Der goldene Buddha von Hotepneith (Lord Sesshoumarus 13. Fall) ================================================================================ Kapitel 4: Menschliche Biologie ------------------------------- Sakura ermittelt und Seine Lordschaft stellt Fragen... 4. Menschliche Biologie Sesshoumaru dachte nach. Wie war der Mord geschehen? Eigentlich gab es nur eine einzige logische Erklärung. Das Opfer hatte gesessen und von seinem Mörder nichts Böses erwartet. Warum? Weil es sich um eine Frau gehandelt hatte? Die Fürstin war hochschwanger gewesen, also noch einmal harmloser anmutend. Aber, soweit er wusste, bestand kaum eine Möglichkeit für eine solche Dame allein ihre Räume zu verlassen, zumal in diesem Zustand. Eine ihrer Dienerinnen mit oder ohne Auftrag? Er müsste vermutlich einmal mit ihnen reden. Ärgerlich. Aber wenn er bald aus diesem Menschenschloss herauswollte – und das wollte er ebenso entschieden, wie sich nicht vor Vater blamieren – musste es wohl sein. Die Tatwaffe war auch noch nicht gefunden. Gab es überhaupt eine zu finden? Eine solche Verletzung konnte ebenso gut durch einen Stein hervorgerufen werden. Und wenn der dann in den Graben um das Schloss geworfen wurde, war er selbst für seine Nase unauffindbar. Nun, das galt leider ebenso für eine andere Waffe, selbst ein dicker Ast… Moment. Wie kräftig musste ein Mörder überhaupt zuschlagen? Wie fest war der Schädel eines Menschen eigentlich? Ihm selbst waren bei den wenigen Gelegenheiten, bei denen er selbst Hand an ein derartiges Geschöpf gelegt hatte, diese immer sehr zerbrechlich und schwach vorgekommen, aber das besagte nichts im Verhältnis zu einem anderen dieser erbärmlichen Gattung. Eines war jedenfalls klar: weder der Holzblock noch die Schatulle waren das Tatwerkzeug gewesen. Zum einen hatte sich an keinem der beiden Blut befunden, zum anderen hätte der Täter dazu an Cosho vorbeigehen müssen. Das wäre dem doch auch bei gewisser Vertrauensseligkeit eigenartig vorgekommen. Er hörte, dass Sakura leise hereinkam und sich wortlos auf ihrem Platz niederließ. Nun, sie war Heilerin und sollte zumindest die Härte eines Menschenkopfes kennen: „Wäre eine Frau in der Lage, einem Mann wie dem Opfer den Schädel einzuschlagen?“ Sie starrte unwillkürlich seinen Hinterkopf an, blickte dann aber eilig zu Boden: „Ich vermute ja, Lord Sesshoumaru. Das hängt von der Art der Waffe ab. Ein Stock oder ein anderes langes Teil würde die Kraft erhöhen.“ „Ein Wurfgeschoss?“ „Ihr meint, ein geworfener Stein?“ Sie versuchte mitzudenken, wie amüsant: „Steinschleudern haben Menschen doch auch.“ „Ja, aber damit lernt eigentlich keine Frau umzugehen. Wobei es wohl nicht schwer ist.“ „Wäre Fürstin Ayumi in der Lage gewesen, Cosho zu töten?“ Hatte er denn von gar nichts Ahnung? „Sie lag in den Wehen, Lord Sesshoumaru!“ „Und?“ „Dies zwei Tage lang. Unmöglich.“ „Weil sie stets unter Aufsicht stand.“ „Auch, aber sie war viel zu schwach durch die Schmerzen und die Anstrengung.“ „Schmerzen?“ Die Heilerin ging mit ihr durch: „Ja, die Schmerzen. Es tut nämlich weh, ein Kind zur Welt zu bringen!“ Er drehte sich um und ihr wurde klar, dass ihr Ton gegenüber einem Prinzen unangemessen gewesen war. Hastig drückte sie die Stirn auf den Boden. Anscheinend war das bei Dämonen anders, aber so oder so würde jetzt sicher eine Strafe kommen. Er suchte doch gewiss nur einen Vorwand, um sie zu töten – und den hatte sie ihm gerade geliefert. Aber er hielt sich an seinen Vorsatz, kein Menschenmädchen zu schlagen: „Willst du wissen, was noch wehtut?“ fragte er nur. Sie schüttelte eilig den Kopf: „Ich bitte um Vergebung, Lord Sesshoumaru. Mein Benehmen war äußerst ungehörig.“ „In der Tat. – Die Dienerinnen der Fürstin waren also auch beschäftigt.“ Erleichtert registrierte sie, dass er sachlich blieb: „Ja, Lord Sesshoumaru. Niemand hätte sie allein gelassen.“ „Und der Fürst?“ Um ein Haar wäre ihr wieder etwas herausgerutscht – diesmal wohl wirklich mit schmerzhaften Folgen: „Es ist bei Menschen nicht üblich, dass ein Mann im Frauentrakt ist, zumal, während einer Geburt.“ Also waren die Frauen eigentlich auszuschließen, zumal, wenn Cosho nicht gerade ein Frauenheld gewesen war. Er wusste eigentlich wenig über diesen. Er würde wohl selbst mit Fürst Shori reden müssen, mehr Informationen über das Opfer suchen. Denn wenn es keine Frau gewesen war, musste ein Mann den Mord begangen haben, dem der Unterhändler vertraute. Der Fürst selbst? Möglich. Der konnte vor den gewöhnlichen Ermittlungen sicher sein, die sein eigener Burgvogt anstellen würde. Oder dieser? Hiro Hitoshi mochte seinem Fürsten ergeben sein – aber das besagte nicht, dass er mit dem Verkauf des Buddha einverstanden war. Aber das war das Warum. Interessant wäre noch etwas vollkommen anderes: „Sakura, wie bekommen Menschen Kinder?“ Sie wurde glühend rot. Er konnte doch nicht wirklich erwarten, dass sie ihn über menschliche Paarungssitten aufklärte? War ihm denn nie etwas peinlich? Vermutlich nicht. Er tat, was er wollte, wann und wie – und Scham setzte ja voraus, dass man von einer anderen Meinung abhängig war. Sie presste die Hände an die heißen Wangen. Was sollte sie nur antworten – denn ein Schweigen wäre sicher fatal. Er hatte das Recht zu fragen und sie die Pflicht Auskunft zu geben Sesshoumaru wollte sie schon für ihre Verweigerung strafen, ehe ihm das Missverständnis bewusst wurde: „Ich meinte, Menschenfrauen. Du sagtest, es schmerze. Warum bekommen sie dann so viele?“ präzisierte er. Ein wenig erleichtert brachte sie hervor: „Sie…sie benötigen sie, um auf den Feldern zu arbeiten und überdies wollen die Männer doch Erben haben. – Ich glaube, es schmerzt darum so, weil sich der Körper erst öffnen muss. Und Fürstin Ayumi musste zwei Tage so leiden.“ „Und wie ernähren sie dann die Neugeborenen? Ich habe an dir keine Zitzen bemerkt.“ Gut, dachte Sakura in schierer Panik: ja, sie hatte mit ihm ja einmal baden müssen. Aber von was sprach er nur jetzt? Zitzen? So klopfte sie einfach auf ihre Brust, unfähig, noch ein Wort herauszubringen. „Ich meinte, die Milch.“ Wieso war sie heute so schwer von Begriff? War das schon wieder etwas, über das Menschen aus dieser dummen Sache mit der Peinlichkeit nicht sprachen, obwohl es doch vollkommen natürlich war? Schweigen würde ihr Schmerzen oder den Tod bringen, da war Scham noch weniger schlimm: „Ja, Lord Sesshoumaru. Das…damit stillt man.“ Erneut legte sie eine Hand an ihre Brust. Eigenartig. Dämoninnen hatten zwar in Menschengestalt eine durchaus ähnliche Form, aber wenn sie in ihrer wahren Form waren, Zitzen zwischen den Hinterläufen. Nun ja, Menschen hatten ja eben nur eine. „Dann könntest du jetzt das Kind der Fürstin ernähren?“ „Äh...nein, Lord Sesshoumaru. Das…das geht nur nach einer Geburt. Eine Amme muss auch immer selbst ein Kind haben.“ Reine wissenschaftliche Neugier also einmal wieder. Warum nur immer sie? Konnte er nicht ihren Lehrer fragen? Oder wusste es Neigi-san etwa auch nicht? „Menschenkinder haben diese hügelige Ausformung nicht.“ Diese Formulierung! Warum nur schaffte er es immer wieder deutlich zu machen, dass Menschen keine ebenbürtigen, höchstens absonderlich zu nennende Wesen waren? „Nein…daran kann man erkennen, wann ein Mädchen soweit ist, dass sie verheiratet werden kann.“ „Ich will mit einer der Dienerinnen der Fürstin sprechen.“ Also war die Fragestunde vorbei? Erleichtert meinte sie: „Ja, Lord Sesshoumaru. Mit welcher?“ „Gleich.“ Diener waren austauschbar in aller Regel: „Und frage Fürstin Shori nach der Mizo-Tragödie.“ Sie erhob sich, als sie eine Bewegung vor ihr, in Richtung ihrer Brust spürte. Jahrelang angelernte Reflexe wollten sie schon veranlassen zuzuschlagen, als ihr jäh klar wurde, wer im Raum sich so schnell und lautlos hatte bewegen können, und erstarrte. Hilflos blickte sie auf die krallenbewehrten Finger keine fünf Zentimeter vor ihrem Oberkörper. Allein die Fastberührung jagte eine Welle an Gefühlen durch ihren Körper, hinzu kam der Schock, wie schnell er sich bewegt hatte, nun knapp vor ihr stand. Was…? „Wie kommt da die Milch hinein?“ „Ich….ich weiß es nicht, Lord Sesshoumaru.“ Ihr Götter, dachte sie nur. Seine Hand so nahe bei ihr… „Was hast du?“ Er wusste es wirklich nicht. Aber er durfte nie mitbekommen, dass allein diese Nähe ihr buchstäblich den Atem raubte, was sie für ihn empfand: „Ich…ich habe so mich erschreckt…Verzeiht…“ Natürlich. Sie hatte wohl kaum gesehen, dass er den Sprung vor sie gemacht hatte, noch während sie aufgestanden war. Ihr Herz schlug schnell und ihr Atem ging heftig. „Geh.“ Wie leicht diese Wesen doch von der Demonstration der Fähigkeiten eines Dämons zu beeindrucken waren. Er hatte sich ja nicht einmal bemühen müssen. Sie floh förmlich aus dem Zimmer. Erst ein Stück entfernt bemühte sie sich, ihren rasenden Puls zu beruhigen, die Röte aus ihrem Gesicht zu bringen. Nein, ihm war sicher nie etwas peinlich. Und wer ihn auch nur schräg ansah, starb. Wie sich so ein Leben wohl anfühlen mochte, nur den eigenen Vorstellungen und Regeln unterworfen? Immerhin hielt er sich noch an die Vorgaben seiner Eltern, zumindest seines Vaters. Aber wer befahl noch dem Inu no Taishou? Im Frauentrakt wurde sie unverzüglich zu Fürstin Ayumi vorgelassen. Eri, Imaki und Yukiko waren bei ihr und hatten nicht vergessen, dass die junge Heilerin sie wohl gerettet hatte. Die junge Frau lächelte auch, als sie Sakura sah: „Ich kam noch nicht dazu, dir zu danken, Heilerin. Sakura, ist dein Name?“ „Danke, Ayumi-sama. Ich war erfreut, Euch einen Dienst erweisen zu dürfen. Habt Ihr noch Fieber?“ „Nein, dein Tee hat geholfen. Könntest du Eri noch einmal die Kräuter geben?“ „Selbstverständlich. – Wie Ihr vielleicht wisst, Fürstin, ermittelt der Sohn meines Herrn im Fall der Tötung von Michi Cosho. Er lässt Euch daher bitten, ihm eine Eurer Dienerinnen zu senden, damit er ihr Fragen stellen kann.“ „Cosho?“ Ayumi war für einen Moment irritiert: „Oh, der Unterhändler des Tenno? Wie ungemein unangenehm für meinen Gemahl. Natürlich. Eri, würdest du?“ Diese verneigte sich, aber Omaki meinte: „Ich bitte um Vergebung, Ayumi-sama. Ich vermute, dass Lord Sesshoumaru Auskünfte über die Bewohner des Schlosses wünscht. Ich bin hier geboren.“ „Gut, dann gehe du mit. - Hast du noch eine Frage, Sakura, im Namen Seiner Lordschaft?“ erkundigte sich die junge Fürstin. „Ich ..ja. Ich habe bereits mit Eurem Bruder gesprochen. Wie steht Ihr zu ihm und zu der Tragödie Eurer ehemaligen Familie?“ „Der arme Hirata, ja.“ Ayumi seufzte. „Ihn traf der Tod unseres Vaters mit allen finanziellen Folgen wohl recht unvorbereitet und entsprechend schwer. Ich fürchte, er ist sehr verbittert dadurch geworden. Er macht es meinem Gemahl zum Vorwurf, dass er Vater nicht gerettet hat.“ „Ihr nicht?“ „Nein. Nun, ich wusste auch nichts über die finanzielle Lage der Mizos, das wird ja einem Mädchen nicht gesagt. Ich wäre jedoch so oder so verheiratet worden.“ Ein Lächeln streifte ihre Dienerinnen: „Und ich bin sicher, es gäbe unangenehmere Ehemänner als meinen Gemahl. – Aber Hirata…ich würde ihm gern helfen, wenn ich nur wüsste, wie. Auch Fürst Shori weiß sich da keinen Rat. Er…er sagte mir, dass er nicht gewusst hatte, wie es um die Finanzen der Mizos stand, da Vater ihm nichts darüber schrieb, sondern nur die Mitgift meiner Schwester einfach zurückforderte. Sie war zuvor hierher verheiratet, weißt du. Und dass er das natürlich ablehnte, war es doch gegen den Vertrag. Hätte Vater ihn um ein Darlehen gebeten, hätte er wohl…Aber Vater war sehr stolz.“ Die junge Fürstin nickte etwas: „Mein Gemahl sagt, dass Hirata nun allein erkennen muss, dass er nur einen Weg noch hat. Und ich bin sehr froh, dass er ihn hier leben lässt, ihn nicht wegschickt. – Hast du noch eine Frage, sonst würde ich gern meinen Sohn kommen lassen.“ „Natürlich, Ayumi-sama. Ich danke für Eure freundliche Auskunft.“ Sakura verneigte sich etwas. Sesshoumaru blickte nachdenklich aus dem Fenster. Eigentlich konnte er nach dem, was er bislang von Sakura erfahren hatte, die Fürstin und ihre Dienerinnen ausschließen. Aber es war besser, nichts aus den Augen zu lassen. Überdies konnte es interessant sein, was die Fürstin zu ihrem Bruder zu sagen hatte. War auch sie unzufrieden plötzlich vor dem Nichts gestanden zu sein? Immerhin war sie Fürstin, nun, mit der Geburt des Sohnes die künftige Fürstinmutter. Sie war ihr Leben lang abgesichert, was man von Hirata nicht behaupten konnte. Er war auf das Wohlwollen seines Schwagers angewiesen, wollte er sich nicht selbständig irgendwo durchschlagen – was ein stärkerer Charakter wohl getan hätte. Hatte er sich an Fürst Shori rächen wollen, indem er den Unterhändler des Tenno ermordete? Das wäre ein recht geschicktes Vorgehen, denn der Kaiser würde den Mord an seinem Leiter der Kunstsammlung übel vermerken, würde er nicht aufgeklärt werden. Oder doch Hitoshi, der Burgvogt? Oder Kekkan-san, der Heiler, Nashi, der Verwalter der hiesigen Sammlung? Bei ihnen allen hätte Cosho doch kaum Argwohn geschöpft, wären sie im angeblichen Auftrag des Fürsten zu ihm gekommen. Kamui Shori selbst konnte er jedoch ausschließen. Schließlich hätte ihn sein Vater informiert, wäre er zur Tatzeit nicht mit diesem beisammen gewesen, wie man es bei einem Ehrengast erwarten konnte. Das war doch Daigoku Nashi, der über den Hof kam? Der Verwalter der Sammlung hatte doch in der Halle nicht an zwei Stöcken gehen müssen? War ihm plötzlich etwas zugestoßen oder war er krank? Aber an den beiden Griffen, auf die er sich stützte, glitzerte Silber. Möglicherweise waren das Ehrengeschenke des Fürsten, die man als hoher Beamter natürlich stolz präsentierte. Und er wandte sich auch ab, wohl, um das Schloss zu verlassen und in den Ort zu gehen. Vielleicht hatte er nun frei und sich darum ….fein gemacht, wie es Menschen nannten, wenn er sich recht entsann, etwas, was keinem Dämon je einfallen würde. Nicht einmal die Energie zeigte man mehr offen, wenn man nicht gerade Unterklasse war. Ihm fiel auf, dass Nashi stehen blieb, beide Stöcke in eine Hand nahm und sich erneut das Gesicht abwischte. Das hatte er unhöflicherweise auch schon bei der Besichtigung der Sammlung getan, ohne dass ihn Fürst Shori getadelt hatte. Nun, er selbst hätte schon gewusst, wie man auf solche Impertinenz reagierte, aber das war nicht sein Diener, nicht einmal der seines Vaters. Oder hatte es doch einen so guten Grund, dass sein Herr ihm verzieh? Nashi ging auch unverzüglich weiter, wenn auch langsamer als zuvor. ************************************************************ Im nächsten Kapitel haben sowohl Omaki als auch Fürst Shori höchstselbst das zweifelhafte Vergnügen der Unterhaltung Seiner Lordschaft... bye hotep Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)