Der goldene Buddha von Hotepneith (Lord Sesshoumarus 13. Fall) ================================================================================ Kapitel 7: Auflösung -------------------- Frohe Weihnachten euch allen! 7. Auflösung Als Sesshoumaru das Arbeitszimmer des Fürsten Shori betrat, verneigte er sich höflich vor seinem Vater, ignorierte den Gastgeber allerdings. Sakura, die ihm wie stets gefolgt war und sich auf ihren Platz neben der Tür niederließ, hätte fast den Kopf geschüttelt. In der Tat. Er machte, was er wollte, wie und wann – und nur seinem Erzeuger gegenüber wahrte er die Form. Ob er das bei seiner Mutter auch tat? Vermutlich. Sie hatte sie nie gesehen. „Du weißt, wer der Mörder ist?“ erkundigte sich der Inu no Taishou. „Ich weiß, was geschehen ist.“ Wenn man alles betrachtete und das Unmögliche ausschloss, musste das, was übrig blieb, die Wahrheit sein. „Dein Bericht.“ „Ich möchte zunächst, dass Hiro Hitoshi und Daigoku Nashi herkommen, ebenso Miho Donatsu.“ „Dieser wird im Ort sein“, wandte Fürst Shori überrascht ein, gab die Anweisung aber seinem Diener weiter mit dem Zusatz, sobald Donatsu eingetroffen sei, sollten auch die anderen beiden kommen. Sesshoumaru setzte sich, ehe er begann: „Bevor sie hier sind, möchte ich Euch, Fürst Shori, einen Überblick geben. Michi Cosho lag auf dem Bauch, den Kopf seitwärts gedreht, eine Wunde am Hinterkopf, die wohl von einem scharfkantigen Gegenstand herrührte und ihm bereits vor dem Brand zugefügt worden war. Kein Gegenstand im Zimmer wies Blutreste auf. Also war die Tatwaffe ebenso verschwunden wie die Öllampe. Dies bewies eindeutig, dass jemand sie mitgenommen hatte und es sich um Mord handelte. Das Feuer hatte alle Papiere im Zimmer verbrannt, ein deutlicher Hinweis darauf, dass es dem Mörder um etwas gegangen war, das das Opfer gesehen oder bemerkt hatte und worüber es Bericht erstatten wollte. Nahe liegend war die Vermutung, dass es sich dabei um den goldenen Buddha handeln musste, dessen Kauf Cosho anbahnen sollte. Wie Ihr wisst, ist dies eine große Statue, die auf einem edelsteinbesetztes Thron sitzt, und das Prunkstück der Shori-Sammlung darstellt. Euer Vater und vor allem Euer Großvater haben sie aufgebaut, Euer Vater hat sie bewahrt, auch durch die Jahre der Fehden hindurch. Soweit könnt Ihr mir folgen?“ Sakura bemerkte durchaus, dass der Schlossherr über diese Frage nicht gerade erbaut war und sich kurz auf die Lippen biss, ehe er antwortete: „Selbstverständlich, Lord Sesshoumaru.“ Es musste wirklich ein eigenartiges Leben sein, wenn man nie einen Gedanken daran verschwenden musste, was andere Leute dachten oder meinten, man nur selbst einen Rahmen steckte. Wie das wohl erst der Inu no Taishou erlebte? „Vor einigen Jahren waren auch die Finanzen der Shoris schwer angeschlagen. Der damalige Fürst, Euer Vater, kam daher auf den Gedanken, die Sammlung zu nutzen. Da er nicht verkaufen wollte nahm er einen Umweg. Er beauftragte Miho Donatsu, seinen Juwelier, die Diamanten am Thron des Buddha gegen einfache Kristalle auszutauschen.“ Der Fürst wurde blass: „Das ist eine ungeheuerliche Behauptung….“ „Der Juwelier bestätigte das auf Nachfrage“, erklärte Sesshoumaru sachlich. Nachfrage, dachte Sakura prompt: so also nannte er das. Der Hundeprinz fuhr fort: „Darum ließ ich ihn auch rufen. Er kann es Euch dann selbst bestätigen. Euer Vater nahm an, nach kurzer Zeit die Diamanten zurückkaufen und wieder an ihren Platz setzen zu können. Dazu kam es jedoch nicht mehr. Bis zu seinem Tod waren die Finanzen des Clans wohl nicht so erholt. Ihr wusstet davon nichts und als Ihr das Angebot des Tenno erhieltet, saht Ihr die Möglichkeit, sowohl bei Hofe gut dazustehen als auch Geld aus der an sich nutzlosen Sammlung zu erhalten, Geld, das der Clan gut gebrauchen kann.“ „Das gebe ich zu, aber mein Vater…“ Kamui Shori rang sichtlich um seine Fassung. Ungerührt meinte Sesshoumaru: „Sowohl Hiro Hitoshi als auch Daigoku Nashi kamen durch Euren Vater in ihr Amt und waren wohl der Ansicht, ihm mehr Loyalität zu schulden als Euch, zumal beiden klar war, dass Ihr die berühmte Sammlung bei weitem nicht so hoch einschätzt wie Euer Vater und Großvater. - Nicht zuletzt zu seinem Unglück war Michi Cosho ein gelernter Juwelier. Er hatte auch einen entsprechend geschliffenen Kristall bei sich, mit dem er Edelsteine überprüfen konnte. Ihm fiel bei der Begutachtung sicher auf, dass es sich nicht um echte Diamanten handelte. Und wer bekam wohl mit, wie genau er den Thron des Buddhas untersuchte? Wer verstand genug selbst von Kunstwerken, um abschätzen zu können, welche Folgen diese Entdeckung haben musste?“ „Nashi? Daigoku Nashi?“ ächzte der Fürst: „Aber…“ Sesshoumaru hob die Hand und der Hausherr nahm es wohlweislich als guten Rat zu schweigen. So fuhr der Dämonenprinz fort: „Er war der Einzige, der sich mit Cosho über seine Arbeit unterhielt, Fachleute unter sich. Als Mörder schloss ich ihn jedoch aus. Er hätte die Halle nur auf zwei Wegen verlassen können: einmal durch das Wächterzimmer und den Haupteingang, dabei wäre er mindestens von zwei Samurai gesehen worden, ungeschickt für einen Mörder. Oder aber er wäre durch den gewöhnlich verschlossenen Hinterausgang gegangen. Dieser wird alle zwanzig Minuten von einem Samurai überprüft. Nashi würde für den Weg um den Schlosstrakt herum und die Treppe empor in den ersten Stock gewiss beide Stöcke brauchen. Zwanzig Minuten für diesen Weg, den Mord und das Feuerlegen, dann zurück…nein. Das würde ihm kaum gelingen. Aber er musste ja nicht selbst zuschlagen. Er wusste genau, dass die Ehre des Clans auf dem Spiel stand, da Euch der Tenno gewiss Betrug unterstellen würde. Andererseits wollte er auch das Gesicht Eures verstorbenen Vaters Euch gegenüber wahren. Also ging er zum Burgvogt, von dem er sicher wusste, dass dieser ebenso dachte. Hiro Hitoshi stammt aus einer Familie, die der Euren seit Jahrzehnten treu ergeben ist. Er wusste bestimmt auch, dass die Sammlung gegen Feuer geschützt ist. So konnte er relativ unbesorgt den Brand legen und so alle Hinweise Coshos auf die Fälschung vernichten. Der Burgvogt geht viel im Schloss herum, niemandem würde auffallen, wenn er wieder einmal in den Südtrakt geht. Auch Cosho wäre kaum verwundert ihn zu sehen, da er annehmen musste, Hitoshi käme mit einer Nachricht von Euch. Und der Burgvogt trägt stets sein Schwert. Wenn er kräftig mit dem Schwertgriff gegen den Hinterkopf des Sitzenden schlug, würde dieser das kaum überleben. Warum nicht das Opfer erstechen? Ich vermute, Hitoshi plante, das Ganze als Unfall darzustellen. Er würde gewöhnlich die Ermittlungen führen. Fast wäre das auch geglückt, ging Kekkan-san, Euer Heiler, ja davon aus, das Cosho unglücklich gestürzt sei. Es sei dahingestellt, ob er dies aus Bequemlichkeit oder Dummheit tat.“ Er hatte durchaus nicht übersehen, dass der Heiler Sakura die Untersuchung und den Bericht überlassen hatte: „Hitoshi wäre mit dieser Meinung zu Euch gegangen und Ihr hättet es dem Tenno gemeldet. Nur ein bedauerlicher Unfall. Und es war und ist kaum davon auszugehen, dass der neue Unterhändler des Tenno ebenfalls gelernter Juwelier sei. So wäre nichts geschehen.“ Während Fürst Shori sichtlich nach Worten rang, wurde die Tür geöffnet und die drei Menschen kamen herein. Man benötigte nicht die feine Nase der Hundedämonen, um zu erkennen, dass sie sehr wohl wussten, warum sie gerufen worden waren. Sie verneigten sich höflich, ehe sie sich niederließen. Sesshoumaru fragte nur: „Warum hast du Coshos Gesicht mit seinem Kimono bedeckt, Burgvogt?“ Hiro Hitoshi wurde blass. Er sah zu Boden, ehe er antwortete: „Cosho war ein ehrenwerter Mann, der nur die Befehle seines Herrn ausführte, kein Verbrecher. So…so erschien es mir passend, ihm solcherart die letzte Ehre zu erweisen, ihn vor dem Feuer zu schützen.“ „Nachdem du ihn erschlagen hast und die Papiere mit Sake angezündet, um zum einen den Brand zu beschleunigen und zum anderen einen gewissen Verdacht gegen Lord Hirata zu lenken?“ Der Burgvogt schwieg. „Nun, ich denke, dies ist eine Angelegenheit des Clans der Shori“, meinte der Inu no Taishou: „Und da haben Gäste nichts dabei verloren. Ihr entschuldigt uns gewiss, Fürst.“ Er erhob sich und sein Sohn folgte unverzüglich diesem Beispiel, durch nichts seine Erleichterung erkennen gebend, dieses Menschenschloss verlassen zu können. Sakura schloss sich ihren Herren an, wenn auch in dem gewissen Bedauern, nicht erfahren zu können, wie die Sache nun ausging. Während die beiden Dämonen durch den Wald wanderten, folgte sie ihnen in höflicher Drei-Meter-Distanz. Wie lautlos sie gehen konnten und wie elegant das aussah….Irgendwie konnte man als Mensch schon Komplexe bekommen, wenn man sich mit derart hochrangigen Dämonen verglich. Das sollte man nicht, nein. Sie betrachteten Menschen als nicht ebenbürtig und das war nur schlicht eine Tatsache. Sie musste bloß an die Möglichkeit denken, diese seltsamen Portale zu erschaffen, die Energie, die in ihnen so gut verborgen war. Nur mit Mühe vernahm sie das leise Gespräch: „Shori wird Hitoshi nicht hinrichten lassen, verehrter Vater.“ „Nein, da hast du vollkommen Recht, Sesshoumaru. Er kann es sich nicht leisten, sein Gesicht vor dem Tenno zu verlieren. Das wäre auch der Fall, wenn er Coshos Tod als Unfall deklariert und durch einen Zufall die Fälschungen ans Licht kommen.“ Der Inu no Taishou warf einen Blick seitwärts: „Ich vermute, Hiro Hitoshi, der dem Clan der Shori und dem verstorbenen Fürsten so ergeben ist, wird einen Brief schreiben, in dem er zugibt, den Austausch der Diamanten selbst verlasst zu haben, ehe er Cosho tötete, da dieser ihn entdeckte. Und dann wird er Selbstmord begehen.“ „Shori steht gut da und der Tenno wird zwar weniger Geld für den Buddha bieten, die Verhandlungen jedoch wohl wieder aufnehmen.“ „In der Tat.“ Für einen Moment schwieg der Herr der Hunde, ehe er langsam ergänzte: „Diese falschen Ehrgefühle und Loyalitäten schaffen immer wieder Ärger.“ Sein Sohn schwieg dazu. Sakura betrachtete in Gedanken die Fellteile der beiden vor ihr Gehenden. Dämonen lebten viel länger als Menschen, wie viel, vermochte sie sich nicht einmal vorzustellen. Vielleicht sollte sie Neigi-san einmal fragen. Ihr Lehrer, ja. Er hatte ihr ja angeboten, sie nur formell zu heiraten um sie abzusichern. Sollte sie doch darauf eingehen? Sicher, er war schon ein alter Dämon, aber er würde sie wohl dennoch überleben. Schwache, kurzlebige Geschöpfe waren Menschen und es war verwunderlich, dass sich zumindest der Herr der Hunde so mit ihnen beschäftigte. Lord Sesshoumaru tat dies nur notgedrungen, ohne freilich Massaker zu veranstalten. Nicht einmal diese Mühe waren sie und ihresgleichen ihm wert. Wenn sie gestorben war – würde er sich je an sie erinnern? Würde je wieder ein menschliches Wesen ihm so nahe kommen dürfen wie sie es tat? Mit einem gewissen Lächeln beschloss sie, dass, wenn dies der Fall wäre, es jedenfalls ein Wesen mit weiblichem Einfühlungsvermögen sein müsste. Wenn sie nur irgendetwas von Männern verstand, müsste man schon eine kriecherische Kröte sein, um seine Nähe zu überleben…. In diesem Moment fühlte sie etwas Weiches an ihrem Gesicht, ihrem Körper, das nach einem lichten Frühlingswald roch, zum anderen nach einer blühenden Sommerwiese. Noch ehe sie entsetzt begriff, in was sie da soeben in Gedanken verloren hineingelaufen war, hatte sie sich bereits zu Boden geworfen und presste in Todesangst ihre Stirn auf den Waldboden. Schon menschliche Fürsten schätzten keine unbefugte Berührung durch Diener, wie viel weniger Dämonen. Und sie hatte übersehen, dass die Herren stehen geblieben waren und war gegen diese seltsamen Felle gelaufen… Vater und Sohn bemerkten überrascht, dass sich ihre Hände berührten – und ihnen wurde bewusst, dass sie nicht nur gleichzeitig herumgefahren waren, sondern auch beide die Finger ausgestreckt hatten, um den jeweils anderen daran zu hindern, Sakura zu strafen. Sesshoumaru zog die Hand zurück, als er in sich eine gewisse Hitze aufsteigen spürte, die er gewöhnlich nur empfand, wenn seine Mutter ihn tadelte – das deutliche Gefühl, gerade einen Fehler begangen zu haben. War es das, was Menschen als „peinlich“ bezeichneten? Es fühlte sich in der Tat unangenehm an. Ohne sich seine amüsierten Gefühle anmerken zu lassen, sagte der Inu no Taishou nur: „Komm, Sakura.“ Sie sprang erleichtert auf. Das war mehr als Glück gewesen. Sie sollte weniger träumen und mehr ihren Pflichten nachgehen. Obwohl: es war ihr Traum und sie träumte ihn gern. ************************************** Wen es interessiert: nächste Woche kommt an dieser Stelle ein neuer Krimi online, der zu Via inquisitoris gehört: Mord in Wien. Er ist mehr zum Mitraten gedacht. Ermittler sind wieder Inspektor Cuillin von Interpol auf der menschlichen Seite und Lady Sarah als Vampir. Der nächste Sesshoumaru/Sakura-Krimi ist in der Überarbeitung und wird spätestens zu Ostern erscheinen. Erholsame Feiertage euch allen bye hotep Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)