Im Sumpf von Sereg (für Lianora) ================================================================================ Kapitel 1: Im Sumpf ------------------- Lächelnd schlenderte ein junges Mädchen den Weg entlang. Um sie herum war alles dunkel. Einige würden sich wahrscheinlich fürchten; sie jedoch nicht. Ihr war es nicht unheimlich hier zu sein. Schließlich war sie oft hier. Im Gegenteil. Sie liebte es an diesen, an sich schon unheimlichen, Ort zu sein. Celestre, so der Name des Mädchens, war ein gewöhnliches. Meistens lebte sie in den Tag hinein, so wie ihre Freundinnen auch. Sie alle machten sich nichts aus den Pflichten, welche sie eigentlich zu hause hatten. Seufzend lies sie sich auf der Wurzel eines großen Baumes nieder. Sie war mittlerweile an einer Lichtung angelangt. Es herrschten nur wenige Lichtstrahlen vor, welche die Gegend in ein leicht bläulich- weißes Licht tauchte. Eigentlich sollte sie zu Hause sein und das Abendessen vorbereiten, jedoch hielt sie es nicht für nötig, es zu machen. Schließlich war ihre große Schwester da. Also konnte sie etwas machen, was ihr Spaß machte. Denn warum sollten nur die Anderen sich amüsieren gehen und sie nicht? Verträumt lächelnd setzte sie sich an den schmalen Bachlauf auf einen Stein. Ruhig atmete sie den leicht modrigen Geruch des Bodens ein. Dieser Ort war wirklich schön. Er hatte seinen ganz eigenen Charme. Zwar war er dunkel und teilweise undurchdringlich, jedoch auf der anderen Seite fesselte er ihr einfach. Sie wusste nicht warum. Hier war sie… ja, geborgen. Dies war ein gutes Wort. Diese ganze Umgebung vermittelte ihr ein Gefühl der Heimat. Genau dies verwirrte ihr auch teilweise. Ihr zu Hause war doch unten im Dorf, bei ihren Eltern; und nicht hier. Was sollte dieses Gefühl dann? Sie wusste es einfach nicht. Seufzend drehte sie eine kleine Kornblume zwischen ihren Fingern. Sie hatte sie zuvor am Wiesenrand vor dem Sumpf gepflückt. Ihre Mutter liebte diese Blumen, also wollte Celestre ihr ein Geschenk damit machen. Nachdenklich lies sie ihren Kopf sinken. Im Grunde brachte es ihr nichts hier rum zu sitzen und zu grübeln. Dennoch tat sie es. Bis plötzlich etwas vor ihren Augen aufleuchtete. „Huch! Was?“ verwirrt blickte sie zu dem bläulichen Schien. Dieser begann quasi vor ihren Augen hin und her zu tänzeln. War da etwa ein Irrwisch? Celestre hatte schon eine Menge von Irrwischen gehört. Jedoch war dies nicht gerade schön… Sie waren bekannt dafür, ahnungslose Wanderer in den Sumpf zu locken. Dann war es wieder verschwunden. Genauso schnell, wie es gekommen war. Hatte sie es sich vielleicht nur eingebildet? Wohl kaum, oder doch? Nein, das war keine Einbildung. Dort hinten, hinter dem Schilf, war gerade wieder etwas aufgeflammt. Also gab es sie doch. Besonders wohl war ihr nicht gerade wissen zu müssen, dass es sie gab. Die Alten im Dorf behaupteten immer, dass Irrwische kleine Alben seien, welche eine kleine Fackel hochhielten. Irgendetwas faszinierte Celestre immer an dieser Geschichte, aber warum taten diese Alben das? Verwirrt runzelte sie ihren Kopf als sich das Licht entfernte. Was hatte es denn nun schon wieder vor? Neugierig geworden, erhob sich das junge Mädchen und klopfte aus Gewohnheit ihre Kleidung ab. So, wo war das Lichtlein nun? „Ah, da bist du“ lächelte das braunhaarige Mädchen vergnügt. Mal sehen ob sie herausfinden konnte, wo der Irrwisch wohnte. Denn irgendwo musste er ja leben… Flink folgte sie dem bläulichen Feuer. Sie wusste, dass es gefährlich war, aber sich zu widersetzen schaffte sie nicht. Zu groß war ihre Neugierde. Sie war quasi von diesem seltsamen Licht gefangen genommen worden, aber wirklich befreien wollte sie sich nicht davon. Immer schneller sprang das Licht hin und her. Mal war es da, mal dort hinter einen Baum. „Nun warte doch!“ Celestre hatte so ihre Mühe dem Irrwischt zu folgen. Warum hatte der es denn so eilig? Tief in ihrer Verfolgung versunken, bemerkte das Mädchen gar nicht, wie die Erde unter ihr, immer mehr und mehr weicher wurde. Als der Irrwischt dann plötzlich weg war, stoppte sie abrupt. Wo war sie denn hier gelandet? Wo war der Irrwischt? Verwirrt blickte sich Celestre um. Jedoch konnte sie nichts entdecken. War es etwa nun vollkommen verschwunden? Das konnte doch nicht sein! „Verdammt!“ enttäuscht und auch irgendwie wütend trat die Braunhaarige gegen einen der kleineren Steine, welche die Gegend zierten. Irgendwie kam ihr diese ganze Situation nun schon etwas unheimlich vor. Zumal sie gar nicht wusste, wo genau sie sich nun befand. Hoffentlich würde sie da wieder rauskommen. Wenn Celestre Pech hatte, würde sie hier Stunden, Tage, ja sogar Wochen umher irren. Warum war sie nur diesem verfluchten Irrwisch gefolgt. Das hatte sie nun davon. Erst jetzt wurde ihr auch bewusst, dass sie einen großen Fehler begangen hatte. Schwer schluckte das Mädchen noch einmal ehe sie sich mutig auf dne Weg machte. Irgendwie würde sie schon hier raus kommen! Bis jetzt hatte sie schon alles mal gemeistert. Hoffentlich auch dieses hier. Zaghaft machte das Mädchen einen Schritt nach den Anderen. Man sollte immer vorsichtig sein, wenn man in einem sumpfigen Gebiet zu Gange war. Dies hatte einmal ihre Großmutter gemeint. Celestre würde es auf jeden Fall berücksichtigen. Mittlerweile war circa eine halbe Stunde vergangen. In ihren Augen jedoch fühlte es sich an, als würde sie schon seit Stunden hier in diesen Sumpf umherirren. Ihre Füße taten ihr weh; ihre Kleidung war bereits schmutzig und teilweise zerrissen. Ihre Mutter würde schimpfen… Das war ihr jedoch im Moment egal. Sie hatte weiß Gott andere Probleme. Wenn sie Pech hatte, würde ihre Mutter nichts mehr zum Schimpfen haben. Denn nur selten lies der sumpf jemanden wieder frei. Ein Schauer lief dem jungen Mädchen, bei dieser Vorstellung, über den Rücken. Nein, so durfte es nicht enden. Immer schneller begannen ihre Füße sie zu tragen. Da sie bereits zu erschöpft war, bemerkte Celestre nicht, dass sie einen Fehler begannen hatte. Ohne es zu wissen war sie tiefer in den Sumpf gelaufen. Erst als sie nach einer kurzen Pause, stecken blieb, bemerkte sie das. Panisch versuchte sie los zu kommen, doch der Griff des Sumpfes war grausam und hart. So sehr sie es auch versuchte, nichts half diesen Albtraum zu entkommen. Ihre Fluchtversuche bewirkten eher das Gegenteil. Immer tiefer versank sie im Sumpf. „Nein…“ ihre Stimme war nicht mehr als ein Hauchen. Immer wieder versuchte sie sich zu befreien. Immer wieder mit demselben Ergebnis. Die kleine zierliche Blume in Celestres Hand war bereits vollkommen zerdrückt. Ein Zittern lief durch den jungen Körper des Mädchens. Tränen liefen ihr bereits die beschmutzten Wangen herab. Je mehr sie versank, desto bewusster wurde ihr, dass dieser Ort ihr Grab werden würde. Plötzlich sah sie sie wieder. Diese kleinen blauen Teufel. „Haut ab! Verschwindet!“ schrie sie ihnen verzweifelt entgegen. Doch sie blieben. Die Irrwische schienen sich an ihren Leid zu laben. „Argh“ wütend warf sie die demolierte Kornblume in deren Richtung. Doch diese schienen das gar nicht mit zu bekommen. Sie tanzten nur weiter ihren seltsamen Tanz über den Sumpf. Stumm weinend sah sie ihnen nach, bis ihr Blick wieder auf die Kornblume fiel. Sie war wahrscheinlich, das letzte, was an ihrer Anwesenheit erinnern würde. Das letzte, was übrig bleiben würde… Mittlerweile hatte sie aufgegeben. Sie besaß einfach keine kraft mehr sich zu wehren. Immer tiefer sank ihr Körper; wurde verschlungen von dem dunklen schwarz des Sumpfes. Nur schwach sah sie von irgendwoher ein schwaches Licht. War das etwa wieder ein Irrwisch? Mit der zeit fiel ihr das atmen immer schwerer. Die Augen fielen mehr und mehr nieder. Sie hatte sich damit abgefunden. Etwas anderes blieb ihr auch gar nicht weiter übrig. Sie hatte alles in ihrer Macht stehende getan um diesen grausamen Spiel zu entkommen. Vergeblich. Sie spürte, wie der Morast ihr Kinn benetzte. Früher hatte sie den Geruch, welcher ihr nun in die Nase stieg, gemocht. Jetzt jedoch fühlte sie nur eine starke Abneigung dagegen. Es war seltsam. Je höher der Morast kam, desto ruhiger wurde sie nun. Immer mehr und mehr gab sie sich der nass-kalten Umarmung, augenschließend hin. Bis sie nichts mehr mitbekam. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)