Höllenritt von abgemeldet (am Ende jeder Nacht wartet ein neuer Morgen) ================================================================================ Kapitel 1: ein teuflischer Auftrag ---------------------------------- “Im Namen Gottes banne ich dich! Schachmatt!” Bevor Jeanne auch nur nach der Schachfigur greifen konnte, wurde sie auch schon von Sindbad in den nahe gelegenen Park gezogen. “Die Schachfigur! Fynn…!” Während Fynn sich die Schachfigur schnappte, drängte Sindbad Jeanne nun in den Schatten eines Baumes. “Bist du verrückt?” Jeanne schlug mit ihren Fäusten auf Sindbads Brust, doch war diese Gegenwehr nicht ernst gemeint. “Du weißt schon noch, was du versprochen hast?” Wage erinnerte sich Jeanne an jenes Versprechen, das Chiaki ihr entlockt hatte: nach der ach so anstrengenden Arbeit wollten sie sich ein bisschen entspannen. Obwohl sich Jeanne – noch weniger Marron – nur schwer vorstellen konnte, wie sie sich bei solchen komplizierten Verrenkungen, nichts anderes war es, das Chiaki ihr versucht hatte zu erklären, entspannen sollten. “N-natürlich hab ich es nicht vergessen, aber lass uns wenigstens noch zurück gehen, ja?” Nur mit viel Überredungskunst schaffte Jeanne es tatsächlich Chiaki noch zum Warten zu überreden. Chiakis Ungeduld sei Dank, schafften sie den Weg zurück in der Hälfte der normalen Zeit. In ihrer Wohnung zurück hatte Marron eine kurze Verschnaufpause. Diese wurde sogleich genutzt, um ihren trockenen Hals mit einem kühlen Wasser zu versorgen. Nach einem Glas greifend entdeckte Marron einen pechschwarzen Brief auf ihrem Coachtisch. Das Glas entglitt ihren Händen und zerbrach auf dem Boden. Das Klopfen an der Tür war unwillkürlich Laut, doch da Chiaki wusste, dass die Tür offen war, wartete er nicht auf eine Antwort, trat statt dessen einfach ein – verschloss aber nun in weiser Voraussicht selbst die Tür – und fand Marron im Wohnzimmer. “Ich hoffe, dass ich dich nicht zu lange hab warten lassen.” Keine Reaktion. “Marron? Tut mir leid, wenn du…” Erst jetzt bemerkte Chiaki die Scherben auf dem Fußboden. “Marron?” Dieses Mal drehte sie sich zu ihm um. Zugleich trat sie einen Schritt zur Seite, sodass Chiakis Blick auf den Brief fiel. Fragend schaute er zu Marron, doch sie schien noch viel weniger zu verstehen als er selbst. Nach einigen Minuten des ratlosen Schweigens, konnte Chiaki Marron dazu überreden sich hinzusetzen. Eine heiße Schokolade später ging es ihr schon sichtbar besser, doch die Angst – Was würde jener Brief beinhalten? – war in ihren Augen immer noch sichtbar. Während Fynn und Access die Glasscherben aufräumten und nachdem sich auch Chiakis Nerven etwas beruhigt hatten, öffnete er nun endlich den Brief. Eine elegante Handschrift begleitete die wenigen Worte. Eine Bitte aus der Tiefe meines Herzens, wenn man den glauben mag, das auch ich eines besitze. Mögest du mir die Güte erweisen und mir helfen - es soll nicht zu deinem Nachteil sein. Luzifer Verständnislosigkeit breitete sich zwischen ihnen aus. Die Zeit schien still zu stehen. Marron schaute zu Chiaki und dieser beantwortete ihre unausgesprochene Frage sogleich mit einem Nicken: der Teufel persönlich hatte sie um einen Gefallen gebeten. Diese drückende Stille wurde von plötzlich ertönender Musik durchbrochen. Ohne nachzudenken liefen sie in die Küche und erblickten dort einen Dämon. “Oh, entschuldigen Sie bitte, ich wollte Sie nicht erschrecken. Aber ich muss Sie bitten, nun mit mir zu kommen, mein Meister wartet nicht gerne.” Ohne die Möglichkeit eines Protestes packte der Dämon sie an den Armen und nur wenige Sekunden später befanden sie sich dort, wo man als lebender Mensch auch nicht nur einen Augenblick verbringen möchte: in der Hölle. Das Atem fiel Marron schwer, doch Chiaki erinnerte sie daran, dass sie nicht allein war. Sogleich wurde eine weitere Tür geöffnete und hätte Jeanne – die Verwandlung hatte sich mit dem Überschreiten der Grenze automatisch vollzogen – nicht gewusst, wer ihr nun gegenübersaß, sie hätte es wahrscheinlich nicht geglaubt: eine so zierliche Gestalt, sodass man Angst hatte, dass auch nur eine Berührung dazu führen könnte, dass alles in sich zusammenbrach. Jedoch war die Eleganz, die von ihm ausging, nicht zu übersehen und seine Macht war fast greifbar. “Ich bin ja so froh, dass Ihr meiner Einladung nach gegangen seit.” Seine melodische Stimme durchströmte den gesamten Raum. “Was willst du?” Sindbad stand schützend vor Jeanne, obwohl diese gar nicht beschützt werden wollte. “Also eigentlich wollte er mit mir sprechen.” Jeanne versuchte an Sindbad vorbei zu kommen, doch dieser dachte nicht einmal daran Jeanne noch näher an dieses Monster heran zu lassen, schaute sie stattdessen nur mit einem verärgertem Blick an und lies ihre Beschwere des Weiteren unbeachtet. “Wie amüsant. Ich möchte ja nicht als unhöfflich erscheinen, aber ich glaube, dass Ihr gerne wissen würdet, warum ich dich hierher bestellt habe – deinen Begleiter wird es aber mit Sicherheit ebenso interessieren.” Ein Lächeln zeigte sich auf seinen Lippen, doch auch jetzt konnte man die Boshaftigkeit, die von ihm ausging, fast körperlich spüren. “Obwohl, ich muss sagen, es ist wirklich ein Vergnügen euch beiden zu zusehen. Nichts desto trotz, ich habe einen Auftrag für dich.” Sein Blick war ohne Zweifel auf Jeanne gerichtet. “Ein Dämon ist mit entflohen und ich möchte, dass du ihn mir zurück holst. Ein einfaches Schachmatt genügt.” Fassungslosigkeit breitete sich auf Sindbads Gesicht aus. “Das ist doch ein Witz. Jeder Dämon den wir Schachmatt setzen wurde von dir geschickt!” Luzifers Aufmerksamkeit galt für einen kurzen Moment Sindbad, doch wandte er sich schnell wieder an Jeanne. “Es gab…Komplikationen. Und wenn du mir diesen Gefallen tust”, setzte er noch schnell hinzu,” würde ich auch mit mir reden lassen. Ein kleiner Waffenstillstand ist hierbei nicht ausgeschlossen.” Sindbad wollte ihm gerade sagen wie wahnwitzig diese Idee war und das sie ihm diese Bitte, wie er es nannte, nicht erfüllen würden, doch Jeanne kam ihm zuvor. “Da du ihn nicht selbst suchst, muss es doch ein Problem bei dieser Sache geben, oder irre ich mich etwa?” Luzifers Miene erhellte sich sichtbar. “Nun ja, da gibt es in der Tat eine Kleinigkeit: ich weiß leider nicht wo der Dämon sich im Moment befindet. Er muss zwar irgendwo in der Stadt sein, aber wo? Ich habe leider keine Ahnung.” Sindbad wollte Jeanne an den Armen packen und so lange schütteln bis sie wieder bei Verstand war, doch selbst das würde bei ihr wahrscheinlich zu nichts führen. “In Ordnung. Wie viel Zeit haben wir?” Luzifers Gemüht ging es von Sekunde zu Sekunde besser. “Hervorragend!” Er stand auf und klatschte zufrieden in die Hände. “Ihr habt zwei Tage, den heutigen mit eingeschlossen. Also eigentlich nur einen, aber ihr schafft das schon! Ich muss jetzt noch ein paar Dinge erledigen, doch wir sehen uns ja bald wieder.” Luzifer verschwand ohne weitere Worte – warum musste er auch nur immer so einen Auftritt hinlegen? Jeanne und Sindband wurden zurück geführt, bis zu der Grenze seines Reiches. Nur Sekunden später standen sie wieder im Momokuri Vergnügungspark. “Kannst du mir mal erklären was das sollte?” Doch anstatt zu antworten lief Marron - nun wieder zurück verwandelt - einfach weiter. Dieses Mal jedoch, lies Chiaki nicht locker. Abrupt hielt er Marron am Arm fest, sodass sie fast gestolpert wäre. “Kannst du nicht…” Bei seinem Anblick versagte ihre Stimme. So wütend hatte sie ihn noch nie gesehen. “Ich verstehe es einfach nicht! Warum hast du seine ‘Bitte’ angenommen?” Er war verzweifelt, aber nicht, weil sie nicht wussten wie sie dieses Problem lösten sollten, vielmehr, weil er sich um Marron sorgte. “Er ist doch auch nur ein – ein Lebewesen.” Chiaki lies ihren Arm los. “Nicht~” Die Distanz zwischen ihnen war in der letzten Zeit schon groß genug gewesen, aus verschiedenen Gründen, doch wollte Marron diese Situation nicht noch verschlimmern. Sie schlang ihre Arme um seinen Körper und genoss diese angenehme Wärme. Tränen flossen, unausgesprochene Worte verhallten und ein kühler Wind wehte durch die heran brechende Nacht. Ohne den anderen möglicherweise durch weitere Worte zu verletzen, liefen sie – trotz dessen Arm in Arm – in Richtung ihrer Wohnungen. Irgendwann dort angekommen, die Zeit spielte in diesem Moment keine Rolle, wollte Marron in ihre Wohnung, doch Chiaki lies dies nicht zu. Er zog Marron mit zu sich und lies die Tür achtlos in das Schloss fallen. Die Schuhe wurden ausgezogen, nur ungefähr wussten sie wo diese gelandet waren und noch in Sachen legten sie sich in das Bett. Obwohl seine Wut immer noch nicht vollkommen verschwunden war, lies Chiaki Marron diese Nacht nicht einmal für einen Augenblick los. “Wir haben also nur noch den heutigen Tag.” Eine Feststellung, keine Frage und dennoch für Marron unvorstellbar wertvoll. “Du hilfst mir?” Zuversicht und Hoffnung spiegelten sich auf ihrem Gesicht wieder, aber vor allem Dankbarkeit. “Natürlich. Ich wäre ja ein toller Verlobter wenn ich das nicht tun würde.” Ohne weiterhin auch nur den geringsten Zweifel an Chiaki zu hegen, stand Marron vom Frühstückstisch auf und setzte sich statt dessen auf Chiakis Schoß. “Und hast du auch schon eine Idee wie wir das schaffen wollen? Ohne einen Anhaltspunkt wird es schwer werden diesen Dämon zu finden.” Marron zeichnete in beruhigenden Bewegungen kleine Muster auf Chiakis Schulter. “Die Stadt absuchen?” Chiaki lachte, dass erste Mal seit langem. “Dann lass uns noch ein bisschen was essen bevor wir losgehen, außer du willst dem Dämon mit knurrendem Magen gegenüberstehen.” Beide stimmten in ein fröhliches Lachen ein und in diesem Moment dachte niemand an mögliche Schwierigkeiten des anbrechenden Tages. Die erste Stunde der Suche war nicht sehr ergiebig, die zweite war nicht viel besser und von der dritten Stunde erst gar nicht zu sprechen. „So wird das nichts.“ Chiaki blieb vor Marron stehen und streifte dabei wie zufällig mit seiner Hand über ihren Arm, bis sich schließlich ihre Finger miteinander verschränkten. „Vielleicht sollten wir uns noch einmal in Ruhe etwas überlegen.“ Es fiel Marron sichtlich schwer ihm nachzugeben, doch da sie wusste, dass Chiaki recht hatte, lies sie sich von ihm zu einer kurzen Pause überreden. „Und wenn wir ihn gar nicht finden?“ Verzweiflung breitete sich in Marron aus. „Natürlich finden wir ihn. Wir brauchen nur noch etwas Zeit und eine gute Idee, wenn möglich.“ Nach wenigen Minuten des Erholens setzten sie ihre Suche fort. Doch selbst als die Sonne hinter dem Horizont verschwand und die Nacht ihre Flüge über der Stadt ausbreitet, war von jenem Dämon nichts zu sehen. Der Mond, diese Nacht in voller Blüte, erhob sich hinter den schweren Wolken und erleuchtete mit sanften Licht die dunklen Straßen. Erschöpft ließen sich Marron und Chiaki auf eine Bank nieder sinken. „Der Tag ist fast vorbei.“ Eine Tatsache, die nicht noch mehr unnötiger Worte bedurfte. Chiaki strich Marron eine vorwitzige Strähne aus dem Gesicht. „Etwas Zeit bleibt uns noch.“ Doch Marron schüttelte nur stur den Kopf. „Und wo sollen wir noch suchen? Wir haben doch schon...“ Als Marron während diesem eigentlich aussichtslosem Wiederspruch gedankenverloren in den Himmel schaute, fand sie das fehlende Puzzelteil. Ohne etwas zu erklären stand sie auf und zog Chiaki einfach am Arm hinter sich her. „Marron?“ Chiaki verstand zwar noch nicht, doch folgte er ihr ohne zu zögern. „Erklärst du es mir?“ Chiaki folgte Marron bis sie wieder bei ihren Wohnungen ankamen, doch anstatt hinein zugehen, stieg Marron bis auf das Dach. „Eigentlich ist es ganz einfach. Wir können den Dämon gar nicht finden, denn er ist nicht in der Stadt, also zumindest an keinem Ort, wo wir bisher gesucht haben.“ Chiaki versuchte Marron zu folgen, doch ergaben ihre Worte noch keinen Sinn. „Und weiter?“ Plötzlich blieb sie stehen und drehte sich zu Chiaki um. „Der Dämon ist dort, wo er Luzifer am nächsten sein kann.“ Ohne weitere Worte öffnete Marron die Tür und zusammen mit Chiaki trat sie auf das Dach hinaus. Ihnen gegenüber, am Ende des Daches, erblickten sie ihn oder sie? „Ist der Mond heute nicht wunderschön?“ Mit einem Lächeln auf den seidigen Lippen, drehte sich die junge Frau um. „Ich bin wirklich froh, dass Sie mich gefunden haben.“ Jetzt verstand auch Chiaki, weshalb auch er ein kleines Lächeln nicht länger unterdrücken konnte. „Sie wollten gar nicht weg, oder?“ Marron war sich sicher, doch wollte sie es von ihr noch einmal hören. „Ja. Luzifer kann manchmal wirklich launisch sein und irgendwer muss ihm doch mal zeigen, dass das so nicht weiter gehen kann. Es tut mir leid, dass ich Sie hab so in Anspruch genommen, aber ich war mir sicher, dass Sie mich finden würden.“ „Aber warum hier? Das versteh ich noch nicht ganz.“ Doch anstatt das der Dämon antwortete, gab Marron Chiaki die gesuchte Antwort: „So wie der Tag unserem Herrn gehört, ist die Nacht Luzifer treu ergeben. Und wo kann man ihm an so einem Tag am nächsten sein?“ Chiaki nickte und verstand worauf sie hinaus wollte: der Mond war die Verbindung zu Luzifers Reich. „Ich möchte nicht als unhöflich erscheinen, aber würde es Ihnen etwas ausmachen, mich zu ihm zurück zu schicken? Auch wenn er manchmal ein bisschen schwierig ist, so kann ich doch nicht lange ohne ihn sein.“ Ohne weitere Verzögerung verwandelte sich Marron in Jeanne. Sich an Chiaki schmiegend, setzte sie den Dämon Schachmatt. „Wenn es doch immer so leicht sein würde!“ Chiaki lachte und Marron stimmte in sein Lachen ein. Am folgendem Tag fand Marron eine schwarze Rose auf ihrem Coachtisch, zusammen mit einer kurzen Nachricht (wieder in dieser eleganten Handschrift): Danke...das Versprechen von einem kurzfristigem Waffenstillstand kann ich leider nicht einhalten. Aber zumindest lass ich euch morgen in Ruhe...vielen Dank... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)