A Stars Tale von Sam_Linnifer (Storys underneath the tree of life) ================================================================================ Kapitel 2: 13.A Stars Heart - Back to Future -------------------------------------------- „Wach auf…“ Unruhig drehte sich das Mädchen im Schlaf herum, vernahm nicht, wie die zerschlissene Decke beinahe lautlos zu Boden fiel. Wohl aber spürte sie bald schon die Kälte, der sie sich, des dürftigen Schutzschildes beraubt hilflos ausgeliefert sah. „Wach auf…“ Sie erzitterte im Schlaf, hatte das alte Kissen fest umfangen. „Es ist Zeit…“ Das Mädchen wurde still. Und dann langsam, ganz langsam schlug es die Augen auf und blinzelte benommen in das Dämmerlicht des Tages. Fröstelnd setzte es sich auf und schlang die Arme um den mageren Leib. Was hatte sie geweckt? Ihr war, als hätte sie eine fremde Stimme vernommen, doch wie konnte sie glauben hier sollte weit und breit jemand sein? Sie hoffte auch, dass dem keinesfalls so war. Der dürftige Unterschlupf war ihr gesamtes Habe erneut vertrieben zu sein so kurz vor Einbruch des Winters wäre ein beinahe sicherer Tod. Sie entdeckte die Decke unten am Boden und ergriff selbige, um sich hineinzuhüllen, es half nicht viel, aber ein wenig gegen die Kälte. Angespannt, lauschte sie, doch da war nur das Heulen des Windes, das Klappern der verbliebenen Läden und das allgegenwärtige, todesnahe Seufzen des alten Gebäudes. Keine Stimmen, sie wagte aufzuatmen. Dennoch war sie von dem unwiderstehlichen Drang erfüllt, nach draußen zu gehen. Es war wie ein Sog, dem sie nicht entrinnen konnte. Mit dem braunen Wolltuch über den schmalen Schultern kletterte sie behutsam über die knarzenden Stufen der morschen Treppe und passierte die verzogenen Türrahmen bis sie unten auf der Straße stand. Gerade erhob sich eine blasse, kraftlose Sonne mit blutrotem Schein am Horizont und tauchte die zerstörten Ruinen der Stadt in ein ungesundes Licht nervös blickte das Mädchen sich um. War doch jemand hier? Sie spürte eine Präsenz, spürte, dass etwas anders war als sonst. Wen aber konnte es hierher verschlagen haben? Dorthin, wo der Gestank des Todes einem Sinn und Atem rauben konnte. Die Welt lag im Sterben und normalerweise flohen sie fort von dem Verfall nicht hinein in sein Zentrum. „Ist da wer?“, rief sie und lauschte dem Echo ihrer eigenen Stimme, das die einzige Antwort war. Unsicher ging sie ein Stück die ehemalige Straße hinunter. Es musste einfach jemand hier sein… Das ungute Gefühl nahm zu und ihr Puls beschleunigte sich. „Wer bist du? Zeige dich!“, rief sie und legte mehr Mut und mehr Kraft in ihre Stimme, als sie hatte und verspürte. Dafür zuckte sie bei der unerwarteten Antwort zusammen. „Eve, sieh mal, hier ist noch jemand“, erklang eine dunkle, männliche Stimme. Das Mädchen stand wie erstarrt, als vor ihren Augen ein Fremder zwischen zwei Ruinen hervortrat. Das Licht der Sonne im Rücken konnte man seine Gestalt nicht recht erkennen, doch die trübe Helligkeit verrann schnell, während der Blick des Jungen Kriegers auf dem Mädchen ruhte, wie erstarrt war er stehen geblieben. Und auch sie sah ihn unsicher an. Er war groß, hatte breite Schultern und trug die Kleidung eines Söldners, der Griff eines mächtigen Schwertes ragte über seine Schultern und sein Umhang wehte im kalten Winterwind. Genau wie einige Strähnen seines halblangen dunkelbraunen Haares. Seine Augen waren es, die sie fesselten. Sie waren golden, sie hatte noch niemals einen Menschen mit solchen Augen gesehen und niemals hatte ein Mensch sie auf die Weise angeschaut, wie er es jetzt tat. So… Vorbehaltslos. Auch der Krieger schien von seinem Gegenüber fasziniert. Für einen Betrachter vielleicht schwer zu verstehen, denn das Mädchen war schmächtig und wirkte verwahrlost, seine Haltung verhieß, dass es bereit war jeden Augenblick davonzulaufen. Sie hatte lange, schwarze Haare erst bei näherer Betrachtung erkannte man die feinen Gesichtszüge. Von all dem Schmutz befreit musste sie wohlmöglich doch recht hübsch sein, doch auch er blickte gebannt in ihre roten Augen. Ganz langsam wich das Mädchen ein wenig zurück. „Wer bist du?“, fragte es und wunderte sich, warum seine Stimme so heiser war. Der junge Mann verharrte einen Moment, ehe er antwortete. „Sie nennen mich Samuel, beim Namen der Fremden, der Irrenden und Suchenden, jener, die keinen eigenen mehr besitzen.“ Der ruhige Klang seiner Stimme, die Schwere seiner Worte drang ihr durch Mark und Bein, sie wollte antworten und wusste nicht was. Sie wollte fliehen und konnte sich nicht rühren. „Und wer bist du?“ „Mein Name ist Lilith“, flüsterte sie. „Was ist los, Sam, was tust du hier?“, eine zweite Stimme erklang. Sie erinnerte Lilith an den klaren Klang eines Glockenspieles, das sie vor Jahren einmal bewundern konnte. Es war der schönste Laut, den sie je vernommen hatte. Eine zierliche junge Frau gesellte sich an die Seite des Kriegers und musterte Lilith aus hellen Augen. Der Blick war so eindringlich, dass das Mädchen ihn beinahe körperlich spürte. Angst wallte in ihr auf, als die Miene der anderen sich änderte, ein kühler Ausdruck zu Tage trat. „Ich habe einen Überlebenden gefunden“, antwortete Samuel, „sie ist…“ Eve trat einen Schritt nach vorn und veränderte ihre Haltung, sie wirkte nun lauernd, wie eine Katze bereit zum Sprung auf ihre Beute. „Sie ist die, die wir suchen“, unterbrach sie ihren Begleiter harsch. Samuel sah erstaunt zu Eve, dann zu Lilith. Dieses Mädchen? Das konnte doch nicht… SIE sollte die Welt zerstören? Sie sah nicht aus, als könnte sie auch nur einer Fliege etwas zu Leide tun und außerdem… „Du musst dich irren.“ „Was?“, erstaunt blickte sie zu ihm. „Das tue ich gewiss nicht! Sie ist es, das spüre ich!“ Eve verengte die goldgrünen Augen zu Schlitzen. „Daran gibt es keinen Zweifel. Sie ist die, die wir töten müssen, um den Baum zu retten.“ Lilith hatte genug gehört, sie hörte auf sich mit ihren wirren Gedanken zu befassen, warf dem Krieger noch einen kurzen Blick zu, dann rannte sie los. „Hey, sie haut ab, schnell!“ Hörte sie die Fremde rufen und legte an Tempo zu. Das war ihre Stadt, hier würde sie… Doch schon hörte sie hinter sich das Geräusch wuchtiger Schritte auf dem Pflaster. Wie konnte es sein…? „Warum läufst du weg?“, flüsterte eine hämische Stimme in Liliths Gedanken. „Du kannst nicht entkommen, sie werden dich töten oder du wirst draußen in der Kälte sterben, einsam und allein. Ergib dich deinem Schicksal.“ Nein, dachte das Mädchen und rannte noch ein wenig schneller, sah nicht zurück, nur nach vorn und floh ganz instinktiv, sie kannte jeden einzelnen Stein. Ich will leben. Ich kann nichts für meine Geburt, ich habe es mir nicht ausgesucht. Es ist nicht meine Schuld! „Warte!“ Wie konnte er bei diesem Tempo noch sprechen? „Bitte bleib stehen, ich tue dir nichts!“ nein, du willst mich nur töten, dachte sie bitter. Aber was war das für ein Ton in seiner Stimme? Was war das für ein Gefühl, das sie… Die Ablenkung ihrer Gedanken wurde ihr zum Verhängnis. Längst hatte die Flucht hinaufgeführt auf die brüchigen Dächer der Ruinen, dorthin wo er ihr, so hatte sie geglaubt, gehofft, nicht würde folgen können. Jetzt schien selbst er Ort sich gegen sie zu verschwören. Morsche Ziegel brachen unter ihrem Tritt und Lilith konnte nicht mehr reagieren. Sie schrie auf und stürzte mit dem sicheren Wissen, dass der Fall in jenes Loch sie das Leben kosten würde. Dabei war doch alles, was sie gewollt hatte, ein wenig Freiheit sie hatte nur… Vielleicht meinte es das Schicksal doch ein wenig besser mit ihr, als sie gedacht hatte. Plötzlich schlossen sich seine Arme in festem Griff um ihren Körper und der Schwung seines Sprunges brachte sie fort von der Einbruchstelle. Er schützte sie mit seinem Körper, als er auf das Dach knallte ein Stück schlitterte und sicher nahe des Giebels liegenblieb. Erst jetzt wagte sie wieder zu atmen, ihr Herz hämmerte als sie ihn ansah. Warum? Sie formte es stumm mit den Lippen, brachte keinen Ton hervor. Warum hatte er sie gerettet, wenn er sie doch ohnehin töten wollte? Töten musste? Er schien sich dasselbe zu fragen, blickte ihr forschend ins Gesicht und er ließ sie nicht los. Dann schüttelte er den Kopf. „Ich kann dich nicht sterben lassen“, stellte er fest und Lilith starrte ihn verwirrt und erstaunt an. „Ich kann einfach nicht… Sie muss sich irren.“, beharrlich suchten seine goldenen Augen ihren Blick. „Wer, nein was bist du?“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)