Irgendwo in dieser Welt von Flordelis ================================================================================ Kapitel 23: Ein nächtliches Gespräch ------------------------------------ Bis zum Abend ließ Narukana mich glücklicherweise in Ruhe. Offenbar hatte Dr. Cworcs' kleine Rede ihre Wirkung getan. Ich hätte nie gedacht, dass sie vor jemandem dermaßen viel Respekt haben würde, Dr. Cworcs musste wirklich wahre Wunder wirken bei ihr. Seitdem fragte ich mich aber ständig, was er mit diesen Worten gemeint hatte... „Ja... vermutlich weil du ein Mädchen bist.“ Was sollte mir das nur sagen? Und warum war Zetsu überhaupt hier? Argh, das würde mich wohl noch bis zum Ende meines eigenen Aufenthalts quälen. Ich versuchte, die einzelnen Teile so gut wie möglich zusammenzusetzen. Diese Hexe hatte erwähnt, dass Zetsu lieber in der Kardiologie liegen sollte, er selbst hatte einmal gesagt, dass er nicht freiwillig hier war und Dr. Cworcs sagte, dass er keineswegs umgänglich war... Er musste also etwas am Herzen haben, war deswegen depressiv und gegen seinen Willen hierher gebracht worden. Ich beglückwünschte mich selbst zu meinen Kombinationsfähigkeiten, die denen von Columbo und Monk alle Ehre machte... ja, ich weiß, der war schlecht. Ich lag auf dem Bett und versuchte, einzuschlafen, obwohl es gerade einmal neun Uhr war. Aber es gab einfach nichts anderes zu tun und ich wollte auch nicht dauernd hin- und herhumpeln, um bei den anderen zu sein, wo ich ja ohnehin nicht sein wollte. Die Stimmen der anderen kamen durch die geschlossene Tür undeutlich bei mir an, doch durch die Geräusche, die durch das offene Fenster kamen, konnte ich nichts verstehen. Da ich das aber auch ohnehin nicht wollte, kümmerte mich das nicht weiter – und dann hörte ich plötzlich zwei mir sehr bekannte Stimmen, die von draußen kamen. „Du siehst heute nicht gut aus“, hörte ich Nozomu sagen. Für einen kurzen Moment kam es mir vor als würde er mit mir sprechen, aber dafür war die Stimme zu undeutlich und kam aus einer zu großen Entfernung. Er stand wohl eher auf dem Balkon und sprach dort mit jemandem, doch bevor ich mich fragen konnte, wer dieser Jemand war, erklang auch schon eine spöttische Antwort: „Was bist du heute wieder charmant~ Hast du noch etwas vor mit mir?“ Mein Herz schlug augenblicklich schneller, als ich Zetsu sprechen hörte. Ich stellte mir seinen amüsierten Gesichtsausdruck und im Gegenzug den empörten von Nozomu auf diese Erwiderung vor. Beides stimmte mich irgendwie... zufrieden. „Ich mache keine Scherze“, erwiderte Nozomu. „Ich mache mir nur Sorgen um dich. Oder ist das verboten?“ „Wenn es nach mir ginge, wäre es verboten.“ Plötzlich klang Zetsus Stimme kalt und unnachgiebig, so sehr, dass es mir einen Schauer über den Rücken jagte. Ich schlang die Decke fester um meinen Körper, damit das Frösteln endete. „Ich hasse es, wenn ihr dauernd meint, euch Sorgen um mich machen zu müssen. Ich glaube euch das ohnehin nicht. Sonst würdet ihr mich hier nicht einsperren.“ Nozomu stöhnte genervt. „Das tun wir bestimmt nicht, weil es uns Spaß macht. Es ist nur zu deiner Sicherheit...“ „Und meinem Besten und meiner Gesundheit, bla bla bla, ich weiß.“ Diese kalte, fast schon abweisende Art von Zetsu war so neu und ungewohnt, nicht einmal bei Alona hatte er diese angewandt, warum richtete er sie nun gegen seinen besten Freund? „Schon mal auf den Gedanken gekommen, dass ich meine letzten Lebensjahre nicht hier verbringen will? Ich will hier raus, etwas erleben, selbst wenn es mich umbringt.“ Sämtliche Wärme schien aus meinem Körper zu verschwinden, Kälte erfüllte diesen dafür. Doch ehe ich mich vollkommen der Sorge hingeben konnte, dass Zetsu möglicherweise bald sterben würde, erwiderte Nozomu etwas darauf: „Sei kein Idiot. Salles hat gesagt, dass du wieder ganz gesund werden kannst – wenn du es willst.“ Ich war ein wenig überrascht, dass er den Doktortitel einfach wegließ, aber immerhin war er schon um einiges länger in der Klinik, da hatten die beiden sich möglicherweise sogar einmal darauf geeinigt, dass dies besser oder praktischer wäre. Oder aber er nannte ihn nur in seiner Abwesenheit so. „Er sagt viel, wenn der Tag lang ist. Das heißt nicht, dass es auch stimmt.“ Ich konnte hören wie Nozomu seufzte. Es klang entnervt, resignierend, ähnlich wie ich nach wiederholten Auseinandersetzungen mit meinen Eltern. Doch im Gegensatz zu mir gab er nicht auf, sondern machte tatsächlich weiter: „Ich weiß, dass Nanashis Tod dir zugesetzt hat, mehr sogar noch als deinen Eltern – aber selbst du solltest langsam einsehen, dass es Zeit wird, weiterzuleben. Mit Sicherheit würde ihr das gar nicht gefallen, was du hier veranstaltest.“ Die Art, wie er von ihr sprach und dabei Zetsus Eltern in das Gespräch einflechtete, verriet mir, dass es sich bei Nanashi um die Schwester des Silberhaarigen handeln musste – oder besser, gehandelt haben, immerhin war sie offenbar tot und das begründete Zetsus Zustand. Stellte sich für mich nur noch die Frage, was das alles mit seinem Herzen zu tun hatte... oder ob das überhaupt damit in Zusammenhang stand. Während ich darüber nachdachte, schienen beide zu schweigen. Erneut versuchte ich mir vorzustellen, wie sie sich gegenüberstanden. Nozomus Blick entschlossen, die Arme vor der Brust verschränkt, das Gesicht so ernst wie eh und je; Zetsu mit den Händen in den Hosentaschen, ein unterkühlter, gelangweilter Blick und eine desinteressierte Mimik, die anzeigte, wie egal ihm dieses Gespräch war. Doch ob ich mich da nicht vielleicht täuschte? Immerhin war es doch sein bester Freund, der da mit ihm sprach, der sich Sorgen um ihn machte. Konnte es Zetsu da wirklich so egal sein? „Woher willst du das wissen? Vielleicht ist das hier genau das, was sie will.“ Selbst ich dachte mir in dem Moment, was das doch für ein Unsinn war. Wer würde ernsthaft wollen, dass die Hinterbliebenen so sehr litten? Ich würde das nicht einmal meinem schlimmsten Feind wünschen – wobei ich zugeben musste, dass ich solche nicht hatte, vielleicht dachte man ja doch anders darüber, wenn es Feinde gab. „Du machst dich echt lächerlich“, erwiderte Nozomu. „Mit Sicherheit hätte sie das nicht gewollt – denn wenn doch, dann wäre sie 'ne echt miese Schwester gewesen.“ Ich konnte den Schlag fast schon selbst spüren, konnte mir die Schadenfreude allerdings nicht verkneifen, als ich mir vorstellte, wie Nozomu diesen abbekam. Er murmelte eine Entschuldigung, worauf Zetsu sich wieder zu beruhigen schien. „Du weißt, dass du nicht so über sie reden sollst. Das ändert nichts an meinen Entscheidungen. Ich werde bald 18 – und dann werde ich hier verschwinden.“ Ich wollte mir gar nicht vorstellen, wie die Klinik ohne Zetsu sein würde. Nozomu schwieg für einen Moment, offenbar überlegte er, was er darauf erwidern sollte und fand auch schon bald eine entsprechende Replik: „Wirst du hier niemanden vermissen?“ Angespannt wartete ich auf eine Antwort. Immerhin war ich auch Jemand in diesem Krankenhaus und er verbrachte viel Zeit mit mir, wenn ich es zuließ. Dies war der Moment, in dem ich endlich erfahren könnte, ob er mich wirklich mochte oder nicht – auch wenn ich nicht wusste, was ich dann mit diesem Wissen anfangen sollte. „Du meinst außer dir? Eigentlich nicht.“ Ich seufzte enttäuscht und war froh, dass niemand da war, um es zu hören – zumindest hoffte ich, dass man es auch nicht auf dem Balkon hören könnte oder die beiden dem Laut zumindest keine Bedeutung beimessen würde. Eigentlich hatte ich mir ja geschworen, dass ich keinerlei Interesse an Zetsu haben und diese Phase nur aussitzen würde – aber irgendwie hatte ich dennoch gehofft, dass er mir nichts vorspielte und er mich wirklich mochte und das auch so sehr, wie es immer den Anschein erweckt hatte. Zu hören, dass dem offensichtlich aber doch nicht so war, enttäuschte mich doch – immerhin war er ja meine erste große Liebe. Das war ja fast so als hätte Edward Bella verlassen... Moment, wenn ich die Reviews richtig im Kopf hatte, war das in mindestens einem der späteren Bände sogar geschehen. Mein Leben musste ein schlechter Twilight-Abklatsch sein – würde für mich auch noch ein Werwolf in Reserve stehen? Besser, ich dachte nicht zu viel darüber nach, ich hatte Wichtigeres zu tun. Dem Gespräch weiter zuhören, zum Beispiel, denn ich bekam gerade Nozomus nächste Frage mit: „Wirklich niemanden?“ Ich fragte mich, welche Antwort er von Zetsu erwartete. Hoffte er vielleicht darauf, dass er ihm noch einmal bestätigte, dass es niemanden gab? Oder wollte er tatsächlich einen Namen – möglicherweise sogar meinen – hören? Vielleicht hasste er mich doch nicht so sehr, wie ich bislang angenommen hatte, vielleicht war er nur nicht gut darin, mit anderen Menschen umzugehen. Wieder schlug mein Herz schneller, als ich auf Zetsus Antwort wartete, obwohl ich mir keine großen Hoffnungen machte. Immerhin zeigte ich ihm nur allzugern die kalte Schulter und hatte mir Mühe gegeben, ihm deutlich zu zeigen, dass ich keinerlei Interesse an ihm hegte. Das könnte mir möglicherweise an dieser Stelle das Genick brechen – und ich sollte recht behalten. „Absolut niemanden. Ich bin froh, wenn ich keinen hier jemals wiedersehen muss.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)