Die Stimme von Animemelli (Eslosias Held) ================================================================================ Isis im Paradies ---------------- „Ich gehe schon!“ rief Dia und stürmte die Treppe hinunter zur Haustür. Isis hatte ein rotes Gesicht und ihr Rucksack hing diesmal nicht über eine Schulter sondern sie hatte ihn richtig aufgesetzt. Als Dia die Tür öffnete, huschte ein Hauch von Enttäuschung über ihr Gesicht, den Dia aber nicht bemerkte. „Da bist du ja, und auf die Minute pünktlich sogar. Hast du etwa vor der Haustür gewartet, bis es fünf ist?“ fragte Dia scherzhaft stichelnd. „Nö, das lag am Busfahrer. Sonst wäre ich schon vor fünf Minuten hier gewesen, aber der kommt ja nie pünktlich“, antwortete Isis. „Na hoffentlich hältst du es noch aus“, frotzelte Dia. „Aber jetzt komm endlich rein!“ Das ließ sich Isis nicht zweimal sagen. Ehrfürchtig staunend betrat sie das Haus. Dia bemerkte das und mit weit ausladenden Bewegungen begann sie so eine Art Schlossführung. „Und hier, verehrte Dame haben wir den Eingangsbereich, auch Hausflur genannt, wo die Herrschaften ihre edle Garderobe verstauen. Wenn Sie mal schauen möchten, das hier ist der so genannte Schuhschrank.“ Isis verzog das Gesicht zu einer Grimasse und versetzte Dia einen freundschaftlichen Klaps gegen den Arm. Dia grinste und führte Isis dann ins Wohnzimmer, wo ihre Mutter in einer Ecke ihren Schreibtisch stehen hatte. Dahinter befanden sich Regale voller Bücher und Ordner mit der Aufschrift „Notizen“. Dia erklärte: „Das ist Mamas Arbeitsplatz. Die Bücher braucht sie für Recherchen und als Lexika, wenn sie mal was nachschlagen muss. In den Ordnern sammelt sie alle wichtigen Dinge für ihre Bücher, z. B. die Storyline und Fakten über die Orte, wo alles stattfindet. Sie versucht, die Geschichten so nahe wie möglich an der Realität spielen zu lassen.“ Isis war sichtlich beeindruckt. Sie traute sich aber nicht, näher an den Schreibtisch heran zu treten. Stattdessen sah sie sich den Rest des Wohnzimmers an und als Dia sie bat, sich ruhig zu setzen, betrat Donna Day den Raum. Isis erstarrte sofort und wurde ganz rot vor Aufregung, obwohl sie ja gar nicht wusste, wie Donna Day eigentlich aussah. Dia stellte ihre Mutter vor. „Mama, das ist Isis, meine Freundin aus der Schule. Isis, das ist meine Mutter. Marianne Freise bzw. Donna Day.“ Frau Freise ging auf Isis zu und reichte ihr die Hand. “Freut mich, Isis. Dia hat Recht, du siehst wirklich aus wie diese Feuergöttin auf dem Poster. Wie hieß sie doch gleich?“ – „Aria, Mama.“ – „Genau, Aria. Schön, dass du hier bist, Isis.“ Isis brachte vor Aufregung kaum ein Wort heraus. Sie murmelte nur: „Danke.“ Eigentlich wollte sie noch sagen, wie toll sie die Romane von Donna Day fand aber die Aufregung verschlug ihr die Sprache. Bis Frau Freise selbst wieder das Wort ergriff. „Hör mal, Isis. Dia hat dir ja erzählt, dass mein Pseudonym geheim bleiben soll. Sie hat mir versichert, dass du das für dich behältst. Versprichst du mir das auch?“ Erst jetzt fand Isis die Sprache wieder. „Sie können sich da ganz auf mich verlassen. Von mir erfährt niemand etwas. Ehrenwort!“ Und sie hob die rechte Hand als wollte sie auf die Bibel schwören. „Danke. Ich verlasse mich darauf.“ „Ach übrigens, Ihre Bücher sind absolute Spitze. Ich hab sie beide zuhause und lese sie immer wieder, besonders wenn ich mal schlecht drauf bin“, platzte es nun endlich aus Isis heraus. „Danke, das freut mich. Sag mal, eigentlich mache ich das ja nicht, aber möchtest du vielleicht ein Autogramm haben? Wie wär´s?“ fragte Frau Freise. Isis strahlte. „Wirklich? Sie würden mir etwas signieren? Ich hab aber keins Ihrer Bücher dabei.“ Doch Frau Freise winkte ab. „Natürlich nicht, das habe ich auch nicht erwartet und das habe ich auch gar nicht gemeint. Ich könnte dir deinen Rucksack signieren, wenn du möchtest.“ Dia hatte kein gutes Gefühlt dabei aber Isis hatte noch niemals so schnell ihren Rucksack parat gehabt wie in diesem Moment. „Am besten hier auf der Klappe, da sieht man es gut“, sagte sie strahlend. Frau Freise holte einen Edding von ihrem Schreibtisch und schrieb auf Isis´ Rucksack: Für Isis, meinen größten Fan – Donna Day. „So, jetzt muss ich aber los, mein Seminar wartet nicht auf mich. Wir sehen uns heute Abend, Dia. Hat mich sehr gefreut, Isis. Viel Spaß, ihr beiden.“ Damit verließ Donna Day das Wohnzimmer und kurz darauf ging die Haustür. „So, jetzt sind wir allein. Wollen wir erstmal nach oben gehen, dann zeige ich dir mein Zimmer?!“ fragte Dia. Isis starrte immer noch verzückt auf das Autogramm. „Hallo! Erde an Isis!“ Sie tippte ihr mit dem Finger auf die Schulter und grinste. „Häh? Äh ja, klar. Ich bin schon echt gespannt auf dein Zimmer. Und deine Mutter ist wirklich nett.“ Mit diesem letzten Kommentar schwang sie sich ihren Rucksack über und folgte Dia nach oben. „Sie ist eine ganz normale Mutter, für mich jedenfalls. Sag mal, was ist denn in dem Rucksack?“ fragte Dia etwas verwundert. Isis hatte doch wohl nicht ihre Schulsachen mitgebracht? „Na was wohl? Essen! Du weißt doch!“ entgegnete Isis und zeigte auf ihren Bauch. Dia verstand. „Ach so. Alles klar. Übrigens hat Mama Obstkuchen besorgt. Willst du welchen?“ Isis stimmte sofort begeistert zu. Dia führte sie zu ihrem Zimmer und öffnete die Tür. „Mach es dir ruhig schon mal bequem, ich hole mal gerade den Kuchen.“ Dann flitzte sie die Treppe wieder runter. Isis betrat das Zimmer und bekam vor Staunen den Mund nicht mehr zu. Überall um sie herum starrten sie die bekannten Gesichter aus der Welt von Eslosia an. So ziemlich jede Figur war vertreten, außerdem alle möglichen Schauplätze aus der Serie und verschiedene Figuren beim Kämpfen. Über Dias Bett hingen ausschließlich Poster von Askariel und auf dem kleinen Nachttisch stand eine Figur aus Plastik. Isis ging um das Bett herum und nahm die Figur in die Hand. Dia musste wirklich gewaltig für Askariel schwärmen! Da entdeckte Isis den kleinen Knopf im Sockel und drückte ihn. „Ihr werdet Eslosia niemals kampflos bekommen!“ ertönte es aus dem Boden des Sockels. Überrascht schaute Isis die kleine Figur in ihrer Hand an. In dem Moment betrat Dia das Zimmer, in der Hand einen Teller mit Obstkuchen und zwei Kuchengabeln. „Sei bloß vorsichtig damit!“ mahnte sie sofort, als sie sah, dass Isis ihren wertvollsten Besitz in der Hand hielt. Sie stellte den Kuchen zunächst auf ihrem Schreibtisch ab. Dann ging sie auf Isis zu und nahm ihr vorsichtig die Figur ab. „Die habe ich auf einem Flohmarkt entdeckt. Ich hab sie sofort gekauft, da hab ich allerdings noch nicht gemerkt, dass sie auch spricht. Das ist mir erst zuhause aufgefallen. Du kannst dir nicht vorstellen, wie unglaublich happy ich war!“ Sie stellte die Figur wieder auf den Nachttisch und ging zurück zum Schreibtisch, um Eistee einzuschenken. Dann gab sie Isis ein Glas und eine Gabel. Sie setzten sich auf zwei große Sitzkissen auf dem Fußboden und verputzten den Obstkuchen bis zum letzten Krümel, was hauptsächlich auf Isis´ Konto ging. Dann sprachen sie über die Schule, über Kiki und David und über Eslosia. Isis war begeistert von den vielen Postern, ganz besonders von einem, auf dem Kalderan – ihr Liebling – mit gespreizten Flügen und freiem Oberkörper, das Schwert in der Hand, mit gesenktem Kopf nach oben blickte. Er sah etwas böse drein und seine langen schwarzen Haare umspielten seinen Körper. Isis fand dieses Poster unwahrscheinlich sexy. Und das sagte sie Dia auch. Daraufhin ging Dia an ihren Schrank und zog einen Karton heraus. Sie kramte darin herum und zog schließlich ein Poster daraus hervor. Mit diesem Poster ging sie zur Wand und entfernte aus dem dort hängenden Bild von Kalderan die Nadeln. Sie legte es vorsichtig auf den Schreibtisch und pinnte dann das andere Poster an die Wand. Es zeigte ebenfalls Kalderan, aber er hatte das Schwert an der Seite hängen, die Arme vor der bekleideten Brust verschränkt und die Haare waren zusammen gebunden. Er blickte ernst aber nicht böse. Dia kontrollierte, ob das Poster auch gerade hing, dann nahm sie das abgenommene Poster vom Schreibtisch, faltete es in der Mitte und setze sich wieder zu Isis auf den Boden. Mit einem herzlichen Lächeln reichte sie Isis das Poster. „Wie jetzt?“ fragte Isis irritiert. „Für dich“, antwortete Dia. „Nicht dein Ernst!“ rief Isis ungläubig. „Du willst es mir schenken?“ „Na klar! Ich hab noch andere Poster von Kalderan. Ich habe nur das ausgewählt, weil es so gut zu den anderen in der Ecke passte. Aber so wichtig ist das nicht. Es gehört dir.“ Isis konnte nichts sagen. Vorsichtig nahm sie das Poster, legte es auf den Boden und umarmte Dia dankbar. „Das ist der schönste Tag meines Lebens! Erst treffe ich Donna Day und dann dieses hammermäßige Poster von Kalderan! Danke, Dia, du bist super!“ „Hey, wir sind doch Freunde. Und dir bedeutet es viel mehr als mir, also warum nicht?“ fragte Dia. Isis musste sich eine Träne abwischen. „Na, ein Poster von Askariel hättest du mir bestimmt nicht überlassen. Das da zum Beispiel, das mit dem offenen Hemd“, und sie zeigte auf das Poster direkt über Dias Kopfkissen. „Na ja, wahrscheinlich nicht“, stimmte Dia nachdenklich zu, „das ist mein Lieblingsbild. Aber eins von den anderen vielleicht schon.“ Isis sah sie fragend an. „Wieso? Du bist doch so ein riesiger Fan von Askariel. Wie könntest du dann freiwillig ein Poster von ihm rausrücken?“ fragte sie verwirrt. Dia sah sie ernst und etwas geheimnisvoll an. „Kann ich dir etwas anvertrauen?“ fragte sie verschwörerisch. „Natürlich, was denn?“ fragte Isis zurück. „Es geht mir gar nicht wirklich um Askariel oder um Eslosia.“ „Nicht? Kapier ich nicht. Hier ist doch alles voll von Eslosia und Askariel und den anderen. Du hast die DVDs, die Musik, sogar diese kleine Figur!“ zählte Isis die Fanartikel auf, die sie in Dias Zimmer bisher entdeckt hatte. „Du kannst mir nicht erzählen, dass du kein Fan bist.“ „Ich bin ja auch ein Fan, aber längst nicht so fanatisch, wie es aussieht“, entgegnete Dia, „und ich liebe Askariel schon am meisten aber das was ich eigentlich und wirklich liebe, ist Askariels Stimme!“ Damit war die Katze aus dem Sack. Isis sah erstaunt aus und Dia beobachtete, wie es im Hirn ihrer Freundin ratterte. „Jetzt verstehe ich auch, weshalb dir die Figur so viel bedeutet! Natürlich, weil seine Stimme drin ist! Das kam mir doch gleich so komisch vor.“ „Findest du das albern?“ fragte Dia, doch Isis wehrte sofort ab. „Spinnst du? Seine Stimme ist doch das einzige an ihm, was wirklich real ist! Überleg mal, die Figur ist doch nur gezeichnet, die Welt um ihn nur Fantasie. Aber seine Stimme stammt von einem echten Menschen, den es wirklich gibt. Warum sollte es albern sein, in eine Stimme verliebt zu sein? Es ist viel alberner, in eine Zeichnung verknallt zu sein, so wie ich. Und ich dachte, ich hätte jemanden gefunden, der genauso verrückt ist wie ich. Schade, dass du eine Ecke vernünftiger bist.“ Dia hatte plötzlich ein flaues Gefühl im Bauch. Wollte Isis ihr die Freundschaft jetzt etwa wieder kündigen? Aber ihre Angst war völlig unbegründet. „Ich beneide dich. Du liebst etwas Greifbares, ich etwas Ausgedachtes. Ist dir eigentlich klar, dass dir der Sprecher eines Tages über den Weg laufen könnte? Mein Gott, ist dir das eigentlich klar?“ fragte Isis plötzlich und ihr Gesicht wurde vor Aufregung ganz rot. Dia verstand nicht, was Isis damit meinte. „Weißt du, wie der Sprecher von Askariel heißt?“ fragte Isis. „Nein, keine Ahnung. Anscheinend ist seine Rolle zu unwichtig oder vielleicht will er nicht, dass sein Name bekannt wird. Ist ja bei meiner Mutter das Gleiche.“ Und Dia dachte daran, wie ihre Mutter damals dem Verleger eingebläut hatte, bloß niemals ihren richtigen Namen zu nennen. Sie gab auch nie Autogrammstunden oder stellte ihre Bücher in irgendwelchen Fernsehshows vor. Selbst Fotos fanden sich auf den Schutzhüllen nie. „Zu schade! Ich leider auch nicht. Aber weißt du, wo Eslosia synchronisiert wird?“ fragte Isis weiter. Sie sah aus als würde sie gleich vor Aufregung platzen. Sie musste eine Bombe in petto haben. „Nö, das hat mich bisher nicht so interessiert.“ „Hätte es aber sollen! Flipp jetzt nicht aus, okay? Die machen das hier in Hamburg!“ Dia blickte wie erstarrt in Isis´ Gesicht. Isis zog die Stirn in Falten und wedelte dann mit der Hand vor Dias Augen. Aber Dia reagierte nicht. Sie sah aus wie im Schock. „Hallo? Dia? Alles in Ordnung? Hey! Bist du noch da?“ versuchte Isis, Dia aus ihrer Starre zu lösen. Aber Dia rührte sich nicht. Da versetzte Isis ihr einen kräftigen Rumpler gegen die Schulter, der Dia endlich wieder munter machte. „D-d-d-du meinst, der Sprecher lebt hier in Hamburg?“ fragte sie und ihre Hände zitterten vor Aufregung. „Keine Ahnung, ob er hier lebt, aber zumindest arbeitet er hier, jedenfalls was Eslosia betrifft. Ich weiß ja nicht, was er sonst noch macht“, erklärte Isis. „Heißt das, jeder Kerl, der hier in Hamburg rumläuft, könnte theoretisch Askariels Stimme sein?“ „Na ja, ich würde sagen, 80% der Kerle, die ganz Alten mal ausgenommen und die ganz Jungen auch“, rechnete Isis vor. „Isis, morgen will ich in die Stadt. Und ich will alles Sehenswerte sehen, alles!“ bestimmte Dia entschlossen. „Ich glaube kaum, dass wir das alles an einem Nachmittag schaffen“, gab Isis zu bedenken. „Na und, dann verteilen wir es eben auf die ganze Woche, notfalls auf den ganzen Monat. Aber ich will alles sehen.“ „Na schön, wenn du meinst. Ich hab nichts dagegen. Das heißt, Augenblick mal“, ging Isis plötzlich ein Licht auf, „du erwartest hoffentlich nicht, der Stimme über den Weg zu laufen, oder?“ fragte sie, wohl wissend, dass genau das der Grund war. „Doch sicher, die Chance will ich nutzen“, antwortete Dia dann auch prompt. „Oh nein, das kannst du vergessen! Ich wollte dir die Stadt zeigen aber wenn du eine Person suchst, bist du doch mit deinem Geist gar nicht bei der Sache! Und wie willst du ihn überhaupt finden? Willst du alle Männer in Hamburg anquatschen?“ Dia sah auch ein, dass es so nicht ging. In so einer großen Stadt wie Hamburg würde sie ihn nie finden, es sei denn mit System. „Du Isis, ich hab da noch eine andere Idee. Wie wär´s wenn wir Suchplakate aufhängen würden? Wir schreiben drauf: Askariel, melde dich bei… und dann meine Telefonnummer.“ Aber Isis fand das nicht gut. „Zunächst mal könntest du dich damit ziemlich lächerlich machen und wer weiß, was für Spinner dann plötzlich hier anrufen. Und denk an deine Mutter.“ Aber Dia wusste keinen anderen Weg. Und dann hatte Isis die Lösung. „Genial! Ich weiß, wie wir´s machen! Suchplakat ja aber nur ein einziges.“ „Und was soll ein Plakat bringen?“ fragte Dia verständnislos. „Ganz einfach“, erklärte Isis, „wir hängen das Plakat direkt im Synchronstudio auf. So sieht er es auf jeden Fall und außerhalb erfährt niemand davon.“ Triumphierend sah Isis Dia an. „Das geht aber nur, wenn wir wissen, wo dieses Studio…“ wollte Dia einwerfen aber Isis unterbrach sie sofort. „Ich weiß es. Kein Problem. Da können wir mit dem Bus hinfahren.“ Dia brach in Jubel aus. „Dann finden wir ihn auch! Wir finden ihn und dann redet er nur für mich!“ Sie tanzte im Zimmer herum und schrie und quiekte vor Freude. Isis beobachtete ihre Freundin und kramte lachend einen Schokoriegel aus ihrem Rucksack. Da klingelte das Telefon. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)