I never wanted to leave you alone von Queen_Of_Wands ================================================================================ Kapitel 1: Supernova -------------------- Er fand sie alleine. Alleine in ihrem Zimmer, wo sie sich in einer Ecke zu einer warmen Kugel zusammengerollt hatte. Das lange, straßenköterblonde Haar fiel ihr in sanften Wellen über ihre Schultern. Selbst der ungepflegte Zustand ihres Körpers konnte ihre Schönheit und die Anmut, die sie eigentlich besaß, nicht verstecken. In dem Moment, in dem er sie so sah, wusste er, dass die Woche, die er sie alleine gelassen hatte, sie beinahe gebrochen hatte. Im selben Augenblick stieg eine fast unvorstellbare Wut in ihm auf. Wut auf sich selber und Wut auf die Menschen, die Lilith in ihren Wahnsinn getrieben hatten. Wut auf die Menschen, die ihm seinen Engel gestohlen hatten und ihn dazu gezwungen hatten, sich jeden Tag und jede Nacht aufopfernd um das zerbrechliche Wesen zu kümmern. Nicht, dass er es nicht gerne tat, doch manchmal war der Stress selbst für ihn zu viel. Aber, wenn er sie alleine ließ würde es keine Hoffnung mehr für die Blonde geben, dass sie jemals wieder gesund würde. You´re like a seraphim You´re good to the bone The slightest mending could not finely hone You would not make it if you were on your own And this is why I´ll never leave you alone Samuel riss sich zusammen, strich das dunkelbraune Haar aus den Augen und machte einen-dann noch einen- Schritt auf Lilith zu. Er hockte sich vor ihr hin und flüsterte ihren Namen, so wie man ein kleines Kind ruft, das man aufwecken möchte. Doch sie reagierte nicht. „Lilith…hey, ich bin´s. Du kennst mich doch noch, oder?“ Seine Worte taten ihm selber weh. Bei ihr musste man immer mit einem plötzlichen Gedächtnisverlust rechnen. Doch er wusste nicht einmal, woher ihre schlechte Verfassung rührte. Das erste Mal hatte er bemerkt, dass etwas an ihr anders war, als sie vollkommen verzweifelt versucht hatte, ihm zu helfen. Es war von Anfang an klar gewesen, dass es nichts bringen würde und Samuel wollte gar nicht an die Situation zurückdenken. Lilith war ihm bis dahin immer so stark vorgekommen, doch als sie nach all dem den ersten Nervenzusammenbruch erlitt, waren alle seine Illusionen geplatzt, wie eine Seifenblase. Genauso war es jetzt, als er sie wieder ansah. Er hatte gedacht, sie sei auf dem Weg der Besserung. Aber jetzt war sie wieder da, wo sie damals gewesen war: verschreckt, in sich alleine zurückgezogen; und das alles nur, weil sie versucht hatte, ihm über die Hürde zu helfen, an der er selber gescheitert war. Er wusste nicht, warum es soweit gekommen war, doch eins wusste er ganz sicher: Sie hätte es niemals versuchen dürfen. You can´t start from Where I end You can´t start from Where I end Als Samuel Lilith dieses Mal ansprach und sie dazu auch noch mit der Hand berührte, reagierte sie endlich. Sie hob den Kopf, drehte sich in ihrer halb liegenden, halb sitzenden Position zu ihm um und öffnete den Mund. „Sam…“ Ihre Augen waren stumpf und hatten keinerlei Ausdruck. „Du bist wiedergekommen“ „Natürlich“, sein Mund wurde trocken. „Was hast du denn erwartet.“ Doch er bekam keine Antwort mehr. Sie hatte sich zwar an ihn geklammert, doch sonst zeigte sie, außer einem leichten Schluchzen, keine Reaktion. Und in diesem Moment fasste Samuel einen Entschluss. Er schüttelte die Arme des Mädchens ab und erhob sich wieder, auch wenn es ihm fast das Herz zerbrach. „Du kommst mit mir. Bei mir zu Hause kann ich besser auf dich aufpassen als hier.“ Samuel wollte Die Blonde packen und sie in die Höhe ziehen, doch sie wehrte ihn sanft aber bestimmt ab. „Aber mir geht es doch gut hier. Ich habe alles, was ich brauche“ Sie blickte ihm fast schon verständnislos in die Augen. Hatte sie das jetzt ernst gemeint? Das konnte doch nicht sein. Das konnte nicht ihr Ernst sein. Er wollte…nein, er durfte es ihr nicht glauben. Wenn er sie jetzt alleine ließ, wenn er jetzt zuließ, dass sie von ihm ging, dann hatte er verloren. Für immer. Samuel schluckte. „Hör zu, ich weiß, was dein Problem ist. Aber wir können es schaffen, wenn wir zusammenhalten. Glaub mir doch. Nur weil du einmal gescheitert bist, muss das nicht wieder passieren“ Sam wusste, dass er nur unzusammenhängendes Zeug von sich gab, doch er war sich auch bewusst, dass es ihr nicht einmal auffallen würde. Manchmal hatte er sogar das Gefühl, sie könne seine Gedanken lesen und wenn er ehrlich war, machte ihm die Vorstellung Angst. Lilith war so sprunghaft, so instabil und das Gefühl, dass so jemand auf irgendeine Weise Macht über seine Gedanken hatte, sorgte dafür, dass ihm ein kalter Schauer über den Rücken lief. Unwillkürlich machte er einen Schritt zurück. Und dann, vollkommen unvermittelt, wandte sich die Blonde ihm wieder zu. Ihr Blick war eiskalt, durchbohrte ihn förmlich…und dann fing sie an zu lächeln. You walked into my trap And I let it spring (follow me home) Because someone should take you under his wing (follow me home) You felt the cleansing of my pain-killing sting (follow me home) Now if you need some more just give me a ring Es war das aufrichtigste und glücklichste Lächeln, das er je auf ihren Lippen gesehen hatte. So langsam wurde Samuel die ganze Sache zu heikel. Das war doch nicht mehr normal, was hier ablief. Nicht einmal für Liliths Verhältnisse. Er wusste ja, dass ihre Stimmung schnell umspringen konnte…aber so krass hatte selbst er das noch nie erlebt. Und er hatte sie früher jeden Tag besucht. Was war also passiert? „Du hast mir schon genug geholfen“ Liliths Stimme war so sanft, dass Samuel kurz zweifelte, dass es wirklich ihre eigene war. „Aber jetzt ist es zu Ende. Ich brauche deine Hilfe nicht mehr. Ich…schaffe das alleine. Mach nicht den Fehler, den ich auch gemacht habe“ You can´t start from Where I end You can´t start from Where I end „Aber…” „Nein, geh jetzt. Bitte.“ „Aber ich…“ „Ich habe gesagt du sollst gehen“, ihre Stimme blieb oberflächlich freundlich, doch Samuel entging der bestimmte, drohende und gleichzeitig schneidende Tonfall nicht entgangen. „Ich…“ „Geh jetzt, Samuel“ sie kam auf ihn zu und schob ihn bestimmt von sich. „Und komm nicht wieder“ Samuel hatte nur zögernd das Haus verlassen. Nun lehnte er an einer Hauswand und starrte stumpf in die Luft. Am liebsten würde er jetzt schreien. Einfach nur herausschreien, wie schwach und hilflos er sich nun fühlte, wie wenig er ihr eigentlich hatte helfen können. Plötzlich spürte der Braunhaarige etwas auf sein Gesicht tropfen. Er sah nach oben. Der Himmel hatte sich verdunkelt und es hatte zu regnen begonnen. Das war ja jetzt klar, dachte er bei sich wie in einem schlechten Film. Jetzt war die Melancholie wirklich perfekt. Sam stieß sich von der Wand ab und machte sich auf den Weg. Wohin wusste er nicht. Einfach weg. Schon nach wenigen Schritten war er bis auf die Knochen durchnässt. Er hatte doch noch so viel mit ihr vorgehabt. Er hatte sie gesund machen wollen. Aber jetzt… Er wusste, er hätte es geschafft, wenn sie ihn gelassen hätte. Sie hätte dann wieder so stark sein können wie früher. Unite and take over-create a supernova Unite and take over-create a supernova You can start from Where I am You can start from Where I am Sie hatte ihm das genommen, was ihm am wichtigsten war. Und das war sie selbst. Er wusste, dass er sie verloren hatte. Selbst wenn er zu ihr zurückkehren würde, würde sie ihn nicht einmal bemerken. Sie hatte ihn umgebracht. Zumindest für sich, in ihrer kleinen Welt, in der ihre eigenen Regeln galten. Für Lilith war Samuel jetzt tot. Das wusste er. Er wusste nicht, warum sie es so plötzlich getan hatte. Oder doch, aber er wollte es nicht wahr haben. Sie hatte seine Hilfe noch nie gewollt, aber sie war zu schwach gewesen, es durchzusetzen. Was ihr jetzt die Kraft dazu gegeben hatte, konnte er sich beim besten Willen nicht vorstellen. Aber das war jetzt sowieso egal. Es war alles egal. Er hatte den einzigen Menschen verloren, der ihm wichtig war und die Erkenntnis zerriss ihm das Herz. Er wollte-er musste- sie wiederhaben, doch der Wunsch war unerfüllbar. Unite and take over-create a supernova Unite and take over-create a supernova Was war nur passiert? Eine Woche, nachdem Lilith ihn so grob aus ihrem Leben geworfen hatte, lief Samuel wieder durch die Gegend. Das erste Mal, dass er sich wieder an der Öffentlichkeit zeigte. Oder auch nicht, denn er nahm nur verlassene Straßen. Doch er wusste, wohin er wollte. Er konnte so nicht weitermachen, das hatte er in dieser einen Woche gemerkt. Er brauchte sie zum Leben und er würde sie nie vergessen. Ihm war klar geworden, dass er sie nicht um ihren Willen vor allem hatte beschützen wollen, sondern dass es reiner Eigennutz gewesen war. Denn wäre es anders gewesen, hätte er schon lange gemerkt, dass sie ihn eigentlich nicht hatte um sich haben wollen. Samuel verfluchte sich selber. Er hatte gedacht, sie wäre abhängig von ihm, doch es war genau umgekehrt. Und jetzt konnte er einfach nicht mehr. Er war vollkommen alleine-niemand der ihm half. Was nützte sein Leben denn, wenn er jede Sekunde nur an Lilith dachte und dadurch zu nichts anderem mehr in der Lage war. Unite and take over-now I´ve got you deep inside me Samuel erreichte sein Ziel früher als gedacht. War er wirklich so schnell gegangen, fragte er sich. Aber die Antwort machte auch nichts mehr aus. Ob es jetzt so war oder nicht, hatte es eine Bedeutung? Eigentlich nicht. Denn Samuel wusste schon, was er tun musste. Er hatte Lilith zu tief in seinem Leben verankert und würde sie nicht mehr loswerden. Der Braunhaarige stand auf der Brücke mit dem verrosteten, früher einmal rot angestrichenen, Geländer und starrte in das reißende Wasser des Flusses unter ihm. Niemand kam hier hin, denn die Gegend war verlassen, dreckig und einsam. Aber genauso fühlte Samuel sich jetzt. Also der perfekte Ort für ihn. Seine Gedanken schweiften ab, aber er riss sich schnell zusammen. Jetzt durfte er an nichts denken. Er musste das jetzt einfach durchziehen, sonst würde er sich in genau die leere Hülle verwandeln, für die er Lilith gehalten hatte. Eine Frage stieg in ihm hoch, die er einfach nicht unterdrücken konnte, ihn aber dennoch nicht von seinem Vorhaben abhalten würde. Unite and take over-now I´ve got you deep inside my soul Wird mich jemand vermissen, wenn ich jetzt springe? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)