Irgendwo in dieser Welt von Flordelis ================================================================================ Epilog: Ende und Anfang ----------------------- „Deine Zeit hier war ziemlich aufregend, was?“ Ich lächle leicht, als ich Nozomu nickend zustimme und dabei durch das Fotoalbum blättere, das er mir gemeinsam mit den anderen eben erst schenkte. Das allererste Bild zeigte uns alle an diesem einen schicksalsträchtigen Tag von Zetsus Anfall (Jatzieta war eine Kamera in die Hände gefallen, die unbedingt ausprobiert werden musste und nachdem uns diese Nacht so zusammenschweißte, empfand sie das als guten Anlass, auch wenn wir alle müde aussahen), aber mir war sofort wieder die gesamte Geschichte in den Kopf gekommen. „Wer hätte gedacht, dass ich gerade hier so viel erleben würde?“ Der Rest des Fotoalbums besteht aus Bildern, die auf meinen Wunsch im Anschluss aufgenommen wurden. Jedes einzelne beinhaltet seine ganz eigene Geschichte, sei es der Geburtstag von Nozomu bald darauf oder Bailas erstes Wort nach Jahren oder Narukanas Versuch, das Wasser zu kontrollieren, nach welchem die Station überflutet war. Aber keine dieser Erinnerungen ist derart voll mit Emotionen wie jene, die ich mit Zetsu erlebte und von denen ich keinerlei Bilder besitze – außer jene in meinem Herzen, wie Cynard immer sagt. „Die sechs Monate gingen ziemlich schnell vorbei“, stimmt Thalia zu. Sie wirkt genauso wenig erfreut über meine Entlassung wie Baila, die neben ihr steht und mich betrübt ansieht. „Du kommst uns doch besuchen, oder?“ „Selbstverständlich.“ Es ist etwas mehr als zwei Monate seit ihrem ersten Wort her und obwohl sie anfangs noch unbeholfen sprach, war es rasch besser geworden und nun ist nichts mehr davon zu bemerken, dass sie jahrelang keinen Ton gesagt hat. „Kaum zu glauben, dass du noch vor uns allen rauskommst.“ Seine Worte klingen zwar nicht sonderlich begeistert, aber das Grinsen in Sorluskas Gesicht verrät sofort, dass er sich dennoch für mich freut – auch wenn es ihm wohl lieber wäre, wenn er auch endlich gehen dürfte. „Also, dass du vor Narukana rauskommst, dürfte ja niemanden wundern.“ Satsuki schmunzelt und streicht sich eine Strähne zurück. Narukana dagegen wirft nur schnaubend ihr Haar zurück, ehe sie mir einen kurzen Blick zuwirft, der mir sagen soll, dass ich ihr wohl fehlen werde. Unsere Rivalität war nie wieder so stark aufgeflammt wie am Anfang unseres Kennenlernens, sondern bewegte sich in eher vernünftigen Bahnen, so dass ich tatsächlich sagen kann, dass sie mir ein wenig fehlen wird. Subaru lächelt wie üblich. „Und vergiss uns nicht.“ Meine Verabschiedung von Nelia ist bereits am Abend zuvor gewesen, die Therapeuten und Ärzten sagten auch schon gestern schmunzelnd, dass sie mich nie wiedersehen wollen, so bleibt mir nur noch Jatzieta, die glücklicherweise auf so etwas verzichtet und mich überraschend ernst ansieht. „Dann pass gut auf dich auf, Leana. Du wirst mir hier bestimmt nicht fehlen.“ „Du mir auch nicht.“ Dabei ist sie mir doch ein wenig sympathisch geworden. Wenn man sie erst einmal ein wenig kannte und ihre nervige Stimme ignoriert, dann ist sie eigentlich ganz okay... zumindest rede ich mir das immer gern ein, damit alles erträglicher wird. Aber fortan ist das nicht mehr nötig. Eine kurze weitere Verabschiedung später, verbunden mit dem Versprechen, bald wiederzukommen, nehme ich meine Tasche und gehe die Treppe hinunter. Jede Stufe führt mich damit weg von dem Ort, mit dem ich so gut wie all meine Erinnerungen betreffend Zetsu verbinde. Das ist der Grund, warum ich die Klinik nur ungern verlasse. Ich fürchte, dass die Bilder in meinem Inneren verblassen, sobald ich durch die Tür schreite und sie nie wiederkommen werden. Was bleibt mir denn noch, wenn das passieren sollte? Aber als ich nach kurzem Zögern doch durch die Tür gehe, weiß ich, was mir bleibt. „Na, endlich fertig?“ Mein Blick zur Seite lässt mich lächeln, als ich denjenigen sehe, der da lässig an der Wand lehnt. Zetsus sanftes Lächeln verdrängt meine düsteren Gedanken von eben. „Ja, es hat länger gedauert, ich glaube, ich werde sie doch alle vermissen.“ „Wenn du sie besuchen gehst, begleite ich dich, sonst vergessen sie noch, dass ich lebe.“ „Du hättest auch eben hochkommen können.“ Er schüttelt allerdings nur den Kopf. „Nein, nein, ich wollte dir deinen Abschied nicht vermasseln. Das war dein großer Tag. Außerdem wäre es für ihn zu viel geworden.“ Damit deutet er zu der Person hinüber, die indirekt und eher unfreiwillig für seinen damaligen Anfall verantwortlich war. Tatsächlich ließen seine Eltern sich nicht scheiden, bei diesen fraglichen Dokumenten handelte es sich stattdessen eher um Adoptionspapiere für einen kleinen Jungen mit blauem Haar, Asake. Ich lernte ihn kennen, nur wenige Tage nachdem Zetsus Anfall glücklicherweise glimpflich verlaufen war und schloss ihn sofort in mein Herz. Er passt einfach perfekt zu der restlichen sympathischen Familie Akatsuki, niemand kommt auf den Gedanken, dass er lediglich adoptiert ist. Ach ja, nach dem Anfall erholte Zetsu sich schnell – und nur ein paar Wochen danach konnte er das Krankenhaus verlassen. Seine Familie meint heute noch, dass es nicht nur an Asake, sondern auch an mir lag, dass Zetsu nun fast wieder gesund ist. Er besucht noch immer eine Tagesklinik wegen seiner Depressionen und Schuldgefühle, aber es besteht nicht mehr die Gefahr, dass er einfach umkippt. Er hat einen Teil seiner Freiheit zurückbekommen und er genießt das sichtlich. Das Lächeln auf seinem Gesicht war seitdem nie mehr falsch gewesen. „Leana!“ Asake kommt herüber und lächelt mich an. „Kannst du jetzt nach Hause?“ „Ja. Es war auch lange genug, wenn man mich fragt.“ „Dann kannst du ja jetzt öfter zu uns kommen!“ Wie man sieht, hängt er auch an mir, er sieht mich sicherlich schon als große Schwester – und mir gefällt das gut. „Wollen wir dann erstmal los?“ Ohne zu fragen, nimmt Zetsu mir die Tasche ab und deutet auf die wartende Isolde. Asake nimmt meine nun frei gewordene Hand und zieht mich bereits mit sich – und obwohl ich weiß, dass man eigentlich keinen Blick zurückwerfen soll, wende ich trotzdem den Kopf und sehe zur Klinik zurück, um mich stumm davon zu verabschieden. Und selbst in diesem Moment wird mir wieder bewusst, wie ironisch es war, gerade hier Freunde und zum allerersten (und meiner Ansicht nach letztem Mal, da er einfach perfekt ist) Liebe gefunden zu haben. Lächelnd sehe ich wieder nach vorne, einem neuen Leben mit so vielen tollen Menschen entgegen. Ja, ich habe mein Glück gefunden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)