Sein wahres Ich - One Shot-Sammlung von Kikoro (Seine wahren Gefühle) ================================================================================ Kapitel 3: Dark Side Story -------------------------- Wieder ein Subaru-OS. Hoffen wir mal, dass es nie so weit kommt und der Arme das wirklich erleben muss. ~~°~~ Der Regen durchnässte ihn, die Angst zerfuchte seinen Körper. Subaru hatte Hunger und sein blaues Auge schmerzte. Twiggle kam fiepsend aus seiner Jackentasche und kletterte auf seinen Kopf. „Du hast Hunger, oder?“, erkundigte er sich und strich dem kleinen Nager über den Kopf. //Ich auch\\, dachte Subaru und starrte in den Nachthimmel. Dabei war ihm gerade überhaupt nicht nach Essen zumute. Er würde gar nichts runterbekommen. Er bog ab in eine ziemlich dunkle Seitengasse. Hier war er, der Ort, an dem er so vieles erlebt hatte. Erinnerungen, die er am liebsten vergessen wollte. Er stand vor der großen Tür, sah auf das kalte Metall und das Blut, das daran klebte. Mit aller Kraft warf er sich dagegen. Die Tür öffnete sich knirschend und Subaru trat ins Dunkel. Es roch immer noch genau so wie damals. Nach Nässe, Schimmel, Urin und Blut. Seinem Blut. Vorsichtig knipste er die Taschenlampe an und blickte sich um. Im Hauptraum des alten Fabriklagers hatte sich nichts verändert. Auf dem Boden klebte immer noch Blut und die Wand war zerfurcht von Soumas Messerstichen. Erst, als er in einem der Nebenräume trat und einen noch fürchterlicheren Gestank vernahm, zuckte er zusammen. Die Leiche eines Obdachlosen, die, von Maden zerfressen, in der Ecke lag, bescherten ihm Übelkeit und er schloss die Tür schnell wieder. „Verdammt“, murmelte leise und setzte sich dann an seinen Stammplatz an der Wand. Er sah sich um. Hier hatte er gelebt. Damals, als die Welt noch schrecklich war, düster, als er nicht wusste, was Glück und Liebe waren. Doch jetzt war alles genauso, der Ort passte also zu ihm. Subaru schloss die Augen und wollte nicht an Dinge wie Liebe oder Glück denken. Laute Schritte hallten an den Wänden der Halle wider. Subaru riss die Augen auf. Er musste eingeschlafen sein! Ehe er realisieren konnte, was passiert war, blieb plötzlich vor ihm eine Person stehen. Im Dunkeln konnte Subaru nur das Glimmen einer Zigarette ausmachen. „Na, sieh einer an“, sagte eine ihm bekannte Stimme. „Wenn das mal nicht Subaru ist“ Die Stimme klang gefährlich und Subaru konnte es nicht fassen. „Don?“ Ein Lachen. Schräg, schrill, höhnisch, voller Hass. „Verdammt ja, du dreckiger kleiner Bastard.“ Subaru sprang auf, wollte verschwinden, doch der großgewachsene Typ hielt ihn auf und legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Na na, wo willst du denn hin? Denkst du nicht, es besteht noch Klärungsbedarf wegen damals?“ Don nahm die Zigarette aus seinem Mund und drückte sie an Subarus Hals aus. Ein gellender Schrei entrang ihm. „Klappe“, zischte Don und drückte ihn gegen die Wand. „Wo warst du die ganze Zeit über?“ Während er Subaru festhielt, tastete er mit der anderen Hand seinen Körper ab. Dann zog er etwas aus Subarus Gesäßtasche. „Sieh einer an“, murmelte Don und hob eine Augenbraue. „Wer st das?“, fragte er und musterte das Bild genau. „Deine Freundin?“ „Nein“, erwiderte Subaru und versuchte, sich zu befreien. Sie war nicht mal mehr eine Freundin, aber daran wollte er im Moment nicht denken. „Gib mir das Bild wieder!“ Lange Zeit trat Stille ein, dann lachte Don leise. „Sag mal, Subaru, willst du dir immer noch das Leben nehmen? Wie damals?“ Es raschelte und dann sah Subaru etwas aufblitzen. „Weißt du, ich könnte dir dabei helfen.“ Plötzlich spürte der Blondhaarige, wie etwa kaltes, scharfes seinen Arm entlang fuhr. Eine Rasierklinge! „Wie wäre es? Willst du immer noch sterben?“ Er wanderte Subarus Arm entlang, immer höher, hinterließ tiefe, blutende Schnitte. „Ich...“ Er musste überlegen. Lieber würde er sterben, als noch einen Tag länger ohne sie zu sein, aber war er im Himmel glücklicher ohne sie? Konnte er überhaupt wieder irgendwann glücklich sein? Ohne sie? Inzwischen war die Rasierklinge in seinem Gesicht angelangt, verpasste ihm tiefe Schnitte. Dann hörte Don plötzlich auf. „Dieses Foto“, er wedelte damit vor seiner Nase herum. „Du kriegst es wieder, wenn du mir Drogen besorgst. Von Zotai, du kennst ihn. Ich hab morgen keine Zeit. Ist das Zeug nicht da, da verbrenn ich das Bild, klar?“ Natürlich war es klar. Subaru nickte. „Braver Bastard!“, grinste Don, packte Subarus Haare und schleuderte ihn mit voller Wucht gegen die Wand hinter sich. Das Letzte, was Subaru hörte, bevor er auf den Boden fiel, waren laute Schritte, die sich entfernten. Twiggle quiekte, als sein Besitzer mit einem dumpfen Geräusch aufkam und sich nicht mehr rührte. Subaru keuchte. Er bekam kaum noch Luft. Das Blut, dass seinen Körper hinablief vermischte sich mit Dreck und den Tränen, die seine Wange hinunterrannen. Er hatte ihm sein Foto genommen, sein Ein und Alles. Sein wertvollster Besitz, das einzige Andenken an sie. „Verdammt!“ Er schlug mit den Fäusten auf den Boden. Sein lautes Schluchzen hallte an den Wänden wider. „Verdammt! Verdammt! Verdammt!“ Er wiederholte das Wort, unendlich oft, setzte sich auf und schlang die Arme um die Knie. Er musste an sie denken. An ihr Gesicht, ihre Augen, ihr bezauberndes Lächeln. Ihre leuchtenen Haare, ihr berauschender Duft, die Anmutigkeit ihrer Bewegungen. Er musste an den verhängnisvollen Abend denken, die Verletztheit in ihrem Blick. Er war wirklich das Allerletzte. Er hätte sie nie anlügen dürfen. Er hatte sie hintergangen, da war es doch kein Wunder, dass sie ihn abgrundtief hasste. Selbst sein Bruder verachtete ihn. Er hatte es verdient, dass er sie gesehen hatte, mit diesem anderen Jungen. Wahrscheinlich war er ein viel besserer Mensch als er, konnte sie glücklich machen, sie beschützen. Es war mitten in der Nacht, noch immer prasselte der Regen gegen die dreckigen Fensterscheiben. Es war dunkel, eiskalt und er hatte Hunger. Subaru rollte sich zusammen, schlang die Arme um seinen Oberkörper und schloss die Augen. Warum weinte er? Warum konnte er nicht stark sein? Für sie? Und mit diesen Gedanken weinte er sich in den Schlaf. ~~ Der nächste Morgen kam, im wahrsten Sinne des Wortes, schnell und knüppelhart. Er spürte einen heftigen Schlag in der Magengegend und ihm blieb kurz die Luft weg. Er riss die Augen auf und starrte auf zwei Beine. „Na, wach, du Bastard?“ Don stand vor ihm, einen Baseballschläger in der Hand, mit dem er ihm wohl so sanft geweckt hatte. Subaru setzte sich auf und rieb sich den Kopf. „Biste bereit?“, fragte Don und fuhr sich durch sein dunkles Haar, ehe er sich eine Zigarette ansteckte. „Zotai wartet am Hauptbahnhof auf dich“ Subaru nickte knapp, stand auf und tat schnellstmöglich das, was Don von ihm verlangte. Am Hauptbahnhof war es wie immer voll. Subaru kannte sich hier gut aus. Schließlich hatte er genau hier schon einmal gestanden, die Taschen voller Drogen. Am liebsten würde er sich einfach in einen Zug setzen oder sich auf die Gleise werfen. Aber er wollte nicht zu weit von ihr entfernt sein. Er wartete dort, wo dieser Zotai sonst immer stand. Doch er kam nicht. Stattdessen kam ein junger, gutaussehender Mann, schmal, mit dunklem Haar und einer Baseballmütze. „Nanu?“, fragte er und hob eine Augenbraue, als er Subaru sah. „Wo ist Don?“ „Ich bin sein Ersatz“ Der junge Mann sah ihn erstaunt an und zog sich dann die Mütze vom Kopf. „Ehrlich? Wie alt bist du?“ „18“, antwortete Subaru und verdrängte die Erinnerung an seinen schönsten Geburtstag, den er je erlebt hatte. Zusammen mit ihr... „Oh, du siehst jünger aus“, gestand sein Gegenüber. „Ich bin Shun“ Er hielt Subaru die Hand hin. Als dieser seine Geste jedoch nicht erwiderte, zog Shun seine Hand zurück und lächelte verständnisvoll. „Du siehst gar nicht gut aus. Und abgemagert. Ist alles in Ordnung mit dir? Hat Don...?“ Subaru schwieg und Shun wusste es zu deuten. „Fuck“, murmelte er und sah das Häufchen Elend vor sich an. „Also... Junge?“ „Subaru“ „Also, Subaru. Ich lad dich zu ´nem Burger ein und du erzählst mir, warum du hier halb vermummt vor mir stehst, okay?“ „Hmmm“ Subaru war sie nicht sicher, ob er Shun vertrauen konnte. Aber durfte er überhaupt noch jemanden vertrauen? Der wichtigsten Person in seinem Leben hatte er schließlich auch nicht vertraut. Beziehungsweise, er hatte ihr Vertrauen gebrochen... „Okay...“ „Super!“ Shun grinste und legte ihm einen Arm um die Schulter. Sie aßen in einem Burgerrestsurant außerhalb des Hauptbahnhofes. Während Subaru wie ein Gieriger schlang, nestelte Shun an seiner Baseballmütze herum und setzte sie ihm schließlich auf. „Damit du keinen Ärger von Don bekommst“ Er zwinkerte. „Das ist eine Zaubermütze!“ Subaru verstand. „Aber ich habe kein Geld!“ Shun lachte. „Lass stecken, Kleiner. Ich hol mir die Kohle später von Don. Aber jetzt sag mal, warum dieser Schal und die Sonnenbrille?“ Subaru sah sich vorsichtig um. Als die Luft rein war, zog er sich beides aus dem Gesicht. „Ach du Scheiße!“ Shun schluckte. „War das....?“ „Die Schnitte an Armen und Gesicht? Ja. Die Narben auf meiner Brust? Nein! Die stammen von Souma, einem Freund von Don und einem Irren, der meine.... eine Freundin von mir angegriffen hat“ Subaru biss in seinen Burger und schluckte. „Das Brandmal auf meinem Hals ist auch von Don, die auf meiner Schulter sind von meinem Vater. Ebenso wie die Narben auf meinen Rücken.“ Er hob seine Hand. „Und die Narbe...“ Er lächelte bitter. „Ist von einem Fahhradsturz“ Shun konnte es nicht glauben. Er wusste, dass das Leben hart sein konnte. Verdammt hart. Aber so was Grausames hatte er noch nie gehört! „Was ist mit deiner Familie? Deinen Freunden?“ Der Blondhaarige starrte auf seine Handflächen. „Meine Mutter ist tot, mein Vater verschwunden. Ich hab noch einen Bruder, doch der hasst mich. Und Freunde... Die Person, die ich über alles geliebt hatte, die mir wichtiger war, als mein eigenes Leben, die habe ich vergrault. Ich habe sie verletzt und dadurch verloren. Sie, ihre Schwester un meinen Bruder. Ich habe sie belogen, ihnen nicht vertraut, sie hintergangen.“ Dann schwieg er. Lange Zeit war es still, ehe er ein Seufzen seitens Shun hörte. „Das ist echt... Mir fallen keine passenden Worte ein“ Er spielte mit einer Serviette herum. „Vielleicht solltest du Drogen nehemen. Sie sind schlecht und machen aus Menschen schlechte Menschen... Aber sie helfen dir auch kurzzeitig, alles zu vergessen. All die Trauer und dem Schmerz“ Er sah auf, in zwei Augen, die genau diese Emotionen zeigten. „Ist das wirklich so?“ Shun nickte. „Sou ka....“ Subaru griff nach seiner Flasche Cola. „Dann lass das Zeug mal rüberwachsen!“ „Aber doch nicht hier!“, flüsterte Shun und stand auf, um zu bezahlen. „Komm mit, ich bring dich in meine ‚Bude‘“ Eine Dreiviertelstunde später saß Subaru auf Shuns Couch und würgte einen Drogencoktail hinunter, der wahre Wunder bewirken sollte. Und es schien zu klappen. Subaru fühlte sich plötzlich so losgelöst vom Boden, als könnte er fliegen. Er sah seine Umwelt plötzlich so anders, in schrillen Farben. „Danke, Shun“, meinte Subaru und erhob sich. Seine Stimme klang plötzlich so anders. Er wankte die Treppen hinunter und hörte in der Ferne noch Shuns Stimme. Aber er verstand ihn nicht. Irgendwie schaffte Subaru es, zurück zur Lagerhalle zu gelangen. Er legte sich auf den kalten Boden und lachte. Wie ein Irrer. Wie ein Verrückter. Wie ein Verzweifelter. Und er weinte. Wie ein Verzweifelter. Er war das Letzte. Das Letzte. Dreck. Abschaum. Zu nichts zu gebrauchen. Sie hatte alles richtig gemacht, in dem sie ihn verließ. Sie sollte glücklich werden. Und das ging nur ohne ihn. Dann schlief Subaru ein und träumte davon, wie er sie im Arm hielt, lächelte, glücklich war. Und die Seifenblase senes perfekten Lebens platzte. ~~ Er wusste nicht, was ihn wieder zum Hauptbahnhof trieb. Er lief ziellos umher, starrte auf die Pärchen, die an ihm vorbeiliefen, hatte wieder den Wunsch, einfach zu verschwinden, sich in Luft aufzulösen. Er hatte Shun alles auf seinen Anrufbeantworter gesprochen. Es war entschieden. Er würde die Stadt verlassen. Nachdem ihn Don am Morgen besucht und ihr Foto zerissen zurückgegeben hatte und er jedes Stück zusammengesucht und mit Klebeband, dass er in einem Schreibwarengeschäft gestohlen hatte, zusammengeklebt hatte, wurde es ihm bewusst. Vielleicht war es besser so. Wenn er nicht mehr in der Stadt war, wäre sie glücklicher. Viel glücklicher. Er lief an einem Café vorbei, sah zufällig hinein – und entdeckte sie. Sie saß an einem Tisch, trank ihr Lieblingsgetränk und redete. Mit diesem Kerl von neulich. Er legte eine Hand auf die Fensterscheibe. Sie war so wunderschön und es zersprengte ihm beinahe die Brust, dass er sie nun verlassen musste. Als sie zufällig herumfuhr und sich ihre Blicke streiften, wandte er sich schnell ab und ging weg. Er würde einfach in irgendeinen Zug springen. Fort von ihr. Damit sie glücklich war. Und während er eiligen Schrittes durch den Hauptbahnhof ging und ihm eine Träne die Wange hinunterrann, flüsterte er leise drei Worte. »Ich liebe dich!<< Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)