Nudelauflauf Reloaded von AjinPal (The next Generation) ================================================================================ Kapitel 10: Nachts auf dunklen Straßen -------------------------------------- Erschöpft lehnte ich mich an den Mikroständer und schloss die Augen. Kai war ja so ein Sklaventreiber. Seit drei Stunden standen wir nun in dieser Halle und probten einen Song nach dem Anderen. Die Gitarren waren gestimmt, der Verstärker funktionierte und auch die Lichteffekte kamen dann wann sie kommen sollten. Aber einer war immer noch nicht zufrieden: Leader-sama. Der schraubte nun schon die letzte halbe Stunde an seinen Drums herum, hämmerte mit den Sticks darauf herum nur um unzufrieden den Kopf zu schütteln und wieder zu schrauben. Also mir wurde das langsam zu viel. Wenn er wollte das ich heute Abend stehend performte, musste ich mich jetzt ausruhen. Die Anderen hatten bereits das Weite gesucht und es sich in unserem Aufenthaltsraum gemütlich gemacht. Hier empfing mich tiefe Ruhe. Uruha hatte es sich mit einem Modemagazin auf dem Sofa bequem gemacht, Aoi spielte mit seinem Gameboy - sein Kopf lag übrigens auf dem Schoß des Leadgitarristen - und Reita grummelte auf dem ausgefransten Sessel vor sich hin. Ein Bild der Friedlichkeit. Als Reita mich in der Tür sah hob er den Kopf und streckte lächelnd seine Arme nach mir aus. Bei einer solchen Einladung ließ ich mich natürlich nicht zweimal bitten. Freudig quiekend hüpfte ich auf meinen Freund zu und fiel ihm in die Arme. Seine warme Hand streichelte mir über den Kopf. "Alle Achtung. Du hast es am längsten ausgehalten." Ich legte meinen Kopf auf seine warme Brust und schloss die Augen. Es tat verdammt gut zu wissen, dass ich nun der Einzige war der hier liegen durfte. "Du bist ja einfach abgehauen und hast es versäumt mich zu retten." "Verzeiht Prinzessin." Lachend boxte ich ihm in die Seite und schmiegte mich wieder an ihn. Ich hätte nie gedacht das Reita so sanft sein konnte. Ok, er war nie besonders grob zu mir gewesen - von seiner einfach gestrickten Gefühlswelt mal abgesehen - aber er hatte mich auch nicht mit Zärtlichkeiten überschüttet. Kein Wunder das jeder mit ihm zusammen sein wollte, wenn er einen erst einmal hinter seine dumme dicke Schale blicken ließ. Wenn ich daran dachte heute Nacht wieder neben ihm zu liegen, wurde ich ganz hibbelig. Ja, ich benahm mich wie ein Teenager aber das war mir verdammt noch mal egal. Ich war verliebt, da durfte ich mich auch ein wenig daneben benehmen. "Würdest du mir nach dem Auftritt heute Abend die Ehre erweisen mit mir auszugehen?" "Ausgehen? Wo willst du denn hin?" "Ich weiß nicht. Vielleicht in einen Club oder so. Im Hotel fällt mir sonst die Decke auf den Kopf." Das konnte ich ihm sogar abkaufen. So schön eine Tour auch war, nach einer Woche hatte ich es satt in einem Hotelbett zu schlafen und mich den ganzen Abend schrecklich zu langweilen - in den letzten Tagen hatte ich mich eher schrecklich gefühlt als gelangweilt, aber diese Zeiten waren ja nun Kami sei Dank vorbei. Kai würde uns zwar den Kopf dafür abschlagen, denn so wie ich mich und meinen besten Freund kannte, würden wir morgen früh etwas verspätet aus unserem Bett fallen. "Gern doch. Jetzt nimmst du mich ja endlich mal mit." Nach dem ich diese Antwort ausgesprochen hatte, tat es mir sofort wieder leid. Reitas krampfhaft aufeinander gepresste Lippen zeugten von der Reue die er empfand. "Entschuldige." murmelte ich und schmiegte mich etwas enger an ihn. Ich sollte mein Großmaul wirklich mal im Zaum halten. Zwei Stunden volle Power. Zwei Stunden Adrenalin pur. Zwei Stunden Verausgabung. Zwei Stunden pure Freude. Erschöpft aber glücklich taumelte ich von der Bühne, direkt in Reitas Arme. Er war mit den anderen bereits früher von der Bühne gegangen - ich hatte mich in meinem Rausch noch zu einer kleinen Rede hinreißen lassen. "Bist du überhaupt noch in der Verfassung auszugehen?" "Klar doch. Das lass ich mir nicht entgehen." Natürlich war ich furchtbar müde und hätte mir eigentlich nichts lieber als ein Bett und ein Kissen gewünscht, aber Reita hatte so einen erwartungsvollen Ausdruck in den Augen. Ich wollte ihn jetzt nicht enttäuschen. Außerdem war es wirklich an der Zeit mal gemeinsam wegzugehen. "Wunderbar! Dann lass uns gehen. Du musst dich noch umziehen." Und schon hatte er mich geschnappt und zurück ins Hotelzimmer gezerrt. In diesem Moment war ich Kai so dankbar dafür, dass er immer dafür sorgte, das Hotel möglichst in unmittelbarer Nähe der Konzerthalle zu buchen. "Rei ~ nicht so schnell. Ich krieg keine Luft mehr." Lachend hatte ich mich ins Bad schieben lassen, wo ich mich in Windeseile wieder einigermaßen richtete. Es war mir wirklich ein Rätsel wie Reita noch so voller Energie sein konnte. Ich hatte seine roten Finger gesehen, seine Hand glühte förmlich und doch hatte er noch genug Enthusiasmus um feiern zu gehen. Auf dem Weg in den Club hatte er mir zu liebe ein etwas langsameres Tempo angeschlagen. Reita hatte einen Arm um meine Schulter gelegt und ich genoss die Wärme die von seinem starken Körper ausging. Wahrscheinlich hätte ich den ganzen Abend so an ihm geklebt, wäre uns nicht diese Gruppe Betrunkener entgegen gekommen. Sofort hatte Reita mich hinter sich geschoben. Hallo? Ich war keine zwei Jahre alt! Die Männer glucksten und torkelten in einem ziemlich albernen Schlangentanz auf uns zu. Ich hätte sie niemals ernst genommen, wenn sie nicht doppelt so breit wie ich und drei Köpfe größer gewesen wären. "Rei lass und gehen. Komm schon, wir wechseln einfach die Straßenseite." Aber es war schon zu spät. Es war wie in einem dieser schlechten Hollywoodfilme, viel zu surreal um wahr zu sein und doch geschah es. "Sieh mal Kuro ~ sind die beiden nicht herzallerliebst?" "Ja, richtig niedlich. Wie Batman und Robin." Lautes Gelächter brach unter den Männern aus, als sie uns langsam umzingelten. Eigentlich war ich fremden Menschen gegenüber sehr aufgeschlossen, aber diese Säufer jagten mir eine Heidenangst ein. Panisch presste ich mich an Reita, versteckte mein Gesicht an seinem Rücken. Ich hörte ihn schwer atmen. Ich kannte ihn, er rang mit seiner Fassung, wie damals, als er Kouhei zusammen schlagen wollte weil er mir wehgetan hatte. Reita war schon immer so impulsiv gewesen, er sagte gerade aus was er sagte und handelte auch nach einem ziemlich einfachen Muster. Einer der Männer hatte sich aus der Gruppe gelöst und war auf Reita zugekommen. Sie standen nur wenige Zentimeter auseinander. Mein Freund schnaubte und ich wusste das er gerade krampfhaft die Lippen aufeinander presste. "Wie wärs wenn wir ein bisschen mit deinem kleinen Freund da spielen? Wir sind wirklich lieb zu ihm, er muss sich nicht verstecken." "Das halte ich für keine gute Idee." Ich fand das auch nicht wirklich prickelnd. Ich drückte mich fester an Reita, in der naiven Hoffnung allein seine bloße Anwesenheit würde mich vor allem Bösen auf dieser Welt beschützen. Dem war leider nicht so. Während mein Liebster von dem Mann zugetextet wurde, packte mich ein anderer an den Schultern und riss mich mit einem Ruck nach hinten. Laut schreiend schlug ich um mich und versuchte mich aus dem eisernen Griff zu winden. "Nimm sofort deine dreckigen Pfoten von ihm!" "Sonst was?" "Hast du bald drei Nasenlöcher!" Diese Worte schwangen so bedrohlich in der Luft, dass sie beinahe greifbar waren. Und im Gegensatz zu der Situation vor vielen Jahren im Einkaufszentrum, als Kouhei aufgetaucht und Reita ausgetickt war, ließ er sich hier nicht zurückhalten. Was hätte ich denn auch tun sollen? Mich todesmutig zwischen sie werfen um mich als Pazifisten zu outen? Oh ja, mein Opfer würde mit Sicherheit Würdigung finden. Reita's Faust zuckte ungeduldig neben seinem Bein hin und her. Er war nie ein Gewalthasser gewesen, aber er hatte sie nur angewandt, wenn es wirklich nötig war. Ob diese Kerle uns hinterher rennen würden wenn wir versuchten zu fliehen? "Du dreckige Schwuchtel hast mir nicht zu drohen! Pass lieber auf das du dir keinen Fingernagel abbrichst." Also bitte! Als ob Reita wie eine typische Schwuchtel aussah. Die beiden waren nur wenige Zentimeter voneinander getrennt und ich konnte spüren wie der Körper meines Freundes vor Anspannung bebte. "Reiz mich nicht." Ängstlich biss ich mir auf die Unterlippe. Ich wollte keine Schlägerei. Lieber hätte ich mir Reita geschnappt und wäre mit ihm weitergegangen. Noch immer lag der Arm des Fremden um meinen Hals, hielt mich einige wenige Zentimeter über dem Boden. "Rei ~ " flehte ich, was von meinem Peiniger nur mit einem Kichern kommentiert wurde. Verzweifelt krallte ich meine Nägel in seinen Unterarm, doch das schien der gar nicht zu bemerken. Mit eisernem Griff hielt er mich gefangen und harrte der schlagfertigen Auseinandersetzung zwischen Reita und seinem Kumpel. So sehr ich mir auch gewünscht hatte das ganze gewaltfrei lösen zu können, umso mehr wurde ich nun enttäuscht. Ich hatte mich so sehr auf meine Gedanken konzentriert, dass ich die provokante Frage des fremden Mannes nicht gehört hatte, auf die Reita mit einem kräftigen Faustschlag reagiert hatte. Nun kniete er über dem Mann, schlug immer und immer wieder auf ihn ein. Für einen Moment waren alle wie erstarrt, keiner war fähig sich zu bewegen. Dann stürzten sich jedoch die verbliebenen zwei Männer auf Reita, packten ihn an den Schultern und zogen ihn von ihrem Kameraden weg. "Fasst mich nicht an!" schrie er und trat wild um sich. Tränen sammelten sich in meinen Augen, ich hatte Reita noch nie so außer sich erlebt. Er tobte und versuchte sich aus dem Griff der Männer zu befreien. Was hatte ihn bloß so aus der Fassung gebracht? Unruhig sah ich zu wie sie Reita auf den Boden drückten um ihn wenigstens leicht unter Kontrolle zu bekommen. Ich zappelte im Griff meines Peinigers, doch der hielt mich eisern fest. Ich konnte das Schluchzen nicht mehr unterdrücken. Wieso passierte immer mir so ein Scheiß? Einer der Männer schrie auf. Reita hatte ihm in den Finger gebissen und sich somit freigekämpft. Keuchend und mit einer unbändigen Wut in den Augen stand er nun da, die Hände zu Fäusten geballt. "Verschwindet von hier!" Seine Stimme klang bedrohlich, sie hatte nichts mehr von der rauen Sanftheit mit der er mich sonst immer umgarnt hatte. Unsere Angreifer schienen einen Augenblick zu überlegen ob sie sich wirklich noch einmal mit ihm anlegen oder lieber das Weite suchen sollten. Doch dann grinste der Mann hinter mir und strich mir mit seinem schmierigen Finger über die Wange. Angeekelt verzog ich das Gesicht. "Lasst uns noch ein bisschen mit dem hier spielen." Nein! Nein! Ich schüttelte heftig den Kopf. Es war wie in einem dieser billigen Hollywoodfilme, nur das diesmal ich die Hauptrolle hatte. Verzweifelt trat ich um mich, als der Mann sich in Bewegung setzte und mich hinter sich her zerrte. "Reita!" Ich schrie so laut ich konnte, aber mein Freund konnte mir nicht helfen. Er war damit beschäftigt sich gegen die zwei Verbliebenen zu wehren, die ihm wirklich heftig zusetzten. Ein dumpfer Schlag erklang, dann lachten die Männer und schlossen zu uns auf. Ich konnte nicht sehen was passiert war, doch da ich Reita nicht mehr hören konnte, wusste ich, wie der Kampf ausgegangen war. Stumm liefen die Tränen über meine Wangen, tropften mir vom Kinn auf den Asphaltboden. Die Männer machten sich nicht die Mühe mich in ein Auto oder einen Transporter zu stecken. Nur einige Straßen weiter stießen sie mich in eine Gasse in der er es fürchterlich nach Lack- und Sprühfarben stank. Ich zitterte vor Angst am ganzen Körper. Noch ein letztes Mal versuchte ich mich zu wehren, doch der Größte presste mich so brutal an die Hauswand, dass ich die Umrisse der Ziegelsteine in meinem Rücken spüren konnte. Wimmernd machte ich mich so klein wie es in dieser Position nur möglich war und kniff die Augen zusammen. ~ Reita .. ~ Es war der letzte Gedanke den ich zu fassen bekam, denn nur wenige Minuten später hatte ich alles ausgeblendet . . . Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)