...“ Er stand wieder auf. „Wollt Ihr sie so liegen lassen, Meister?“ „Jemand wird sie schon finden“, antwortete er. „Wir müssen weiter.“ Ratlos neigte Nanashi den Kopf. „Weiter? Wohin? Ich habe mir noch keine Gedanken darüber gemacht.“ „Musst du auch nicht.“ Er steckte sein Shinken ein und wandte sich seinem Shinjuu zu. Sein Gesicht war wieder vollkommen ernst. „Ich weiß schon, wo wir hinmüssen.“ „Seid Ihr sicher, Meister?“ „Ja!“, fauchte er. „Frag nicht immer so blöd!“ Nanashi zuckte zusammen. Er seufzte. „Also los, kümmern wir uns endlich um.“ Sie nickte langsam und öffnete einen Spirit Corridor. „Dann gehen wir.“ Gemeinsam gingen sie durch das Portal hindurch, das sich wie üblich hinter ihnen wieder schloss, so dass sie nicht mitbekamen, wie jemand das Dach betrat. Der silberhaarige junge Mann kniete sich neben Azar. Behutsam strich er ihr über die Stirn, worauf sie die Augen aufschlug. Sie lächelte, als sie den Mann erkannte. „Jacob... du lebst.“ Er nickte lächelnd. „Du weiß doch, so leicht kriegt man mich nicht klein.“ „Ich bin so froh...“ Sie schloss ihre tränennassen Augen erschöpft wieder. Vorsichtig Jacob sie auf seine Arme, um sie nach unten und dann zu einem Arzt zu bringen – und sich dann selbst als Held feiern zu lassen, obwohl er absolut nichts getan hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)