Master of disguise von Hypnos (-Wird nach und nach korrektur gelesen-) ================================================================================ Kapitel 3: ----------- Kazuhiro sah das Telefon eine Weile nachdenklich an - es war nur eine weitere Lüge für dieses falsche Leben. Wie immer. Wie stellte er es nun aber an, wenn einer der drei anderen aus Chiba kam? Unwahrscheinlich war das ja nicht. Und dann müsste er ja einen der anderen kennen. Wieso hatte er nicht gesagt, dass er noch immer in Yokosuka arbeitete? Es war immerhin weit genug weg, um als Tarnung durchzugehn. Nun ja, zu spät. Seufzend und kopfschüttelnd sah Kazuhiro auf und erblickte seinen Vater. "Du siehst schrecklich aus, mein Sohn." Die kalten Augen wanderten prüfend an Kazuhiro hinab. Suchten einen Fehler, der den Tod des Sohnes bedeuten konnte, ein nicht perfekter Sohn war unbrauchbar, das wusste Kazuhiro inzwischen, aber er dachte nie darüber nach, tat einfach nur seine Arbeit. "Ich weiß.", nuschelte er und senkte den Blick wieder. Diesem kalten, verachtenden Blick konnte er unmöglich länger standhalten. Er vermittelte ihm dieses inzwischen vertraute aber immer noch schreckliche Gefühl, kein Mensch zu sein. Nein, das war er nicht in den Augen dieses kaltblütigen, gierigen Mannes, für ihn war er nur ein Werkzeug, das zu funkionieren hatte und wenn es das nicht tun sollte, war es der Gnade der "Familie" überlassen. "Ich hoffe nur für dich, dass es wegen eines Auftrags ist." "Natürlich. Aber ich werde mir für den Auftrag auch noch eine Wohnung in Tateyama besorgen müssen." Kazuhiro bastelte innerlich weiter an dieser Lüge, diesem Kostüm, es war noch lange nicht perfekt und einige Lücken mussten noch gefüllt werden. In ihm machte sich Angst breit, dass die kalten Augen seines Vaters diese Lücken erkennen würden. Noch nie hatte er so viel von sich selbst in einer Verkleidung gehabt, nie war er derartig unvorsichtig gewesen. "Wieso denn?" "Es wird zu teuer, ständig dorthin zu fahren.", Kazuhiro schmunzelte leicht und verdeckte seine Sorgen, die er sich inzwischen machte. Die Kontrolle ging ihm nicht aus dem Kopf. Er musste vielleicht in die Wege leiten, dass sämtliche annähernde Beschreibungen seiner Person aus den Polizeipräsidien Japans verschwanden. Sonst würde er verhaftet und hätte sich somit selbst in den Tod geführt. Er griff nach dem Telefon und wählte die Nummer des Mafiabosses. "Hey, alter Mann, ich brauch ganz dringend deine Hilfe", sagte er hektisch, ehe dieser sich melden konnte. Die Angst begann, ihn in Besitz zu nehmen, seine Fingernägel krallten sich in das Polster des teuren Sessels auf dem er saß. "Was ist los?" Noch klang die Stimme des alten Mannes, der man den hohen Zigarrenkonsum anhörte, gelassen, nahezu gelangweilt, obwohl Kazuhiro sich NIE meldete wegen Problemen, die löste er immer selbst, dass er es dieses Mal tat, schien den Boss nicht mal zu interessieren. "Es kann sein, dass eine Beschreibung von mir bei den Behörden eingegangen ist. Die müssen verschwinden, und zwar schnell. Sonst kann ich nicht arbeiten." Seine Augen mussten voll von Angst sein, denn sein Vater grinste irgendwie selbstzufrieden und genoss das Leiden seines Sohnes sogar. Er goss ein wenig Wein in ein Gals und besah sich die Blutrote Flüssigkeit. "Bist du dir sicher?" nun klang auch der Boss erstaunt und ein wenig verunsichert. Es war das erste Mal, dass Kazuhiro DIESEN Unterton in der alten, verrauchten Stimme hörte. Und endlich fühlte er sich bestätigt, was seiner Angst aber kein Ende bereitete. "Ich bin ohne ersichtlichen Grund kontrolliert worden." Wieder kam ihm der unzufriedene Gesichtsausdruck des Polizisten in den Sinn. Das berichtete er allerdings nicht. Der selbstgefällige Ausdruck im Gesicht seines Vaters löste ein Gefühl der Übelkeit in ihm aus. "Ich werd sofort ein paar Leute bei der Polizei einschalten." "Danke." Nun erst entspannte sich Kazuhiros Hand und ließ den Sessel los. Er atmete erleichtert aus und konnte gar nicht aussprechen, wie Dankbar er dem alten Mann war. "Keine Ursache, ich will meinen besten Spion nicht verlieren. Und pass auf dich und deine Gefühle auf." Vernahm er da wirklich auch einen Hauch von Hohn in der Stimme des Bosses? Wenn ja, fand er das wirklich nicht allzu lustig. Diese Situation war nicht mehr für Scherze geeignet. "Natürlich.", Kazuhiro legte auf und vermied es, seinen Vater anzusehen. Er wollte nicht den triumphierenden Ausdruck in seinem Gesicht sehen. "Wieso kannst du so mit ihm reden?", fragte sein Vater nun argwöhnisch und nippte an seinem Rotwein. "Ich bin wichtig genug. Und außerdem ist es wirklich dringend." Nun war es an ihm selbstgefällig zu grinsen. Immerhin war er wichtiger für die Mafia als sein Vater, sein Vater hatte kein Talent, abgesehen davon, dass er gut darin war, Drogen und Waffen zu beschaffen. Kazuhiro stand auf und ging zum Fenster, öffnete es. Am liebsten würde er jetzt all seine überschüssige Energie in den Wind schreien und die endlose Nervosität abschütteln. Aber er musste sich auch hier beherrschen. Ihm durften einfach keine Fehler unterlaufen, er würde nicht so glimpflich davon kommen wie sein Bruder, der "nur" eine Folter über sich hatte ergehen lassen müssen. Auf die Gefühle aufpassen... Als ob das Nötig wäre - nur weil Yoshiki eben schon ein hübsches Mädchen abgab, hieß das nicht, dass er seine Arbeit vernachlässigen würde. Das wäre sein Ende, und Yoshikis noch dazu. "hide, gehen wir noch zusammen einen Trinken?", schlug Yoshiki vor und legte seinen Arm um Kazuhiro. Dieser grinste wieder, auch wen er bereits den leichten Duft von einem oder zwei Gläsern Whiskey in seinem Atem wahrnahm. Kaum zu glauben, dass so ein hübscher Junge eigentlich jetzt schon ein Wrack war, wo seine Probleme mit der Mafia eigentlich noch überschaubar waren. "Ich trinke zwar nicht - aber man soll hübschen Menschen ja keine Einladung abschlagen, richtig?" Nun schlich sich wieder ein Rotschimmer auf Yoshikis Wangen, als Kazuhiro ihm mit einem Finger über die Wange fuhr. Toshi warf ihm einen scharfen Blick zu. "Keine Panik, ich bring ihn heil zurück.", versprach Kazuhiro daraufhin dem Kleineren lächelnd und fuhr kurz durch Yoshikis Haare. Sie waren weich und rochen fruchtig, eigentlich hätte er Yoshiki nur zu gerne für sich behalten, ihn in eine eigene Wohnung irgendwo hier in Tateyama gebracht und mit ihm einen wunderschönen Abend verbracht, aber das würde wohl nur bestätigen, was Toshi sich gerade dachte. Nun fiel es ihm schon schwerer, seine Gefühle im Griff zu haben, zumal er eigentlich zurückhaltender sein wollte, was Einladungen von Yoshiki anging. Er hatte Angst um sich. Und um ihn. Ganz zu schweigen von seiner Familie, die er doch mehr liebte, als er es je zugeben würde. Sie gingen in eine kleine, dunkle Kneipe. Kleine Lampen über jedem Tisch tauchten den Raum in ein warmes Gelb. Yoshiki brachte ihm eine Cola mit, selbst nahm er vorerst mit selbigem vorlieb. Kazuhiro musterte ihn dabei genau, prägte sich jede Feinheit seiner Bewegungen ein. Ob es nun sinnvoll war oder nicht, er genoss es, mit seinen Augen dem schlanken Körper zu folgen, dabei zuzusehen, wie sich seine Haare bei jedem Schritt bewegten. Wie seine Kette leicht den Rhythmus seines Atems andeutete. Nein - er war nicht mehr verliebt, eigentlich war er schon hin und weg, aber das durfte nicht sein. Er schlug es sich wieder aus dem Kopf. Er war ein kaltblütiger Verbrecher, den ganz Japan suchte. So jemand durfte sich einfach nicht verlieben. Das wäre doch lächerlich! "hide, ich will mal ganz ehrlich mit dir reden." Yoshiki unterbrach mit seiner Stimme unsanft Kazuhiros Gedankengänge. "Klar, nur zu...", murmelte Kazuhiro und Stützte sein Kinn auf seiner Hand ab. Hatte Yoshiki noch immer genau im Blick. Dieser fingerte nervös an seinem Bierdeckel herum, was Kazuhiro nur noch neugieriger auf das machte, was er ihm zu sagen hatte. "Ich glaube, ich habe mich in dich verliebt, hide." Er schluckte. Nun durfte er seinen Gefühlen nicht freien Lauf lassen. Er hatte noch nie SO in dieser Situation gesteckt - wenn er es nun machte, wie vor einem Jahr bei der Milliardärstochter, wäre es um ihn geschehen, damals hatte er keine Gefühle entwickelt. Ein Kuss war völlig okay für ihn, er machte sie gefügiger, aber dieses Mal... Es war das erste Mal, dass der Boss ihn auf seine Gefühle angesprochen hatte. Vorher waren die nie von Belang gewesen, aber vorher war hide auch noch nie so unvorsichtig gewesen, noch nie hatte er sich größter Konzentration ausgesetzt, während er verkleidet war. Nie hatte er sich wirklich so in der Klemme gefühlt wegen so einer kleinen Angelegenheit. Dass Yoshiki so direkt damit umging wunderte ihn nur so lange, bis ihm der leichte Duft von Alkohol in seinem Atem wieder auffiel. Yoshiki schien so nahe, dass Kazuhiro vermeinte, seinen Atem zu spüren, wobei sie doch ein ganzer Tisch trennte. "Ich will dich nicht in Gefahr bringen... aber ich will, dass du es weißt." Nun horchte Kazuhiro auf: Gefahr? Wusste er, dass die Mafia hinter ihm her war? Nun ja, er konnte es dich wahrscheinlich denken, immerhin hatte er schon seit einem Jahr nicht gezahlt. "Welche Gefahr, Yoshiki?" "Ich rede nicht gern darüber... es ist eine wirklich ernste Sache, und deswegen rät Toshi mir auch davon ab, dieses Treffen zu halten. Allein mit dir zu sein." "Misstraut er mir?" Yoshiki biss sich auf die Unterlippe und nickte. Er kämpfte mit den Tränen und Kazuhiro hielt ihm seine Hand hin, woraufhin Yoshiki diese sofort fest ergriff. Er brauchte einen Moment, um sich seelisch wieder in seinem anderen Ich zu befinden. In Hideto Matsumoto. Diese Situation war die schwierigste überhaupt. Eine lange Zeit kam ihm nicht eine einzige Idee, wie er dieses Gespräch weiterführen sollte. "Was muss ich tun, damit er mir traut?" 'Weiter Lügen, du Idiot', beantwortete er sich selbst die Frage in Gedanken. Was durchaus die Wahrheit war, wie Kazuhiro ja selbst wusste. "Ich weiß es nicht...", flüsterte Yoshiki traurig und wich Kazuhiros Blicken aus. Wahrscheinlich wollte er eigentlich doch eine direkt Antwort. Wahrscheinlich wollte er eigentlich hören, was Kazuhiro fühlte, doch das würde er nicht preisgeben, bevor Yoshiki außer Gefahr war. "Wenn du weißt, wie ich ihm zeigen kann, dass ihr mir trauen könnt, sag es mir bitte. Ich will nicht, dass ihr mir misstraut." Wie viel Wahrheit doch in mancher Lüge steckte... Innerlich lächelte er traurig. Er wollte weg von hier. Es tat ihm nicht gut, so sehr gegen seine Gefühle zu reden. So sehr zu spielen, was die Wahrheit verzerrte. Wieso konnte er nicht so kaltblütig wie sonst auch an das alles herangehn? "Ich weiß nicht, wie ich ihn je von seiner Angst retten könnte. Erst, wenn es vorbei wäre, würde er wieder entspannt sein." Kazuhiro verkniff sich, zu fragen, was vorbei sein solle, er ahnte es bereits, Toshi war der, der seinem Boss eine ganze Menge schuldete; der, wegen dem sie hier saßen; der Grund, weshalb er Yoshiki überhaupt kannte. "Ich kann hier nicht darüber reden." "Dann... wenn du mit mir darüber reden willst... tun wir es woanders." "Ich will dich da nicht mit reinziehen." Wenn Yoshiki nur wüsste, er selbst steckte da wesentlich tiefer drin. Und für Kazuhiro gab es kein zurück mehr. "Dieser Ort hat erstaunlich viele Ohren...", murmelte Kazuhiro dann. Er konnte das dank seiner Jahrelangen Erfahrung inzwischen einschätzen. Und hier waren genug Gesichter, die er bereits gesehen hatte. Genug Ohren, die das, was Yoshiki sagte, nicht hören sollten. "Ja, das hat er...", Yoshiki seufzte und sah unzufrieden in die Cola. "Du hättest dir was Hochprozentiges holen sollen, wenn du dich abschießen willst.", murmelte Kazuhiro und nahm selbst einen Schluck Cola, er wusste zwar, dass Yoshiki schon Alkohol gehabt hatte, aber er ahnte auch, dass Yoshiki sich so von den Sorgen des Alltags befreite. Und er hatte es auch noch getan. Als Kazuhiro den traurigen, völlig betrunkenen Yoshiki nach Hause brachte, oder zumindest dorthin, wo Yoshiki schlafen wollte, murmelte dieser ihm wieder ein leises "Ich liebe dich" zu, lehnte seine Stirn an Kazuhiros Schläfe. Kazuhiro klammerte sich fester an Yoshiki. Erwiderte nichts. Er konnte das einfach nicht zulassen, dass er sein Leben vernichtete, mit ein paar Worten, seinen Gefühlen, einer kleinen Geste. Außerdem wurde ihm wirklich übel von dem Gestank des Alkohols aus Yoshikis Rachen. Dann allerdings kam ihm ein Gedanke, wie er vielleicht doch irgendwann seine Gefühle zeigen konnte - wenn sich zu gegebener Zeit vielleicht mit dem Boss verhandeln ließe... Wenn sie mit dieser Band das Geld zusammen hatten... Dann wäre Yoshiki wieder frei. Toshi ebenso, und dann war Zeit, diese Lüge auf ewig zu leben. Was aber, wenn es ganz anders laufen würde? Was, wenn sie Yoshiki töten würden? "He, Schatten, lass ihn los! Jetzt gehört er zu uns!", brüllte eine Stimme aus der Dunkelheit. Yoshiki blinzelte auf, verstand nichts von dieser Szene. Kazuhiro jedoch erkannte diese Stimme sofort. Er sah auf und sah bereits das schiefe Grinsen, das ihn so sehr an seinen Vater erinnerte. Der Schlagring funkelte im Licht einer Straßenlaterne und in seinen Augen las Kazuhiro bereits die Bösartigkeit und was er mit Yoshiki machen würde. "... nein...", flüsterte er verzweifelt. Es war sein eigener Bruder. Wie konnte das sein? Wieso gerade jetzt? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)